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(ChristophL)

Nicht böse genug ...

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Hallo zusammen,

 

ich habe ein kleines Problem mit meinem Bösewicht. Ich befürchte, er ist einfach nicht böse genug ...

 

Kurz zum Hintergrund des Charakters: Es handelt sich um einen syrischen Söldner, der vom Sultan angeheuert wird, um meinen Prota aufzuhalten (die Geschichte spielt 1303 im Nahen Osten und Konstantinopel). Er ist nicht zimperlich in der Wahl seiner Mittel, aber das sind viele der anderen Charaktere, die "grauer" angelegt sind, auch nicht. Es fällt mir schwer, da eine Steigerung hinzukriegen.

Jetzt bin ich an einer Szene angelangt, in der sich der Söldner an einem Peiniger seiner Kindheit rächen will: einem byzantinischen Adligen, der ihn als Lustsklaven gekauft hat. Ich habe diesen Hintergrund eingebaut, um den Söldner mit einer eigenen Geschichte auszustatten, ihn menschlicher zu machen. Aber jetzt mache ich mir Sorgen, ob er nicht vielleicht etwas zu menschlich wird. Am Ende hat der Leser noch Mitleid mit ihm :(

 

Was kann ich tun?

Gruß Chris

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Hallo Chris,

 

ich finde das macht nichts, im Gegenteil. Es ist eingentlich sehr schön, wenn der Leser erkennt, dass der "Böse" nicht allein böse ist, sondern, dass es in seinem Leben Punkte gibt, die ihn so werden ließen.

Das macht ihn menschlich.

 

Ich lasse meine Antagonistin in "Die Feuerpriesterin" immer wieder in ihre Kindheit blicken, damit der Leser ihre Beweggründe kennenlernt. Dabei hatte ich auch oft das Gefühl, dass sie einem fast Leid tun kann (sie wird als siebentes Kind nur erzogen, um mit 14 Jahren geopfert zu werden und wächst daher ohne Liebe auf) aber gerade das gibt dem Bösen endlich auch ein Gesicht.

 

Also nur zu.

Auch sympatische Bösewichte sind Bösewichte.

 

Aufmunternde Grüße

Monika

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Ich bin prinzipiell auch der Ansicht, dass Schurken, deren Handlungsweise nachvollziehbar ist, und für die der Leser evtl. sogar ein gewisses Verständnis aufbringen kann, spannender und interessanter sind als gesichts- und motivationslose Bösewichte.

Also keine Angst vor sympathischen Antagonisten. :)

 

LG,

Natalja

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(Steffi (Ronya))

Hallo Chris

kein Mensch ist von Geburt an böse, irgendetwas treibt ihn immer dorthin. Warum sollte das in Büchern anders sein? Und warum sollte man diese Entwicklung dem Leser vorenthalten? Der Böse wird ja nicht dadurch besser, dass er einen Grund hat gewalttätig zu sein, sondern schlechter, weil er es ist!

Gruß Ronya

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Hi Chris,

 

ich finde es wichtig, die Figuren auch mal richtig böse sein zu lassen und nicht alles durch Erklärungen und Kindheitsgeschichten irgendwie wieder geradezurücken. Mich stört es, wenn ich ein Harmoniestreben des Erzählers zu spüren glaube. Ich möchte beim Lesen hassen und lieben und Konflikte auf allen Seiten.

 

BTW: Heute beim gemütlichen Lesenachmittag auf der Couch habe ich etwas erfreulich Böses gelesen: Ein Sultan hat seinen Widersacher in einen kleinen quadratischen Käfig gesperrt und diesen in den nächsten Jahren, wenn Gäste kamen, als Fußschemel benutzt.

 

Gruß,

 

Tin :)

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(Steffi (Ronya))
BTW: Heute beim gemütlichen Lesenachmittag auf der Couch habe ich etwas erfreulich Böses gelesen: Ein Sultan hat seinen Widersacher in einen kleinen quadratischen Käfig gesperrt und diesen in den nächsten Jahren' date=' wenn Gäste kamen, als Fußschemel benutzt.[/quote']

Das ist mal richtig cool :D!

