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SabrinaQ

Schatten Plural?

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Hallo ihr Lieben,

gerade bin ich etwas verunsichert, nachdem in einer Leserunde aufgezeigt wurde, dass Schatten nicht im Plural stehen dürfen.

 

Ich hatte den Satz: "Dunkle Augen funkelten in den Schatten." Gehört da wirklich, IM Schatten? Ich verwende sie eigentlich sehr gerne im Plural, klingt schöner, poetischer, finde ich. Und auch meine Lektorin hat daran nichts geändert, obwohl das mehrmals im Buch so steht. Aber ist das echt falsch?

 

Später habe ich auch mal: "Eiskristalle schimmerten auf den sonnenbeschienen Türmen der Abtei, aber Maurice und die Männer standen in den Schatten zwischen der Abtei und dem Palast, bis ihnen Quartiere für die Weihnachtstage zugeteilt wurden."

 

Was meint ihr dazu? Plural = falsch? Oder Geschmacksache?

www.sabrina-qunaj.at, www.ella-simon.at

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Ich bin kein Experte, aber beim ersten Satz würde ich Schatten nicht im Plural setzen. Das Augenpaar kann nur in einem Schatten funkeln, sonst müsste ein Auge dort und ein anderes an einer anderen Stelle sein. ;)  Den zweiten Satz finde ich in Ordnung, weil die Männer nicht unbedingt alle im selben Schatten stehen.

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Ich bin auch kein Sprachkundler, aber nach meinem Sprachempfinden müssten mehrere Schatten optisch klar voneinander zu trennen sein.

 

"Dunkle Augen funkelten in den Schatten"  - das klingt für mich, als wären da z.B. zwei Schatten von zwei Bäumen, zwischen ihnen scheint die Sonne, und in den Schatten funkelt jeweils ein anderes Augenpaar - wilde Tiere, oder so. War das gemeint? Licht und Schatten im Wechselspiel - dann sieht man die Augen eigentlich gar nicht so gut funkeln. Wenn du alles dunkel haben wolltest - dann wäre hier Singular eindeutiger.

 

"Eiskristalle schimmerten auf den sonnenbeschienen Türmen der Abtei, aber Maurice und die Männer standen in den Schatten zwischen der Abtei und dem Palast, bis ihnen Quartiere für die Weihnachtstage zugeteilt wurden." - das klingt, als ob zwischen Abtei und Palast, bedingt durch den Sonnenstand, sowohl Schatten als auch sonnenbeschienene Landschaftsteile sind. Also ein Hell-Dunkel Gemisch. War das deine Absicht? Oder wolltest du den Gegensatz "sonnenbeschienene Türme" vs. Schatten auf dem Boden aufzeigen? Dann wäre die Singularform besser. Denn dann ist alles dunkel.

 

LG Ulrike

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Für mich ist der Plural von Schatten hier falsch, so wie Margot und Ulrike es beschrieben haben. Es kann zwar sein, dass man in einem Schatten steht, der z.B. von zwei Häusern geworfen wird. Aber es bleibt ein Schatten. Für mich würde es dann heißen: Er stand im Schatten, der von den Häusern geworfen wurde ...

 

LG

Martin

_________________________________________________

www.martinconrath.de

Jede Art des Schreibens ist erlaubt - nur nicht die langweilige (Voltaire)

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Leider ist es nur ein Augenpaar. Es handelt sich um eine Turmkammer (Mittelalter), die nur schwach von Talgkerzen beleuchtet ist. Eine Person schaut also "aus den Schatten".

www.sabrina-qunaj.at, www.ella-simon.at

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Ganz genau betrachtet müsste ma nun wissen, ob es mehrere Lichtquellen gibt, denn dann kann der oder das mit den Augen ja wirklich in mehreren Schatten stehen, die halt zufällig dort zusammenfallen. ;)

 

Meine Meinung: Wer sowas in einer Leserunde bemäkelt, hat mindestens einen Schatten zu viel oder zu wenig ::)

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Liebe Sabrina,

 

in diesem Fall wäre das nur ein Schatten, in dem das Augenpaar ist. Wo ein Schatten ist, kann ja kaum noch mehr Schatten sein. Dunkel ist dunkel.

 

Liebe Grüße,

Olga

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Aber wenn mehrere Schatten ineinander fließen und einen bilden?

 

Naja, ist ja auch egal, ich sehe ein, es ist falsch, und ich werde es der Lektorin sagen, damit das bei der nächsten Auflage rauskommt.

 

@ Jenny Ich war selbst etwas überrascht, ist mir bei gut einem Dutzend Leserunden noch nie passiert. Hier gab's schon im ersten Abschnitt eine Liste an "Ungereimtheiten". Die meisten waren hinfällig, weil nicht aufmerksam gelesen wurde. zB. wurde bemängelt dass der Charakter de Clare eine Frage stellt und sich gleich selbst die Antwort gibt. Dabei steht: "fragte ER de Clare". Also der andere fragt, usw. :-)

Aber bei den Schatten hatte sie offensichtlich recht. Macht nichts. Man lernt nie aus :-)

www.sabrina-qunaj.at, www.ella-simon.at

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"Unserer beider Schatten sahen wie einer aus ... wie einst Lili Marleen."

