Zum Inhalt springen
Hanna Aden

Interview mit einem Architekten: "Wie können Häuser eine Geschichte erzählen?"

Empfohlene Beiträge

Hallo alle miteinander!

 

Einer meiner Freunde ist Architekt, und wir diskutieren häufiger darüber, wie unsere beiden Kunstformen sich unterscheiden und was wir voneinander lernen können. Zurzeit diskutieren wir darüber, ob und wie man das, was ich über Exposés, roten Faden und "Pitchen mit Worten" gelernt habe, für seine Branche nutzen kann, um die Besonderheit seiner künstlerischen Vision besser vermitteln zu können. Und ob das überhaupt geht. Immerhin sind bei Häusern Bilder meist die besseren und wichtigeren Pitches.

 

Gestern hatten wir eine Diskussion darüber, dass Geschichten Zeitkunst sind und Häuser Raumkunst. Habe ich zumindest behauptet. Weil ich bei McKee mal gelesen habe, dass Geschichten und Filme Zeitkunst sind und deswegen immer die chronologische Komponente mit einbeziehen müssen. Das wurde zum Aufhänger einer spannenden Debatte, in der er mich zu überzeugen versuchte, dass das bei Häusern auch gilt. Auch die können/müssen zeitlich erfasst werden. Der Weg dahin, das Entdecken von Details, wie das Haus in die Landschaft eingebaut ist ... All das erzählt eine Geschichte, wenn man gelernt hat, sie zu entdecken.

 

Jetzt möchte ich das ganze gern vertiefen und sichtbar für andere Schreibende machen. Deswegen habe ich mit ihm vereinbart, dass er mir demnächst für meinen Autorenblog ein Interview gibt, wo ich alle möglichen Fragen dazu stellen darf, was Häuser aus Architektensicht dazu in die Lage bringt, eine Geschichte über das Menschsein zu erzählen. Warum manche Häuser das nicht tun und wie das das Menschsein der Leute verändert oder verändern kann, die darin leben. Und das ganze will ich dann - natürlich - in meinem Blog veröffentlichen, damit hoffentlich auch andere Autoren davon profitieren. Immerhin ist das Beschreiben von Örtlichkeiten und die Aussagen, die sie über die Menschen machen, die dort wohnen, auch ein wichtiger Teil unseres Handwerkes.

 

Ein Interview ist immer nur so gut, wie die Fragen, die dort gestellt werden. Deswegen bitte ich euch um Ideen für Fragen und Gesprächsaufhänger, die man einem neugierigen und selbstkritischen Architekten mit viel Leidenschaft für seinen Beruf und fachübergreifende Debatten stellen könnte. Ich will es ihm und mir nicht zu leicht machen. Wenn ich nach dem Interview nicht mindestens zwei Dinge über das Beschreiben von Örtlichkeiten weiß, die ich vorher nicht wusste, hat es sich nicht gelohnt.

Also. Was wären Fragen, die aus eurer Sicht spannend sein könnten?

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Gute Architektur bezieht Sichtachsen mit ein. Wie sieht das Bauwerk von Osten aus, wie von Westen und wie kann ich es entsprechend gestalten. Nun ändert sich aber die Umgebung eines Gebäudes mit der Zeit, während es selbst nur geringfügig verändert werden kann. Bedeutet das, dass Architektur nur Konzepte mit Verfallsdatum entstehen lässt? Sind alte Gebäude weniger ästhetisch, weil die Zeit das Umfeld verändert hat?

Sagt Abraham zu Bebraham: Kann ich mal dein Cebraham?

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Spannendes Thema, ich bin mit einem Bauingenieur verheiratet und erlebe es so, dass wir heute in der Architektur einen starken Fokus auf Effektivität, Funktionalität und Kosten haben. Da wäre z.B. meine Frage, ob diese Haltung die aktuelle Gesellschaft widerspiegelt und ob das sogar immer der Fall ist. Dieser Fokus lässt naturgemäß andere Aspekte in den Hintergrund rücken. Vielleicht lohnt es sich für dich, nach den Beweggründen derer zu schauen, die in der Vergangenheit ein bisschen anders und oft sehr viel extremer gedacht haben, z.B. die Vertreter der "organischen" oder "antroposophischen" Architektur. Beispiele sind Antoni Gaudí oder Rudolf Steiner. Steiner ist immer noch aktuell, wie ich gerade beim Googeln erstaunt feststellen konnte. Das genaue Gegenteil, die "Weniger ist mehr"-Einstellung der Bauhausarchitekten, finde ich genauso spannend. Ludwig Mies van der Rohe etwa. Ich habe vor ein paar Jahren einen Fernsehbericht über eine Bauhaussiedlung gesehen, in dem z.B. zum Ausdruck gebracht wurde, wie stark die Architektur die dort arbeitenden Künstler inspiriert hat. War in Berlin, aber ich kann leider nicht mehr genau sagen, welche Siedlung das war. Eine Frage, die dahinter steckt wäre z.B.: Was inspiriert die Menschen mehr: Üppigkeit und Fülle oder Reduktion, Einfachheit und Funktionalität? Die Antwort wird vermutlich jeder ganz individuell geben, aber du suchst ja nach Fragen :-)