 

Ich denke man kann nicht pauschal sagen, ob man es machen muss oder nicht, aber wenn der Autor das Bedürfnis hat seine Figur näher dazustellen, dann sollte er das machen. Dabei braucht er auch nicht zu befürchten, dass diese nicht mehr böse genug rüberkommen könnte.

 

Gruß Ronya

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Hallo,

 

ich bin gegen verharmlosende Erklärungsmuster, die erklären, warum ein Böser böse wurde (frei nach dem Motto: er konnte ja nicht anders...). In gleicher Weise bin ich aber auch gegen zu platte Charaktere (wo ein Prota um des Bösen Willen bösen ist).

 

Von daher: Der Sultan, der seinen Widersacher als Fußschemel benutzt, ist - was diese Grausmakeit anbelangt - in meinen Augen nicht einfach platt "böse", sondern ein Kind seiner Zeit und hat sicher seine Motive (Machtdemonstration etc.).

Und diese Motive will ich auch kennen - gerade weil/wenn sie widersprüchlich sind (sprich: die einen eher mitleiderregend, nachvollziehbar, die anderen einfach nur grausamen, ekelhaft.)

 

Kurzum: ich will nicht erklärt bekommen, warum der Typ so ist! Aber ich will wissen, was ihn dazu antreibt!

Ein kleiner, aber feiner Unterschied.

 

LG,

Julia

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Jetzt bin ich an einer Szene angelangt, in der sich der Söldner an einem Peiniger seiner Kindheit rächen will: einem byzantinischen Adligen, der ihn als Lustsklaven gekauft hat. Ich habe diesen Hintergrund eingebaut, um den Söldner mit einer eigenen Geschichte auszustatten, ihn menschlicher zu machen. Aber jetzt mache ich mir Sorgen, ob er nicht vielleicht etwas zu menschlich wird. Am Ende hat der Leser noch Mitleid mit ihm :(

Für mich hört sich das gut an. Wenn sogar JKRowling nach 2000 Seiten sich bequemt ihrem Bösewicht so etwas wie eine Tiefe zu geben, kann das doch nur gut sein, wenn du das deinem Leser schon vorher bietest. Einzige Einschränkung: Es sollte so beiläufig sein, dass außer geübten Montsegurlern, niemanden auffällt. Aha, da hat sie etwas von ihrer Figurenbiographie reingeschrieben, um dem ganzen mehr Tiefe zu verleihen.

Abendgrüße vom Raben

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(Steffi (Ronya))
Kurzum: ich will nicht erklärt bekommen, warum der Typ so ist! Aber ich will wissen, was ihn dazu antreibt!

Ein kleiner, aber feiner Unterschied.

Ich weiß, dass ich nicht die schnellste bin, deswegen entschuldige meine Bitte. Aber könntest du mir vielleicht erklären, wo du da den Unterschied siehst?

Gruß Ronya

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ich finde es wichtig, die Figuren auch mal richtig böse sein zu lassen und nicht alles durch Erklärungen und Kindheitsgeschichten irgendwie wieder geradezurücken. Mich stört es, wenn ich ein Harmoniestreben des Erzählers zu spüren glaube. Ich möchte beim Lesen hassen und lieben und Konflikte auf allen Seiten.

 

Tin :)

 

Hallo Tin,

das ist genau mein Problem! Einerseits will ich die Motivation des Antagonisten deutlich machen, andererseits will ich Verharmlosungen und Erklärungsversuche nach dem Motto "Kindheit schlecht => Charakter wird zum Finsterling" unbedingt vermeiden.

Aber wie???

