Zum Inhalt springen
AndreasS

"Ist die Literaturwissenschaft eigentlich noch an Literatur interessiert?"

Empfohlene Beiträge

... fragt in einem lesenswerten Artikel Karl-Heinz Ott in der NZZ und richtet die Frage gleich auch an die Literaturkritik. Er hinterfragt die Tendenz, sich zu sehr auf das Inhaltliche und zu wenig auf das Sprachliche von Literatur zu fixieren und mit der Sprache und der durch sie geschaffenen Atmosphäre ausgerechnet das zu wenig zu beachten, was Literatur von Journalismus unterscheidet:

 

 

Literatur, die vor lauter Angst, nicht up to date zu sein, zum medialen Schnellgeschoss mutiert und bei jeder sich bietenden Gelegenheit die aktualistische Gunst der Stunde zu nutzen hofft.Es macht sich immer gut, wenn Klappentexte mit dem 11. September, der Finanzkrise oder Migrationsproblemen aufwarten. Selbst mancher Schriftsteller glaubt, dass bloss noch relevant ist, was mit Terror und Krieg, Börsenkrach und Globalisierung zu tun hat. Offenbar soll Literatur mit journalistischer Eilfertigkeit konkurrieren.

 

Was dabei auf der Strecke bleibt: die Seele eines Buches, sein Klang, seine atmosphärische Kraft:

 

 

Genau das aber lässt sich weder in Klappentexten erfassen noch in sonstigen Inhaltsangaben.

 

Werden Romane heute zu oft als "tagespolitische Traktate" gesehen und gewertet - und zu selten als Kunstwerke?

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Toller Artikel, vielen Dank, Andreas! (Auch wenn mich so ein Verweis auf Schriftstellergrößen, als ob es keine Frauen gäbe, immer ein wenig stört.)

 

Mein Lieblingszitat:

 

In Zeiten, da alles sich medial überschlägt, könnten Schriftsteller sich eigentlich glücklich schätzen, zögerlich sein zu dürfen, um Erfahrungen und Empfindungen aus anderer Warte in den Blick zu rücken, als es Tageskommentare erlauben. Schliesslich besteht ihr Ureigenstes aus einer Verschiebungsarbeit, die es ihnen erlaubt, die Welt aus freien Stücken zu verrücken und die Dinge in eine Schwebe zu bringen, die sie schlichter Eindeutigkeit beraubt.

 

Das macht doch Hoffnung, das sollte man sich vielleicht öfter sagen.

 

Ich glaube, dass die armen Schriftsteller (und -innen) nur einen Teil dafür können, sondern dass der ominöse Markt und die vermeintliche Verkäuflichkeit hier wieder eine große Rolle spielt, und dass es aber tatsächlich genau das Atmosphärische ist, das stilistisch Einzigartige, was man an Büchern liebt. Ich für mich kann das ganz klar sagen.

               Website Anna             Instagram            

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Den Eindruck, dass die Kritik sich nicht mehr mit Sprache und Atmosphäre der Bücher befasst, teile ich nicht. Es kommt sicher auf das jeweilige Werk an – wenn das ganz aktuelle Themen behandelt, rücken sicher die in den Vordergrund, aber bei Büchern, die aus ihrer Sprache heraus leben, kann man das kaum ignorieren (und wird es meiner Meinung nach auch nicht).

 

Was ich in der Unterhaltungsliteratur oft bemerke und ganz traurig finde, ist eine Sprache, die nicht über die Buchstaben auf dem Papier hinausgeht. Da schwingt nichts zwischen den Zeilen, entsteht keine Atmosphäre, kein Klang – solche Bücher lege ich nach einer Seite wieder weg, weil ich es unerträglich finde.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Was ich in der Unterhaltungsliteratur oft bemerke und ganz traurig finde, ist eine Sprache, die nicht über die Buchstaben auf dem Papier hinausgeht. Da schwingt nichts zwischen den Zeilen, entsteht keine Atmosphäre, kein Klang – solche Bücher lege ich nach einer Seite wieder weg, weil ich es unerträglich finde.

 

So geht es mir auch. Nach Möglichkeit entscheide ich schon in der Buchhandlung, ob auf der ersten Seite schon so etwas wie Atmosphäre anklingt.

 

Durch Literatur erleben wir, dass Metaphern kein poetischer Ersatz für Dinge sind, die sich auch schlichter benennen lassen, sondern den Wahrnehmungshorizont weiten und damit die Welt.

 

Ich liebe solche Metaphern! Wenn ich etwas über Terrorismus, die Finanzkrise oder andere Probleme lesen will, schlage ich meine Tageszeitung auf. Bücher, die ich gern lese, schaffen für mich neue Welten.

Bearbeitet von Christa
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Vielleicht braucht es wie beim Oscar oder bei der Benotung von Deutschschularbeiten unterschiedliche Spalten/Sparten, in denen Bücher von den Kritikern gepriesen werden sollten. Und eben auch eine für "Ausdruck", also Wortmalerei, die sich so schön liest, dass viele sie genießen sollen.

 Literaturkritik in den Zeitungen sollten einfach mehr Platz für ganz verschiedene Büchder haben, dann wäre auch genug Raum für Titel, die mit ihrer Wortmalerei Leser in den Bann ziehen.

Derzeit in Schreibpause... mit immer wieder Versuchen, dieses Sumpfloch zu verlassen

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Bitte melde Dich an, um einen Kommentar abzugeben

Du kannst nach der Anmeldung einen Kommentar hinterlassen



Jetzt anmelden


×
×
  • Neu erstellen...