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ClaudiaB

Sieben Sprünge vom Rand der Welt - Leserunde

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Stimmt' date=' Barbara. Emil bleibt als Figur auch aus meiner Sicht eher eine Rolle als eine wirkliche Person.[/quote']

Hm … Das wollte ich eigentlich so nicht sagen, Manfred. Ich finde nicht, dass die Autorin Emil auf eine Rolle reduziert. Sondern sie stellt dar, wie die Menschen in seiner Familie mit ihm umgehen. Lilly, Hannes und Eustachius sehen in ihm offensichtlich kein vollwertiges Gegenüber, sondern ein Wesen, für das sie verantwortlich sind, das mal eine Last ist, mal eine Freude, das sie schützen wollen und deswegen weitgehend verstecken müssen.

 

Ich hatte mich beim Lesen zunächst daran gestoßen, dass bei der Darstellung von Emil eher die Defizite im Vordergrund stehen und nicht seine Fähigkeiten. Das möchte ich im richtigen Leben unbedingt vermeiden. Hinzu kommt, dass der Text aus meiner Sicht ein Krankheitsbild suggeriert, das ich von alten Vorurteilen kenne: humpelnde Gangart gepaart mit schwachem Geist. Wir sehen den Glöckner von Notre Dame. Dabei geht der pes equinovarus meines Wissens nicht allgemein mit einer mentalen Schwäche einher. Groll.

Das stimmt natürlich: Für den eigenen Umgang mit behinderten Menschen sollte man das nicht als Vorbild nehmen. ;-) Ich denke aber, dass dieses Verhalten für die Zeit absolut typisch ist. Nicht nur während der Nazizeit, sondern auch davor und Jahrzehnte danach. Eine modernere Einstellung hätte ich Emils Familie nicht geglaubt.

 

Nur finden wir nicht heraus (ich zumindest nicht), welche Fähigkeiten Emil wirklich besaß.

Da stimme ich dir völlig zu. Allerdings finde ich die Frage auch ziemlich vertrackt. Was heißt denn "wirklich"? Auch wenn die heutige Medizin bei ihm keinerlei Einschränkungen der geistigen Fähigkeiten festgestellt hätte, scheint es mir plausibel, dass Emil weit hinter seinem Potenzial zurückgeblieben ist, weil er immer als geistesschwach behandelt wurde. Dazu würde passen, dass er am Ende des Romans Fähigkeiten zeigt, die ihm seine Familie nie zugetraut hätte.

 

Mir ging es bei meinem Posting jedenfalls nicht um die Frage, wie realistitisch oder auch wie gerecht Emil dargestellt wird. Sondern um den Punkt, dass er dramaturgisch eine so wichtige Figur ist und zugleich so wenig greifbar bleibt. Und auch so fremd. (Diese Fremdheit fängt das letzten Kapitel für mich sehr gut ein.) Das ist ein starker Kontrast zu den übrigen Figuren, über die man viel erfährt und die oft recht farbenfroh und "laut" auftreten. Gerade dieser Kontrast verleiht dem wenigen, was man von Emil sieht und hört, aber umso mehr Gewicht. Ich glaube, auf diese Art hat er einen stärkeren Auftritt, als wenn wir auch über sein Innenleben bestens informiert wären.

 

Insgesamt habe ich den Eindruck, dass du dem Realismus im Roman einen höheren Stellenwert beimisst als ich, Manfred. Vielleicht können wir auf das Thema ja noch mal zurückkommen – z.B. bei der Darstellung der Wissenschaft, die bietet ja Anlass genug. ;-) Ich fände das spannend!

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Aber jetzt meine Frage: Was meint ihr, warum ist der Prolog in der 3. Person geschrieben? Ich erkläre es mir so, dass die Szene zwar aus Eustachius' Sicht geschildert ist, aber keine Erinnerung ist in dem Sinn, dass er sie erzählen könnte. Du hast so etwas in dem früheren Thread schon geschrieben, Manfred: Es ist keine Kindersprache, und es ist auch kein Erwachsener, der sich erinnert, aber es stellt dar, wie sich die Ereignisse im Bewusstsein des kleinen Jungen spiegeln könnten.

 

Dazu passt für mich, dass der Prolog ja ganz kurz noch einmal aufgegriffen wird, in der Passage, bevor Eustachius stirbt (S. 545f.). Auch hier erzählt kein Ich, sondern wir "hören" mit, was dem Sterbenden durch den Sinn geht. (Auch eine Stelle, in der die Autorin sich souverän über die Regeln für "authentische" Ich-Erzähler hinwegsetzt, auch das hat mir sehr gut gefallen.)

 

Darüber hinaus deutet die 3. Person aber auch darauf hin, dass die Szene, auf die der Prolog vorgreift, für viele Figuren des Romans zentral ist. Nicht nur für Eustachius, sondern auch für Hannes, Lilly und natürlich Emil. Wäre sie in der Ich-Form geschrieben, würde sie viel stärker Eustachius "gehören".

Mich würde aber sehr interessieren, wie ihr das seht.

 

 

Dazu fällt mir ein:

Kann es sein, dass keiner von den Vieren, denen diese starke Prologszene vielleicht gleichermaßen gehört, dafür Worte findet und dass deshalb die Stimme des Meta-Erzählers übernehmen muss?

 

Oder kann es sein, dass (Achtung: gewagte These) der sterbende Eustachius schon diese Anfangsszene "denkt"/empfindet, bereits losgelöst von seinem Körper und somit in einer schwebenden/unwirklichen Erzählposition?

Eben, weil diese Szene ja am Ende noch einmal aufgegriffen wird ...

 

Ansonsten: Ja, danke für die kluge Analyse des Prologs, Manfred! Ganz richtig, er ist der Dreh und Angelpunkt.

Hätten nicht Simones vererbte Ängste genau hiermit zu tun haben müssen, frage ich mich, wenn ich darüber nachdenke.

Angst vor Schnee und etwas Hellem am Himmel - das ist so allgemein, das hat mir wenig gesagt, zumal es nicht weiter vertieft wurde.

Aber Angst davor, gefesselt, ausgeliefert, beschämt und ausgegrenzt zu sein, dies wäre Wiederholung des väterlichen Traumas, hier hätte Simone das übernommen, was nicht nur ihren Vater, sondern auch ihre Großeltern umtreibt oder umgetrieben hat, das, was eigentlich die ganze Energie und die Gedanken/Gefühle aller Beteiligten anzieht.

 

Emil: Ja, es ging mir auch so, dass ich mich sehr gewundert habe, wozu er sprachlich fähig ist bzw überhaupt fähig ist. Und das kommt wirklich daher, dass wir kaum etwas über ihn wissen. Welche Art Behinderung hat er überhaupt (außer dem Klumpfuß, der ja nichts mit seiner geistigen Behinderung oder seiner Art, in der Welt zu sein, zu tun haben muss)? Ist er wirklich geistig behindert oder nur sonderbar, vielleicht aufgrund seines Klumpfußes und der Art, wie ihn seine Eltern und die Umgebung deswegen behandelten?

 

Ich finde es stimmig, dass er so reduziert beschrieben wird bzw ein Geheimnis behält. Der durfte ja auch nicht gesehen werden.

Ich habe aber ein starkes Gefühl für ihn als Person, eine ganz eigene, abgeschottete Person, die durchaus etwas Spukhaftes hat und eben deswegen umso stärker wirkt.

 

Liebe Grüße

Claudia

Baronsky&Brendler: Liebe würde helfen  Ein Staffelroman 
Februar 21, Kampa

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Guten Morgen,

 

hoffentlich darf ich jetzt, der lesend immer noch etwas hinterherhinkt, einen Gedanken einwerfen, der die Diskussion allerdings womöglich wieder ein bisschen zurückwirft?

Ich lese gerade das große, lange Hannes-Kapitel und spüre einen leichten Verdruss, weil ich Hannes diesen elaborierten, literarisierten Sprachstil so nicht abnehme. (Anders war das in dem Lilly-Kapitel.) Wie ich weiter oben gelesen habe, habt ihr da aber keine Probleme damit oder?

 

LG

jueb

"Dem von zwei Künstlern geschaffenen Werk wohnt ein Prinzip der Täuschung und Simulation inne."  

AT "Aus Liebe Stahl. Eine Künstlerehe."

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Ich lese gerade das große, lange Hannes-Kapitel und spüre einen leichten Verdruss, weil ich Hannes diesen elaborierten, literarisierten Sprachstil so nicht abnehme. (Anders war das in dem Lilly-Kapitel.) Wie ich weiter oben gelesen habe, habt ihr da aber keine Probleme damit oder?

Hallo lieber jueb –

 

dass ich nie Probleme damit hatte, würde ich nicht behaupten. Ich fand es auch gewöhungsbedürftig. Die neun Ich-Erzähler "sprechen" ja alle recht ähnlich, und das widerspricht schon dem, was ich mir von einem authentischen Ich-Erzähler wünsche. Andererseits finde ich, dass der Roman auch sehr viel dadurch gewinnt. Gerade im Hannes-Kapitel gibt es lange Passagen (Breslau, Gefangenschaft, Bayern), in denen Erlebnisse geschildert werden, über die Hannes niemals gesprochen hätte. Überhaupt gar nicht. In welcher Sprache auch immer. Das übernimmt der Meta-Erzähler, wie Claudia ihn getauft hat. Ich finde das gut, weil der Text einerseits in der beschränkten Weltsicht von Hannes bleibt, andererseits aber Dinge schildert, die wir von Hannes nicht erfahren hätten. Für mich gehören diese Passagen zum Eindringlichsten, was ich je gelesen habe. Ich glaube, dazu braucht es einfach die volle Sprach- und Erzählkunst einer so guten Autorin.