 

Gruß Chris

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Hi :-)

 

Wenn Du Angst hast, dass dein Bösewicht zu symphatisch wird, kann er sich bei der Rache am Schuldigen ja auch gleich an Unschuldigen vergreifen. Gibt deinem byzantischen Adligen einen kleinen Sohn, dein dein Söldner auch gleich mitmeuchelt.

 

Oder laß ihn sich besonders grausam rächen. Auch wenn kein Mensch Verständnis für Kinderschänder hat, ihrer öfentlichen Pfählung oder Verbrennung, werden doch die Wenigsten zusehen wollen.

 

M.

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Hallo Chris,

 

ehrlich gesagt konnte ich einige Argumente in dieser Diskussion nicht ganz nachvollziehen, was sicherlich damit zusammenhängt, daß bei mir jeder, ob Finsterling oder Lichtgestalt (da sind meine Übergänge eh mehr als fließend) einen background kriegt, wie er sich aus meinem Brotjob nun mal ergibt.

 

ich finde es wichtig' date=' die Figuren auch mal richtig böse sein zu lassen und nicht alles durch Erklärungen und Kindheitsgeschichten irgendwie wieder geradezurücken. Mich stört es, wenn ich ein Harmoniestreben des Erzählers zu spüren glaube. [/quote']

Mich stört es beim Lesen dagegen, wenn jemand einfach nur "böse" ist und ich erfahre nicht warum. Das Buch entbehrt für mich dann jeglicher psychologischer Tiefe.

Das ist m.E. ein häufiges Mißverständnis: man glaubt, Erklärung bedeutet zugleich Entschuldigung und Verständnis. Für mich als Leser ist das Gegenteil der Fall: Das Böse läßt mich viel mehr erschrecken und verzweifeln, wenn ich dahinter den Menschen spüre, wie er hätte sein können, wäre er nicht so verformt und entstellt worden.

Platte Schwarz-Weiß-Darstellung hat für mich viel mehr mit Harmoniestreben zu tun!

 

Liebe Grüße

Uschi

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Liebe Uschi,

 

kann ich unterstreichen!

Bei mir gibt es gegenwärtig auch zwei Bösewichter, die aber nicht einfach nur böse sind. es gibt keine Erklärungen oder Rückblenden, aber ich versuche immer, die Figuren dem Leser "nahe" zu bringen-ob er sie dann sympathisch oder unsympathisch findet, wird er entscheiden.

Als ich die Geschichten der Massenmörder Hamann und Perter Kürtens gelesen habe, habe ich sehr viel über ihre Hintergründe erfahren. Mitleid hatte ich deshalb trotzdem nicht, vielleicht das Wissen darüber, warum es so kommen musste.

 

Aber die Frage war ja eigentlich: der Prota ist nicht böse genug. da fand ich den Hinweis auf diesen Käfig sehr gut-das charakterisiert ihn besser als alle psycholgischen Erklärungen.

 

LG Christa

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Chris, ich glaube das Problem ist, dass es sich bei deinem Bösling um einen Söldner handelt. Der Mann ist lediglich ein Handwerker, der für seine bösen Taten bezahlt wird. Er handelt ohne persönliches Motiv, ohne Hass oder anderen Antrieb, von Geld abgesehen.

Es ist ein beliebter Trick, diese bezahlten Schurken in Romanen und Drehbüchern in Maßen als sympathisch darzustellen, oder sie sogar umzudrehen, dass sie sich am Schluss gegen ihre Dienstherren wenden. Wir haben das bei in "Star Wars" bei Darth Vader erlebt und gerade vor einiger Zeit in "The Island".

 

Der wahre Bösewicht ist doch wohl der Mann, der hinter deinem Söldner steht - der Sultan!

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Chris, ich glaube das Problem ist, dass es sich bei deinem Bösling um einen Söldner handelt. Der Mann ist lediglich ein Handwerker, der für seine bösen Taten bezahlt wird. Er handelt ohne persönliches Motiv, ohne Hass oder anderen Antrieb, von Geld abgesehen.

