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AstridV

Krankhafte Adjektivitis oder bildhafte Sprache?

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Hallo Astrid,

 

ich muss dir zustimmen.

Der Text klingt nun eher wie eine Aufzählung von Tatsachen und wirkt nicht mehr so "gemalt".

Ich weiß zwar was passiert, aber es kommt keine Stimmung rüber, er trägt mich nicht so, wie ich es gern hätte.

 

Aber das ist alles Geschmackssache.

An meinen Textbeispielen kann man ja sehen, dass ich auch gern mit Worten male. Manche Leser mögen das sehr, andere können damit nichts anfangen.

 

Ich denke aber, man muss seinen eigenen Stil finden und auch dabeibleiben.

Wenn ein Lektor meinen Text so ändern würde, wie Thomas den deinen (@ Thomas: Er ist nicht schlecht, nur eben nicht mein Stil ) würde ich die Zusammenarbeit vermutlich abbrechen, denn:

 

Das bin ich dann nicht mehr.

 

Liebe Grüße

Monika

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(SiskianHerbstblatt)

Ich finde es immer wieder faszinierend, das manche Autoren - und damit meine ich nicht nur die Anfänger - sich sklavisch an neue "Handwerksregeln" halten, und wenn man ihnen sagt, das sie 1 Adjektiv schon 3 zuviel sind, dann streichen sie ohne Rücksicht auf Verluste.

Ich selber muß gestehen: ich bin ein Freund von Adjektiven.

Zum einem, weil ich eben die Meinung vertrete, das man einen Film eben in Farbe sieht (und somit "gezwungen" ist, sich Adjektive anzusehen).

Zum anderen - und da schließe ich mich Peter N an: Adjektive sind eine Art, die Melodie noch zu verbessern.

Von daher:

 

JA zum Adjektiv!

 

LG

 

Siskian

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Hallo Astrid, alle,

 

ich bin nochmal drübergegangen über den Text und habe nur zwei Wörter gestrichen im ersten Absatz. „Gebracht“ wie schon erwähnt und „schwarzes“ vor Gefieder. Eigentlich könnte man „schwarze“ vor Mäntel auch streichen, weil man „schwarz“ sowieso mit Raben assoziert. Aber es stimmt,es würde dem Text seine Melodie nehmen und ihn skelettiert zurücklassen. Bei einer „aktiven“Schlacht, wie Monika sie beschrieb, wirken die Adjektive allerdings hemmend auf mich, wie gesagt.

Hier ist die Passage:

 

Als die Reiter die nebelverhangene, steinige Straße zum Paß endlich hinter sich hatten, war es bereits zu spät.

Raben hoben sich krächzend von den Körpern, die auf dem Geröllfeld lagen, und strichen mit trägem Flügelschlag zu dem grauen Felsen, hinter dem die Flanke des Berges scharf zum Meer hin abfiel. Sie landeten auf dem Stein, zogen die Flügel wie schwarze Mäntel um sich und starrten zu den Männern und Frauen hinüber, die von den Pferden stiegen und sich den Leichen näherten; ihr Gefieder sträubte sich im kalten Wind, der den Nebel auseinanderblies.

 

Der Rest sollte so bleiben.

Ich hätte fast Lust, einen Teil meiner Schlachtszene in die Textkritiken einzustellen-besonders im Hinblick auf Adjektive und Bilder.

 

Christa

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Hallo Christa,

 

der Text ist keine aktive Schlacht, es ist ein Kapitelbeginn in dem dann anschließend die Schlacht beschrieben wird.

Der Leser steht quasi mit den Verteidiegern auf den Zinnen und blickt auf die Ebene hinunter.

 

Da es vorher ein eher langweiliges Stück von einem anderen Protagonisten zu lesen gab, sollen diese ersten Sätze die Stimmung für die folgende Schlacht vorbereiten, sowie den Ort und die Zeit der Schlacht festlegen, damit der Leser weiß, wo er nun ist.

 

In der Schlacht selbst geht es dann Schlag auf Schlag. Da ist kein Raum für getragene Beschreibungen. Die würden nur stören, da gebe ich dir Recht.