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Ich finde das Thema interessant, auch wenn mir dazu keine Fragen einfallen.

Da ich ländlich wohne, haben es mir alte Bauernhäuser und -höfe angetan, denen man ihre einstige Pracht und das Prestige noch heute ansehen kann. Wenn diese Häuser Geschichten erzählen könnten, was würden wir da hören? Aufstieg, Höhepunkt und beginnender Verfall einer Zunft ... 

Leider habe ich kaum Zeit, mir dazu eine tolle Geschichte auszudenken ... ;-) Vielleicht später mal.

 

Brunhilde

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Ich finde das Thema interessant, auch wenn mir dazu keine Fragen einfallen.

Da ich ländlich wohne, haben es mir alte Bauernhäuser und -höfe angetan, denen man ihre einstige Pracht und das Prestige noch heute ansehen kann. Wenn diese Häuser Geschichten erzählen könnten, was würden wir da hören? Aufstieg, Höhepunkt und beginnender Verfall einer Zunft ... 

Leider habe ich kaum Zeit, mir dazu eine tolle Geschichte auszudenken ... ;-) Vielleicht später mal.

 

Brunhilde

 

Dazu fiel mir sofort Dörte Hansen "Altes Land" ein. Da spielt das alte Gutsbesitzerhaus auch eine große Rolle.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Ich erlaube mir einmal, an dieser Stelle eine passende Kurzgeschichte von mir zu verlinken.

 

Ich finde das Thema auch sehr spannend. Für mich ist es auch nicht die Frage, ob Häuser Geschichten erzählen, sondern wie sie es machen. Eine eigene Sprache, die man erlernen kann - und die natürlich viel Freiraum für Interpretationen lässt.

 

Was mir gerade einfällt: Man kann dieses Thema ja auf zweierlei Arten angehen: Die Geschichten, die (alte) Häuser erzählen über das, was sie erlebt haben. Und die Geschichten, die Architekten mit ihren Häusern erzählen (wollen). Das ist ja das, was Hanna und ihr Architekt meinen. Spannend wird es dann, wenn das Haus und der Architekt sich nicht einig sind, welche Geschichte sie erzählen wollen ... Das wäre dann vielleicht auch eine Frage für dich, Hanna: Gibt es Momente, in denen sich das Haus weigert, sich dem Willen des Architekten zu unterwerfen? So wie bei uns, wenn die Protagonistin partout nicht das machen will, was sie jetzt laut Plotplan gefälligst tun soll?

Bearbeitet von MariaP

Komm wir essen Opa.

SATZZEICHEN können Leben retten.

www.mcpoets.de

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Ich danke euch für den Input! Montag oder Dienstag bastele ich die Fragen, dann kann ich es mir am WE noch ein letztes Mal in Ruhe durch den Kopf gehen lassen.

 

Ein Impuls, der mir noch gekommen ist und zu welchem dem einen oder der anderen von euch vielleicht noch was einfällt: Es gibt Arten zu wohnen, die lassen einen Menschen ... mehr Mensch sein, mehr lebendig, intensiver leben, ich weiß nicht, wie ich das ausdrücken soll. Und andere Arten von Wohnen machen das Denken irgendwie enger und schränken ein und lassen einen kleiner leben, denken, fühlen ...

 

Ich kriege es nicht richtig gegriffen und formuliert, aber ich glaube, das gehört auch mit rein. Wenn also dazu jemandem noch was einfällt, egal, ob konkret oder allgemeine Fragestellung, dann freue ich mich.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Stephanie Schuster

Spontan fällt mir dazu ein, dass es schon im Mittelalter Baumeister gab (u. a. Vitruv), die glaubten, dass das perfekte Haus den Proportionen eines Menschen gleicht. Diese Maßstäbe hat dann wiederrum Leonardo da Vinci für seinen "vitruvianischen" Mann übernommen. 