 

Außerdem trägt der durchgängige Erzählton zum Zusammenhalt der einzelnen Kapitel bei.

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Guten Abend liebe Runde,

 

ich möchte noch einige Eurer Beobachtungen/ Gedanken aufgreifen.

 

Zuerst einmal zu Emil und seiner Behinderung. Die Figur wird ja im Roman nicht genau gezeichnet. Zugleich kommt ihr eine zentrale dramaturgische Funktion zu.

 

Auch mir geht es nicht darum, wie realistisch oder gerecht Emil dargestellt wird, sondern darum, wie die Darstellung seiner Behandlung und seiner eigenen Welt  auf die Leser wirkt. In diesem Kontext finde ich eine Reflexion der Wirklichkeit von Menschen mit Behinderungen zur damaligen und zur heutigen Zeit wichtig. Gerade wenn man als Leser erkennt, dass manche körperlichen Behinderungen damals fälschlich mit geistigen Defiziten in Verbindung gebracht wurden und dass es vielleicht diese Behandlung war, die ein geistiges Defizit hervorrief, ergibt sich für die Leser ein starker emotionaler Bezug.  Zumindest war das bei mir so. Daher habe ich in meinem letzten Beitrag auch zwischen meinem ersten und meinem zweiten Eindruck unterschieden. Für mich war der erste Eindruck emotional (Identifikation) und der zweite eher rational (zeitlich einordnend).  Authentisch wird die Darstellung ja – wie Barbara auch sagt – eben durch die damals herrschenden Vorurteile, aber eben auch emotionsgeladen – vor allem aus der heutigen Perspektive.

 

Aus dieser emotionalen Dimension leitet sich nach meinem Empfinden viel von der Spannung ab, die nicht nur im Prolog herrscht, sondern sich auf den ganzen Roman auswirkt.

 

Was Hannes betrifft, habe ich auch keine Probleme damit gehabt,  die sprachliche Form anzunehmen, auch nicht den kunstvollen Wechsel zwischen erster und dritter Person, den wir oben besprochen haben. Schon die vielen sozialen und räumlichen Umgebungen erfordern eine Vielzahl von sprachlichen Registern, und die ungeheuren Ereignisse und Umstände der Zeit lassen sich in der ins Lyrische wechselnden Sprache für mich viel eher darstellen als in erzählender Form. Wie ich oben schon „gesagt“ habe, war die sprachliche Form bei den Nicht-Kriegsfiguren für mich viel weniger glaubwürdig, weil die Mischung aus authentischen Sprachformen und der Draesner-sprache aus meiner Sicht nicht so gut funktionierte.

 

LG,

Manfred

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Hallo in die Runde,

 

ich muss mich entschuldigen, ich hatte einfach keine Zeit, hier weiter mitzudiskutieren oder wenigstens mal etwas zusammenzufassen oder zu fragen.

 

Wollt ihr noch? Könnt ihr noch?

 

Mich würden speziell einmal die Affen interessieren bzw eure Einschätzung des Affenthemas.

Was sollen die Affen in diesem Roman?

Wie glaubwürdig wird dieses Wissenschaftsmilieu geschildert?

Hierzu würden mich eventuelle Erläuterungen von Manfred und Barbara sehr interessieren. Ich habe davon keine Ahnung und ich empfand die Affenschilderungen teils als auflockernd - was Simones Alltagsleben im Institut und ihre "Veraffung" betrifft, wie ihre Tochter es schildert, teils auch als amüsant und hilfreich, um die Figur des Eustachius besser zu verstehen. (So vielleicht auch von der Autorin beabsichtigt?)

Natürlich bedeuten die Affen mehr, aber hier stochere ich ein wenig im Trüben mit meinen Vermutungen.

Immer wieder wird verglichen, und - ganz banal formuliert - Verbindendes und Trennendes zwischen Affe und Mensch gesucht.

Stach forscht zum Thema Willensfreiheit. Simone sagt:

Tiere waren verankert, eingebettet in ein sicheres Wissen davon, was man tat und was nicht. Im Homo Sapiens hingegen saß an der Stelle des Instinktes etwas Weich-Zähes. Es ließ sich verformen.

Ferner geht es verstärkt um Empathie und Brutalität, Stach und Esther zeigen Simone einen Film, in dem jugendliche Affen anscheinend aus Spaß ein Affenbaby ermorden, Stach regt diese grundlose Brutalität sehr auf.

Auch Esther erwähnt diese Filmszene wieder und klagt damit ihre Mutter an.

 

Parallelen zur Rohheit, dem Verlust der Empathie und der Willensfreiheit während des Kriegs/Nazizeit/Vertreibung lassen sich schon ziehen.

Ist das alles?

Wozu dient dieser wissenschaftliche Hintergrund? ( der, wie ich annehme, populärwissenschaftlich ist, dh einiges wurde brutal vereinfacht.)

 

Außerdem hat Manfred von der Rolle der Bildung im Roman gesprochen. Wollen wir das mal näher untersuchen? Auf der einen Seite Professoren, Überflieger, auf der anderen ... Affen.

 

Zur Sprache im Hanneskapitel: Jueb, ich habe Hannes das auch abgenommen, fand es ausgezeichnet gelöst, es ermöglichte dem Erzähler, das Geschehen auf so vielen Ebenen und durch viele Gefühls- und Gedankenschichten hindurch zu schildern, mal direkt auf Hannes' Stand zu sein, mal nur bei seinen Emotionen, mal bei dem, was er verdrängt, mal war er klüger als er.

 

Allerdings hatte ich bei diesem Hanneskapitel das erste Mal das Gefühl: Okay, es reicht jetzt, wir wissen, w i e zerstört Breslau war, w i e unwiderruflich die Flucht, w i e unfassbar die Gewalt, Rohheit.

Dies passt eventuell zu der anderen Frage, die hier schon geäußert wurde: Der Vergleich zum Migrationsthema allgemein. Es wird im Buch mehrfach angeschnitten, erstens durch die Ostpolen, die aber dann auch wieder ins zerstörte Breslau einziehen, also in eine Szenerie, die man schon gut kennt. Zweitens durch die jungen Erzähler, für deren Freunde Migration unter schlimmsten Umständen selbstverständlich ist. Trotzdem wirken diese Vertreibungen und Traumatisierungen, die sich in den nächsten Jahren weltweit steigern werden, gegen die Vertreibung der Deutschen etwas blass - sie mussten erwähnt werden, klar, aber es gab natürlich keinen Raum, dies weiter auszuführen.

 

Wie seht ihr das?

 

Liebe Grüße

Claudia

Baronsky&Brendler: Liebe würde helfen  Ein Staffelroman 
Februar 21, Kampa

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Oh, toll, viele spannende Fragen, liebe Claudia.

 

Zuerst ganz kurz zu deiner letzten:

 

Dies passt eventuell zu der anderen Frage' date=' die hier schon geäußert wurde: Der Vergleich zum Migrationsthema allgemein. Es wird im Buch mehrfach angeschnitten, erstens durch die Ostpolen, die aber dann auch wieder ins zerstörte Breslau einziehen, also in eine Szenerie, die man schon gut kennt. Zweitens durch die jungen Erzähler, für deren Freunde Migration unter schlimmsten Umständen selbstverständlich ist. Trotzdem wirken diese Vertreibungen und Traumatisierungen, die sich in den nächsten Jahren weltweit steigern werden, gegen die Vertreibung der Deutschen etwas blass - sie mussten erwähnt werden, klar, aber es gab natürlich keinen Raum, dies weiter auszuführen.[/quote']

Ja, ich fand das auch etwas blass, letzten Endes. Obwohl es bei Esther einigen Raum einnimmt. Aber ich muss gestehen, dass ich mit dem ganzen Strang zu den "Migrationsleugnern" wenig anfangen konnte. Das war mir denn doch etwas zu beliebig.

 

Mit Hannes und Breslau ging es mir dagegen anders als dir. Da war ich einfach tief beeindruckt. Gerade weil es so gnadenlos immer noch furchtbarer wird.

 

Aber zu den Affen! Ich fange auch da mal mit deiner zweiten Frage an:

 

Wie glaubwürdig wird dieses Wissenschaftsmilieu geschildert?

Ich habe es viel weiter oben schon mal geschrieben: Weder Stach noch Simone haben mich als Wissenschaftler überzeugt. Stachs Umgang mit seinen beiden Affen finde ich zwar ausgesprochen unterhaltsam zu lesen und auch immer wieder herzerwärmend, aber mit Wissenschaft hat das natürlich nicht die allerentfernteste Ähnlichkeit. Die Gründe, die er im Roman für sein Vorgehen anführt, sind eigentlich durch die Bank unglaubwürdig. Für mich geht das nur auf, wenn ich ihn als "durchgeknallt" betrachte. Damit habe ich dann kein Problem. ;-)

 

Über die Zeit davor – die Zeit, in der er ja offensichtlich als Wissenschaflter  ernst genommen wurde und Karriere gemacht hat – sind die Informationen recht spärlich und widersprüchlich. Zum Beispiel sind bei der Forschung zum freien Willen, durch die er sich einen Namen gemacht haben soll, meines Wissens gar keine Affen im Spiel, sondern da werden die Gehirnaktivitäten von Menschen beobachtet. Sprich, völlig andere experimentelle Techniken. In diesen Bereichen der Naturwissenschaft geht ein Wissenschaftler nicht einfach hin und sagt: Okay, letztes Jahr habe ich zur Empathie bei Primaten geforscht, nächstes Jahr ist der freie Wille dran. Dazu sind diese Forschungen technisch und finanziell viel zu aufwändig und auch viel zu stark an spezialisierte Institute gebunden.

