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(Peter D. Lancester)

Was macht gute Dialoge aus?

Empfohlene Beiträge

(Peter_Dobrovka)

Das Thema Dialoge wurde umfassend durchgenudelt, die Zeit ist reif für einen FAQ-Eintrag.

 

1. Dialoge sollen realistisch klingen aber nicht realistisch sein

Es gibt nichts langweiligeres und nervtötenderes als echte Dialoge aus dem realen Leben:

- Tach

- Tach

- Und, wie isses?

- Na ja, wie immer.

- Ja, bei mir auch. Öh. Und sonst?

- Och, Kann nicht klagen. Ne.

- Du sag mal, kennst du schon die neue CD von äh, Nightwish?

- Nie gehört, den Namen.

- Hab ich gestern gesehn für äh, zwölf neunzig. Mußte ich einfach haben.

- Na dann ... Und sonst?

- Sonst nix.

Solche Gespräche sollte man kurz und schmerzlos zusammenfassen, z.B. Mark und Dieter begegneten sich in der Fußgängerzone, betrieben etwas Smalltalk und gingen wieder ihrer Wege.

Man sollte eh nur solche Dialoge schreiben, die etwas zur Handlung bzw. zum Hintergrund der Geschichte/der Charaktere beitragen. Und auch da sollte man Realismus vermeiden und die Informationen komprimiert und wenn möglich auch unterhaltsam rüberbringen. Trotzdem sollte der Leser nicht das Gefühl haben, daß sich zwei künstliche Personen mit künstlichen Stimmen über ein künstliches Thema unterhalten. Der Dialog soll echt wirken, aber er darf es halt nicht sein. Dazu dienen u.a. auch die anderen Punkte.

 

2. Dialoge spielen sich zwischen Figuren ab und sollen nicht zur Informationsvermittlung vom Erzähler an den Leser mißbraucht werden.

Ich erlebe es dauernd: Zwei Charaktere unterhalten sich über Dinge, über die sie sich niemals unterhalten dürften, weil sie beide schon alles darüber wissen. Der Sinn ist es, dem LESER Informationen zu vermitteln.

- Jetzt ziehen wir schon seit drei Tagen durch die Wüste und haben den Tempel des Horus immer noch nicht gefunden

- Er muß hier aber sein, Jack O'Bannon, der mir die Karte in Kairo verkauft hat, ist vertrauenswürdig.

- Ich hoffe, der Goldschatz bringt genug Geld ein, daß ich meine Spielschulden bei Marvin bezahlen kann.

- Wenn nicht, läßt Marvin dich töten und auch deine Frau und deine beiden Kinder.

Selbst wenn der Leser es mangels literatischen theoretischen Grundwissens nicht genau festmachen kann, was ihn stört, irgendwas wird ihm an diesem Dialog merkwürdig vorkommen.

 

Oft beginnen Dialoge auch wie eine Rede oder Ansprache, auch wenn die Szene in der Mitte der Handlung bzw. des Gespräches begann. Hier pflege ich als Trick, wenn ich nicht weiter weiß, mir den vorher abgelaufenen Dialog auszudenken, aufzuschreiben, und am Ende wieder wegzustreichen.

 

3. Lasse die Figuren wie sie selbst reden (und nicht wie die Erzählstimme oder dich selbst).

Nach der Pflicht ist das ist die Kür. Sollte klar sein, was gemeint ist, oder? Menschen haben allesamt unterschiedliche Wortschätze, Betonungen, Lieblingswörter und Marotten. Wenn man es schafft, seinen Figuren damit einen individuellen Anstrich zu geben, hat man Großes geleistet. Der Zweck heiligt die Mittel, man darf in dieser Hinsicht auch gerne mal ein wenig übertreiben, wie ich finde.

 

Peter

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Hallo Peter,

darf ich deine belletristischen Ausführungen ergänzen?

Es gibt nämlich ein eigenes "Genre", in dem dein Punkt 2 Absicht ist und von zentraler Bedeutung.

Es betrifft Texte im Bereich "Faction", diese Zwitter von Sachbüchern, die entweder durchweg erzählerisch geschrieben sind oder von Szenen à la "Dokudrama" unterbrochen werden.

