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(ElisabethR)

Jugendroman Wie man richtig küsst

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Ich besitze eine sehr große Jugendbuch-Sammlung, die ständig erweitert wird. Gestern las ich das Buch "Wie man richtig küsst", geschrieben von Holly-Jane Rahlens.

rororo Rotfuchs, erschienen 2002, ISBN 3-499-21159-9 / 12,90 €

Das Buch hat mich unheimlich enttäuscht.

 

Zum Inhalt: Es geht um die 15jährige Renée, die mit ihrer Mutter (Bestseller-Autorin von Ratgebern) in Berlin lebt. Der Vater ist vor einem Jahr tödlich verunglückt – etwas, womit Renée sich nicht auseinandersetzen will.

Renée ist verknallt in Philipp und übt mit ihm das Küssen.

Ihre geplante Sommerferienreise nach New York platzt, und so nimmt die Mutter ihre Tochter mit auf eine dreiwöchige Lesereise quer durch die Republik. Das wichtigste Gepäckstück für Renée ist dabei Thema No 1 – ein Sexratgeber.

Auf Schloss Koppenbach in Bayern lernt Renée dann Marek kennen, einen 17jährigen Polen, der sehr gut Deutsch spricht und ein Genie am Klavier ist. Er gibt bereits weltweit Chopin-Konzerte. Die beiden verlieben sich, und ganz zum Schluss ist Renée bereit, um ihren toten Vater zu weinen und mit ihrer Mutter über ihren Schmerz zu sprechen.

 

Das erste Ärgernis:

Mich störte an diesem Jugendroman vor allem, dass die 15jährige Renée Gedanken und Vergleiche benutzte, die allenfalls eine etwa 23-jährige hat. Dadurch wirkt die gesamte Geschichte vollkommen unglaubwürdig.

Das zweite Ärgernis:

Die Protagonistin redet ansonsten in einer unglaublich platten, flachen Sprache, die dann eben von völlig erwachsenen Vergleichen, Bildern und Gedankengängen unterbrochen wird.

Das dritte Ärgernis:

Ich konnte mir bis zum Schluss kein Bild von Renée machen, auch nicht von den anderen Personen im Buch.

 

Ab und zu gebraucht die Autorin triviale Vergleiche wie u.a.: "Unsere Augen saugten sich aneinander fest" (als ich mir bildlich vorstellte, wie sich die Augen aneinander festsaugten, musste ich kichern).

Oder: "Kotz. Würg."

Weiter: "Ich lauschte. Chopin, dachte ich. Nicht, dass ich die große Kennerin bin, da war mein Vater der Fachmann. Aber doch, ich denke, es war Chopin. Eines dieser leidenschaftlichen Mollstücke, bei denen man sanft schaukelnde Wellen vor sich sieht. Eine junge Frau mit Sonnenschirm geht am Strand entlang, ihre Augen schweifen voller Sehnsucht über das dunstige Meer."

Drei Absätze weiter: "Gähn. Schnarch. Zzzzz. Zu blöd, dass es keinen Fernseher gibt."

 

Ich hatte mir das Buch von der Rahlens mit großer Vorfreude gekauft, weil der Berliner Tagesspiegel die Autorin lobte als eine "Erzählerin von Teufels Gnaden". Auf dem Klappentext des Buches steht, dass sie "durch Witz und Humor, Liebe und Leidenschaft, Tempo und Tiefgang brilliert".

Für ihren Jugendroman "Prinz William, Maximilian Minsky und ich", den ich zuvor gelesen hatte, erhielt sie den deutschen Jugendbuchpreis. Auch das Buch hält übrigens nicht, was es verspricht – es strotzt nur so von Klischées über das jüdische Leben in Berlin.

 

Mich haben die Bücher von Holly-Jane Rahlens stark an die Bücher von Ildiko von Kürthy erinnert. Klar, die Rahlens schreibt schon irgendwo witzig, und ich habe beim Lesen manchmal gelacht. Aber eigentlich bestehen ihre Bücher nur aus Klischées – die Personen wie die Handlungen. Sie sind blutleer, künstlich, schablonenhaft.  

 

Ach, und dann noch eines zu "Wie man richtig küsst":

*Seufz* - weshalb muss in Romanen bei klassischer Klaviermusik IMMER der arme Chopin herhalten?

Und natürlich als Zugabe die "Träumerei" von Schumann?

 

LG - Elisabeth

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Und "Fuer Elise" fehlt?

 

Zu der von dir zitierten Chopin-Beschreibung faellt mir spontan nur ein:

"Kotz Wuerg".

 

Herzliche Gruesse von Charlie.

"Der soll was anderes kaufen. Kann der nicht Paris kaufen? Ach nein, in Paris regnet's ja jetzt auch."

