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(Mascha)

Artikel: 5 gute Gründe, seinen Lesern nicht alles vorzukauen

Empfohlene Beiträge

Für mich kommt das so rüber, wie du es beabsichtigst, Ulf. Aber ich bin auch ein Leser, der gerne "mitarbeitet" und lieber wenig als viel präsentiert bekommt.

 

Andreas

"Wir sind die Wahrheit", Jugendbuch, Dressler Verlag 2020;  Romane bei FISCHER Scherz: "Die im Dunkeln sieht man nicht"; "Die Nachtigall singt nicht mehr"; "Die Zeit der Jäger"

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Um es mal von der anderen Seite anzugehen: Wer ist der Leser? Die Leser sind sehr unterschiedlich in ihrer Leseerfahrung. Leser, die es gewohnt sind, dass ihnen alles vorgekaut wird, werden sich unterversorgt fühlen, wenn ein Text subtil und mit Leerstellen arbeitet, sodass der Leser interpretierend "mitarbeiten" muss. Das führt dazu, dass der Leser sich langweilt. Ein Leser, der dieses "Mitarbeiten" aber gewohnt ist, wird einen Text, in dem alles vorgekaut wird, als redundant und langweilig empfinden. Wem soll man es recht machen? Es wird auf keinen Fall schaden, sein Zielpublikum zu kennen. Wie man es dann bedient, lässt sich ja dosieren.

 

Andreas

 

Ganz deiner Meinung, Andreas. Natürlich kann ich für ein Genrepublikum nicht so elliptisch schreiben wie für ein explizit literarisches Publikum.

Ich stelle mir aber eher die Frage, welches Publikum ich haben möchte. Wenn sich dann jemand in meinem Text nicht zurechtfindet, weil er überfordert ist, bin ich die falsche Autorin für diesen Leser (wobei ich eigentlich sehr einfach und verständlich schreibe, aber eben nicht alles bis ins letzte Detail erkläre).

 

 

Genau so sehe und handhabe ich das letztlich auch.

 

Andreas

"Wir sind die Wahrheit", Jugendbuch, Dressler Verlag 2020;  Romane bei FISCHER Scherz: "Die im Dunkeln sieht man nicht"; "Die Nachtigall singt nicht mehr"; "Die Zeit der Jäger"

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Ich lese gerade einen Young Adult Roman, der auf all das verzichtet. Beschreibungen, Erklärungen, Gefühlsregungen und Gedankengänge der Protagonistin - all das wird maximal gestreift. Nun handelt es sich bei dem Buch um einen Zeitreiseroman; die Hauptfigur springt ständig von einem Jahrhundert ins nächste, aber für mich kam das überhaupt nicht rüber. Sie könnte sich in jeder x-beliebigen Zeit befinden.

Zwei Drittel des Buches fand ich einfach nur schlecht und die Hauptfigur war mir unsympatisch, ich wurde überhaupt nicht warm mit ihr. Das passiert mir selten, normalerweise bin ich da sehr offen und finde an jeder Figur etwas, das sie interessant macht. (Insofern verstehe ich auch generell die Reaktionen mancher Leser nicht, die sich darüber beschweren, wie unmöglich diese oder jene Figur nun wieder ist.)

Ich habe lange überlegt, was mich an dem Buch stört, und bin zu dem Schluss gekommen, dass mir die Geschichte einfach zu "leer", zu wenig "unterfüttert" ist. Sie hat eine rasante Handlung, das schon, aber ich kann mich weder in die Figuren hineinversetzen noch in die jeweilige Zeit. Nichts davon berührt mich wirklich. Auch die Handlungsweise der Hauptfigur kann ich nicht nachvollziehen, weil ich ihre Überlegungen nicht kenne. Und so springt sie im Zickzackkurs durch die Geschichte (im wahrsten Sinne des Wortes) wie ein Hase auf der Flucht.

 

Beim Schreiben neige ich selbst dazu, alles zu ausführlich zu beschreiben und zu erklären, deshalb kommt mir dein Artikel gerade recht, Mascha. Und natürlich wird man einen Spannungsroman anders schreiben als einen historischen Roman oder Fantasy, aber wenn sich eine Geschichte zu ausufernd liest, macht sie das meistens nicht besser.

