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Jan vdB

Serien ohne Redakteure?

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Ich verfolge diese Seriendiskussion und das Fernsehen als Konsument und bin da sehr gespannt, wie die beiden Produktionen aussehen. 
"Deutschland 83" macht schon einen ganz guten Eindruck, weil es größtenteils nicht so naiv daherkommt, wie man es sonst von RTL-Programmen gewohnt ist.
Auffallend finde ich erst mal an den beiden bei DWDL beschriebenen Projekten, dass es sich - wieder mal - um Adaptionen ausländischer Formate handelt .
Nun gut, mag man sagen, wie "Blochin" im ZDF gesehen hat, ahnt schon, warum auf bereits bewährte Stoffe zurückgegriffen wird.

 

Reinhard

Bearbeitet von Reinhard Jahn
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Ich verfolge diese Serieneidksussion und das Fernsehen als Konsument und bin da sehr gespannt, wie die beiden Produktionen aussehen. 
"Deutschland 83" macht schon einen ganz guten Eindruck, weil es größtenteils nicht so naiv daherkommt, wie man es sonst von RTL-Programmen gewohnt ist.
Auffallend finde ich erst mal an den beiden bei DWDL beschriebenen Projekten, dass es sich - wieder mal - um Adaptionen ausländischer Formate handelt .
Nun gut, mag man sagen, wie "Blochin" im ZDF gesehen hat, ahnt schon, warum auf bereits bewährte Stoffe zurückgegriffen wird.

 

Reinhard

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Ich bin natürlich auch gespannt auf die Qualität dieser beiden Serien. Für mich ist dabei aber der interessante Ansatz die größere Freiheit der Kreativabteilung.

In wie weit sich das bemerkbar machen wird ...

 

Ich habe bei einigen Serienentwicklungen mitgemacht, bei denen das im Artikel beschriebene Verantwortungs-Geschiebe auf Redaktionsebene stattgefunden hat und das Ergebnis, na ja, wie zu erwarten "graue Soße" wurde.

Es läuft im Redakteursfernsehen der großen Sendern nicht automatisch so, aber leider doch sehr oft.

 

Ein Beispiel, das allerdings auch extrem war: Bei einem "normalen" Buchgespräch zu einem 45'-Vorabendkrimi waren außer dem Autor der Redaktionsleiter, eine Redakteurin, eine Redakteursvolontärin, ein Produzent, zwei Producer und der produktionseigene Dramaturg dabei. Da muss man sich nicht wundern, wenn derlei Gespräche sechs (!) Stunden dauern und am Ende am allerwenigsten über das Drehbuch gesprochen wurde.

Oder noch schlimmer: Wenn der Autor seinen Stoff komplett verbiegen und beschädigen muss, um all die "tollen" Ideen, die dabei teils aus Verlegenheit, teils aus Profilierungsgründen aus der Hüfte geschossen werden ("Wie wäre es eigentlich, wenn ... Also ich find das gut!") einzufangen und irgendwie mit reinzubringen, dann bleibt von einer stringenten Story meist wenig übrig.

 

Lg, Jan

Bearbeitet von Jan vdB
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Ich schreibe die nächsten Tage gerne noch was über Redakteure im deutschen Fernsehen. Wird aber länger :-)

 

Bei beiden zitierten Serien ist allerdings bezeichnend, dass ausgerechnet die Produzenten, die froh sind, endlich keinerlei Beschränkung durch Redakteure vorzufinden, die Kreativen selbst beschränken, indem sie sicherheitshalber Formate abkupfern, die andernorts bereits erfolgreich gewesen sind, statt eigene zu entwickeln.
Den innovativen Sprung ins kalte Wasser, den sie bei Redakteuren so schmerzlich vermissen, wagen sie also selbst nicht.

 

Schöne Grüße,

 

Holger

Bearbeitet von Holger
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Auf jeden Fall hat "Der Club der roten Bänder" gestern bei Vox voll eingeschlagen und kam besonders bei der jüngeren Zielgruppe sehr gut an.

Das Originalformat aus Spanien, dessen Autor als Jugendlicher selbst krebskrank Jahre in einer Klinik verbrachte und automatisch in Kontakt mit anderen schwerkranken Jugendlichen kam und diese Erlebnisse später verarbeitete, ist bereits in einigen Ländern adaptiert worden, so u. a. in den USA.

 

Es ist natürlich die Frage, inwieweit ein unterbegabter Redakteur die Adaption hätte so schwer beschädigen können, dass der Plan nicht aufgeht, zumal laut Kritiker die deutsche Adaption im Gegensatz zur US-amerikansichen sehr dicht an den Originalfolgen bleibt.

Ich glaube nicht, dass dieses Format redaktionell großen Schaden hätte nehmen können, da die Kreativen bei Bedarf "einfach" nur die spanische Originalfolge hätten einlegen müssen, um durch Fakten zu überzeugen.

 

Versteht sich ein Redakteur als "Geburtshelfer" eines Filmes, kann er m. E. nicht überflüssig sein, weil er im Zweifelsfall nicht seine Meinung durchdrücken, sondern in diesem Augenblick dem Autor das Feld überlassen und also für den Fall, dass es keinen Konsens gibt, notfalls einen Schritt zurücktreten wird. In diesem Fall ist er also ein Gewinn für das Projekt.

 

Ein Redakteur, der dramaturgisch nicht gut aufgestellt ist, ist automatisch unsicher. Soll man das so machen oder lieber so? Und vor allem: Was denken dann die Zuschauer? Kapiert das auch jeder? Findet ihr, der Bösewicht sollte eine Krawatte tragen? Ich hätte gerne etwas Zeitloses drin, was genau weiß ich noch nicht, oder was meint ihr? Usw. usf. 

