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Michelle

Antagonist als Protagonist

Empfohlene Beiträge

Es hat sich ja nun alles verändert, und also habe ich jetzt eine Antagonistin, die aber eher die Protagonistin ist. Bedeutet das, dass dann der vorherige Protagonist jetzt der Antagonist ist? Denn er ist ja ihr Gegenspieler?

 

Da bin ich jetzt etwas verwirrt. Was passiert, wenn der Antagonist eigentlich die tragende Hauptrolle spielt?

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Liebe Michelle, es wird Zeit für etwas Recherche.

 

Ein Schreibratgeber wäre vielleicht nicht schlecht. Darin werden alle grundlegenden Fragen behandelt, wenn auch vielleicht nicht erschöpfend.

 

@alle: gibt es Literatur-Empfehlungen für Michelle?

 

Andrea

Neu: Das Gold der Raben. Bald: Doppelband Die Spionin im Kurbad und Pantoufle

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Also, Andrea, wirklich ... Ich könnte selbst einen Schreibratgeber schreiben, so viele habe ich gelesen. ;) Nein, das war eine ernsthafte Frage an alle, die sich fürs Handwerk interessieren. Ich finde, das ist eine interessante Diskussion: Was passiert, wenn man den Antagonisten zum Protagonisten macht?

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Wenn man den Antagonisten zum Protagonisten macht ist er der Protagonist. Ist doch logisch, oder?

Es gibt viele klassische Antagonisten als Protagonisten. z.B. "Isnogud, der bitterböse Großwesir"

 

Gruß, Melanie

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Gegenfrage: Ist das irgendwie wichtig, wie man die Figuren bezeichnen sollte/dürfte/müsste, die in der Geschichte ihre Rollen spielen? Ob Prota-, Anta-, Prä-, Post- oder Überhauptnichtgonist, letztlich kommt es doch nur darauf an, dass man eine tolle Story abliefert, oder?

 

Bin bisher, glaube ich, völlig ohne Antagonisten ausgekommen, kann aber auch sein, dass ich mich irre. Und auch im Hinblick auf Protagonisten bin ich eigentlich nicht ganz sicher. Das ist ja gemäß Duden u.a. der "erste Schauspieler", eine "zentrale Gestalt" oder gar der "Vorkämpfer", es kann aber auch eine "Schlüsselfigur" sein. Bei mir gibt es Leute, denen etwas passiert. Mal mehr, mal weniger. Manchmal ist der Erzähler einer von ihnen, sogar meistens. Wie ich den oder andere Personen zu nennen habe, ist mir unterm Strich ziemlich schnurz. Und ich habe auch noch nie mit einem Lektor oder einer Lektorin über Pro- oder Antagonisten gesprochen, ehrlich.

 

Herzlich,

Tom

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Liebe Michelle, es wird Zeit für etwas Recherche.

 

Ein Schreibratgeber wäre vielleicht nicht schlecht. Darin werden alle grundlegenden Fragen behandelt, wenn auch vielleicht nicht erschöpfend.

 

@alle: gibt es Literatur-Empfehlungen für Michelle?

 

Andrea

 

 

Klar  :)

 

Michelle, ich lese jetzt hier und unten schon eine Weile mit und finde das alles sehr interessant, was du einbringst. Trotzdem möchte ich mich Andrea anschließen und dir darüberhinaus sagen: Lehn' dich jetzt mal zurück, lass all das hier auf dich wirken und denk drüber nach.

Und dann schau mal in diese Bücher hier:

Linda Seger, von der Figur zum Charakter

Lajos Egri, Dramatisches Schreiben (da steht ab Seite 145 eine Menge über Antagonisten)

und Elizabeth George, Wort für Wort.

 

Ich glaube, darin findest du eine ganze Menge Anworten.