 

Liebe Grüße

Monika

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Hallo Christa, mach doch!  :s21

 

Ich finde beide Texte haben etwas, wie ihr ja auch schon gesagt habt. Das Malerische herauszunehmen wäre dann allerdings eben der Stil eines anderen Autors. ;)

 

Monika, deine Sätze finde ich auch sehr schön, aber da würde ich tatsächlich das "gewaltige" der Springflut wegnehmen, weil das so ein Fall ist, wo das Adjektiv überflüssig erscheint. Sowas fällt mir als Leser dann als Sensationsmache auf.  

Habe noch nie von einem niedlichen kleinen Springflütchen gehört. Mein Gehirn zeigt mir da schon ein "gewaltiges" Bild.

Das erinnert mich an gewisse News-Magazine im Fernsehen, wo der Sprecher mit Betonung auf das Adjektiv sagt: "Die Frau wurde mit 28 Messerstichen BRUTAL niedergestochen."

Eine solche Tat würde ich mir niemals zärtlich vorstellen. Die Sensationspresse füllt ihre Meldungen mit reißerischen Adjektiven. Aber wir als Autoren brauchen das nicht, finde ich. Aber das ist wie gesagt Geschmackssache. Viele sind vielleicht schon auf diese "Visualisierungshilfen" angewiesen um überhaupt noch emotional berührbar zu sein. Vor allem TV-Zuschauer. ;)

 

LG

Joy

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Adjektive sind eigentlich schon als Wortart selbst wertend. Aus Euren Beiträgen lese ich heraus, daß Ihr Adjektive für das einzige oder das wichtigste Mittel haltet, um den Text sinnlich zu machen. Ist das so? Nur weil man Adjektive vermeidet, heißt das ja nicht, daß der Text unsinnlich wird. Ich würde sogar sagen, daß Adjektive einen Text unsinnlich machen, weil diese Wortart sehr intellektbezogen ist, jedenfalls wenn es viele davon gibt.

 

I

Hallo, Daniel, natürlich sind Adjektive wertend, aber wenigstens sind sie ehrlich wertend. Was mich manchmal nervt ist dieses ewige Werten durch Verben, die hinterrücks eine Wertung einschmuggeln, aber das geht mehr in den journalistischen Bereich, gerade bei Verben der Meinungsäußerung. :) Der Spiegel ist da der ungekrönte Meister.

 

Ich finde gerade bei Romanen oder Texten, in denen der Erzähler eine wichtige Rolle spielt, können sie auch sehr schön über den Erzähler Auskunft erteilen. Bei neutralen Personen (also eigentlich "unechten") kann das bestimmt stören, denn wenn man den Erzähler ja gar nicht kennt, dann interessiert es uns auch nicht, ob er eine Blondine schön findet oder nicht. Ich glaub aber, wenn man sich der wertenden Wirkung von Adjektiven bewußt ist und einen "wichtigen" Erzähler hat, kann man ziemlich subtil mit diesen Wertungen spielen, sie bewußt einsetzen, Rätsel aufgeben und ähnliches.

 

Ich teile voll und ganz deine Meinung, dass es natürlich noch andere Mittel gibt, eine Melodie zu erzeugen als Adjektive -gerade Wortwahl, finde ich sehr wichtig. Das wäre ja schrecklich, wenn man die ganzen Bilder nur in die Adjektive packt.

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Es sind nicht die Regelsklaven' date=' die die Adjektive vermeiden, es sind vor allem die großen Meister. [/quote']

 

Bedeutet das, dass Adjektive benutzen automatisch eine "Meisterschaft" ausschließt?  :s22

 

Auf der anderen Seite, wie viele Leser haben die Meister und wie viele die Trivialliteratur? Ohne jetzt werten zu wollen! Beides hat seine Existenzberechtigung. Aber wenn ich "fürs Volk" schreiben will, muss ich mir dann allzu große Gedanken über Adjektive machen? Denn die meisten Leser stören sich nicht an ihnen!

 

Ketzerische Grüße

Joy

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Eigentlich könnte man „schwarze“ vor Mäntel auch streichen' date=' weil man „schwarz“ sowieso mit Raben assoziert. Aber es stimmt,es würde dem Text seine Melodie nehmen und ihn skelettiert zurücklassen. [/quote']

 

Genau das denke ich nicht. Wie schon erwähnt: schwarz kommt kurz darauf noch mal, deshalb sollte man eines streichen, und dabei käme folgendes heraus:

 

"Sie landeten auf dem Stein, zogen die Flügel wie Mäntel um sich ..."