 

Liebe Grüße

Stephanie

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Hallo Hanna,

 

es gibt sie ja, Literatur, die Zeiten und Moden übersteht - die Klassiker.

 

Gibt es dergleichen in der Architektur auch? Und wenn ja, was macht sie dazu?

 

Viele Grüße

Tobias

"If it sounds like writing, I rewrite it." (Elmore Leonard)

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Es gibt geschwungene Formen, Hundertwasser, Feng-Shui und Anthroposophie. Vor allem bildet Bauen aber eine Zeit und eine Gesellschaft ab. Material, Grundrisse, Größe - das ist alles einer Funktion unterworfen, die sich an den Bedürfnissen der Bewohner ausrichtet, denen nach Repräsentation, Rückzug, Handwerk ... Gebaut wird und wurde immer für jemanden, für bestimmte gesellschaftliche Gruppen, in allen Epochen. Gebäude spiegeln in Planung und Ausführung Sichtweisen auf Gesellschaft wider. Auch Ideale. Und natürlich "macht" ein Haus etwas mit den Bewohnern, das ist ja auch ein wichtiger Aspekt von Stadtplanung, wie Miteinander an einem Ort gedacht und durch Architektur möglich gemacht werden kann.

 

Hanna, ich muss aber gestehen, dass ich das noch nicht mit dem Schreiben zusammenkriege, irgendwas blockiert bei mir, obwohl ich das Thema auch sehr spannend finde :-) Magst du das nochmal erläutern? Vielleicht auch erstmal nicht - dann wäre ich auf deine Fragen sehr gespannt!

               Website Anna             Instagram            

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Hannah, mich hat deine Frage ja dazu animiert, Außenstehenden meine derzeitige Rohfassung meines Romans als "Rohbau" zu bezeichnen, der mit einem Richtfest gefeiert wird, es aber noch lange dauert, bis die Sofakissen ausgesucht sind. Und man manchmal die Deko schon kennt, aber nicht weiß, wieviele Stockwerke das Haus hat ;)

 

Danke für den Thread und die Metaphern-Assoziationen

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Danke euch allen für die Impulse, die noch gekommen sind! Heute mache ich mich ans Basteln der Fragen.

 

 

Hanna, ich muss aber gestehen, dass ich das noch nicht mit dem Schreiben zusammenkriege, irgendwas blockiert bei mir, obwohl ich das Thema auch sehr spannend finde :-) Magst du das nochmal erläutern? Vielleicht auch erstmal nicht - dann wäre ich auf deine Fragen sehr gespannt!

 

Ich schreib dazu mal, was ich gerade als Entwurf für den Einstieg in die Fragen in meinen OneNote-Entwurf geschrieben habe:

 An dieser Stelle soll es darum gehen, wie Häuser, Wohnungen und Stadtteile das Menschsein der Bewohner prägen und beeinflussen. Denn die Art, wie Menschen leben, beeinflusst die Storywelt auch jenseits von Lehmhütten und Palästen im Fantasy oder Raumstationen in der Science Fiction.

 

Als Schreibdozentin habe ich Teilnehmenden häufig die Aufgabe gestellt, Figuren durch die Orte zu beschreiben, an denen sie leben. Mein Fokus lag dabei jedoch immer auf Dingen wie der Einrichtung, dem Grad an Ordnung oder Unordnung, persönlichen Details und spannenden Widersprüchen wie vertrockneten Pflanzen und liebevoll gepflegten, staubfreien Porzellanfiguren. Aspekte wie Lage der Wohnung, Gehgefühl in der Straße, Grundriss des Hauses und Aufbau der Küche habe ich normalerweise ausgeblendet, weil ich mich selbst nie ausreichend damit beschäftigt habe.

 

In den Gesprächen mit N. habe ich neue Wege gelernt, Häuser und Städte zu betrachten. Er sieht Geschichten, wo ich nur kantige Formen und Stein oder Putz sehe. Ich versuche, von ihm zu lernen. Deswegen habe ich gezielt nach Fragen gesucht, die die Diskussion voranbringen und deren Beantwortung vielleicht auch für andere Autor*innen von Interesse ist.

 

Jetzt muss ich das natürlich alles noch in Fragen zusammengefasst kriegen, die auf den Punkt bringen, worum es gehen könnte ... Aber ihr habt mir für den Weg dahin schon sehr geholfen.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Bitte melde Dich an, um einen Kommentar abzugeben

Du kannst nach der Anmeldung einen Kommentar hinterlassen



Jetzt anmelden


×
×
  • Neu erstellen...