 

Unter den Nomen gibt es die so genannten Abstrakte, die normalerweise keinen Plural haben: Hitze und Kälte, Ruhe, Musik oder Nähe ... Licht und Schatten. Ein Merkmal dieser Nomengruppe ist, dass sie nicht in zählbare Einheiten zerlegt werden können – "zweiundzwanzig Ruhe" sagen wir nicht.

 

Einigen dieser Abstrakte gelingt es dann aber doch, sich wie ein Konkretum aufzuführen: Die Schönheit des Landes. Oder die Schönheiten des Landes? Beides richtig (wenn auch ein minimaler Unterschied mitschwingt). So auch bei Licht und Schatten, und hier ist der Bedeutungsunterschied schon deutlicher wahrzunehmen:

 

Es werde Licht – Plural unmöglich.

Kleine Lichter zuckten auf in der Nacht – Plural. Und die Lichter sind keine abstrakte Größe mehr, sondern konkrete, zählbare Erscheinungen.

 

Dito mit den oder dem Schatten:

 

... doch die im Schatten sieht man nicht – Plural unmöglich.

Die Mittagssonne warf harte Schatten auf das Gras – pluralisch, zählbar und konkret.

 

In deinem Fall, Sabrina, würde ich den Singular wählen.

 

Aber Jenny, du hast auch Recht: Wem an einem Roman (als Leser, nicht als Lektor) so was auffällt, der ist ein Beckmesser mit diversen Schatten im Kopf.

 

Angelika

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

Alicia jagt eine Mandarinente. dtv premium März 2018. Die Grammatik der Rennpferde. dtv premium Mai 2016

www.angelika-jodl.de

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ach, wie schön, Angelika :-), ich hörte gleich Hanna Schygulla singen "Unser beider Schatten.. sahen wie einer aus... dass wir lieb uns hatten, sah man..."

Bearbeitet von jueb

"Dem von zwei Künstlern geschaffenen Werk wohnt ein Prinzip der Täuschung und Simulation inne."  

AT "Aus Liebe Stahl. Eine Künstlerehe."

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Unter den Nomen gibt es die so genannten Abstrakte, die normalerweise keinen Plural haben: Hitze und Kälte, Ruhe, Musik oder Nähe ... Licht und Schatten. Ein Merkmal dieser Nomengruppe ist, dass sie nicht in zählbare Einheiten zerlegt werden können – "zweiundzwanzig Ruhe" sagen wir nicht.

 

Das ist schon sehr interessant, wenn man sich das so vor Augen führt. Es gibt keine Musiken, aber musici. Es kommt wohl immer auch auf das Bild und die Perspektive an. Wir sagen zum Beispiel nicht: Wenn die Sonne untergeht, wird der Schatten länger, sondern werden die Schatten länger. Und als Buchtitel sind "die Schatten" sowieso salonfähig - da habe ich mindestens zehn gefunden, die damit beginnen wie Hakan Nessers "Die Schatten und der Regen". :) 

 

Grüße

Christa

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Aber wenn mehrere Schatten ineinander fließen und einen bilden?

 

Ganz genau, dann hast du nur einen Schatten - wie du es selbst sagst. Nur einen Schatten, in dem die Augen sind, und mehrere Schatten im Raum sonst.

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Ein schönes Beispiel, wieso man sich manchmal auch über das Korrekte hinwegsetzen kann oder sollte. So wie wir ja auch falsche Vergangenheitsformen benutzen oder uns unauffällig von der richtigen in die falsche schleichen, um zu viele "hatte" zu vermeiden. Mit Blick auf den Duden falsch - aber alle Autoren bzw. Lektoren nutzen diesen Weg.

 

Wenn es passt, sind "die Schatten" wirklich viel poetischer. Und in Szenen, wo es gruselig zugehen soll, wirken "die Schatten" auch viel mehr wie Wesenheiten, wie Bedrohliche, wie Handelnde.

Bearbeitet von AndreasS
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Also jedes Auge kann schon in einem eigenen Schatten ruhen, je nachdem, wo die Lichtquelle sich befindet ... Dennoch, im obigen Satz würde ich auch den Singular wählen. Interessant auch: im Deutschen gibt es ja meistens nur einen Himmel, außer in der Poesie - "die Himmel rühmen" oder in der Liebe, wenn man sich im siebten H. wähnt - während es im Hebräischen ganz und gar üblich ist, von "den Himmeln" (ha shamajim) zu sprechen.

Jedenfalls bleibt die Tatsache, dass es im Leben nicht darum geht, Menschen richtig zu verstehen. Leben heißt, die anderen misszuverstehen ... Daran merken wir, dass wir am Leben sind: wir irren uns. (Philip Roth)

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Danke für eure hilfreichen Beiträge! Ich habe jetzt auch mit meiner Lektorin gesprochen und sie ist auch dafür "die Schatten" zu belassen, da die Einzahl in diesem Fall holprig klingt und es so einfach viel stimmungsvoller in die Szene passt. Bin zufrieden und es möge sich daran aufhängen, wer auch immer möchte :-)

www.sabrina-qunaj.at, www.ella-simon.at

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Habe gerade im Roman von Angelika Zöllner "Wenn das Gras schweigt" einen schönen Satz zum Thema gelesen:

 

"Nur alte Leute führen Selbstgespräche, mit sich und ihren Schatten!"

 

Nach Angelika in diesem Fall also zählbarer und konkreter Abstrakt. Wieder etwas dazugelernt. Vielen Dank für diesen Beitrag, Sabrina. :)

 

lg

Christine

Bearbeitet von ChristineN
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