 

Es holpert zwar leicht, aber gerade das macht den Satz viel reizvoller. Für mich jedenfalls.

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Hallo, ihr,

 

ich habe nie gedacht, dass Adjektive oder nicht eine "Schreibregel" wären.

Bei alten Meistern wie Hesse oder aus der Romantik habe ich Häufungen gesehen, die mir damals gar nicht aufgefallen sind. Ich dachte also, es wäre "altmodisch", viele davon einzusetzen. Oder es wäre eine Kunst, einen Sonnenaufgang zu beschreiben, ohne ein einziges Adjektiv oder eine Farbe einzusetzen. Erst wenn man sich intensiver mit stilistischen Kriterien auseinandersetzt, bekommt man ein Auge dafür. Manchmal denke ich, dass das gar nicht so gut war. Es gibt kaum noch Bücher, an die ich ohne diesen Blick herangehen kann. Am meisten stechen mir Wiederholungen ins Gesicht.

 

@Andre: eines von den "schwarzen" hatte ich auch schon gestrichen.

 

@Joy, Astrid: Ich wollte die Schlachtszene heute Vormittag schon bei den Textkritiken einsetzen, kam aber stundenlang nicht ins Montsegur rein. Werde es jetzt nachholen.

 

LG Christa

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Ich weiß jetzt nicht, wer das geschrieben hat, dass Adjektive immer wertend sind, aber ich denke das stimmt nicht. Es gibt sehr wohl ganz objektiv beschreibende Adjektive: das rote Auto, der große Mann, der schmerzende Zahn, das gedruckte Buch. An solche versuche ich mich beim Schreiben zu halten.

Ein Adjektiv wird m.E. erst wertend, wenn ich es auf einer Werteskala finden kann: Der unympathische Mann, die sexy Frau, die fettige Currywurst, der verblödete US-Präsident. Solche Adjektive sollte man natürlich vermeiden, und lieber die Gegenstände und Personen so schildern, dass der Leser selbst diese Schlussfolgerungen ziehen kann. Z.B. so:

"Das ist der Reporter von der New York Times, ein echtes Arschloch!" Trotz hektischer Handzeichen seines Pressesprechers bemerkte der Präsident nicht, dass sein Mikrophon noch eingeschaltet war. :s22

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Am meisten stechen mir Wiederholungen ins Gesicht.

 

Mir auch. Zu viele Adjektive dagegen weniger. Vielleicht, weil die schon alle rauslektoriert wurden.  ;D Oder weil ich sie einfach mitlese, ohne sie zu bemerken. Ich lese überhaupt mehr mechanisch über alles mögliche hinweg, bis ich auf einen wirklich gelungenen Satz stoße! Den lese ich dann sogar mehrmals. Hat ein Buch keinen einzigen dieser Momente für mich, landet es im Regal unter all den anderen Vergessenen. Hat es viele davon, ist es eins, das ich weiterempfehlen und auch so schnell nicht vergessen werde.

 

Was mich noch stört sind unnütze Füllwörter: Ein Buch, dass davon wimmelt, verscherzt es sich mit mir sehr schnell. Füllwörter machen Kaugummi aus Texten und machen ihn umgangssprachlich. Und das kann ich einfach nicht genießen. Aber das ist wieder ein anderes Thema, also lassen wir es jetzt lieber fallen. Nur ein paar kurze Beispiele für alle, die nicht wissen wovon ich rede, um Mißverständnissen vorzubeugen:

 

Nicht (mal) ein einziges Wort der Erklärung bekam ich zu hören.

Er fummelte an seinem Kragen (herum).

Er konnte sein (eigenes) Spiegelbild nicht mehr ertragen.

Sie ist (völlig) zusammengebrochen.

Das sieht (total) fantastisch aus.

Und er wusste es (auch).

Sie himmelte ihn (fasziniert) an.

 

LG

Joy

 

Edit: Hey Rocker, wir haben uns grade überschnitten, ich stimme dir voll und ganz zu!

