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ClaudiaB

Denken Sie jetzt nichts von Andrea Jolander

Empfohlene Beiträge

In diesem humorvollen, intelligenten und gleichzeitig ernsten Buch geht es höchst unterhaltsam um das, womit wir im Alltagsleben oft gar nicht so viel zu tun haben wollen: unser Unbewusstes. Seine Existenz vergessen wir, nehmen wir nicht wichtig, oder sie ist uns unheimlich. Dabei kann es doch so viel, ist schneller, effektiver als unser bewusstes Ich, der "Chef". Humorvoll und einleuchtend erklärt uns Andrea Jolander, wie Chef und Angestellte zusammenarbeiten, wie die "Angestellten" unserer Hirnfirma oft von selbst schwierige Aufgaben übernehmen, während Cheffe noch glaubt, er regle alles allein. Ferner wissen wir jetzt auch, dass es keine inneren Schweinehunde und -hündinnen gibt: wenn unser Unbewusstes uns statt fleißig und pflichterfüllend lieber auf der faulen Haut liegend sieht, Chips und andere Lieblingsspeisen und Getränke des Schweinehundes in Reichweite, dann hat es seine Gründe.
Schreibblockaden verlieren ihre Schrecken, wenn wir nur lernen, auf unsere Angestellten zu vertrauen, die auch ohne störende Chefs und Chefinnen an einem Stoff arbeiten können. Zur Not bis kurz vor dem Abgabetermin - dann ist schon einiges erledigt und Cheffe darf und soll sich wieder einmischen.
Wie aber gelangen wir zu einem entspannten Verhältnis zu unserem Unbewussten, das ja gerade für Autorinnen und Autoren so wichtig ist?
Die verborgenen Gründe des unergründlichen Unbewussten haben auch viel mit dem zu tun, womit seine Archive vor Jahren gefüllt wurden. Und diese Inhalte können auch verhindern, dass unsere Fähigkeiten sich so entfalten können, wie es uns möglich wäre. Unter Einbeziehung der neuesten Erkenntnisse der Hirnforschung geht Andrea Jolander im zweiten Teil zunächst auf unsere bewusste und unbewusste Orientierung  an Normen ein, auf Gespeichertes, das längst seine Gültigkeit verloren hat, wie zum Beispiel unsere Vorstellung über das Alter oder Ideale bestimmten Verhaltens. Hartnäckig hält es sich in den Köpfen; von Kindheit an werden viele von uns gedrängt, sich an vorhandene oder nur in der Einbildung bestehende Normen zu halten. Interessant sind hier unter anderem Beispiele aus der Forschung, die zeigen, wie stark unsere unbewusste Beeinflussung durch Gruppen ist, ebenso spannend ist der Einblick in die Seele von wahren Exzentrikern und der genauere Blick auf diejenigen, die sich auf die Norm berufen, wenn sie das Falsche tun: Alle machen es, warum also nicht ich? Lustig wird es auch hier, wenn Kants kategorischer Imperativ für die zunehmende Anzahl nicht blinkender Autofahrer übersetzt wird.
Überhaupt machen der lockere Ton und die Art, wie die Autorin sprachlich von Fall zu Fall und von Erkenntnis zu Erkenntnis schlendert, einfach Spaß.
Ernst wird es in den nächsten Teilen, in denen es um die Einflüsse der frühesten Kindheit auf das zu dieser Zeit so empfängliche Unbewusste geht. Man glaubt, manches darüber zu wissen, ist aber beim Lesen - zumindest ging es mir so - erstaunt, was man alles nicht wusste. Besonders beeindruckend fand ich die Erkenntnisse der Bindungsforschung und die Beispiele der verschiedenen Bindungsformen. All das ist so aufbereitet, dass man es gerne liest und auch gut versteht. Hier, wo es auch um Misshandlung geht und darum, dass für gar nicht so wenige Menschen die Welt kein schöner Ort ist, fällt das Humoristische ganz weg, das Thema wird so ernst genommen, wie es ist. Und gegen Ende gibt es doch noch einen hoffnungsvollen, positiven Ausblick. Am Märchenbeispiel der dreizehnten und der zwölften Fee bei Dornröschen wird gezeigt, wie ein früher "Fluch" abgemildert werden kann. Und zwar auch noch spät im Leben. Sehr berührend, nachdenklich machend und hoffentlich mit Auswirkung für das eigene Verhalten.
Ein Buch, das lange nachwirkt und das man auch mehrmals lesen kann. Und das man als Schreibender einfach haben muss.