 

Viele Grüße

Susann

Eat the frog in the morning (Mark Twain)

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Bin bisher, glaube ich, völlig ohne Antagonisten ausgekommen, kann aber auch sein, dass ich mich irre. Und auch im Hinblick auf Protagonisten bin ich eigentlich nicht ganz sicher. Das ist ja gemäß Duden u.a. der "erste Schauspieler", eine "zentrale Gestalt" oder gar der "Vorkämpfer", es kann aber auch eine "Schlüsselfigur" sein. Bei mir gibt es Leute, denen etwas passiert. Mal mehr, mal weniger. Manchmal ist der Erzähler einer von ihnen, sogar meistens. Wie ich den oder andere Personen zu nennen habe, ist mir unterm Strich ziemlich schnurz. Und ich habe auch noch nie mit einem Lektor oder einer Lektorin über Pro- oder Antagonisten gesprochen, ehrlich.

 

Hi Tom,

 

vielleicht verwendest du ja eine 'antagonistische Kraft', die im Innern deiner Hauptfigur schlummert.  :) Aber ernsthaft, wenn du weder außen noch innen was ansatzweise Antagonistisches verwendest, wie erzeugst du dann einen Konflikt? Der Grundkonflikt einer Geschichte entsteht doch gerade dadurch, dass ich etwas will und ein Anderer oder etwas Anderes mich daran hindert, oder?

 

Viele Grüße

Susann

Eat the frog in the morning (Mark Twain)

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Hallo, Susann.

 

Klar doch. Ohne Konflikt(e) keine Geschichte. Deshalb gibt es selbstverständlich Gegenspieler - zuweilen metaphorische und/oder innere -, zu überwindende Hürden und all dieses Zeug, mal gut zu erkennen, mal weniger gut, was nicht nur für die Figuren in der Geschichte gilt, sondern manchmal auch für den daran Schreibenden. Aber ich bin bislang gut zurechtgekommen, ohne irgendwen irgendwie schubladisieren zu müssen, oder mir zu überlegen, ob der Anta nun immer noch Anta ist oder schon Prota oder sonstwer oder -was. Ich würde das vermutlich auch als hinderlich empfinden. Und deshalb wüsste ich auch nicht, warum ich mit diesen Termini hantieren sollte. Klar, ("klassische") Spannungsromane müssen wohl dem einen oder anderen Muster genügen, obwohl mir auch das nur wie ein Gebot vorkommt, aber in Gegenwartsliteratur Schrägstrich Entwicklungsromanen oder ähnlichem Stoff schon längst nicht mehr. Wenn Begrifflichkeiten zur Schere im Kopf werden, wird's m.E. kritisch. Einzig die Geschichte zählt. Wenn man die schlechter erzählt, weil man meint, Schema XY sonst nicht mehr einzuhalten, macht man einen Fehler.

 

Herzlich,

Tom

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Bedeutet das, dass dann der vorherige Protagonist jetzt der Antagonist ist? Denn er ist ja ihr Gegenspieler?

 

Aus der Sicht des früheren Antagonisten ist der frühere Protagonist der Antagonist, denn ihre Ziele stehen sich entgegen. Irgendwie ist aber im Sprachgebrauch doch der Protagonist der Gute und der Antagonist der Böse, ganz egal, aus wessen Sicht man nun schreibt.

 

Ich gebe aber zu bedenken, dass eine negativ angelegte Hauptfigur sehr schwierig zu handhaben ist. Sie soll ja trotz allem das Mitgefühl des Lesers wecken.

Ein Meisterdieb bricht das Gesetz, aber wenn er charmant ist und nicht für sich stiehlt, mögen wir ihn trotzdem. "Dexter" aus der TV-Serie ist sogar ein Serienkiller, aber da er andere Mörder tötet und eine traumatische Vorgeschichte hat , sind wir auf seiner Seite.

 

Wenn es gelingt, finde ich das eine tolle Konstellation.

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Es hat sich ja nun alles verändert, und also habe ich jetzt eine Antagonistin, die aber eher die Protagonistin ist. Bedeutet das, dass dann der vorherige Protagonist jetzt der Antagonist ist? Denn er ist ja ihr Gegenspieler?

 

Da bin ich jetzt etwas verwirrt. Was passiert, wenn der Antagonist eigentlich die tragende Hauptrolle spielt?