Lektorat, Übersetzung, Ghostwriting, Coaching www.charlotte-lyne.com

 

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Hmmm, Charlie -

 

"Für Elise" ist ja kein leidenschaftliches Musikstück, bei dem man vor seinem inneren Auge junge Frauen mit Sonnenschirm am Strand sieht, deren Blicke sehnsüchtig über dunstige Meere schweifen. ;D

 

Aber nun möchte ich wirklich wissen, weshalb diese Autorin so hochgejubelt wird... ::) ???

 

LG - Elisabeth

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Hallo Elisabeth,

weil der Berliner Tagesspiegel die Autorin lobte als eine "Erzählerin von Teufels Gnaden".

Vielleicht hat er das bitter ernst gemeint? :s22

 

Ich kenne weder das Buch noch die Autorin, aber allein beim Polenjünglingsklischee und Chopin am Strand (das tut verdammt weh) seh ich spontan die Fernwärmeleitung in Chopins Zelazowa Wola platzen :s10

 

Bei deinem Vergleich mit Ildiko von Kürthy musste ich aber lachen, denn als ich deine Beschreibung vom Plot las, musste ich sofort an Denis Schecks Kürthy-Verriss denken!

 

Wieso wird jemand hochgejubelt? Frag was Leichteres. Manchmal genügt es, dass der richtige damit anfängt...

 

Eigentlich darf ich aber nichts dazu sagen, weil ich das Buch nicht kenne.

 

Schöne Grüße,

Petra

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Das stimmt natürlich, Petra -

 

manchmal genügt es, dass der Richtige damit anfängt...

 

Mich hat halt nur so unglaublich gestört, dass eine 15jährige mal in Sprechblasen-Sprache redete und dachte und dann wieder so ausgereift wie eine 23jährige oder aber auch mal im Rosamunde-Pilcher-Stil.

Da bricht dann das Bild der Protagonistin ständig auseinander, und man wird als Leser permanent im Lesefluss unterbrochen...

 

LG - Elisabeth

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(Peter_Dobrovka)
Das stimmt natürlich, Petra -

 

manchmal genügt es, dass der Richtige damit anfängt...

 

Mich hat halt nur so unglaublich gestört, dass eine 15jährige mal in Sprechblasen-Sprache redete und dachte und dann wieder so ausgereift wie eine 23jährige oder aber auch mal im Rosamunde-Pilcher-Stil.

Da bricht dann das Bild der Protagonistin ständig auseinander, und man wird als Leser permanent im Lesefluss unterbrochen...

 

LG - Elisabeth

Ich finde sowas sehr realistisch. Als Jugendlicher war ich ganz genauso. :p

 

Peter

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(Steffi (Ronya))

Hallo Elisabeth

ich kenne zwar weder Roman noch Autorin, aber ich denke ich habe ein paar Antworten für dich.

Ich selbst habe solche Geschichten auch nie ausstehen können und hatte immer harte Diskussionen mit den Mädchen, die sie gelesen haben. Du fragst, warum eine Protagonistin, die mal so mal so spricht ankommt. Das ist ganz einfach. Eine 15-16jährige, die das liest sieht sich einmal so, wie sie ist und einmal so, wie sie gern wäre. Würde die Prota nur wie eine 23jährige sprechen, würde die Leserin keine Verbindungen zwischen sich selbst und der Prota sehen und würde sie nur wie eine 15jährige sprechen, würde die Leserin das Buch auch beiseite legen, da sie ja kein Buch über jemanden lesen muss, der nicht anders ist als sie selbst.

Auch das ganze mit den Klischees ist vollkommen normal. Ich hab noch nicht heraus gefunden warum, aber anscheinend wollen Mädchen, in dieser Altersgruppe nur Klischees und sonst nichts.

Ich hatte mich in der Schule mal mit einer unterhalten, die auch so ein Klischeetriefendes Buch gelesen hatte. Sie hat mir ganz knapp die Handlung erzählt und ich konnte ihr sofort sagen wie die Geschichte ausgeht. Ich hab sie dann gefragt, ob sie es denn nicht stört, dass sie von Anfang an weiß wie es ausgeht. Daraufhin hat sie nur gemeint, dass das doch vollkommen egal ist. Das einzig wichtige ist zu sehen wie es sich entwickelt.

Ich hatte nach dem Gespräch das Gefühl, dass sie einfach nicht wollte, dass irgendetwas unvorhergesehenes geschieht. Sie will genau von der rosa Welt lesen, die sie sich vorstellt.

Schaut doch einfach mal diese ganzen dämlichen Daily Soaps an! Einzige Klischee bestickte dämliche Geschichten. Wobei ich allerdings denke, dass gerade diese Daily Soaps die Klischees mitbegründen.

So, genug aufgeregt.

Gruß Ronya

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