 

Hier dienen die Dialoge dem Zweck, dem Leser auf unterhaltsame, belletristische Weise Fakten und Wissen beizubringen, Dinge, Ereignisse und Personen anschaulich zu machen. Die Kunst besteht darin, den Lerneffekt möglichst unauffällig unterzuschieben, die Dialoge trotzdem natürlich klingen zu lassen. Im Idealfall soll der Leser den Eindruck haben, bei einer Unterhaltung gelauscht zu haben... und nicht merken, dass er plötzlich Wissen aufgenommen hat.

 

Ein Beispiel ist diese Leseprobe hier:

 

In der Szene wird ein Ereignis mit realen Personen erzählt. Vorgabe ist aber gleichzeitig, dass die Leser dabei etwas über die Küche, die Bräuche und die typischen Häuser einer Region erfahren. Dazu wird das Setting genutzt - und die Dialoge, die dem Transport von Atmosphäre und Wissen dienen.

 

Schöne Grüße,

Petra

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(Steffi (Ronya))

2. Dialoge spielen sich zwischen Figuren ab und sollen nicht zur Informationsvermittlung vom Erzähler an den Leser mißbraucht werden.

Ich erlebe es dauernd: Zwei Charaktere unterhalten sich über Dinge, über die sie sich niemals unterhalten dürften, weil sie beide schon alles darüber wissen. Der Sinn ist es, dem LESER Informationen zu vermitteln.

Ha, jetzt weiß ich endlich was nicht stimmte! Ich habe kürzlich einen Text geschrieben mit genau diesem Inhalt. Also meine beiden Charaktere unterhalten sich über Dinge, die der eine wie auch der andere ganz genau wusste. Und mich störte etwas an diesem Text. So sehr, dass ich ihn einfach nur grottenschlecht fand, aber nicht sagen konnte, warum. Danke Peter für die Ausführung! Ich gehör einfach zu den Leuten, die vor dem Kühlschrank stehen und die Butter nicht finden!

Gruß Ronya

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Wie gemein, so einen Thread zu starten, wo ich zwei Tage nicht die Zeit habe, was dazu zu sagen! Ich wollte das Thame auch schon länger mal starten!

 

Aber keine Sorge: Ich sach noch was dazu!!! :s21:s22

 

Bis dahin erst mal einen schönen Donnerstag!

 

Lieben Gruß,

Marco! :s17

*Der hofft, aufgrund der Androhung einer Ausführung nicht gesperrt zu werden! :s09*

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Hallo Peter,

 

gute Idee, dieser Thread. Zu ergänzen wäre noch, dass Anfänger dazu neigen, Dialoge nach einem Frage-Antwort-Schema zu stricken, weil das dem Autor gerade gut in den Kram passt. Aber so reden keine lebendigen Menschen. Menschen hören nicht zu, schweifen ab, versuchen den anderen zu manipulieren, sind mit den Gedanken nicht bei der Sache. Jeder hat sein eigenes "Drehbuch", nach dem er spricht - das sehr stark von dem des Dialogpartners abweichen kann. Man stelle sich z.B. einen Dialog zwischen zwei Typen vor, bei dem der eine versucht, ein Problem zu lösen, und der andere sich langweilt.

Ich werbe für Dialoge, die krumm, schief und unlogisch sind - und trotzdem die Geschichte voranbringen und die Beteiligten charakterisieren.

 

Gruß Chris

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Zu ergänzen wäre noch' date=' dass Anfänger dazu neigen, Dialoge nach einem Frage-Antwort-Schema zu stricken, weil das dem Autor gerade gut in den Kram passt.[/quote']

 

Tatsache? Alle Lektoren, mit denen ich im Laufe der Arbeit an dem Buch zusammen gearbeitet habe, rieten mir genau das zu tun. Ich glaube es waren insgesamt 5 hauptberufliche Lektoren. Nicht unbedingt Frage-Antwort, aber Dialog immer als Konflikt, und dafür eignet sich Frage-Antwort eben gut. Wenn der Dialog weitgehend einen Konsens beinhaltet, dann wurde mir geraten, es indirekt zu beschreiben.

 

Chris

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Nicht unbedingt Frage-Antwort' date=' aber Dialog immer als Konflikt, und dafür eignet sich Frage-Antwort eben gut. Wenn der Dialog weitgehend einen Konsens beinhaltet, dann wurde mir geraten, es indirekt zu beschreiben.[/quote']

 

Klar, natürlich müssen Dialoge immer einen Konflikt enthalten, denn Konsens-Dialoge bringen die Geschichte nicht voran. Aber ich störe mich daran, wenn sich die Dialogpartner in ihren Aussagen immer 100%ig auf das vorher Gesagte beziehen - so klar strukturiert spricht kein Mensch. Das meine ich mit Frage-Antwort-Schema.