 

Auch dass Stach bei den Primaten so etwas wie ein Paradies zu suchen scheint, passt für mich nicht recht zu ihm als Naturwissenschaftler, denn dass es bei Schimpansen Gewalttätigkeit gibt, ist meines Wissens schon ziemlich lange bekannt. Da bin ich aber keine Expertin, vielleicht weiß Manfred mehr.

 

Bei Simone fand ich die Darstellung der Wissenschaft noch viel unbefriedigender, weil sie anders als Stach ja beruflich noch aktiv ist. Leider erfährt man absolut nichts darüber, was sie macht. Ich vermute, dass sie nicht an einer Uni arbeitet, sondern Direktorin an einem unabhängigen Forschungsinstitut ist (Max-Planck-Gesellschaft, Leibniz-Gemeinschaft …) Das würde halbwegs erklären, wieso sie am selben Institut arbeiten kann wie früher ihr Vater. Aber was ist denn nun ihr Arbeitsgebiet? Führt sie Forschungen ihrer Vaters fort? Eigentlich klingt es eher so, als würden die beiden wissenschaftlich unterschiedliche Standpunkte vertreten – aber in Bezug auf welches Thema? Auf S. 114 ff. hört Boris Simones Vortrag zu – aber leider verliert sie auch da kein Wort darüber, was sie selbst – ihre Arbeitsgruppen, ihr Institut – denn nun an Forschungen betreibt. Was sie herausfinden wollen. Welche Methoden sie anwenden. Was das Neue, Bahnbrechende ist. Stattdessen spricht sie über Experimente, die offenbar schon länger zurückliegen, zitiert aus einem Roman (no way!), ergeht sich in allgemeinen Betrachtungen … Nein, so sind Naturwissenschaftler nicht sozialisiert. Vor einem Fachpublikum würde sie ihre eigene Forschung darstellen. In einer Uni-Vorlesung würde sie Faktenwissen aus ihrem Fachgebiet vermitteln. Dazu einladen, "mit mir über die Grundlagen der Primatenforschung nachzudenken", wie sie es sagt, würde sie vielleicht in der Dankrede nach einer Preisverleihung. Oder bei einem Vortrag für die allgemeine Öffentlichkeit. (Da käme sie allerdings mit den lockeren Sprüchen zu Tierversuchen nicht davon …) Und auch da würde sie doch irgendeine These vertreten.

 

Ich hör hier mal auf, das wird zu lang und vielleicht auch zu detailliert. Und letztlich finde ich deine zweite Frage wichtiger, Claudia, nämlich was die Primatenforschung überhaupt in dem Roman verloren hat.

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Im Roman nimmt das Thema Schimpansen und Bonobos einen großen Raum ein. Gemessen daran, scheint es für den Roman wichtig zu sein. Ich muss aber zugeben, dass ich Mühe hatte, in den vielen, zum Teil widersprüchlichen Aussagen über diese zwei Primatengattungen und ihrer Beziehung zum Menschen eine klare Grundmitteilung des Romans zu erkennen. Zumindest blieb für mich beim Lesen erst einmal ein unsortierter Eindruck.

 

Zwei Themenbereiche stechen allerdings hervor. Empathie und Sprache. An vielen Stellen gibt es ausführliche oder auch kryptische Verweise auf diese Themen. Diese Verweise sind in der Sprache Draesners gehalten und haben oft mystifizierenden Charakter. So lässt sie den alten Eustachius seiner Tochter vom Lachen der Bonobos im Kongo erzählen. „Sie sprechen fast.“ Dieser knappe Satz steht – wie oft bei Draesner – als Ausrufzeichen ganz am Ende eines Unterkapitels. Punkt. Pause. Schluck. Hier haben wir beides. Empathie und Sprache.

 

Aber wozu das Ganze? Ich habe mir folgendes zusammengereimt. Stach wendet nach seinen Kriegserfahrungen und der tödlichen Aggression des Menschen den scheinbar friedlicheren Verwandten unter den Primaten zu, um so den Menschen besser zu verstehen, findet aber spät heraus, dass auch diese Verwandten nicht friedlich sind. Irgendwie wird auch der freie Wille dazu konstruiert. Mir bleibt aber unklar wie genau. Simone glaubt mit Wolf Singer, dass das Böse nicht im Intellekt liegt, sondern im Instinkt („im chemischen Gefängnis“). Dabei macht Draesner einen für mich unverständlichen Seitenhieb auf Konrad Lorenz (das sogenannte Böse), den sie nicht nennt, wohl aber seine für Stach „lächerlichen Graugänse“. Der Leser bleibt bei der Frage nach dem Bösen allein. Für mich ergibt sich kein schlüssiges Gesamtbild.

 

Der Stellenwert der Primaten im Roman spiegelt sich auch auf der Internetseite zum Roman, der eine eigene Sektion „Affen“ hat:

 

(Link ungültig)

 

Hier heißt es: „Warum Ulrike Draesner diesen Beruf für ihre Protagonisten wählte und was sie bei ihren umfangreichen Recherchen u.a. im Menschenaffenhabitat des Leipziger Zoos herausfand, erfährt man hier.“

 

Wir erfahren folgendes: „Eustachius ... fürchtet sich vor Menschen. ... Mit Tieren hingegen versteht er umzugehen. ... eine Frage lässt ihn, den Neurologen und Verhaltensforscher, nicht los: Wie kann es sein, dass Menschen Menschen töten? Warum sind Menschenaffen anders? Sind sie es wirklich?“

 

Wir wissen, auch sie töten ihre Artgenossen (aber selten). Aber woher kommt denn nun der Tötungswille des Menschen? Soweit ich sehe, gibt es keine klare Antwort im Roman, nur mysteriöse Bezüge, verstreute Hinweise, die man selbst in vielen Weisen deuten kann – oder auch nicht. Der Roman hilft mir da nicht weiter.

 

Ich habe mich mit dem Thema Primaten, ihrer Kognition, Empathie und möglichen Sprachfähigkeit beschäftigt und habe daher wahrscheinlich einen eigenen Zugang zu Draesners Roman, und das ist vermutlich der Grund, aus dem ich die Kapitel Simone, Borris und z.T. auch Eustachius mit etwas Unbehagen gelesen habe.

 

Es wird an vielen Stellen suggeriert, dass Schimpansen und Bonobos „fast sprechen“. Auf der Internetseite für das Buch ist von „Affensprache“ die Rede, bzw. von „Yerkish“. Auch wenn Draesner  Simone feststellen lässt, dass sie an den Unterschiedlichkeiten und Ähnlichkeiten zwischen Mensch und „Affe“ interessiert sei, so vermenschlichen Begriffe wie „Affensprache“ die nicht-menschlichen Primaten doch. Denn Schimpansen und Bonobos haben ein jeweils eigenes Kommunikationssystem. Die natürliche Affensprache ist extrem weit von der menschlichen Sprache entfernt. Zwar stimmen viele Merkmale von „Sprachsystemen“ evolutionsbedingt überein (z.B. im dialogischen Charakter, den wir schon bei Heuschrecken finden), aber von hier bis zu der Aussage, dass „sie schon fast sprechen“ liegen Lichtjahre. Oder als Zeitrahmen fünf bis sechs Millionen Jahre. Man fragt sich, warum Draesner Borris sagen lässt, dass Schimpansen „die direkten Vorfahren der Menschen“ sind. Das sind sie nicht. Ihre Entwicklungslinien haben sich vor etwa fünf Millionen Jahren getrennt.

 

Das von Draesner als „Affensprache“ bezeichnete Yerkish ist ein eigenes Kapitel. Da Schimpansen und Bonobos aus physiologischen Gründen nicht artikulieren können (was Draesner auf ihrer Internetseite ignoriert), haben Forscher zwei Möglichkeiten erprobt, ihre Fähigkeit  zu untersuchen, menschliche Sprache zu produzieren, und zwar (1) durch Gebärdensprache und (2) durch Zeichensysteme. Yerkish ist eine Kunstsprache mit einigen hundert Zeichen (Lexigramme), die sich auf Objekte und Konzepte beziehen. Der erfolgreichste Lerner von Yerkish ist wahrscheinlich der Bonobo Kanzi. Sue Savage-Rumbaugh hat ausführlich von ihren Studien mit Kanzi berichtet und schätzt Kanzis sprachlichen Fertigkeiten sehr hoch ein. Steven Pinker hat in seinem populären Buch von 1994 „The Language Instinct“ die Sprachproduktion von Kanzi genauer untersucht und festgestellt, dass sie qualitativ nicht mit der Sprache kleiner Kinder vergleichbar ist. So entwickelt Kanzi nicht einmal die primitivste Form von Grammatik. Menschenkinder tun dies, sobald sie zwei Wörter an einander reihen. Kanzi ist auch nicht in der Lage, Fragen zu stellen. Draesner ist sich offenbar dieser seit 20 Jahren bekannten Debatte nicht bewusst und lässt ihre Protagonisten inkonsistente Positionen vertreten.

 

Dieser grundlegende Unterschied zwischen Bonobos und Schimpansen einerseits Menschen andererseits spiegelt sich übrigens auch in der DNA. So gibt es verschiedene Gene, die mit der menschlichen Sprachfähigkeit in Verbindung gebracht werden. Eines davon ist FOXP2. Veränderungen in diesem Gen führen bei Menschen zu spezifischen Grammatikstörungen. Das FOXP2-Gen ist beim Menschen und dem Neandertaler identisch. Es ist aber bei Schimpansen und Bonobos an zwei Stellen unterschiedlich von der menschlichen Variante. Bei transgenetischen Mäusen, bei denen man das menschliche FOXP2-Gen eingeschleust hat, stellt man eine deutlich verbesserte Lernfähigkeit fest. Das wirft aber ganz neue Fragen auf, vor allem im Hinblick auf genetische Manipulation und die Rechte von genetisch veränderten Wesen.