 

Trotzdem wünsche ich mir von einer Geschichte, dass sie mich emotional erreicht. Wie das der Autor anstellt, ist mir egal, Hauptsache, er tut es. Das ist ja auch oft eine Stilfrage.

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Natürlich kann man "im Notfall mal schnell im Netz recherchieren", aber sollen wir Autoren davon ausgehen, dass das der Leser im Zweifelsfall auch tut? Das reißt ihn ja erst recht aus dem Lesefluss. Bevor er das Buch zuklappt, dann doch besser erklären. Ist jedenfalls meine Meinung.

 

@Ulf: Ich käme in Deinem Beispiel ohne das "entspannt" aus, diese Stimmung teilt sich mir ohnehin mit. Ein "entspannt" könnte man hier einsetzen, wenn das etwas Aussergewöhnliches für diese Region, diese Zeit, dieses Paar ... wäre.

Bearbeitet von DorisC

MAROKKO-SAGA: Das Leuchten der Purpurinseln,  Die Perlen der Wüste,  Das Lied der Dünen; Die Wolkenfrauen

Neu seit März 2020: Thea C. Grefe, Eine Prise Marrakesch

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Ich habs auch lieber, wenn mir nicht alles ständig erneut erklärt wird. Und es geht mir jetzt nicht um einzelne Adjektive, wie in Ulfs Beispiel, wo es mir ohne auch besser gefällt, deshalb die Variante mit Adjektiv aber trotzdem gut finde, es ist nur ein kleiner Unterschied.

Aber ich habe auch die Beobachtung gemacht, dass ich einfach viel genauer lese als andere. Als ich noch einen kleinen Literaturkreis leitete, haben mich v.a. Redundanzen in Büchern immer sehr gestört - und dann musste ich feststellen, dass die anderen diese entweder nicht bemerkt hatten oder sie sich nicht gestört fühlten. Und das waren geübte Leserinnen, mit denen ich auch Jane Austen, Virginia Woolf oder Christa Wolf las.

Insofern kann ich mich Andreas und Anni voll anschließen ;) Es liegt an der Zielgruppe - es liebt aber auch daran, dass wir nicht mehr entspannt lesen, sondern immer einen kleinen Zensor zwischen den Hirnzellen liegen haben, der seine Messer wetzt ;)  ;) 

 

LG Ulrike

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Dass in der Sentenz

 

"Scheiße!", schrie er. Er war wütend.

 

zwei Erklärungen zu viel enthalten sind, darauf können wir uns auf jeden Fall einigen …  :-*

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Ich habe mal ein kleines Beispiel und bin neugierig, wie ihr das seht. Es ist eine Szene in meinem neuesten Roman.  Freunde sitzen im Garten beim Mittagessen und unterhalten sich. Die Sonne scheint, Kinder spielen nebenan, es herrscht eine angenehme Atmosphäre. Gilbert und Gerlaine sind ein Ehepaar, das sich liebt, und das weiß der Leser. Jetzt dieser Satz:

 

"Irgendeine ... (Dialog) ... erwartet", sagte Gerlaine, die entspannt an meiner Schulter lehnte. "(weiter im Dialog)"

 

Mir geht es um dieses entspannt an Gilberts Schulter lehnen. Für mich drückt das eine Menge aus. Vertrautheit miteinander, das schöne Gefühl beieinander zu sitzen, Zärtlichkeit und Vertrauen in den anderen. Das hätte ich natürlich alles sagen können, aber ich habe es nicht getan in der Hoffnung, der Leser versteht.

 

Wie seht ihr das? :)

 

Ich finde das »entspannt« schon im Anlehnen enthalten. Aus dem Kontext wird sicher klar, dass sie weder verletzt noch völlig betrunken ist.

Um die Intimität zu betonen, könnte man auch schreiben: »… sich an meine Schulter schmiegte.«

Bearbeitet von Mascha
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Dass in der Sentenz

 

"Scheiße!", schrie er. Er war wütend.