Vielleicht schaffe ich es, demnächst ein Beispiel reinzusetzen ...

 

Gruß Chris

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Und auch nicht in der gleichen Reihenfolge. Die meisten Leute beziehen sich zuerst auf das, was zuletzt gesagt wurde.

 

"Ist das deine neue Uhr? Sieht ja klasse aus. Wie spät ist es? Und übrigens hast du vergessen, beim Parken am Abhang die Handbremse zu ziehen."

"WAS?!"

"War nur ein Scherz, haha. Also, wie spät ist es?"

"Für dich gleich VIEL zu spät. Toller Scherz, ha."

 

..... ok, nicht das beste Beispiel. Aber so überkreuzt werden Dialoge gleich viel lebendiger.

 

Gruß

 

Astrid

 

(Muß weg, Handbremse kontrollieren)

Meine Homepage

 

Rabenzeit 1 gibt's als E-book und gedruckt bei Amazon. :)

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(Steffi (Ronya))

Also ich finde hier kann man nicht pauschalisieren. Nicht jeder echte Dialog ist auch gleich ein Durcheinander, wo sich die Gesprächspartner unterbrechen und über kreuz sprechen.

Also wenn meine Freunde und ich uns unterhalten, dann geht das gesittet zu. Einer spricht nach dem anderen, jeder spricht aus und wir können auch meistens ein Thema zu Ende sprechen, bevor wir das nächste anfangen.

Aber ich persönlich würde so einen konfusen Dialog im Roman als sehr unpassend empfinden. Mir gehts beim Lesen um Fakten, die ich vermittelt bekommen will, dämliches Gerede oder über Kreuz sprechen, selbst wenn das realistisch wäre, würde mich nur durcheinander bringen.

Gruß Ronya

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Nicht jeder echte Dialog ist auch gleich ein Durcheinander, wo sich die Gesprächspartner unterbrechen und über kreuz sprechen.

 

Nicht jeder echte, nein, aber um echte geht es ja gar nicht, es geht um jene Kunstsprache, die hilft, Literatur lebendig zu machen. Wenn wir schrieben, wie wir sprechen, hätte, schätze ich mal, kaum jemand Lust, das zu lesen.

 

LG

 

Eva

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Hallo Leute,

 

als Ergänzung zu dem Gesagten möchte ich noch den Dialog anbringen, bei dem der Gefragte grundsätzlich nicht mit einer Antwort aufwartet. ;D Solche gibt es im Buch ALS AUCH im richtigen Leben. Wo es mich wahnsinnig macht! Grrr! Aber im Buch finde ich es fetzig!

 

LG

Joy, die nichts schlimmer findet als Dialoge wie im echten Leben :s14

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(Peter_Dobrovka)

als Ergänzung zu dem Gesagten möchte ich noch den Dialog anbringen, bei dem der Gefragte grundsätzlich nicht mit einer Antwort aufwartet.  ;D Solche gibt es im Buch ALS AUCH im richtigen Leben. Wo es mich wahnsinnig macht! Grrr! Aber im Buch finde ich es fetzig!

Wenn damit die Figur, die keine klaren Antworten bekommt, in den Wahsinn getrieben werden soll, finde ich das auch klasse. :s22 Wenn es aber der normale Dialogstil des Autors ist, würde ich das nicht unbedingt lesen wollen. :s10

 

Joy, die nichts schlimmer findet als Dialoge wie im echten Leben  :s14

Siehe Punkt 1 des Ausgangpostings. ;D

 

Peter

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Wenn damit die Figur' date=' die keine klaren Antworten bekommt, in den Wahsinn getrieben werden soll, finde ich das auch klasse.  :s22 Wenn es aber der normale Dialogstil des Autors ist, würde ich das nicht unbedingt lesen wollen.  :s10[/quote']

 

Natürlich nur mit einer bestimmten Absicht! Zum Beispiel um vom Thema abzulenken oder weil die Figur selten eine Frage direkt beantwortet. Wie gesagt, nur eine weitere Möglichkeit zur Charakterisierung oder zum Spannungsaufbau. Womit der Dialog einen Sinn bekommt und nicht nur Info vermittelt.

 

LG

Joy, die mal nach nem Beispiel forschen gehen muss...