Das wichtigste ist der Konflikt. Und Konflikt ist "Ein Knochen und zwei Hunde" (Hitchcock). Daraus ergibt sich schon, dass Antagonist und Protagonist durchaus die Fronten wechseln können und der bisherige Protag wird zum Antag, womit der Antag zum Protag wird.

 

Wenn der Konflikt Gut ./. Böse ist, wird es schwierig, weil der Gute traditionell der Protagonist ist. Wie Mascha gepostet hat, ist das schwierig zu handeln, wenn der Protag der Böse ist.

 

Ansonsten ist der Protag derjenige, der mehr Raum in der Geschichte einnimmt und mit dem sich die Leser identifizieren. Dafür ist der Antag oft der wichtigere: "Eine Geschichte ist immer nur so gut wie ihr Antagonist" hat der Drehbuchautor Holger Schmidt gepostet, der auch hier im Forum ist.

 

Wichtig ist, dass du einen Knochen und zwei Hunde hast ;-).

 

Herzliche Grüße, Hans PEter

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Man kann aber muss auch nicht den klassischen Antagonisten haben. Ich habe mindestens zwei Romane geschrieben, in denen es keinen gibt. In einem ist es der Krieg, im anderen sind es es einfach die abenteuerlichen und machmal widrigen Umstände, durch die sich meine Protagonisten bewegen. An Spannung und Konflikt mangelt es in beiden nicht. :)

Die Montalban-Reihe, Die Normannen-Saga, Die Wikinger-Trilogie, Bucht der Schmuggler, Land im Sturm, Der Attentäter, Die Kinder von Nebra, Die Mission des Kreuzritters, Der Eiserne Herzog, www.ulfschiewe.de

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Und wenn du zwei Knochen und einen Hund hast, hast du einen inneren Konflikt - welchen Knochen soll er fressen und welchen verbuddeln ;D

 

Gruß, Melanie

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Man kann aber muss auch nicht den klassischen Antagonisten haben. Ich habe mindestens zwei Romane geschrieben' date=' in denen es keinen gibt. In einem ist es der Krieg, im anderen sind es es einfach die abenteuerlichen und machmal widrigen Umstände, durch die sich meine Protagonisten bewegen. An Spannung und Konflikt mangelt es in beiden nicht. :)[/quote']

 

Ich habe auch einen Roman, in dem sich Antagonist und Co-Held immer wieder in den Rollen abwechseln - das kann richtig Spaß machen - allerdings weniger für die Protagonistin ;)

 

Gruß, Melanie

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Man kann aber muss auch nicht den klassischen Antagonisten haben. Ich habe mindestens zwei Romane geschrieben' date=' in denen es keinen gibt. In einem ist es der Krieg, im anderen sind es es einfach die abenteuerlichen und machmal widrigen Umstände, durch die sich meine Protagonisten bewegen.[/quote']

Da hatten es die ollen Griechen einfach. Homer hat aus dem Meer als antagonistischer Kraft einfach den Gott Poseidon gemacht, dessen Rosse den Helden verfolgen ;-).

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Hallo, Susann.

 

Klar doch. Ohne Konflikt(e) keine Geschichte. Deshalb gibt es selbstverständlich Gegenspieler - zuweilen metaphorische und/oder innere -, zu überwindende Hürden und all dieses Zeug, mal gut zu erkennen, mal weniger gut, was nicht nur für die Figuren in der Geschichte gilt, sondern manchmal auch für den daran Schreibenden. Aber ich bin bislang gut zurechtgekommen, ohne irgendwen irgendwie schubladisieren zu müssen, oder mir zu überlegen, ob der Anta nun immer noch Anta ist oder schon Prota oder sonstwer oder -was. Ich würde das vermutlich auch als hinderlich empfinden. Und deshalb wüsste ich auch nicht, warum ich mit diesen Termini hantieren sollte. Klar, ("klassische") Spannungsromane müssen wohl dem einen oder anderen Muster genügen, obwohl mir auch das nur wie ein Gebot vorkommt, aber in Gegenwartsliteratur Schrägstrich Entwicklungsromanen oder ähnlichem Stoff schon längst nicht mehr. Wenn Begrifflichkeiten zur Schere im Kopf werden, wird's m.E. kritisch. Einzig die Geschichte zählt. Wenn man die schlechter erzählt, weil man meint, Schema XY sonst nicht mehr einzuhalten, macht man einen Fehler.