 

zwei Erklärungen zu viel enthalten sind, darauf können wir uns auf jeden Fall einigen …  :-*

Allerdings. :-D

 

Genau solche Sachen meine ich. Leider liest man so etwas häufig.

Bearbeitet von Mascha
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liebe Ulrike,

 

Insofern kann ich mich Andreas und Anni voll anschließen ;) Es liegt an der Zielgruppe - es liebt aber auch daran, dass wir nicht mehr entspannt lesen, sondern immer einen kleinen Zensor zwischen den Hirnzellen liegen haben, der seine Messer wetzt ;)  ;)

 

Dann werde bloß niemals Lektorin!! Sonst gehts dir noch schlimmer als wie als ;-) Autorin.

Autorin | Ein  Buch schreiben

Das Leben ist zu kurz für schlechte Bücher

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Dass in der Sentenz

 

"Scheiße!", schrie er. Er war wütend.

 

zwei Erklärungen zu viel enthalten sind, darauf können wir uns auf jeden Fall einigen …  :-*

Allerdings. :-D

 

Genau solche Sachen meine ich. Leider liest man so etwas häufig.

 

 

Einspruch: Zumindest eine Information zu viel.

Man zischt "Scheiße" auch mal zwischen den Zähnen hervor, wenns zB. einer nicht hören soll.

Also, wie so oft: es kommt darauf an, abhängig vom Gesamtzusammenhang.

Autorin | Ein  Buch schreiben

Das Leben ist zu kurz für schlechte Bücher

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Ich finde das »entspannt« schon im Anlehnen enthalten. Aus dem Kontext wird sicher klar, dass sie weder verletzt noch völlig betrunken ist.

Um die Intimität zu betonen, könnte man auch schreiben: »… sich an meine Schulter schmiegte.«

 

 

 

Eigentlich ist das Wort "entspannt" im Sinne des Themas nicht so wichtig. Ich habe das Beispiel eher gebracht, da ich weggelassen habe, was dieses "Anlehnen" in Gilbert, meinem Helden, für Gefühle auslöst. Das hatte ich weiter oben ja auch so erklärt. Aber da mehrere von euch an dem Wort "entspannt" festgebissen haben, möchte ich klarstellen, dass das Wort bei mir drin bleibt, denn ich halte es für wichtig. Natürlich kann man sich aus allem möglichen Gründen bei jemandem anlehnen, aber gerade, dass Gerlaine in den persönlichen Raum ihres Liebhabers auf diese ganz natürliche und entspannte Weise eindringt, zeigt ihm und anderen, wie vertraut und intim sie miteinander sind, ohne dies durch Worte oder Zärtlichkeiten bezeugen zu müssen.

 

So jedenfalls empfinde ich das und deshalb bleibt es bei "entspannt". :)

Die Montalban-Reihe, Die Normannen-Saga, Die Wikinger-Trilogie, Bucht der Schmuggler, Land im Sturm, Der Attentäter, Die Kinder von Nebra, Die Mission des Kreuzritters, Der Eiserne Herzog, www.ulfschiewe.de

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Aber da mehrere von euch an dem Wort "entspannt" festgebissen haben, möchte ich klarstellen, dass das Wort bei mir drin bleibt, denn ich halte es für wichtig. Natürlich kann man sich aus allem möglichen Gründen bei jemandem anlehnen, aber gerade, dass Gerlaine in den persönlichen Raum ihres Liebhabers auf diese ganz natürliche und entspannte Weise eindringt, zeigt ihm und anderen, wie vertraut und intim sie miteinander sind, ohne dies durch Worte oder Zärtlichkeiten bezeugen zu müssen.

 

Ja, Ulf, ich war auch von Anfang an für dein entspanntes Anlehnen ... und würde überhaupt gern mal einen Verein zur Rettung des Adjektivs gründen. "Schmiegte sich an ihn" ersetzt es nicht, sondern betont - für mich - einen ganz anderen Aspekt. (Den du vermutlich nicht intendiert hast, aber das nehme ich nur an ...)Die "anschmiegsame Frau" weckt andere Assoziationen, als diejenige, die sich entspannt an ihren Mann lehnt (entspannt und seiner sicher ...).