 

Hallo Rocker,

ja, anfangs ist das so. Aber ich habe beim Plotten darauf geachtet, dass der Söldner recht schnell ein eigenes starkes Motiv bekommt, das in Kontrast zu den Plänen meines Protas steht. Insofern ist das nicht das Problem.

 

Gruß Chris

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Wenn Du Angst hast, dass dein Bösewicht zu symphatisch wird, kann er sich bei der Rache am Schuldigen ja auch gleich an Unschuldigen vergreifen. Gibt deinem byzantischen Adligen einen kleinen Sohn, dein dein Söldner auch gleich mitmeuchelt.

 

Oder laß ihn sich besonders grausam rächen. Auch wenn kein Mensch Verständnis für Kinderschänder hat, ihrer öfentlichen Pfählung oder Verbrennung, werden doch die Wenigsten zusehen wollen.

 

Hi Mischa,

eine sehr gute Idee! Danke für den Tipp! :D

Gruß Chris

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Hallo Chris,

 

ich halte von psychologischen Erklärungen nicht immer so viel, weil sie keine allgemeingültigen Erklärungsmuster liefern- weil die Person selber nicht vollständig nur aus Traumatas besteht.

Ich würde einen Söldner als besonders kompetent in seinem Bereich schildern, und zeigen, wie sehr er es genießt sich mit einem Gegner auseinanderzusetzen, wie er lustvoll Fallen vorbereitet, sich aber auch freut, wenn dem anderen gelingt der Falle zu entkommen. Also langsam ein fast freundschaftliches Verhältnis aufzubauen, während der Söldner versucht den anderen auszuschalten, indem der Söldner lobend über den Helden spricht, versucht sich in ihn reinzudenken....

Das er vielleicht den Helden besucht, sich aber nicht zu erkennen gibt. Und als Gag: der Söldner bleibt in seinen Verhältnissen fair- um es sich nicht zu einfach zu machen.

 

Dann hast du eine Figur, wo der Leser in ein Spiel zwischen Held und Bösewicht reingezogen wird, wo zumindest der Schurke den Helden immer wieder einrückt, ihn versucht zu ergründen....

Ich liebe das.

Und dann am Ende einen großartigen Abgang für den Schurken....

Und natürlich ist der Schurke sympathisch, aber auf einen zweispältige Art.

 

Gruss

 

Thomas

"Als meine Augen alles // gesehen hatten // kehrten sie zurück // zur weißen Chrysantheme". Matsuo Basho

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Ich glaube auch nicht, dass ein historischer Abriss einen Bösen böser oder verständlicher macht. Was aus meiner Sicht immer hilft, ist es, dem Bösen Södner (zB) eine kindlich naive Freude an der bösen Tat zu geben. Einer der einer Maschine gleich unter seinen Feinden wütet, mag erschreckend sein, wird aber auf die Dauer in seiner Effizienz auch langweilig. Immer wieder erstaunlich lebendig werden für mich "Bösewichte", wenn ihre Taten einen ganz eigenen Dreh bekommen. Unlängst in der Zeitung: Da wurde der sechzehnjährige Sohn eines irakischen Generals vor den Augen seines Vaters mit Eiswasser abgespritzt und später zu einem Mann in die Zelle gesteckt, der für seine Vergewaltigungen von Mithäftlingen berüchtigt war. Dem General hat es dabei regelrecht das Herz gebrochen und er war vernehmungsunfähig vor Trauer. Die amerikanischen Soldaten, die für das Verhör verantwortlich waren, zerkugelten sich vor Lachen beim Anblick des weinenden Jungen und des um Gnade bettelnden Vaters.

Es wurde nicht bekannt, ob der Junge jetzt vergewaltigt wurde, was allerdings nichts an dem Gedanken dahinter ändert: Die Schändung von Gefangenen oder die Schändung dessen, was der Gefangene über alles liebt und ihn mit Stolz erfüllt.