 

Herzlich,

Tom

 

Hallo Tom,

 

okay, da hast du natürlich vollkommen Recht, dem kann ich nur zustimmen. Diese Begrifflichkeiten und Hilfsmittel sollten einfach nur das sein: Hilfsmittel, mit denen man sich bei den Problemen vorarbeiten kann, die man beim Schreiben hat. Zum Selbstzweck darf so was nie werden und zur Verkrampfung sollte es auch nicht führen, das wäre kontraproduktiv.

 

Wenn Michelle hier fragt, ob ihr Protagonist nun der Antagonist sei und umgekehrt, dann sagt das mir persönlich aber vor allem, dass sie offenbar noch nicht weiß, WER ihre Hauptfigur ist und WAS für eine Geschichte sie über sie erzählen möchte. Das aber ist ein sehr grundlegendes Problem, welches sich nicht beheben lässt durch den Rat: 'Lass die Begriffe weg, erzähl deine Geschichte, nur sie ist es, die zählt.'

 

Mich zumindest haben früher solche Ratschläge wahnsinnig gemacht: 'Ich ERZÄHL doch meine Geschichte, meine Figur LEIDET doch, verdammt! Sag mir WAS ich falsch mache und WIE ich es besser machen kann'  ;D Ich glaube, jeder tickt da ein bisschen anders, aber das macht ja nix.

 

Ob Michelle sich dem Problem nun mithilfe handwerklicher Hilfsmittel und Begriffe nähert oder komplett intuitiv, das muss sie für sich selbst entscheiden. Nur scheint sie mir mit dem rein Intuitiven momentan nicht unbedingt weiter zu kommen, weswegen sie meiner Ansicht nach versuchen könnte, alles mithilfe der von mir genannten Lektüre mal zu ordnen. Muss nicht helfen, kann aber.  :)

 

Die Intuition letztlich, das Gefühl für meine Figuren und meine Geschichte, das sollte ganz am Ende des Prozesses stehen. Ohne das geht es nicht, aber der Weg dorthin kann so unterschiedlich sein wie die Menschen, die dahinterstehen.

 

Viele Grüße

Susann

Eat the frog in the morning (Mark Twain)

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Man kann aber muss auch nicht den klassischen Antagonisten haben. Ich habe mindestens zwei Romane geschrieben' date=' in denen es keinen gibt.[/quote']

 

Man MUSS (und zwar exakt): Überhaupt nichts. Doch: Eine gute Geschichte gut erzählen. Manchmal aber macht schon das gute Erzählen eine gute Geschichte aus.

 

Das duale Konzept Protagonist vs. Antagonist, wie schon im klassischen Drama angewendet und (meiner Erinnerung nach, die Lektüre liegt schon ein paar Jahre zurück) von Aristoteles in seiner "Poetik" formalisiert, beschreibt nur noch einen Teil der zeitgenössischen Literatur, und zwar weitgehend unabhängig von Genre und Textart. Man kann das natürlich irgendwie auf fast jeden Roman adaptieren, wie man auch fast jeden Roman in zwei Sätzen zusammenfassen kann, aber der dieserart ermittelte Antagonist ist möglicherweise überhaupt keiner - und im Ergebnis entspricht auch die Zusammenfassung nie dem Roman. Eine Drei-Sätze-Synopsis von "Der Zauberberg" (oder auch "Fifty Shades") sagt letztlich überhaupt nichts über das Buch aus. Die Formalisierung ist also zu nichts nutze. Vor allem, wenn es sich um beliebig verklebte Etiketten handelt.