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Ich stelle hier mal kommentarlos Passagen toter, angesehener Dichter vor:

 

Truman Capote, Die Grasharfe

Emily Bronte, Die Sturmhöhe

Adalbert Stifter, Brigitta

Dante, Göttliche Komödie

Jean-Jacques Rousseau, aus einem Brief an Madame D'Houdetot

Stendahl, Die Kartause von Parma

 

Tr. Capote: "...Unterhalb des Hügels ist ein Feld von hohem Präriegras, dessen Farbe sich mit den Jahreszeiten wechselt. Im Herbst, im späten September gehe ich hin, um es zu sehen, wenn es sich rötet wie die untergehende Sonne, wenn Scharlachschatten wie ein Glutschein darüberhuschen und die Herbstwinde seufzend aus seinen dürren Halmen Menschentöne locken - eine Harfe von Stimmen"...

 

E. Bronte: ..."Sie war schlank und anscheinend kaum dem Kindesalter entwachsen, hatte die wundervollste Figur und das reizendste kleine Gesicht, das ich jemals gesehen habe; feine Züge, sehr schön; flachsblonde, nein, eigentlich goldene Locken, die lose über ihren zarten Nacken fielen; Augen, die unwiderstehlich gewesen wären"...

 

A. Stifter: ..."am Vorabend dieses Tages, da schon das tausendstimmige Zirpen der abendlichen Haidegrillen in meine schlaftrunkenen Ohren fiel, dachte ich noch an sie"...

 

Dante: ..."Als ich auf halbem Weg stand unsers Lebens,

Fand ich mich einst in einem dunklen Walde,

Weil vom rechten Weg verirrt mich hatte;

gar hart zu sagen ist's wie er gewesen,

Der wilde Wald, so rauh und dicht verwachsen,"...

 

Rousseau: ..."Ach, wenn ich je bei Dir ein Zeichen wahren Mitleides sähe, wenn mein Schmerz Dir nicht lästig wäre, wenn ein zärtlicher Blick sich auf mich richtete, wenn Dein Arm sich um meinen Hals legte, mich an Deinen Busen drückte"...

 

Stendahl: ..."Die Marchesa del Dongo", setzte er hinzu, "war damals in allem Glanz ihrer Schönheit: Sie kannten sie ja mit ihren ungemein schönen und engelshaften Augen und ihrem hübschen, dunkelblonden Haar, das das Oval des reizenden Gesichtes so anmutig konturierte."...

 

LG - Elisabeth

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Hallo Joy, schade dass du keine Füllwörter magst, ich als Hamburger komme ohne solche überhaupt gar nicht aus. Es soll ja sogar schon vorgekommen sein, dass Hamburger ganze Sätze nur aus Füllwörtern gebildet haben. Zum Glück gibt es aber Lektoren und kritische Forumisten, die solche hamburgischen Texte dann von dem ganzen Wortmüll bereinigen.

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Hallo, Elisabeth!

 

Mein ebenso wortloser Kommentar zu Deinem posting:  http://www.cosgan.de/images/smilie/figuren/e050.gif

 

Es illustriert wunderbar die Absurdität dieser doch meist rein geschmäcklerischen Diskussion.

 

Gruß

Jan

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Es soll ja sogar schon vorgekommen sein' date=' dass Hamburger ganze Sätze nur aus Füllwörtern gebildet haben. [/quote']

 

Ich lach mich kaputt, echt? LOL! Das könnte ja dann auch wieder ganz interessant sein. ;D

 

LG

Joy

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Es illustriert wunderbar die Absurdität dieser doch meist rein geschmäcklerischen Diskussion.

 

Einspruch! Es illustriert nur in wunderbarer Weise, wie Adjektive sinnvoll eingesetzt werden können, ohne dass sie entweder als überflüssig auffallen, noch als reißerisch.

 

LG

Joy

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... und wenn jetzt einer wagt zu behaupten, bei "wilder Wald" sei das "wild" ueberfluessig, dann rede ich nicht mehr mit dem.

 

"Selva selvaggia" - ueberfluessig?

Der Signore Alighieri hat unter den Beispielen nichts zu suchen.

Er legt schliesslich keinen Roman vor. Seine stilistische Palette ist naturgemaess eine andere.