Solche Redakteure werden branchenintern als "Bedenkenträger" klassifiziert. Sie sind so voller Bedenken, dass die Arbeit mit ihnen grauenhaft zäh und nervenaufreibend ist. Das zu erarbeitende Drehbuch würde enorm durch ihre Abwesenheit gewinnen.

Hier kommen wir aber zum Kern des eigentlichen Problems, und das heißt: Es gibt Redakteure, bei denen stehen inhaltliche Kompetenz und ihre Machtposition innerhalb der Stoffentwicklung nicht im Einklang miteinander.

 

Denn egal, für was für einen Trottel zum Beispiel der Produzent den Redakteur in diesen Gesprächen hält, es ist trotzdem dieser "Trottel", der durch den gehobenen oder gesenkten Daumen über Realisierung oder Nichtrealisierung dieses Projektes entscheidet, mit anderen Worten: Von ihm hängt es ab, ob die durchschnittlich 1,3 Mio. Euro fließen oder nicht.

Und wenn so einer dann sagt: "Könnte der Held nicht auch ein Rauhaardackel sein?", womit er sich in einem Universum, in dem alles mit rechten Dingen zugeht, für die weitere inhaltliche Zusammenarbeit disqualifiziert hätte, muss man - statt ihn zum Pflanzengießen vor die Tür zu schicken - so tun, als setzte man sich ernstlich inhaltlich mit so einem Blödsinn auseinander und muss dabei noch nett sein, um das Vorhaben nicht zu torpedieren.

Der zweite Typ des problematischen Redakteurs ist der, der selbst ein Kreativer ist. Der es also eigentlich besser kann. Ganz tief drinnen. Insgeheim. Der weiß, wie es geht. Der den Dreh raus hat.

Dummerweise hat er vorher Anglistik oder Sozialpädagogik studiert oder Videokassetten im Archiv geordnet (alles reale Laufbahnbeispiele für Redakteure) und ist dann leider nicht am Filmset gelandet, sondern in einer dieser grauen Bienenwaben in den Senderhäusern. Aber ... er kann von hier aus ja immer noch "seine" Filme gestalten, indem er die richtigen Leute (Produzent, Autor, Regisseur) unter sich anordnet und "hilfreiche" Anweisungen gibt.

Die deutsche Fernsehlandschaft wäre mit Sicherheit ohne die letzten beiden Redakteurstypen nicht ärmer.

Schöne Grüße,

Holger

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Versteht sich ein Redakteur als "Geburtshelfer" eines Filmes, kann er m. E. nicht überflüssig sein, weil er im Zweifelsfall nicht seine Meinung durchdrücken, sondern in diesem Augenblick dem Autor das Feld überlassen und also für den Fall, dass es keinen Konsens gibt, notfalls einen Schritt zurücktreten wird. In diesem Fall ist er also ein Gewinn für das Projekt.

 

 

So einen hatte zum Glück meine Tochter Christina mit ihrem Debütfilm "Be my Baby". Der hat sie deutlich unterstützt, sogar gegenüber der Produktion, und nicht behindert. Es gibt solche also auch.

 

Bei ihrem zweiten Film für SAT1 war das Drehbuch schon fertig. Mit dem Sender hatte sie erst Kontakt bei der Präsentation des Rohschnitts. Und die waren happy, wie sie mir sagt.

Bearbeitet von Ulf Schiewe

Die Montalban-Reihe, Die Normannen-Saga, Die Wikinger-Trilogie, Bucht der Schmuggler, Land im Sturm, Der Attentäter, Die Kinder von Nebra, Die Mission des Kreuzritters, Der Eiserne Herzog, www.ulfschiewe.de

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Moin alle,

 

Holger, du schreibst: Die deutsche Fernsehlandschaft wäre mit Sicherheit ohne die letzten beiden Redakteurstypen nicht ärmer.

 

Da hast Du absolut meinen Beifall. Mich beschleicht nur leider die Befürchtung, dass das System der ÖR genau diese beiden Typen verstärkt hervorbringt – schon einfach deswegen weil der kompetente Redakteur, wie du ihn beschreibst, im Selbstbewusstsein um seine Fähigkeiten auch bereit ist, Verantwortung für seine Entscheidungen zu übernehmen.

Das macht ihn angreifbar – und über kurz oder lang wird er von denen, die diese Verantwortung konsequent auf andere abwälzen, in die Pfanne gehauen. 

In einem System, in dem das financial controlling die eigentliche Macht ausübt, und nicht die Kreativabteilung, wird wohl latent immer zugunsten der Risikovermeidung entschieden. 

 

Lg, Jan

 

 

 

 

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Wenn wir Autoren diese Redakteurstypen nicht befördern würden mit unserem ins Schweigen versenktem Widerspruch, wären sie schon längst ausgestorben. Meiner Meinung nach sind wir die größten Unterstützer dieses Systems der Bedenkenträgerei und Inkompetenz. Und inzwischen bin ich zumindest es leid, immer noch mit dem Finger auf die anderen zu zeigen.... 

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Wenn man auf die eine oder andere Art nicht Schaden vom Buch abwenden kann, weil man nichts unternimmt, stimme ich Dir zu. Es gibt auch Autoren, die alles schreiben, was der Redakteur möchte und keine - oder keine erkennbare - Haltung zum eigenen Stoff haben. 

Es gibt auch Redakteure, mit denen arbeite ich prinzipiell nicht mehr, einen hatte ich längere Zeit in all meinen Verträgen als No-Go namentlich drin.
Ich kann noch einiges dazu sagen, was alles passiert, wenn man Contra gibt und wie man das eintüten sollte, aber dann im nicht-öffentlichen Bereich.

Schöne Grüße,

Holger

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