 

Man kann Draesner vielleicht nicht vorwerfen, dass sie diese aktuelle Fragestellung nicht mit einbezogen hat. Dieser Aspekt belegt aber sehr deutlich, wie weit Schimpansen und Bonobos davon entfernt sind „fast zu sprechen“.

 

Ohje, das ist aber lang geworden. Dann muss ich wohl darauf verzichten, noch etwas zu Empathie, Betrug und Selbstverstehen bei Primaten oder Borris’ Verständnis von Hilary Putnam zu sagen. Alles Dinge, die Draesner verquer angesprochen hat und auch den Unialltag aus der Sicht eines Forschers ...

 

All das hat mir bei Lesen der ersten Kapitel Unbehagen bereitet. Vielleicht ist das nur mein Problem, weil ich halt die Primaten so interessant finde. Ich frage mich aber, wie authentisch ein Roman sein sollte, der so großen Wert auf eine umfangreiche Recherche legt. Wenn wir bei einem historischen Roman Wert auf die Richtigkeit historischer Fakten legen, muss dies auch bei einem Roman im Wissenschaftsmilieu gelten?

 

Ich habe den Roman trotzdem sehr genossen. Draesners Sprachkunst ist einfach genial.

 

LG,

Manfred

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Liebe Barbara, lieber Manfred,

wow - ich finde alles, was ihr schreibt, sehr spannend und erhellend. Danke!

 

Ohje, das ist aber lang geworden. Dann muss ich wohl darauf verzichten, noch etwas zu Empathie, Betrug und Selbstverstehen bei Primaten oder Borris’ Verständnis von Hilary Putnam zu sagen. Alles Dinge, die Draesner verquer angesprochen hat und auch den Unialltag aus der Sicht eines Forschers ...

 

Also ... wenn du dir die Zeit nehmen magst? Mich würde das alles sehr interessieren. Andere, die hier mitlesen, sicher auch!

Auf ihrer Internetseite hatte ich auch schon geschaut, gleich zu Anfang. Ich finde es toll, dass es eine solche Seite gibt - gerade auch mit der Option, dass Leute ihre eigene Geschichte mitteilen können. Und die Informationen, wie dieser Roman entstand, haben mir auch viel gebracht. Nur mit den Infos zu den Affen konnte ich nicht so viel anfangen und habe mich trotz Erklärung nach den Zusammenhängen gefragt.

 

Zum Problem mit der Wissenschaft/Philosophie in einem Roman: Mir fällt hier "Ultrachronos" von Helmut Krausser ein. Er hat (was immer man von dem Roman halten mag) es so gelöst, indem er die für das Buch notwendige Theorie durch einen Scharlatan vortragen lässt, einen durchgeknallten Schriftsteller. Die Theorie ist relativ komplex und auch, wie bei ihm üblich  ;) grenzt einiges an Größenwahnsinn.

Es funktioniert, weil man die Option hat, alles auch für ("geniale") Spinnerei zu halten (sofern man's überhaupt versteht.)

 

Ist es überhaupt möglich, einen wissenschaftlichen Vortrag im Roman so wiederzugeben, dass Laien ihn verstehen? Wie seht ihr das? Wie müsste es gefiltert sein?

Soweit erstmal auf die Schnelle ... ich hoffe ja sehr, Manfred, dass wir von dir auch noch etwas mehr über die Affen hören ...

 

Und dann würde ich mich auch gern noch einmal auf die "Rolle der Bildung" stürzen!

Liebe Grüße

Claudia

Baronsky&Brendler: Liebe würde helfen  Ein Staffelroman 
Februar 21, Kampa

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Hallo in die Runde,

 

freut mich, dass meine Überlegungen Sinn für dich machen, Claudia. Dann schreibe ich noch ein paar Sätze über die Empathie und den Betrug - wieder aus meiner Sicht.

 

Die Sache mit der Empathie scheint mir in Draesners Roman recht vertrackt. Da sagt Simone einerseits über die nicht-menschlichen Primaten „Ihr Wesen ist Betrug“. Andererseits glaubt sie, dass diese Wesen nicht zu Kooperation fähig sind. Eustachius scheint zumindest in früheren Zeiten geglaubt zu haben, dass Schimpansen anders als Menschen nicht  manipulierbar wären und dass man sie daher nicht zum Töten von Artgenossen anstiften könnte.

 

Für die Entwicklung des Romans sind diese Ansichten wohl wichtig. Ich denke, sie erklären einiges von Stachs Verhalten, das zusammen mit seiner späteren Verwirrtheit vielleicht seine skurrile Entwicklung begründet.

 

Aus der Sicht der Kognitionswissenschaft dagegen sind diese Annahmen über die Empathie von Primaten diffus und widersprüchlich. Umgangssprachlich meinen wir mit Empathie ja die Bereitschaft, auf andere einzugehen. Im Kontext der Primatenforschung fragt man aber zunächst einmal nach der FÄHIGKEIT, auf andere einzugehen. Nur wenn ich mir vorstellen kann, wie der andere mich sieht, kann ich mir vorstellen, welche Absichten er hat. Dazu muss ich zuerst einmal ein Bewusstsein von mir selbst haben. Diese Grundfähigkeit, mir den anderen vorzustellen, ist die Voraussetzung sowohl für das Betrügen (bei Schimpansen eher Täuschen) als auch für das Kooperieren. Daher widersprechen sich die beiden Annahmen von Simone. Es hat sich tatsächlich gezeigt, dass Schimpansen sowohl täuschen können als auch kooperieren.

 

Zum „Manipulieren“ dagegen benötigt man noch weitere geistige Voraussetzungen. Dabei ist der Begriff Manipulieren natürlich negativ gefärbt. Neutral meinen wir die Fähigkeit einer Person, die Handlung oder Meinung einer anderen zu beeinflussen. Menschliche Kinder erwerben den Beginn dieser Fähigkeit im Alter von etwa einem Jahr. Sie können dann auf Dinge zeigen. Damit stellen sie eine Verbindung her zwischen sich selbst, der anderen Person und dem Gezeigten. Andere Primaten können das nicht. Auch nicht im Erwachsenenalter. Die im Zeigen sichtbare Fähigkeit ist auch die Voraussetzung für menschliche Sprache (neben weiteren Voraussetzungen). In der Tötungsszene, auf die sich Eustachius bezieht, ist aber keine Manipulation erkennbar, sondern eine gemeinsame Handlung von heranwachsenden Schimpansen. Die Annahme von Eustachius, dass Schimpansen deshalb friedfertig sind, weil man sie nicht in Richtung Gewalt manipulieren kann, ist also in sich nicht schlüssig.

 

Jetzt frage ich mich, ob es für den Roman wichtig ist, dass die Aussagen über die Empathie von Primaten diffus und widersprüchlich sind. Da gibt es sicher unterschiedliche Meinungen. Der Roman ist ja nicht für Experten geschrieben. Aber neulich hörte ich im Radio ein Interview mit einem Autor historischer Romane, der sich besonders freute, dass er von Historikern als Lesern lauten Zuspruch bekam. Muss das hier anders sein? Der historische Roman ist ja kein Fachbuch, sondern er leuchtet Ereignisse einer bestimmten Epoche aus und erfüllt sie mit Leben wie ein Fachbuch es nicht kann. Vielleicht hätte Draesner nicht auf das Affenkapitel mit Vlek verzichten sollen. Vielleicht hätte darin eine Chance bestanden, die Aussagen über Primaten stärker in Handlung umzusetzen, statt sie als Gedanken ihrer Figuren vorzustellen. – Allerdings sage ich das aus der bequemen Position des Lesers. An der Sprache Vleks hätte ich dann sicher auch etwas auszusetzen gehabt.  :) Immerhin hat Franz Kafka in „einem Bericht für eine Akademie“ dem ehemaligen Gorilla „Rotpeter“ ja auch seine Sprache geliehen.

 

LG,

 

Manfred

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Ich finde deine Ausführungen auch sehr spannend, Manfred, danke, dass du dir die große Mühe machst!

 

Trotzdem muss ich gestehen, dass mich diese Schwächen bei der Darstellung der Wissenschaft letztlich wenig stören. Ich finde es offensichtlich, dass der Roman nicht wirklich wissenschaftliche Thesen illustrieren will. Wenn der alte Stach sagt "Sie sprechen fast", dann spricht da – so lese ich es – nicht ein Wissenschaftler eine Erkenntnis aus seinem Fachgebiet aus, sondern ein Mensch gibt ein sehr persönliches, berührendes Erlebnis wieder. Sicher, Stach wird uns als Wissenschaftler präsentiert, aber wie ich oben schon geschrieben habe, füllen weder er noch Simone diese Rolle überzeugend aus. Sie denken nicht wie (Natur-)Wissenschaftler, agieren nicht wie Wissenschaftler. Entsprechend ergeben auch die Aussagen und Andeutungen zu Empathie oder Sprache keine konsistenten wissenschaftlichen Thesen; ich lese sie eher als Mittel, die Gedankenwelt der Primatenforschung in den Roman einfließen zu lassen, damit Stachs und Simones Arbeitswelt für uns lebendig wird. Und bis zu einem gewissen Grad wird sie ja sehr lebendig.