(Ganz abgesehen davon bin ich der Meinung, dass sich nur sehr wenig Geschriebenes so schlecht zur Uebertragung ins Deutsche eignet wie Dantes Terzinen.)

 

Andeutungsweise gebe ich Jan Recht: Ich glaube nicht, dass es noch sehr viel bringt, ueber die Anzahl erlaubter Adjektive weiter zu diskutieren.

Im Uebrigen finde ich auch Joys Hinweis wichtig: Adjektive sind bei weitem nicht die einzigen inflationaer eingesetzten Woerter. (Substantivitis finde ich kaum weniger schlimm. Und sie faellt mir bei mir selbst viel haeufiger nicht auf, weshalb sie dann eklig-klebrig stehen bleibt.)

Wie waer's mit einer positiven Umkehrung der Diskussion:

Statt "wie behaebig und fettig machen Adjektive meinen Text"

"wie windschluepfrig, rasant und schlagkraeftig machen ihn Verben"?

Oder so aehnlich.

 

Lasciate ogni speranza, voi ch'entrate.

(Adjektivfreie Terzinenzeile.)

Charlie.

"Der soll was anderes kaufen. Kann der nicht Paris kaufen? Ach nein, in Paris regnet's ja jetzt auch."

Lektorat, Übersetzung, Ghostwriting, Coaching www.charlotte-lyne.com

 

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Es illustriert nur in wunderbarer Weise, wie Adjektive sinnvoll eingesetzt werden können, ohne dass sie entweder als überflüssig auffallen, noch als reißerisch.

 

 

Falls das jetzt der Commedia galt, waehle ich Dich zu meinem persoenlichen Beitragsschreiber des Tages.

"Der soll was anderes kaufen. Kann der nicht Paris kaufen? Ach nein, in Paris regnet's ja jetzt auch."

Lektorat, Übersetzung, Ghostwriting, Coaching www.charlotte-lyne.com

 

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Liebe Leute,

 

vielleicht könnten wir uns darauf einigen:

 

die ganze Diskussion war zwar interessant und hat vielleicht auch den einen oder anderen Denkanstoß gegeben, aber es ist unsinnig, daraus irgendwelche erbsenzählerische Vorschriften abzuleiten oder Regeln aufzustellen.

 

Es klang ja hier schon mehrfach an - es gibt (überspitzt formuliert) Autoren, große Autoren, die zaubern einen Text mit Milliarden Adjektiven hin.... und dem Leser fällt es nicht mal auf, weil man schlicht hingerissen ist von der Schönheit des Textes.

 

Das Gegenbeispiel gibt's natürlich auch - ein Autor vermurkst einen Text durch geballten Einsatz von Adjektiven, Substantiven oder was auch immer....

 

Aber eherne Regeln - nee, die gibt es nicht.

 

Gruß

Jan

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Hallo Monika,

 

ich bin ebenfalls Maler, als Schriftstellertyp. Und gleichzeitig Komponist.

Das bedeutet, ich versuche sehr bildliche Geschichten zu schreiben, bei denen der Sprachrhythmus sehr wichtig ist.

Adjektive sind aber nur ein Teil einer bildlichen Sprache- und bei weitem nicht so wichtig, wie oft behauptet wird. Denn gerade in der Reduktion wirken diese Adjektive besonders. Es ist meiner Meinung nach nicht die Masse, die bildlich wird, sondern das präzise Adjektiv, das an der richtigen Stelle der Geschichte eine zusätzliche Note gibt.

Ich finde z.B. den Verzicht auf wertende Adjektive und das Einbringen von Details für malerisches Schreiben viel wichtiger.

 

Hallo Jan,

 

dann mal einen Denkanstoß zu den Adjektiven, aus dem sich durchaus etwas ableiten läßt- wenn auch keine Regel.

 

Adjektive können einen funktionierenden Text mit vielen kleinen Ergänzungen ausgestalten. Diese Wirkung wird aber nur erzielt, wenn Adjektive präzise an der richtigen Stelle sitzen, und bereichern. (Achtung ich zähle einige Genitiverweiterungen ebenfalls zu den Adjektiven)

 

Häufig werden jedoch Adjektive verwendet, die durch ein besseres Substantiv ersetzt werden können, oder die schlicht überflüssig sind. (Bsp.: der tote Körper; die Straße zum Paß; die weißen Knochen; die schwarzen Rabenfedern; der graue Felsen;die kleine Handharfe; gelbe Sonne, weißer Mond, bleicher Mond, ...)