 

Hier geht's jetzt nicht um Frage und Antwort, aber wie man eine unerwartete Reaktion in einem Dialog herbeiführen kann steht im Sol Stein:

 

Sie: Mann, wie ich mich freue dich zu sehen.

Er: Hast du endlich deine Kontaktlinsen eingesetzt.

 

Er: Sie sind die schönste Frau der Welt.

Sie: Darf ich Ihnen meinen Mann vorstellen?

 

Beides zeigt ja nur, dass man auch was anderes schreiben kann, als

"Oh, danke!"

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Also mir gefallen solche Überkreuz-Dialoge ausnehmend gut.

 

Und ein wenig ähnelt es diesem Detailsäen und ernten.

Da wird eine Frage gestellt - der, der die Frage beantworten soll, weicht aus, die Situation verändert sich und schlußendlich wird die Frage beantwortet, viel später. Gesät, geerntet. Und was dazwischen dialogisiert wurde, kann erheblichen Reiz ausmachen. Und auch die Situation grundlegend verändern.

 

 

Grüße

Quidam

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Ich denke, die Kunst ist es, einen künstlichen Dialog ungekünstelt klingen zu lassen.

 

Kaum ein Roman hat Dialoge "wie im echten Leben". Aber bei gut gemachten Werken wird das dem Leser nicht auffallen. Das ist die Schwierigkeit, etwas Künstliches als etwas Reales zu verkaufen.

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- Er muß hier aber sein, Jack O'Bannon, der mir die Karte in Kairo verkauft hat, ist vertrauenswürdig.

- Ich hoffe, der Goldschatz bringt genug Geld ein, daß ich meine Spielschulden bei Marvin bezahlen kann.

- Wenn nicht, läßt Marvin dich töten und auch deine Frau und deine beiden Kinder.

Herrliches Beispiel, über sowas kann ich mich totlachen. Ich glaube das ist eines der ganz sicheren Merkmale von Trash. Sieht man immer in Serien, wenn auf ältere Folgen hingewiesen wird und wenn Protagonisten dann vorgeben, sich zu erinnern:

"Hey, war da nicht was? Ach ja, dieser Psychopath, der vor 5 Jahren meinen Mann umgebracht hat, jetzt fällt es mir wieder ein, wo ich gerade über der Leiche meines Liebhabers stehe, aber er ist doch von der Golden Gate Bridge gesprungen, nachdem du ihn erschossen hast, oder?"

"Jetzt, wo du es sagst, ist mir auch so, als wäre da mal irgendetwas gewesen !"

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sicher PeterN, aber manchmal muss man sowas ncihts destotrotz verwenden und längst nciht überall wo es verwendet wird ist es dermaßen ... nunja, "schlecht" rüber gebracht

 

Ihr wisst doch, das menschliche Gehirn ist wie ein Trampelpfad ..., so öfter er beschritten wird, desto leichter zu merken.

 

Und manche Leute reden echt alles zu Brei, was dann aber eher eine Form von genialem Charakterausformen wär. Kennt ihr das nciht auch, wenn man sich unterhält und die ganze zeit denkt, komm zum punkt ... das ganze erzählst du mir shcon zum 3 mal oder auch wenn jmd immer richtig nervig weit ausholt ... schlimm

noch schlimmer ist es, wenn man sowas von seinem vater erbt *dou'h ^^

 

 

Zu Dialogen und solchen Beispielen wo aufeinmal ganz viele Fragen gestellt werden, realistisch ist es oft auch wenn "nur" ! die letzte Frage beantwortet wird und sich dadurch dann ein neuer strang eröffnet

Ich selber erlebe sowas oft, dann fragt man mehrere Sache und der andere lässt die hälfte unter den Tisch fallen, spricht man ihn drauf an, weiß er (erst) nichts mehr davon

Wieder etwas wodurch man Dialoge lebendiger und realistischer bekommt und wenn dann ein Leser sich in soetwas wieder findet , glückwunsch

 

 

Aber wie ist es doch noch gleich:

 

Das beste ist wenn man einfach schreibt und die Muse das übernimmt, dann mag vieles ohne solch ellenlange Disskussion schön von der Hand gehen

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Dialoge sind das Schwierigste am Schreiben, für mein Empfinden.

Dialoge sind für mein Empfinden das Schwierigste am Schreiben.

 

Wie Peter schon sagte, müssen die Figuren sprechen wie die Figuren, nicht wie der Autor, was schwer ist, weil man als Autor da kaum differenzieren kann.