 

Nun schreibst du:

 

Jetzt frage ich mich' date=' ob es für den Roman wichtig ist, dass die Aussagen über die Empathie von Primaten diffus und widersprüchlich sind. Da gibt es sicher unterschiedliche Meinungen. Der Roman ist ja nicht für Experten geschrieben. Aber neulich hörte ich im Radio ein Interview mit einem Autor historischer Romane, der sich besonders freute, dass er von Historikern als Lesern lauten Zuspruch bekam. Muss das hier anders sein? Der historische Roman ist ja kein Fachbuch, sondern er leuchtet Ereignisse einer bestimmten Epoche aus und erfüllt sie mit Leben wie ein Fachbuch es nicht kann.[/quote']

Ich glaube wirklich nicht, dass Ulrike Draesner die Aussagen über Primatenforschung bewusst diffus gestaltet hat. Eher denke ich, dass ihr Stringenz in dem Punkt nicht besonders wichtig war. Natürlich darf ein Autor genau sein ;-) und er darf sich auch freuen, wenn ihn dann Fachwissenschaftler (wie der Historiker in deinem Beispiel) im Nachhinein für seine Genauigkeit loben – aber ganz ehrlich: Was die Qualität eines Romans angeht, finde ich das ziemlich nebensächlich. Wer eine starke Geschichte zu erzählen hat, die mir etwas wirklich Neues vermittelt – was die "Sieben Sprünge" ganz zweifellos tun – der darf sich mit den Fakten gern auch Freiheiten erlauben oder ungenau bleiben. Etwas anderes wäre es, wenn bewusst verfälscht und manipuliert würde, um dem leser z.B. eine historische oder naturwissenschaftliche These aufzudrängen. Das sehe ich hier aber überhaupt nicht. Es bleibt einfach diffus.

 

Ein Beispiel, wo es mir ähnlich geht, ist "Die Vermessung der Welt" von Kehlmann. Dort lassen sich ja offenbar auch zahllose historische Ungenauigkeiten oder Widersprüche finde. Ich finde das jedoch vollkommen unwichtig.

 

Meine Schwierigkeiten mit den Affen in diesem Roman spielen auf einer ganz anderen Ebene. Ich finde, der Roman lädt dazu ein, die Aussagen über Empathie, Gewalt und freien Willen im Gegenwartsstrang als Kommentare zum Geschehen im Kriegs-Strang zu interpretieren. Daraus entstehen jedoch nur Gedanken, von denen ich eigentlich nicht glauben mag, dass sie uns tatsächlich nahegelegt werden sollen. Nur ein Beispiel: Wenn der Mensch keinen freien Willen hat – sind dann all die Menschenmorder, Folterer, Bombenwerfer etc. nur willenlose Rädchen einer deterministisch ablaufenden, unaufhaltsamen Vernichtungsmaschine? (Die bei Erschaffung der Welt vermutlich von irgendeinem Unbewegten Beweger angeschubst wurde? ;)) Wie gesagt: Das kann ja wohl nicht gemeint sein. Aber warum wird dann den Biowissenschaften so viel Platz eingeräumt? Und warum ausgerechnet den Biowissenschaften? Die sich doch nun wirklich gerade in der Nazizeit und davor als beklemmend Ideologie-anfällig erwiesen haben? Da habe ich tatsächlich leise Bauchschmerzen.

 

Was aber nichts daran ändert, dass ich den Roman insgesamt großartig finde. Unbedingt lesenswert.

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Liebe Barbara,

 

keine Frage. Draesners Roman ist absolut lesenswert. Er ist sprachlich virtuos. Eine (fast) reine Freude.

 

Bei den letzten Beiträgen ging es ja speziell um die Affen.

 

Mich würden speziell einmal die Affen interessieren bzw eure Einschätzung des Affenthemas.

Was sollen die Affen in diesem Roman?

Wie glaubwürdig wird dieses Wissenschaftsmilieu geschildert?

Hierzu würden mich eventuelle Erläuterungen von Manfred und Barbara sehr interessieren.

 

Als Antwort auf Claudias Fragen wollte ich einfach den Hintergrund zu diesen Fragen etwas beleuchten. Wenn wir dann dabei Schwächen in der Darstellung der Wissenschaft finden, heißt das ja nicht automatisch, dass das für die Einschätzung des Romans wichtig ist. Für mich ist die Einschätzung vor diesem Hintergrund auch eine offene Frage, aber auch eine interessante.

 

An anderer Stelle wurde diese Frage hier im Forum kontrovers diskutiert, und zwar im Kontext von historischen Romanen.

 

(Link ungültig)

 

Ich denke, dass auch bei Romanen, die sich im wissenschaftlichen Milieu verorten, ein ganzes Spektrum von Einschätzungen möglich ist. Für mich steht auf jeden Fall die gute Geschichte im Vordergrund. Nur die Figuren und ihre Motive müssen in sich schlüssig sein. Vermutlich kann man da in Bezug auf die Primatenforschung als thematischen Rahmen bei Draesner je nach Zugang zum Text zu unterschiedlichen Schlüssen kommen.

 

Und ja, warum ausgerechnet Biowissenschaften? - Bei der Nähe zu genetischer Intervention und der Selektion von angeblich "lebenswertem" Leben. Da klingen Themen an, die auch bei mir etwas Bauchgrimmen verursachen.

 

Wie gesagt, in der Gesamtsicht stimme ich dir zu: unbedingt lesenswert.

 

LG,

 

Manfred

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Lieber Manfred,

nur ganz kurz: Ich hoffe, du hast mich nicht missverstanden. Ich fand deine Ausführungen sehr interessant und auch sehr erhellend. Ich wollte keineswegs sagen, dass sie hier nicht hingehören oder irgendetwas in der Art! Mir ging nur der andere Punkt – warum ausgerechnet die Biowissenschaften – schon so lange im Kopf herum, dass ich ihn jetzt auch endlich los werden wollte. ;-)

 

Wie man die Stärken und möglichen Schwächen eines Romans letztlich wertet – was man wichtig findet und was nicht – ist immer subjektiv, denke ich. Meine Freude an diesen Leserunden kommt daher, dass wir uns hier darüber austauschen können, was wir an Stärken und Schwächen überhaupt wahrnehmen, ob eine Schwäche vielleicht gar keine Schwäche ist und eine Stärke vielleicht auch Nachteile mit sich bringt usw. Ich habe dabei immer das Gefühl, dass sich mein eigener Blick schärft. Auch weil man hier gezwungen ist, manchmal diffuse Wahrnehmungen in verständliche Worte zu fassen.

 

So, aber eine Schlussrede wollte ich auch nicht halten. ;-) Später mehr.

 

Herzliche Grüße

 

Barbara

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Damit es nicht zu Schlussreden aller Art kommt  8-)

Ich denke noch ... und lese gerade mal wieder von vorne, um der Rolle der Affen auf die Spur zu kommen. Manfred schreibt:

Aber wozu das Ganze? Ich habe mir folgendes zusammengereimt. Stach wendet nach seinen Kriegserfahrungen und der tödlichen Aggression des Menschen den scheinbar friedlicheren Verwandten unter den Primaten zu, um so den Menschen besser zu verstehen, findet aber spät heraus, dass auch diese Verwandten nicht friedlich sind.

Ich glaube, dass die Affen bei Stach ganz stark mit seiner inneren Leerstelle zu tun haben, die im Roman irgendwo beschrieben wird, etwas, das mich nachhaltig beeindruckt hat (auch, weil ich das eben aus dem persönlichen Umfeld kenne). Er wendet sich einerseits ihnen zu, weil er diese Leerstelle mit dem Interesse für die scheinbar friedlichen Tiere füllen oder vor sich selbst verbergen kann. Andererseits hat er ja ein ambivalentes Verhältnis zu den Affen: Er benutzt sie. Er forscht an ihnen. Tierschützer demonstrieren dagegen. Und er mag noch so sehr beteuern, dass diese Tierschützer unrecht haben, die Affen artgerecht gehalten werden etc, es gibt massiven Widerstand und dieser wird im Roman auch des Öfteren angesprochen. Das passt aber genau zu dieser seiner Leerstelle. Er würde gern - aber er kann nicht oder kann nur, in dem er die Affen benutzt. Als jüngerer Mann hat er eigentlich weder Empathie für die Affen übrig noch für seine Töchter. Als alter Mann schafft er es, ein enges Verhältnis zur Enkeltochter zu haben und auch zu "seinen" Affen (wobei er hier wohl übertreibt.) Jetzt ist ihm Empathie - in Maßen - wieder möglich.

 

Irgendwie wird auch der freie Wille dazu konstruiert. Mir bleibt aber unklar wie genau. Simone glaubt mit Wolf Singer, dass das Böse nicht im Intellekt liegt, sondern im Instinkt („im chemischen Gefängnis“).
Aber auch hier bleibt der Roman ambivalent, es gibt nämlich auch dazu eine Gegenaussage.

 

Dabei macht Draesner einen für mich unverständlichen Seitenhieb auf Konrad Lorenz (das sogenannte Böse), den sie nicht nennt, wohl aber seine für Stach „lächerlichen Graugänse“. Der Leser bleibt bei der Frage nach dem Bösen allein.

Ich vermute, das muss der Leser auch. Wie könnte es hier eine Antwort geben?(Den Seitenhieb auf Lorenz muss ich dann noch mal in Ruhe lesen, der könnte sich aber auch stark auf Stachs Weltbild gründen, oder?)