Kindisches Gelächter, wenn ein paar Söldner jemand die Hoden mit einem Bic Feuerzeug verbrennen, obszöne Flüche, wenn ein Sack mit Leichenteilen in Kroatien vor dem Haus der Mutter abgeliefert wird - drin ihr zwölfjähriger Sohn, der zum Verhör verschleppt worden war. Das braucht man nicht zu erfinden, das gibt es bereits alles. Oben auf dem Sack die lapidare Feststellung: Mehr war aus ihm leider nicht herauszuholen.

Ich will damit sagen, dass Söldner auch durch die Art, wie sie ihre Untaten begehen, ausreichend charakterisiert werden können. Und wenn einer kindisch dabei kichert, wenn er einer gefangenen Frau mit einem Teelöffel die Augen aus dem Kopf schält, haben wir schon ein ziemlich deutliches Bild, oder?

Das der Typ schon als Kind kleine Kätzchen mit Strom gefoltert hat, ist da ein Nice to have, aber nicht unbedingt notwendig.

 

lg/Peter

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Ich halte von einer Mlchmädchenpsychologie, die den bösen Charakter eines Bösewichts erklärt auch nichts.

 

Was mir immer gefällt, und was in meinen AUgen die Bösartigkeit eines Charakters immer noch unterstreicht ist, wenn er einen einzelnen, absolut gütigen und edlen Chararkterzug hat.

 

Wie gesagt, der Bösewicht in Amadeus ist dadurch so faszinierend, dass er gleichzeitig Mozarts größter Fan ist, und Mozart und seine Musik liebt.

 

Auch schön ist Robert Duvall in Apokalypse Now, der eigentlich eher Bösartig ist ("Ich liebe den Geruch von Napalm am Morgen!") aber gleichzeitig auch eine sympathische Seite gewinnt, indem er sich selbst und seinen Leuten das Vergnügen des Surfens gönnt. Dieser Kontrast lässt ihn erst richtig gemein wirken.

(Oops, schon wieder Filmbeispiele...)

 

Ein Menschenverachtender Sultan, der seine Untertanen zu Tode foltert, der lebende Affenkinder isst und andere Bösartigkeiten betreibt, gewinnt doch nur dadurch, dass er z.B. ohne weitere Erklärung immer wieder durch die Straßen wandert, und elternlose Kinder aufnimmt, und ihnen ein Dach, eine Ausbildung, und ein Leben ermöglicht.

 

Gerade aus diesem Kontrast kommt es manchmal, dass die Bösartigkeit aus ihrer Archetypischkeit herausgehoben wird, das die Bösartigkeit ein menschliches Gesicht bekommt, und dadurch meist noch viel erschreckender wirkt.

 

Oftmals haben Bösewichte auch eine solche, eher noble, Seite. Auch wenn es meist nur heisst, dass sie klassische Musik mögen... :)

 

Gruß,

Marco! :s17

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Auch wenn es meist nur heisst' date=' dass sie klassische Musik mögen... :)[/quote']

... und weiße Langhaarkatzen streicheln... - (Oops, auch schon wieder ein Filmbeispiel...)

 

Ich halte von einer Mlchmädchenpsychologie, die den bösen Charakter eines Bösewichts erklärt auch nichts.

Nichts gegen Milchmädchen, aber sie wären nicht meine erste Wahl, wenn es darum geht, einen stimmigen Charakter zu entwerfen. Ich fürchte, hier handelt es sich wieder mal um eine Geschmacksfrage...

 

Gruß

Uschi

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@ Ronya

 

Also - ich versuche den Unterschied zwischen "erklären, warum der Typ so und so ist" und "beschreiben, was ihn antreibt" zu verdeutlichen.

 

Mit Erklären, warum der Typ so ist, meine ich so etwas wie rechtfertigen: es wird z.B. detailliert dargelegt, dass der Protagonist seine Kinder schlägt , weil er als Kind geschlagen wurde; er ist böse, weil ihm übel mitgespielt wurde. Der Autor nimmt auf diese Weise die Rolle eines - quasi objektiven - Psychologen ein.