 

Mit einem Freund hatte ich mal die Diskussion darüber, dass Charaktere meistens schon durch Kleinigkeiten massiv charakterisiert werden, und gerade in diesen Kleingkeiten fast immer die Sprache des Autors durchblitzt. Ich und mein Freund hatten damals das Schraubenschlüsselproblem diskutiert.

 

Der Mechaniker, der eine anwesende Person nach einem Schraubenschlüssel fragt, hat mindestens (!) zwei verschiedene Möglichkeiten, das grammatikalisch und stylistisch zu lösen:

 

"Gibst du mir mal den Schraubenschlüssel?"

"Ich bräuchte mal den Schraubenschlüssel!"

 

Kleiner Unterschied, große Wirkung. Mir ist aufgefallen, dass bei vielen Autoren eben hier das größte Versagen vorherrscht. Ein Autor der Kategorie: "Gibst du mir mal den Schraubenschlüssel" wird auch seine Charaktere fast immer so reden lassen. Und ein Autor der Kategorie "Ich bräuchte mal den Schraubenschlüssel" wird wiederum seine Charaktere alle fast immer so reden lassen.

 

Das sind feine Vorgänge von sprachlicher Vorauswahl, die eine Person erkennbar machen, und die meist unbewusst ablaufen, weshalb in den meisten Büchern die Charaktere alle ähnlich reden...

 

In die gleiche Kerbe schlägt die Grammatik:

 

"Gestern hattest du bessere Laune!"

"Du hattest gestern bessere Laune"

 

oder

 

"Ich hab das Auto schon vollgetankt."

"Das Auto hab ich schon vollgetankt."

 

Auch hier gibt es oftmals besondere Sprachtypen unter den Autoren, die ihre eigene Sprechweise über ihr gesamtes Buchpersonal verbreiten, was ebenfalls einen für unsere Ohren seltsamen Gleichklang erzeugt.

 

Wie gesagt, Dialoge sind ziemlich schwierig, und ich habe mal einen sehr schönen Tipp dazu erfahren, wie man im Drehbuch die Dialoge ausbessern kann, was aber auch im Buch klappt:

Man schreibe zunächst sein gesamtes Buch herunter. Dann überlege man sich, ein oder zwei Tage für einen der Charaktere eine Sprechweise, grammtaikalische Kniffe, Wortvorlieben, genereller Stil, etc. und versuche, sich selbst ein wenig in diese Sprechweise einzufinden. Und dann schreibe man das komplette Buch durch, in einem Rutsch, an einem Block, sämtliche Dialoge dieser Person noch einmal nach (Also, den Inhalt unverändert lassen, aber die Ausdrucksweise komplett neu verfassen.)

 

Dies wiederhole man nun mit dem gesamten Personal. So ergibt sich ein a) homogenes Sprechbild einzelner Personen und b) eine gute Differenzierung zwischen verschiedenen Personen.

 

Ich persönlich mag Dialoge nicht gerne schreiben, weil sie mir zu arbeitslastig sind! ;)

 

Lieben Gruß,

Marco! :s17

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(Peter_Dobrovka)

100% Zustimmung, Marco!

 

Man schreibe zunächst sein gesamtes Buch herunter. Dann überlege man sich, ein oder zwei Tage für einen der Charaktere eine Sprechweise, grammtaikalische Kniffe, Wortvorlieben, genereller Stil, etc. und versuche, sich selbst ein wenig in diese Sprechweise einzufinden. Und dann schreibe man das komplette Buch durch, in einem Rutsch, an einem Block, sämtliche Dialoge dieser Person noch einmal nach (Also, den Inhalt unverändert lassen, aber die Ausdrucksweise komplett neu verfassen.)

 

Dies wiederhole man nun mit dem gesamten Personal. So ergibt sich ein a) homogenes Sprechbild einzelner Personen und b) eine gute Differenzierung zwischen verschiedenen Personen.

Das ist eine naheliegende Idee, auf die ich dennoch bisher nicht gekommen bin. Muß ich mal ausprobieren.

 

Peter

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Das ist eine naheliegende Idee, auf die ich dennoch bisher nicht gekommen bin. Muß ich mal ausprobieren.

 

 

Das ist eine absolute Gruselidee  :o !

 

Wenn einem die Figuren noch so fremd sind, daß man nicht mal weiß, wie sie reden, dann kann man eben noch nicht zu schreiben anfangen...

 

Von so einer nachträglichen Flickerei halte ich gar nichts - und ich glaube sogar, das würde man dem Text anmerken.