In manchen Fällen kann aber eine Genetiverweiterung durchaus sinnvoll für den Klang sein.

 

Dann gibt es bestimmte Standartkombinationen Adjektiv/ Substantiv, die ebenfalls keinen großen bildlichen Wert mehr besitzen. (Bsp.: kalte Wut, geballte Faust, gestählter Körper,kaltes Grauen, eiskalter Schauer....)

 

Dazu kommen die ungenauen Adjektive.(weiße Zähne, schwarze Haare, bleiche Haut, rote Wand, gelbe Tapete, ....)

 

Wertende Adjektive sind Adjektive, die wertend statt einem Satz eingesetzt werden. Das mag an einigen Stellen für die Geschwindigkeit der Geschichte wichtig und notwendig sein. Leider werden solche Adjektive breit gestreut, und scheinen für die Charakterisierung verwendet zu werden.

(Bsp.: verschlagenes Lächeln, bösartiges Grinsen, einladendes Lächeln, wunderschöne (was auch immer), zauberhaftes (was auch immer),...)

 

Dann Adjektivhäufungen: Adjektive werden an bestimmten beschreibenden Stellen massiv gestreut (Bsp.: die nebenverhangene, steinige Straße zum Paß- nach meiner Zählung drei Adjektive; ein hagerer junger Mann, der sich durch bleiche Haut und schwarze Haare von seinen erd­hafteren Gefährten- 5 Adjektive).

Dadurch wirken einzelne Adjektive gar nicht mehr, weil die Masse den Leser überfordert. Er kann die einzelnen Adjektive nur kurz wahrnehmen, sie entfalten aber keine Wirkung, weil nach jedem Adjektiv sofort ein neues kommt. Dementsprechend wirken diese Adjektive nur sehr kurz, und dienen somit dem Text nicht.

Hier einige Adjektive zu streichen, führt dazu, daß jedes Adjektiv besser und länger wirken kann- und somit seine Funktion überhaupt erfüllt.

 

Hallo Joy,

 

natürlich diskutieren wir hier nicht über Leser. Aber trotzdem dazu einige Worte. Vielleicht können normale Leser nicht immer sagen, was sie an einem Text stört. Aber alle Aussagen über Adjektive abzubügeln, weil die Leser das nicht interessiert- halte ich für falsch.

Wenn man einige der oben genannten Adjektive ersetzt, dann wird das dem Leser nicht immer auffallen- aber sie werden es bemerken. Wer wertende Adjektive ersetzt, kann dies durch kurze Sätze tun, die deutlich stärker wirken- show don`t tell. Zwar nicht immer, aber an wichtigen Stellen ist es definitiv wichtig (meiner Meinung nach). Denn wertende Adjektive ziehen aus der Geschichte, weil der Leser nicht mitdenken muss. Eine ersetzende Beschreibung, oft nur ein Nebensatz, zieht den Leser in die Geschichte rein.

Mit ungenauen und überflüssigen Adjektiven braucht man nicht mal zu diskutieren- das merken sogar die Leser. Und zwar nicht, indem sie diese benennen können, aber sie finden solche Stellen oft farblos oder sagen, der Teil war einfach nicht gut. Oder sie haben die Stelle nicht verstanden.

 

Gruss

 

Thomas

"Als meine Augen alles // gesehen hatten // kehrten sie zurück // zur weißen Chrysantheme". Matsuo Basho

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Hallo Joy, schade dass du keine Füllwörter magst, ich als Hamburger komme ohne solche überhaupt gar nicht aus. Es soll ja sogar schon vorgekommen sein, dass Hamburger ganze Sätze nur aus Füllwörtern gebildet haben. Zum Glück gibt es aber Lektoren und kritische Forumisten, die solche hamburgischen Texte dann von dem ganzen Wortmüll bereinigen.