 

Mit Beschreiben, was ihn antreibt, geht es darum, die eher subjektive Sicht des Protas einzunehmen - und nicht die des "wertfreien" Psychologen. Jener schlägt auch darum seine Kinder, weil er als Kind geschlagen wurde - aber anders als der Psychologe kann er das nicht so klar und objektiv bestimmen, er wird eher angetrieben von einem Wulst an Emotionen (Ohnmacht, Verbitterung, Hilflosigkeit, Wut).

Dadurch wird sein Charakter m.E. viel ambivalenter und die Geschichte emotionaler und kein zwar rational verständliches, aber letztlich kalt lassendes psychologisches Gutachten.

 

Hoffe, ich habe mich halbwegs verständlich ausgedrückt!

 

Julia

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Mit Erklären' date=' warum der Typ so ist, meine ich so etwas wie rechtfertigen: es wird z.B. detailliert dargelegt, dass der Protagonist seine Kinder schlägt , weil er als Kind geschlagen wurde; er ist böse, weil ihm übel mitgespielt wurde. Der Autor nimmt auf diese Weise die Rolle eines - quasi objektiven - Psychologen ein. [/quote']

Dem es aber - wie bereits erwähnt - eben nicht ums Rechtfertigen, sondern nur ums Erklären geht. Bitte nicht verwechseln!

 

Mit Beschreiben, was ihn antreibt, geht es darum, die eher subjektive Sicht des Protas einzunehmen

Genau das macht´s spannend - und das will ich als Leser haben! Sonst wird es ein lustig-buntes Spektakel á la Stan Nicholls, das mich kalt läßt. Ich will zumindest das Gefühl haben, daß der Autor sich die Mühe gemacht hat, jede wichtige Figur so weit kennen zu lernen, daß er etwas über ihre Geschichte weiß, selbst wenn das nur in einem einzigen Satz durchschimmert.

 

Gruß

Uschi

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Ich finde, je vielschichtiger der Antagonist ist, umso besser.

 

Einer der besten Bösen ist für mich Hannibal Lecter: Er ist intelligent, hat gute Manieren, er ist sogar hilfsbereit, wenn es ihm passt, er ist komisch - tja und dann frisst er halt gerne Menschen... ::) - unwiderstehlich als Figur - auch ohne Backstory , schlechter Kindheit etc.

 

LG

 

Kathrin

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Hallo, Chris!

 

Deine Frage, ob denn dein Söldner 'böse genug sei' finde ich sehr spannend. Ich bin der Meinung, daß der Bösewicht quasi 'das Salz in der Suppe' einer guten Geschichte ist. Mich persönlich interessieren eigentlich nur Geschichten mit einem starken und kräftigen Antagonisten. Oder eben Abhandlungen philosophischer Betrachtungsweisen über eine bestimmte Person.

Das eine hat mit dem anderen aber nicht unbedingt etwas zu tun, meine ich, obwohl beides getrennt natürlich sehr ok sein kann!

 

 

Vielleicht hilft dir mein Ansatz ein wenig weiter, denn ist es nicht so, daß ein Bösewicht (und ich meine hierbei den 'Oberschurken' und nicht einer seiner Gehilfen) den Plot einer Geschichte überhaupt erst vorantreibt? Bzw. ist es nicht so, daß in Wirklichkeit fast nur die inneren Motive des Bösewichts die Handlungen einer guten Geschichte vorantreiben?

 

Was wäre es denn für ein Protagonist, wenn nicht der Bösewicht die nötigen Aktionen setzt, auf die der Held so kreativ und mit seiner maximalen Leistungsfähigkeit fast nur noch reagieren kann.

 

Ich bin der Meinung, daß eine comichafte Darstellung des Bösewichts durchaus funktionieren kann. Jedoch könnte die Darstellung seiner inneren Motive durchaus die Kraft des Erzählens verstärken.