Die Sprechweise einer Figur hat ja immer auch Auswirkungen auf die anderen Figuren, und die Dialoge wiederum auf die erzählerischen Passagen - das gäbe ja eine endlose Flickschusterei...

 

Das klingt mir fast nach einer sicheren Methode, nie mit dem Manuskript fertig zu werden ;D

 

Gruß

Jan

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Ne, also ich finde, Marcos Vorschlag hat was Bezwingendes. Es stimmt nämlich, dass die Figuren, auch wenn sie dem Autor nahe und durchkonstruiert sind, leicht dazu neigen, etwas von der Autorensprache und -denke zu übernehmen und dadurch etwas gleichförmig werden können.

Ich werde auf jeden Fall beim zweiten Durchgang mal genau darauf achten.

Vielleicht ist es ja stimmig, aber ich bin sicher, dass ich ab und zu etwas davon entdecken werde.

 

Danke für den Tipp, Marco, damit schließt sich eine weitere Lücke im Schreiben bei mir :s20

Christa

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Man muss sich natürlich auch fragen: "Reden die Leute wirklich immer so?". Die meisten Mechaniker werden im Gespräch mit einem ihnen unbekannten Kunden auch anders reden als mit dem Bäcker, ihrer Frau oder einem Arbeitskollegen. Übertreibt man dieses "Gib jedem Charakter eine eigene Stimme" werden die Figuren schnell zu Karikaturen ihrer selbst.

Die meisten Menschen, die oft miteinander in Kontakt stehen, übernehmen ja auch Sprechgewohnheiten ihrer Umgebung. Herrliches Beispiel dafür, auch wieder ein Film, ist die Komödie "The Big Lewbosky", wo der Titelheld, der Dood, immer Gesprächsfetzen und Begrifflichkeiten von seinen Dialogpartnern aufnimmt und im weiteren Verlauf der Handlung verwendet.

Man sollte schon ein Augenmerk auf die Dialoge legen, aber sie immer auch in Relation zur Gesprächssituation setzen. Wie differenziert man das macht, ist eine andere Frage. Die meisten Menschen, die in einem ähnlichen Umfeld zu Hause sind, sprechen auch relativ ähnlich.

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Vielleicht darf ich an dieser Stelle von meinem momentanen Problem reden ohne einen neuen Thread über Klischees aufmachen zu müssen/sollen?

 

Mir wurde zur Überarbeitung meines schon älteren MS nun gesagt, dass meine Wissenschaftler zu unwissenschaftlich reden.

 

Nun entspricht mein Personal allerdings so wie es ist viel mehr der Realität als dem Klischee des ewig schwafelnden, sich kompliziert und gewählt ausdrückenden Wissenschaftlers! Ich weiß das for sure, denn durch den Beruf meines Mannes bin ich schon zig Geologen, Physikern und Astro-Physikern begegnet. (Um Astro-Physiker geht es in meinem MS) Und die reden alle so wie ihnen der Schnabel gewachsen ist! Keiner von denen drückt sich "wissenschaftlich" aus.

 

Nun meine Frage: In wie weit MUSS ich das Klischee des Wissenschaftlers bedienen (obwohl wir Klischees ja vermeiden wollen), um glaubwürdige "echte" Wissenschaftler zu produzieren??

 

Da es mir da hauptsächlich um die Dialoge geht, passt meine Frage prima hier rein, denke ich.

 

LG

Joy

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Hallo, Joy.

 

Ich glaube, du musst es gar nicht bedienen. Du könntest vielleicht als Kompromiss in einem Dialog zwischen zwei dieser Fachleute solche Fachbegriffe verwenden, aber das Wissenschaftler vier Fremdwörter benutzen, wenn sie sich morgens Brötchen holen, ist eindeutig zu viel.

Gibt bestimmt subtilere Möglichkeiten, durch dosierte, gezielte Verwendung, von wissenschaftlichen Begriffen, wo sie wirklich angebracht sind, um das deutlich zu machen. Situationsabhängig eben. ;)

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Hallo Joy,

 

ganz spontane Idee:

Könntest Du die Diskussion nicht einfach damit umgehen, indem relativ früh jemand auftaucht, der genau in solchen Klischees denkt und erstaunt äußert, der Wissenschaftler rede ja "ganz normal". Der kann dann wiederum genervt sein darüber, daß er ständig solchen Klischees begegnet. ?

 

LG

Uschi

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