 

Liebe Grüße, auch von der inneren Schweinehündin und der Belegschaft samt Betriebsrat

Claudia

Bearbeitet von ClaudiaB

Baronsky&Brendler: Liebe würde helfen  Ein Staffelroman 
Februar 21, Kampa

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"Ein Buch, das lange nachwirkt und das man auch mehrmals lesen kann. Und das man als Schreibender einfach haben muss."

 

Besser hätte ich es selbst nicht sagen können - volle Zustimmung!

 

Liebe Grüße

Inez

Rebel Sisters 1: Die Pilotin (Lübbe, Juli 2024)

www.inez-corbi.de

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Ups - sorry. Ich hab beim ersten Drüberlesen gedacht, der Buchtitel heißt "Denken Sie jetzt nichts von Andrea Jolander" und habe mich mächtig gewundert, was ich denn wohl von Andrea Jolander denken sollte?

Also - für alle die, die es auch nicht geschnallt haben - das Buch heißt:

 

"Denken Sie jetzt nichts. Warum wir instinktiv die besten Entscheidungen treffen."

 

Andrea Jolander ist logischerweise die Autorin, und bestellen kann man das Buch z.B. bei Amazon hier.

 

Fröhliches Lesen

Elli

Bearbeitet von Elli
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Ups - sorry. Ich hab beim ersten Drüberlesen gedacht, der Buchtitel heißt "Denken Sie jetzt nichts von Andrea Jolander" und habe mich mächtig gewundert, was ich denn wohl von Andrea Jolander denken sollte?

Danke euch allen, danke auch dir!

Wobei der Titel auch nicht schlecht gewesen wäre. Besser man denkt nichts von Andrea Jolander als dass man das Falsche von ihr denkt! ;D

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Danke für die Rezension, Claudia, und Elli dir für den Link  – ich habs soeben bestellt!

 

Angelika

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

Alicia jagt eine Mandarinente. dtv premium März 2018. Die Grammatik der Rennpferde. dtv premium Mai 2016

www.angelika-jodl.de

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Da muss ich mich anschließen: Unbedingt lesen! Am besten gleich noch die Vorgänger. Was man da lernt, geht auf keine Kuhhaut.

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Danke, Claudia, für den guten Tipp! Ich habe es in einem Rutsch gelesen und bin wirklich fasziniert. Am liebsten würde ich über das ein oder andere diskutieren. Uschi, bietest du so eine Diskussionsrunde irgendwo an?

Liebe Grüße

Ulrike

Ulrike Hartmann | Autorin & Coach
 
Ich helfe dir, deinen Roman zu schreiben.
 
 

 

 

 

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Liebe Ulrike,

ich habe bei Uschis Leserunde bei Leserunden.de mitgemacht. Es war lehrreich, informativ, lustig, sehr nett. Vielleicht gibt es ja noch eine Runde irgendwo? Kann es sehr empfehlen!

Liebe Grüße

Claudia

Baronsky&Brendler: Liebe würde helfen  Ein Staffelroman 
Februar 21, Kampa

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@Ulrike: Der Vorteil, wenn man keine Bestsellerautorin ist: Man kann sich noch den Wunsch leisten, jede Leserin und jeden Leser einzeln ans Herz drücken zu wollen. In dem Sinne: Fühle dich gedrückt! :)

 

Die Leserunden bei Leserunden.de und der Büchereule sind leider fertig.