 

„Eustachius ... fürchtet sich vor Menschen. ... Mit Tieren hingegen versteht er umzugehen. ... eine Frage lässt ihn, den Neurologen und Verhaltensforscher, nicht los: Wie kann es sein, dass Menschen Menschen töten? Warum sind Menschenaffen anders? Sind sie es wirklich?“

Das kommt mir vor, wie ein "frommer Wunsch" von Eustachius, der Tod und Verrohung in so vielfacher Form gesehen und erlebt und dazu einen massiven Schuldkomplex wegen Emil hat. Natürlich mutet es seltsam an, dass ein Forscher und Neurologe solch "naive" Wünsche hat und sie selbst nicht durchschaut. Aber, naja, Verdrängung wirkt oft Wunder. Ich bin oft erstaunt und erschüttert, mit welcher Kraft dieses Trauma "unten" behalten wird, gerade von den Kriegskindern, die dies ja auch offiziell nicht hochkommen lassen durften bzw. in diesem Fall sofort von der falschen Seite instrumentalisiert wurden.

 

Wir wissen, auch sie töten ihre Artgenossen (aber selten). Aber woher kommt denn nun der Tötungswille des Menschen? Soweit ich sehe, gibt es keine klare Antwort im Roman, nur mysteriöse Bezüge, verstreute Hinweise, die man selbst in vielen Weisen deuten kann – oder auch nicht. Der Roman hilft mir da nicht weiter.

Aber eine Antwort erwarte ich auch nicht - die mysteriösen Bezüge sind Anregungen, jedem dieser Hinweise kann man durchaus gedanklich nachgehen.

 

Zum Thema Biowissenschaften: da denk ich noch.

Für mich, wissenschaftlicher Laie (Laiin?  ::)) hat das Thema Affen vor allem mit den Figuren zu tun, mit ihren Beziehungen untereinander, mit dem, was jede Figur damit kompensiert oder was sie gerade an dem Thema interessiert, mit Konkurrenz und vielleicht auch mit Zuneigung. Hier ist die Zuneigung der Figuren untereinander gemeint. Stach-Simone, Simone-Stach. Esther-Stach. etc

 

Interessant ist für mich, gerade vor den Hintergründen, die ich durch euch erfahren durfte, immer noch die Frage: was tut man mit der Wissenschaft in Romanen? Was, wenn man einen wissenschaftlichen Vortrag, ein Urteil, eine Erklärung braucht? Wie verpackt man das (gesetzt den Fall, man durchblickt das komplexe Thema). Das Beispiel Ultrachronos hatte ich ja schon gebracht, da ist es auf jeden Fall einigermaßen originell und glatt gelöst: Durchgeknallter Schriftsteller vertritt die Thesen, keine Gewähr. Aber sonst?

 

Jetzt lese ich erst einmal weiter, es gibt noch das ein oder andere zu den Affen, das ich noch ansprechen möchte.

Auf jeden Fall: Vielen Dank euch beiden für Horizonterweiterungen!!!

Liebe Grüße

Claudia

Baronsky&Brendler: Liebe würde helfen  Ein Staffelroman 
Februar 21, Kampa

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Ich glaube, dass die Affen bei Stach ganz stark mit seiner inneren Leerstelle zu tun haben, die im Roman irgendwo beschrieben wird, etwas, das mich nachhaltig beeindruckt hat (auch, weil ich das eben aus dem persönlichen Umfeld kenne). Er wendet sich einerseits ihnen zu, weil er diese Leerstelle mit dem Interesse für die scheinbar friedlichen Tiere füllen oder vor sich selbst verbergen kann. Andererseits hat er ja ein ambivalentes Verhältnis zu den Affen: Er benutzt sie. Er forscht an ihnen. Tierschützer demonstrieren dagegen. Und er mag noch so sehr beteuern, dass diese Tierschützer unrecht haben, die Affen artgerecht gehalten werden etc, es gibt massiven Widerstand und dieser wird im Roman auch des Öfteren angesprochen. Das passt aber genau zu dieser seiner Leerstelle. Er würde gern - aber er kann nicht oder kann nur, in dem er die Affen benutzt. Als jüngerer Mann hat er eigentlich weder Empathie für die Affen übrig noch für seine Töchter. Als alter Mann schafft er es, ein enges Verhältnis zur Enkeltochter zu haben und auch zu "seinen" Affen (wobei er hier wohl übertreibt.) Jetzt ist ihm Empathie - in Maßen - wieder möglich.

Ja, so passt das gut zusammen, finde ich. Wobei Stach als alter Mann auf mich geradezu warmherzig und lebensfroh wirkt, wenn er mit Esther und den Affen zu tun hat. Dass er früher anders war – zum Beispiel die Affen vor allem als Versuchsobjekte betrachtet hat - muss man sich indirekt erschließen. Wir erfahren zum Beispiel nie genau, was er denn nun mit den Affen gemacht hat (da ist ja eine ziemlich große Bandbreite denkbar …). Für mich ist die Verbindung zwischen dem jungen Stach und dem alten dadurch ein wenig unanschaulich geblieben. Was ich schade finde, weil dadurch auch das Thema "Weitergeben von Traumata" etwas blass blieb. Aber natürlich hätte es einen ganz anderen Roman ergeben, Stachs Geschichte durchzuerzählen.

 

 

Wir wissen, auch sie töten ihre Artgenossen (aber selten). Aber woher kommt denn nun der Tötungswille des Menschen? Soweit ich sehe, gibt es keine klare Antwort im Roman, nur mysteriöse Bezüge, verstreute Hinweise, die man selbst in vielen Weisen deuten kann – oder auch nicht. Der Roman hilft mir da nicht weiter.

Aber eine Antwort erwarte ich auch nicht - die mysteriösen Bezüge sind Anregungen, jedem dieser Hinweise kann man durchaus gedanklich nachgehen.

Die Morderei während der Nazizeit und im 2. Weltkrieg ausgerechnet aus der Primatenforschung heraus erklären zu wollen, fände ich auch … schwierig. Ich habe schon Probleme damit, in dem Zusammenhang allgemein von einem "Tötungswillen des Menschen" zu sprechen.

 

Für mich, wissenschaftlicher Laie (Laiin?  ::)) hat das Thema Affen vor allem mit den Figuren zu tun, mit ihren Beziehungen untereinander, mit dem, was jede Figur damit kompensiert oder was sie gerade an dem Thema interessiert, mit Konkurrenz und vielleicht auch mit Zuneigung. Hier ist die Zuneigung der Figuren untereinander gemeint. Stach-Simone, Simone-Stach. Esther-Stach. etc

Ja, das kommt mir auch am einleuchtendsten vor. Ich finde nur halt, dass die angesprochenen wissenschaftlichen Themen sehr zu der Vermutung einladen, die Primatenforschung sollte auch darüber hinaus, sozusagen abstrakt, etwas zum Thema beitragen. Daher kommen meine leichten Bauchschmerzen.

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was tut man mit der Wissenschaft in Romanen? Was' date=' wenn man einen wissenschaftlichen Vortrag, ein Urteil, eine Erklärung braucht? Wie verpackt man das (gesetzt den Fall, man durchblickt das komplexe Thema).[/quote']

Gute Frage. Mir sind noch gar nicht so viele Beispiele eingefallen. In "Der gestohlene Abend" von Wolfram Fleischhauer spielt ein literaturwissenschaftlicher Vortrag eine wichtige dramaturigische Rolle. Wenn ich das richtig im Kopf habe, wird der ziemlich ausführlich in direkter Rede wiedergegeben. (Ich habe das Buch aber nicht hier.) Die Themen, um die es im Vortrag geht, sind vorher mehrfach in Dialogen diskutiert worden, man kann dem gut folgen. Und ich glaube, der Autor hat sich an einem realen literaturwissenschaftlichen Vortrag orientiert. Jedenfalls hat der Vortrag auf mich sehr authentisch gewirkt, es wurde z.B. eine klare These präsentiert. (Ich habe eben nachgeschaut: Fleischhauer hat wohl selbst Literaturwissenschaften studiert.)

 

In der klassischen SF kommen sehr oft naturwissenschaftliche Themen vor, allerdings häufig eher als Hintergrund. Da erklärt oft einfach der Erzähler, was der Leser wissen muss. ;-)

 

"Elementarteilchen" wäre vermutlich ein gutes Beispiel, das habe ich aber nicht gelesen …

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... ich auch nicht!!

Was mir noch einfällt: Mich sprechen die Beschreibungen der Affen an, sowohl von Simone als auch von Stach, das hat aber nur mit Sprache/Poesie/Metaphern/Assoziationen zu tun und wenig mit Wissenschaft oder übergeordneten Inhalten oder gar der Frage: warum Biowissenschaften?

Und: Ich zB bin immer sehr empfindlich, wenn über Musik geschrieben wird - deswegen kann ich eure Einwände zum Thema Affen auch gut verstehen.

(Es gibt einige hervorragende Bücher, in denen fundiert über Musik/Musiker geschrieben wird, nur aufgrund wunderbaren Einfühlungsvermögens und wirklich fundierter Recherche zB Herr Mozart wacht auf. Oder auch Drei Worte auf einmal, um zwei Beispiele aus "eigenen Reihen" zu nennen. Daran sieht man, dass es geht!!)

Aber Beispiele zum Thema: wie vermittele ich spezifisches, nicht allzu leicht zugängliches und von mir selbst auch nur recherchiertes Wissen an die Leser würden mich nach wie vor sehr interessieren.