 

Es ist nicht so, dass ich noch nie Anfängern empfohlen hätte, mit Adjektiven etwas vorsichtiger umzugehen - gerade, wenn diese nicht das ausdrücken, was die AutorInnen beabsichtigen - und ich pflege selbst keinen vor Adjektiven strotzenden Stil, aber ich möchte nicht auf diese kleinen, schillernden, und -ja!!- wertenden und würzenden Bereicherungen verzichten. (Pauschale Streichungsempfehlungen oder - Befehle in Schreibratgebern empfinde ich persönlich als ähnlich sinnvoll wie gewisse"Regeln" à la: fang niemals mit dem Wetter an. )

 

Entspannte Grüße

Claudia

Baronsky&Brendler: Liebe würde helfen  Ein Staffelroman 
Februar 21, Kampa

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Ich finde das »entspannt« schon im Anlehnen enthalten. Aus dem Kontext wird sicher klar, dass sie weder verletzt noch völlig betrunken ist.

Um die Intimität zu betonen, könnte man auch schreiben: »… sich an meine Schulter schmiegte.«

 

 

 

Eigentlich ist das Wort "entspannt" im Sinne des Themas nicht so wichtig. Ich habe das Beispiel eher gebracht, da ich weggelassen habe, was dieses "Anlehnen" in Gilbert, meinem Helden, für Gefühle auslöst. Das hatte ich weiter oben ja auch so erklärt. Aber da mehrere von euch an dem Wort "entspannt" festgebissen haben, möchte ich klarstellen, dass das Wort bei mir drin bleibt, denn ich halte es für wichtig. Natürlich kann man sich aus allem möglichen Gründen bei jemandem anlehnen, aber gerade, dass Gerlaine in den persönlichen Raum ihres Liebhabers auf diese ganz natürliche und entspannte Weise eindringt, zeigt ihm und anderen, wie vertraut und intim sie miteinander sind, ohne dies durch Worte oder Zärtlichkeiten bezeugen zu müssen.

 

So jedenfalls empfinde ich das und deshalb bleibt es bei "entspannt". :)

 

Sorry, Ulf, da haben wir uns an etwas festgehakt, um das es gar nicht ging.

Ob das "entspannt" dasteht oder nicht, ist eher Geschmacksempfinden. Nur du kennst den ganzen Text und als erfahrener Autor weißt du, was der braucht und was nicht.

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Ich mag Adjektive auch ganz gerne. :-) Häufig benutze ich sie nicht, um etwas zu präzisieren, sondern, um den Satzrhythmus abzurunden. Glaube ich wenigstens. So richtig bewusst mache ich das nicht.

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Hallo Claudia, ich freu mich, dass du mich da sehr genau verstanden hast. Es ist nur ein Wort, ein kleines Adjektiv, aber manchmal machen diese doch den Unterschied. :)

Die Montalban-Reihe, Die Normannen-Saga, Die Wikinger-Trilogie, Bucht der Schmuggler, Land im Sturm, Der Attentäter, Die Kinder von Nebra, Die Mission des Kreuzritters, Der Eiserne Herzog, www.ulfschiewe.de

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Sorry, Ulf, da haben wir uns an etwas festgehakt, um das es gar nicht ging.

Ob das "entspannt" dasteht oder nicht, ist eher Geschmacksempfinden. Nur du kennst den ganzen Text und als erfahrener Autor weißt du, was der braucht und was nicht.

 

 

Kein Problem, Mascha. Ich bin ja sonst auch dafür, einen Text eher knapp zu halten, nicht nur, was Adjektive betrifft, sondern Überflüssiges wegzulassen. Oder dem Leser Gelegenheit zu geben, sich selbst Gedanken zu machen. Da bin ich ganz auf deiner Linie. 

Die Montalban-Reihe, Die Normannen-Saga, Die Wikinger-Trilogie, Bucht der Schmuggler, Land im Sturm, Der Attentäter, Die Kinder von Nebra, Die Mission des Kreuzritters, Der Eiserne Herzog, www.ulfschiewe.de

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