 

Mit anderen Worten, wenn der Bösewicht polarisieren kann, dann ist das nur gut für die Geschichte selbst. Polarisieren sollte jedoch die Figur der Geschichte und nicht der 'allwissende Erzähler'. Ich meine, daß es interessant wäre erzählt zu bekommen, wer denn über die schlimme Kindheit des Bösewichts in deiner Geschichte in Kenntnis gesetzt wird.

 

Ist es der Bösewicht selbst, der sich dem nicht stellt oder dies sogar als willkommene Ausrede für seine Taten benutzt? Oder ist es der Held deiner Geschichte, der die Verweigerungshaltung des Bösewichts erkennt sich nicht selbst weiterzuentwickeln? Schwächt dies vielleicht sogar die nötige Kraft des Helden, weil dieser plötzlich Mitleid hat? usw...

 

 

Ich glaube der Bösewicht zeichnet sich dadurch aus, daß er fast handelt wie ein Kind - nur daß er eben keines mehr ist. Ein Kind setzt Handlungen ohne Reflexion. Ein Kind trotzt den Gesetzen der Gesellschaft aus Unkenntnis. Ein Bösewicht trotzt den Gesetzen der Gesellschaft ABSICHTLICH. Es zählt nur die Befriedigung der eigenen, narzistischen Bedürfnisse.

 

Ich bin also der Meinung, daß dein Söldner durchaus eine schlechte Kindheit haben kann. Es kommt nur darauf an, daß er sich dieser negativen Erfahrung aus der Vergangenheit nicht stellt. Er kann seine Taten etwa mit diesen rechtfertigen, ohne daß sich sein Charakter weiterentwickelt. Anderenfalls könnte er Sympathien erwecken, die sogar stärker sind als die des Helden. Was bedeuten würde, daß die empathische Kraft des Helden darunter leiden würde.

(Was ja auch eine Möglichkeit wäre, aber dies entspräche nicht der klassischen Methode der handwerklichen Dramaturgie. Oder weniger aufgeblasen ausgedrückt: mir würde es so nicht gefallen  ;))

www.samuelmathers.com

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Hallo Otto,

erstmal herzlich willkommen unter den Montsegurers, und dann: vielen Dank für Deinen interessanten Beitrag!

 

 

Vielleicht hilft dir mein Ansatz ein wenig weiter, denn ist es nicht so, daß ein Bösewicht (und ich meine hierbei den 'Oberschurken' und nicht einer seiner Gehilfen) den Plot einer Geschichte überhaupt erst vorantreibt? Bzw. ist es nicht so, daß in Wirklichkeit fast nur die inneren Motive des Bösewichts die Handlungen einer guten Geschichte vorantreiben?

 

Mit anderen Worten, wenn der Bösewicht polarisieren kann, dann ist das nur gut für die Geschichte selbst. Polarisieren sollte jedoch die Figur der Geschichte und nicht der 'allwissende Erzähler'. Ich meine, daß es interessant wäre erzählt zu bekommen, wer denn über die schlimme Kindheit des Bösewichts in deiner Geschichte in Kenntnis gesetzt wird.

 

 

Ja und nein. Natürlich ist die Motivation des Bösen eine treibende Kraft, aber meiner Meinung nach entsteht die Handlung einer Geschichte in erster Linie aus dem Konflikt zwischen seiner Motivation und der des Helden. Das sind vielleicht akademische Feinheiten, aber ich finde, dass der Charakter des Helden genau so stark sein muss.

 

Über die schlimme Kindheit meines Bösewichts weiß nur er selbst bescheid. Das genügt auch. Schließlich habe ich das nur in der Absicht eingebaut, den Bösen für die Leser plastischer zu machen und darzustellen, was ihn antreibt. Die übrigen Charaktere haben genug mit den bösen Handlungen des Antagonisten im Hier und Jetzt zu tun, um sich die Köpfe über seine Beweggründe zerbrechen zu können.

 

Gruß Chris

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