In der Science Fiction, soweit ich überhaupt etwas davon verstehe, findet man sich ja in einer Welt mit ihren Selbstverständlichkeiten, die der Erzähler - unauffälig und nebenbei - den Lesern näherbringen muss/kann/sollte. (?) Aber natürlich treten hier auch Phänomene oder Probleme auf, die den Figuren im Roman erst plausibel gemacht werden müssen, so habe ich's jedenfalls bisher wahrgenommen. Und dafür braucht man dann auch die diskutierenden Wissenschaftler oder Berichte  oder ...? (sorry, meine Kenntnis ist sehr begrenzt, will sie ja unbedingt erweitern, Barbara ... da war ja noch so eine Liste mit Büchern, die ich lesen sollte/wollte, um mich kundiger zu machen  :))

Liebe Grüße

Claudia  

Baronsky&Brendler: Liebe würde helfen  Ein Staffelroman 
Februar 21, Kampa

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Was mir noch einfällt: Mich sprechen die Beschreibungen der Affen an' date=' sowohl von Simone als auch von Stach, das hat aber nur mit Sprache/Poesie/Metaphern/Assoziationen zu tun und wenig mit Wissenschaft oder übergeordneten Inhalten oder gar der Frage: warum Biowissenschaften?[/quote']

Wie gesagt, mir ging es in vielerlei Hinsicht auch so. Die sachlichen/fachlichen Unstimmigkeiten für sich genommen haben mich gar nicht besonders gestört. Als Teil von Simones und Stachs Lebenswelt betrachtet tragen die Affen viel zur Atmosphäre bei, und sind ja auch einfach sehr unterhaltsam. ;-)

 

In der Science Fiction, soweit ich überhaupt etwas davon verstehe, findet man sich ja in einer Welt mit ihren Selbstverständlichkeiten, die der Erzähler - unauffälig und nebenbei - den Lesern näherbringen muss/kann/sollte. (?) Aber natürlich treten hier auch Phänomene oder Probleme auf, die den Figuren im Roman erst plausibel gemacht werden müssen, so habe ich's jedenfalls bisher wahrgenommen. Und dafür braucht man dann auch die diskutierenden Wissenschaftler oder Berichte  oder ...? (sorry, meine Kenntnis ist sehr begrenzt, will sie ja unbedingt erweitern, Barbara ... da war ja noch so eine Liste mit Büchern, die ich lesen sollte/wollte, um mich kundiger zu machen  :))

Stimmt, da gab's so eine Liste!

 

Ich glaube, in der SF wird es oft so gelöst, dass dem Protagonisten die Welt ebenfalls fremd ist und er sie sich mit dem Leser zu erklären versucht. oder er hat einen Watson dabei. Oder, wie gesagt, der Erzähler meldet sich und erklärt.

 

Was dabei als Erklärung angeboten wird, ist manchmal natürlich einfach Nonsens (Startrek ist dafür berühmt). Aber es gibt auch viele Romane, in denen man durch vernünftiges Nachdenken (gemeinsam mit den Protagonisten) ziemlich weit kommt. Bei Lem zum Beispiel im "Unbesiegbaren" oder in "Eden". Oder aus neuerer Zeit in den Erzählungen von Ted Chiang (das sind häufig reine Gedankenexperimente, sehr interessant). Das ist gar nicht meine liebste Richtung der SF, weil Wissenschaft und Technik oft wichtiger sind als die Figuren, aber wir reden ja im Moment auch nur übers Umgehen mit der Wissenschaft.

Erzählerisch ist das dann nicht immer gut gelöst - in "Solaris" von Lem gibt es zum Beispiel ein paar ziemlich langwierige Passagen, wo der Protagonist in die Bibliothek geht und sich über den Stand der Solaris-Forschung informiert; und dann wird ausgiebig und ziemlich unanschaulich referiert, was er dabei erfährt.

 

Noch ein Beispiel, das zu meinen Lieblingsromanen zählt: In "The Dispossessed" (Planet der Habenichtse) von Ursula LeGuin ist der Protagonist so etwas Ähnliches wie ein theoretischer Physiker – und obwohl man sehr viel von dem, was er an Theorien entwickelt, überhaupt nicht versteht, wirkt er sehr authentisch. Da ist die Wissenschaft gut erfunden und souverän erzählt.

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... ja, Claudia, „Herr Mozart wacht auf“ ist phantastisch. Phantasievoll, herrliche Perspektivwechsel. Hab ich sehr genossen. Meine Kenntnisse von W.A.M. und von Musik überhaupt sind eher durchschnittlich. Daher habe ich beim Lesen weniger darauf geachtet, ob das Buch fachlich stimmig ist. Da war ich bei den Primaten sicher kritischer. Interessant, das an sich selbst zu beobachten. Danke.

 

Je mehr ich mich nach Wissenschaft in der Literatur umsehe, umso mehr Aspekte sehe ich. Dürrenmatt passt wohl mit seinen Physikern gut in die Zeit des kalten Krieges und der allgemeinen Verunsicherung. Stichwort „Verantwortung“.  Das passt auch ganz gut zu Dr. Strangelove. In beiden Fällen sind die Wissenschaftler vordergründig durchgeknallt – wie der alte Stach, vor allem aber potenziell gefährlich für die Welt.

 

Im Internet fand ich die Vorlesungen von Thomas Klinkert (Uni Freiburg) zum Thema

„Literatur und Wissenschaft“ als Podcast:

 

(Link ungültig)

 

Klinkert zeigt ein weites Spektrum an Meinungen von Autoren (im 19. Und 20. Jahrhundert) zum Verhältnis von Literatur und Wissenschaft und kommt – wie ich es verstehe - zu dem Schluss, dass das Kreative, Künstlerische vor der wissenschaftlichen Genauigkeit Vorrang hat.

 

Jennifer Rohn hat ein neues Genre "erfunden": LabLit. Literatur über/ mit Wissenschaftler/n. Sie sammelt und bespricht auf ihrer Seite entsprechende Romane, auch „nicht-englischsprachige“:

 

(Link ungültig)

 

Dadurch, dass die Autoren oft im Erst- oder Hauptberuf selbst Wissenschaftler sind, stehen hier offenbar wissenschaftliche Fragen stärker im Vordergrund. Das kenne ich auch von machen Science-Fiction-Autoren wie Stanislav Lem, den ich früher gern gelesen habe. Ich gebe aber Barbara recht. In Solaris z.B. gibt es einige ziemlich langweilige Stellen, in denen umständlich referiert wird.

 

Simones „Vortrag“ hat wohl als technische Lösung des Wissenschaftlerproblems in dieser Runde weniger Zustimmung bekommen. Das ist auch nicht wirklich verwunderlich, denn ein echter wissenschaftlicher Vortrag wäre ja viel zu spezifisch und würde auf viel Detailwissen aufbauen. Zudem enthält ihr Vortrag an der Stelle kaum Aussagen, die für die Handlung oder die Charaktere zentral sind.

 

Ich bin nach wie vor neugierig auf das ursprünglich geplante Vlek-Kapitel. Es wäre doch sehr innovativ gewesen, die Wirkung der wissenschaftlichen Untersuchungen aus der Sicht  des Betroffenen zu lesen.  Sicher nicht auf Yerkish, aber Draesner hat ja die Grenzen der Sprache so weit gedehnt, dass sie mit ihren Annahmen über die Sprachfähigkeit von nicht-menschlichen Primaten auch hier ein sinnvolles Format hätte finden können. (Hat sie vielleicht auch?) Dann wäre es evtl. möglich gewesen, Wissenschaft nicht nur aus der Meta-Ebene darzustellen, sondern noch stärker in die Handlung einzubetten.

 

Wenn ihr schon von euren Lieblingsbüchern erzählt, dann möchte ich auch noch eins nennen, das zwar nichts mit wissenschaftlichem Vortrag zu tun hat, in dem aber die Sache extrem gut recherchiert ist: Tim Winton: Breath. ((Link ungültig)) (Deutsch bei Luchterhand. Das Original ist aber lebendiger).

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Hallo ihr Lieben aus der kleinen Runde,

entschuldigt, dass ich mich so lange nicht gemeldet habe! Ich weiß nicht, ob wir noch diskutieren, oder ob ich ein kleines "Schlusswort" schreiben soll. Auf jeden Fall hat es großen Spaß gemacht und es war und ist sehr lehrreich, mit euch über das Buch zu "reden". (Ich könnte auch noch ...!)

Noch ein Beispiel, das zu meinen Lieblingsromanen zählt: In "The Dispossessed" (Planet der Habenichtse) von Ursula LeGuin ist der Protagonist so etwas Ähnliches wie ein theoretischer Physiker – und obwohl man sehr viel von dem, was er an Theorien entwickelt, überhaupt nicht versteht, wirkt er sehr authentisch. Da ist die Wissenschaft gut erfunden und souverän erzählt.

Danke für den Tipp. Und man kann das Buch tatsächlich verstehen, ohne die Theorien zu verstehen?

Jennifer Rohn hat ein neues Genre "erfunden": LabLit. Literatur über/ mit Wissenschaftler/n. Sie sammelt und bespricht auf ihrer Seite entsprechende Romane, auch „nicht-englischsprachige“:

 

(Link ungültig)

 

Dadurch, dass die Autoren oft im Erst- oder Hauptberuf selbst Wissenschaftler sind, stehen hier offenbar wissenschaftliche Fragen stärker im Vordergrund. Das kenne ich auch von machen Science-Fiction-Autoren wie Stanislav Lem, den ich früher gern gelesen habe. Ich gebe aber Barbara recht. In Solaris z.B. gibt es einige ziemlich langweilige Stellen, in denen umständlich referiert wird.

 

Danke, Manfred, den Link möchte ich mir noch genauer ansehen!

Aber damit ((Link ungültig)) hast du mich schon gekriegt, ich glaube, das will ich auch lesen. Ich bin ja überzeugt, dass man, wenn es gut gemacht ist, die "ganz normalen Leser" durchaus für ein Spezialthema interessieren kann. Vielleicht kann man sich heute nicht mehr trauen, so trocken dabei zu sein wie früher (euer Solaris-Beispiel), ich glaube, hier hat sich etwas getan.