Ich bin ja ein großer Fan von eigentlich überflüssigen Füllwörtern, das gibt einem Text so etwas herrlich alltagssprachliches, plauderisches und menschliches. Irgendwie, natürlich, oder so und der ganze Kram, herrlich. ;) Man muß natürlich (!) schon (!) gucken, wo man diese Dinger einsetzt und sie müssen zur Erzählsituation und zum Beschriebenen passen, aber gänzlich verdammen würde ich sie auch nicht. Aber das fällt auch -meiner Meinung nach- unter die Regel "Wörter charakterisieren den Erzähler" und deshalb ist kein noch so übles Wort und keine noch so dämliche Angewohntheit gänzlich zu verdammen. In Heinrich Manns Professor Unrat lässt Mann den Professor eben diese Füllwörter circa einhundertdreiundvierzig Mal im Roman aufsagen(immer mal wieder, aufgemerkt nun wohl also), um damit den Protagonisten dauerhaft zu charakterisieren und er lässt ihn auch solche herrlich grausamen Sätze sagen wie (sinngemäß) Der Professor rief ihm entrüstet zu, dass die Macht seiner Klasse eine zu brechende sei.

Ich liebe das. :)

Also kann man schon eine Teenagerin in der Disco sagen lassen: "Der sieht total fantastisch aus." oder man beschreibt einen Mann aus der Perspektive dieser Teenagerin dann eben als "Total fantastisch" und nicht nur als "fantastisch". Das "eigene" Spiegelbild ist eine Tautologie, aber würde mir nun direkt keine Bauchschmerzen bereiten, das durchzuwinken. Bei "und er wusste es auch" bin ich mir unschlüssig, das "auch" setzt für mein Gehör eine schönere Schlußbetonung auf das "auch", kommt nun drauf an, ob der Satz an einer wichtigen Stelle steht, ohne das "und" am Satzanfang, wäre ich aber auch kein Freund des "auch"s. Komische Sache, dieser Melodiekram. :)

 

Apropos unnütze, unnötige Wörter: ich habe schon erlebt, dass Leute tagelag nur mit dem Allzweckwort "Noh" auskamen in allen Variationen, das kann bei diesen Leuten je nach Betonung: Ja, nein, natürlich, keine Ahnung, laß mich in Ruhe, erzähl weiter, ich hör noch zu und sicherlich noch tausend andere Sachen heißen. Damit sollten sich Sprachwissenschaftler einmal intensiv auseinandersetzen !

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Hallo Leute,

 

ihr habt alle Recht! Jeder von seinem Standpunkt aus, und auch wenn meine Kommentare oft sehr von mir überzeugt klingen, so würde ich doch NICHTS verdammen und nichts als starre Regel nehmen, aber ich dachte soweit ist das klar ???

Wir sprechen hier immer nur über einen bestimmten Aspekt des Themas, was nicht heißt, das es keine weiteren gibt, die man beachten müsste.

 

Ich sprach auch nicht von Dialogen, als ich von Füllwörtern sprach, die nur MICH PERSÖNLICH beim Lesen stören, was noch lange keine Verdammung generell ist. Logisch, dass in Dialogen je nach Figur alles mögliche interessant sein kann. Wenn mir aber ein Erzähler ein ganzes Buch lang mit Füllwörtnern kommt, dann denke ich, ich sitze in ner Kneipe anstatt beim Lesen eines Buches. Das stört mich einfach.

 

LG

Joy, die nicht immer so WÖRTLICH genommen werden will!   :s08

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Nachdem Elisabeth auf meine Bemerkung zu den Meistern mit Dante ankommt

 

So sorry. Diese Formulierung provoziert mich zu dem Satz: Auf Bemerkungen zu Meistern muss man "mit Dante ankommen".

Noch einmal sorry.

Warum ich den Ausschnitt aus der Commedia auch als Beispiel ungeeignet finde, habe ich ja schon geschrieben (im Uebrigen ist die Commedia innerhalb ihrer Gattung und ihrer Zeit durchaus kein adjektivreicher Text).

 

Was an dieser Diskussion aber unfair und voreingenommen war, ist mir wie so oft (lange Leitung, psychologisch nullbegabt) entgangen.

 

Fuer Erklaerung dankt

Charlie.

"Der soll was anderes kaufen. Kann der nicht Paris kaufen? Ach nein, in Paris regnet's ja jetzt auch."

Lektorat, Übersetzung, Ghostwriting, Coaching www.charlotte-lyne.com

 

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