Vielleicht gäbe es trotzdem die Möglichkeit, hier einfach einen kleinen Thread (keine Leserunde) aufzumachen, wo wer will Fragen zu dem Buch stellen kann oder Ähnliches?

Oder wir ziehen einfach in die Buchvorstellung um? Aber vielleicht habt ihr oder die Moderatoren einen anderen Vorschlag.

 

Liebe Grüße

Uschi

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He, Uschi, das wäre echt cool! Bei Leserunden. de war es mir doch sehr öffentlich, wenn wir im geschlossenen Bereich wären, könnte ich noch ein bisschen penetranter fragen :-X ! Es gibt doch eine Abteilung Leserunden hier im Forum. Vielleicht einfach dort einen Thread eröffnen? Interessierte? Ulrike? FRAU ANGELIQUE J.? Etc? Oder Uschi selbst? Fändick knorke!

Liebe Grüße

Claudia

Baronsky&Brendler: Liebe würde helfen  Ein Staffelroman 
Februar 21, Kampa

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@Uschi :-)

 

Bei einem neuen Thread wäre ich sofort dabei. Allerdings sind die Leserunden auch bei uns öffentlich und ich möchte gerne Claudias penetrante Fragen sehen. :-) Ich habe bestimmt auch die ein oder andere. Vielleicht unter Textkritiken oder Sachbuch?

 

Liebe Grüße

Ulrike

Ulrike Hartmann | Autorin & Coach
 
Ich helfe dir, deinen Roman zu schreiben.
 
 

 

 

 

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Wenn ihr das wollt, können wir gerne eine Leserunde eröffnen. Ich bin nur momentan im Megastress (Sommer: Hälfte Kollegen weg, dafür doppelt so viele Studenten da – die Daheim-Gebliebenen schuften alle im Doppelschichtbetrieb). Ab Mitte September wird es wieder leichter für mich. Aber wir können natürlich hier schon mal die Interessierten sammeln. – Ich selber lese das Buch gerade (in der U-Bah, sonst ist keine Zeit).

 

Angelika

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

Alicia jagt eine Mandarinente. dtv premium März 2018. Die Grammatik der Rennpferde. dtv premium Mai 2016

www.angelika-jodl.de

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Ich würde mich natürlich sehr geehrt fühlen!

 

Aber ich denke, der Wunsch war ein anderer, nämlich einfach im internen Bereich irgendwo ein Plätzchen zu finden, um über das Buch zu reden und Fragen zu stellen.

Ich habe bei diesem Buch wie auch schon bei den Jolander-Vorgängern die Erfahrung gemacht, dass es in den Leserunden sehr schnell sehr persönlich wurde und dass ich mir manchmal auch Sorgen machte, ob die Teilnehmer da nicht über ihre eigenen Grenzen gehen und hinterher ein komisches Gefühl dabei haben, so offen gewesen zu sein.

 

Ich fände es schön, wenn wir wie gesagt im internen Bereich irgendwo ein Plätzchen finden könnten, wo wir über die Themen des Buches sprechen können, die ja auch für Autoren interessant sind, sei es, was sie selbst betrifft oder auch die zu schaffenden Figuren. Ich fände es auch schön, wenn das eher eine lockere Form hätte, wie ein normaler Thread. Also weder mit Einteilung des Buches noch mit Anmeldungen zur Teilnahme. Sondern dass jeder rein- und rausspazieren kann wie er möchte, ob er das Buch schon gelesen hat, gerade dabei ist, es zu tun, oder es nicht lesen wird und nur eine Nachfrage hat oder etwas beisteuern möchte.

Soll vielleicht einfach jemand von den Interessierten im Sachbuchbereich einen Thread aufmachen? (Dann hättet ihr auch nicht die Arbeit damit.)

 

Liebe Grüße

Uschi

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Ich eröffne mal was ...

Liebe Grüße

Claudia

Baronsky&Brendler: Liebe würde helfen  Ein Staffelroman 
Februar 21, Kampa

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