 

Ein Vlek-Kapitel hätte ich auch sehr interessant gefunden.

 

Und, jetzt noch ganz allgemein zu den Sieben Sprüngen: Was mich, neben allem, was mich fasziniert und begeistert hat, inhaltlich befremdet, findet sich gleich im Simone-Kapitel. Sie berichtet, dass es in ihrer Familie keine Erbstücke gibt, nichts Altes Erhaltenes, keine Bilder, antike Schränke etc. nur diesen Holzlöffel (den ich pathetisch fand, ein alter Holzlöffel, der noch nach der Suppe stinkt.) Da hab ich gedacht: Na und? Dafür wurde doch später genug Besitz angehäuft ...

In meiner Familie gibt es logischerweise auch keine überlieferten materiellen Dinge der Vorkriegszeit, vermisst habe ich diese nie, noch nicht einmal darüber nachgedacht, wenn ich ehrlich bin. (Okay, das ist mal wieder als LB-Hommage der Abgleich mit dem eigenen Leben ...) Jetzt, da ich gerade einen Roman gelesen habe, den ich als "literarischen Familien-Geheimnis-Roman" bezeichnen will und in dem viel (für mich zu viel) von alten Truhen und Möbeln und überlieferten Besitztümern etc die Rede ist, beginne ich, zu verstehen, dass diese Vorstellung oder der Wunsch nach einer tatsächlich greifbaren Vergangenheit anscheinend tief verankert ist.

Wenn ich über die Fluchten und die mehrfachen Neuanfänge in meiner Familie nachdenke, verbinde ich damit immer etwas Positives (obwohl es für einige ziemlich negative Folgen hatte.) Meine eigene Neigung, Neuanfänge in diversen Situationen zu wagen, hat für mich durchaus etwas damit zu tun. Aber all das ist mir auch erst durch die Beschäftigung damit klar geworden, ausgelöst durch die Lektüre der "sieben Sprünge."

Soweit erstmal! Liebe Grüße

Claudia

Baronsky&Brendler: Liebe würde helfen  Ein Staffelroman 
Februar 21, Kampa

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Erst einmal auch von mir ganz herzlichen Dank für den LabLit-Link, lieber Manfred, sehr interessant!

 

Und, jetzt noch ganz allgemein zu den Sieben Sprüngen: Was mich, neben allem, was mich fasziniert und begeistert hat, inhaltlich befremdet, findet sich gleich im Simone-Kapitel. Sie berichtet, dass es in ihrer Familie keine Erbstücke gibt, nichts Altes Erhaltenes, keine Bilder, antike Schränke etc. nur diesen Holzlöffel (den ich pathetisch fand, ein alter Holzlöffel, der noch nach der Suppe stinkt.) Da hab ich gedacht: Na und? Dafür wurde doch später genug Besitz angehäuft ...

In meiner Familie gibt es logischerweise auch keine überlieferten materiellen Dinge der Vorkriegszeit, vermisst habe ich diese nie, noch nicht einmal darüber nachgedacht, wenn ich ehrlich bin. (Okay, das ist mal wieder als LB-Hommage der Abgleich mit dem eigenen Leben ...)

Du hast recht, Claudia, das fand ich beim Lesen auch eigenartig. In unserer Familie gab es solche Uralt-Erbstücke logischerweise auch nicht, aber mich hat das nie irritiert & erst recht habe ich es nie mit Flucht bzw. Vertreibung in Verbindung gebracht. Zumal die Familie meiner Mutter auch ziemlich ortsfest war und zum Teil bis heute geblieben ist. Aber das waren kleine Leute mit mehreren Kindern, da gab es keine Truhen zu erben, von alten Villen mal ganz zu schweigen. ;-)

 

Ich habe diese Mentalität "Wir machen alles neu (und schmeißen das Alte weg)" immer eher mit der Wirtschaftswunderzeit in Verbindung gebracht. So wie sich die Städteplaner damals auch heimlich die Hände rieben, weil die engen Altstädte zerbombt waren und sie so was richtig schönes Neues entwerfen durften. Und viele Familien hatten ja auch ihr gesamtes Hab und Gut verloren, obwohl sie nicht geflohen sind oder vertrieben wurden. So ganz überzeugt bin ich da also nicht.

 

Ansonsten ist es schon so, dass ich mit dem Roman ein wenig abgeschlossen habe. Ich bin sehr froh, dass ich ihn gelesen habe und hier mit euch drüber diskutieren konnte, aber offene Fragen habe ich eigentlich nicht mehr. Aber wie du siehst, steige ich sofort wieder ein, wenn ihr mit einem Thema kommt!

 

Liebe Grüße

 

Barbara

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Und viele Familien hatten ja auch ihr gesamtes Hab und Gut verloren, obwohl sie nicht geflohen sind oder vertrieben wurden. So ganz überzeugt bin ich da also nicht.

Ja, das stimmt, vor allem in den Städten (nehme ich an.) Dort, wo auch die tollen, neuen Häuser (Ironiesmiley) gebaut wurden. Auch deshalb wirkt der Holzlöffel wohl so pathetisch.

 

Die Truhen und Häuser gab's wohl eher auf dem Land. Dass davon vermehrt in Büchern die Rede ist, auch in literarischen, könnte mit verstärkter Sehnsucht nach Geborgenheit und Tradition zu tun haben. (Hab gerade etwas recht Interessantes darüber gelesen und mir auch meine Gedanken über die Sehnsucht nach einer gewissen Kuscheligkeit in der Kunst gemacht.)

Aber mit dem Roman geht es mir wie dir, er ist mir jetzt nicht mehr so gegenwärtig, man liest ja dazwischen so vieles anderes.

 

Leute: Was lesen wir als Nächstes? Barbara und Manfred, naturellement, auch Jürgen und Angelika, please! Und alle, die auch Lust haben, mitlesen wollten oder nicht konnten, eine Idee für ein Buch haben, das wir alle lesen sollten etc etc etc.

Na???

Liebe Grüße

Claudia

Baronsky&Brendler: Liebe würde helfen  Ein Staffelroman 
Februar 21, Kampa

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Ihr lieben fleißigen Siebensprüngler,

 

ich habe natürlich die ganze Zeit aufmerksam mitgelesen und wollte mich auch immerzu mit schlechtem Gewissen melden.Das schlechte Gewissen hängt damit zusammen, dass ich es bis jetzt erst bis Seite 200 geschafft habe. So was ist mir bis jetzt noch bei keinem Buch passiert, ich kann auch Sachen schnell lesen, die ich für Schrott halte. Die Sieben Sprünge fallen natürlich nicht unter diese Kategorie. Aber sie widerstehen mir, und zwar sozusagen in Sprüngen: Den ersten Abschnitt habe ich der Autorin überhaupt nicht geglaubt. Den zweiten fand ich überraschend schön. Dann kam schon wieder der Unwille auf ...

 

Jetzt bin ich leider nicht an meinem Schreibtisch zu Hause, sondern in einem Hotel  im Ausland und habe das Buch nicht da, kann also nicht zitieren. Daheim liegen aber noch die Zettel mit Kommentaren zu diversen Seiten, wenn ihr also bis zum 4. Januar warten wollt, könnte ich das nachreichen.

 

Aus dem Gedächtnis kann ich jetzt nur sagen,  

 

- dass ich die Sprache manchmal sehr schön und bilderreich fand, bisweilen aber auch sehr unplastisch. Und so "ausgedacht". Leute reden nicht so wie da an manchen Stellen.

 

- dass ich einiges aufgeblasen fand. Die Angst vor – wie war das: Schnee? – weil die Vorgängergeneration gefroren hat, glaube ich nicht. Da wird Psychologie reingeblasen in ein synthetisches, am Schreibtisch erdachtes Trauma.

 

- und dass es mir so vorkam, dass die armen Menschenaffen (wegen dieser Thematik hatte mich das Buch ursprünglich interessiert) als Metapher missbraucht werden für Vertriebensein, Entwurzelung etc.

 

Wenn ihr wollt, reiche ich die Zitate nach. Ansonsten bedanke ich mich herzlich bei euch für die interessante, von allen Ecken aus bereicherte und bereichernde Diskussion.

 

Herzlich,

Angelika

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

Alicia jagt eine Mandarinente. dtv premium März 2018. Die Grammatik der Rennpferde. dtv premium Mai 2016

www.angelika-jodl.de

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*hust* Fette Fee *hust*

Hier war gestern Abend so ein lautes Poltern zu hören, was das Claudia, die vor Schreck vom Stuhl gefallen ist? ;D

 

Die Fee ist ein toller Roman, aber ich finde, hier sollten wir dabei bleiben, nur über fremder Leute Bücher zu diskutieren.

 

Und wenn ich gleich noch was vorschlagen darf: Vielleicht sollten wir uns als nächstes etwas aussuchen, das nicht ganz so dick ist & so viel Lesezeit erfordert? Ich bin, wie gesagt, richtig richtig froh, dass ich die Sieben Sprünge gelesen habe, und zwar viel intensiver, als ich es ohne euch getan hätte, aber wenn einem ein Roman nicht schmeckt, sind 550 Seiten anspruchsvolle Prosa vielleicht wirklich arg viel verlangt.

 

Und apropos nicht schmecken, liebe Angelika: Vielleicht magst du ja irgendwann, wenn du wieder daheim bist, noch etwas genauer ausführen, was den Widerstand bei dir auslöst. Das würde mich schon noch interessieren.

 

Liebe Grüße, und vorsorglich schon mal einen guten Rutsch allerseits –

 

Barbara

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