 

Wir erzählen von (fiktiven) Menschen, die etwas erleben. Das ist sozusagen der kleinste gemeinsame Nenner. Nicht selten verwenden wir Ausnahmesituationen ("Konflikte"), in die wir unsere Figuren stürzen, um aus unserer Sicht zu zeigen, wie (diese) Menschen mit dieser Situation umgehen (können), wie sie daran wachsen oder scheitern oder beides. Aber auch hiervon gibt es nicht eben wenige Ausnahmen, also Texte, die nichts weiter tun, als fast schon (vordergründig) Banales zu erzählen. Es geht, meine ich, beim Schreiben oft um viel mehr als nur darum, ein Fass aufzumachen und den Leser dahingehend zu ängstigen, ob es am Ende wieder zugeht oder nicht. Natürlich lesen viele Menschen bestimmte Bücher genau deshalb. Aber viele genau deshalb auch nicht.

 

Solche Diskussionen irritieren mich, um ehrlich zu sein. Zugleich entdecke ich viele Unstimmigkeiten und Unschärfen. Protagonist und Hauptfigur und Erzähler und Held sind keine Synonyme, also auch nicht notwendigerweise dieselbe Figur. Auch der Singular ist schädlich, wie ich meine. Vor allem aber gilt das für die grundsätzliche Kategorisierung, jedenfalls meiner Meinung nach, weil jede Kategorisierung mit geerbten Eigenschaften, schlimmstenfalls mit Klischees einhergeht. Natürlich ist es für die Leser leichter, wenn eine Person der Konfliktträger ist und eine andere diejenige, die die Lösung vorerst verhindert, also nach Thread-Lesart der Antagonist. Aber schon das Denken in dieser Ordnung verhindert, wie die Ausgangsfrage ja auch zeigt, die Abweichung, die Originalität, Unkonventionalität, Kreativität. Wir sollten uns 2400 Jahre nach Aristoteles von solchen Schubladen befreien und uns auf das konzentrieren, was wir sagen, schreiben, erzählen wollen. Und auf die vielen Möglichkeiten, die sich ergeben, wenn man mit solchen Konzepten bricht und einfach mal Sechse gerade sein lässt.

 

Um gleich wieder zurückzurudern. Klar, da sind noch Agenten, Programmverantwortliche, Lektoren, Vertreter und all diese Leute, die aus dem Text dann ein Buch machen (wollen), und zwar möglichst eines, das sich gut verkauft. Und das wiederum gilt bei Unterhaltungsliteratur vor allem für jene Texte, die ihre Spannung über die bewährte Struktur und mit den üblichen Mitteln aufbauen. Aber es gibt auch sehr viele Beispiele, die zeigen, dass es ganz anders geht, manchmal teilweise, manchmal durch die Bank. Ich finde es befriedigender, sich an solchen Beispielen zu orientieren, als an klassischen Abläufen und Besetzungen. Außerdem finde ich, um wieder mal Harry Mulisch zu zitieren, dass das Wie ohnehin deutlich wichtiger ist als das Was.

 

@Hans Peter: Mit Deinem wiederholten Prota-Anta wolltest Du mich ärgern, oder? ;)

 

Herzlich,

Tom

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Vor allem aber gilt das für die grundsätzliche Kategorisierung' date=' jedenfalls meiner Meinung nach, weil jede Kategorisierung mit geerbten Eigenschaften, schlimmstenfalls mit Klischees einhergeht. Natürlich ist es für die Leser leichter, wenn eine Person der Konfliktträger ist und eine andere diejenige, die die Lösung vorerst verhindert, also nach Thread-Lesart der Antagonist. Aber schon das Denken in dieser Ordnung verhindert, wie die Ausgangsfrage ja auch zeigt, die Abweichung, die Originalität, Unkonventionalität, Kreativität.[/quote']

Wenn du ein paar Beispiele bringen würdest, wäre deine Theorie etwas verständlicher.

 

Natürlich sind Worte wie Protagonist etc. Schubladen, aber wir Menschen benötigen nun mal Begriffe, um die Welt zu ordnen. Natürlich sind zwei Sätze über die Buddenbrooks Vereinfachungen, aber wir brauchen Vereinfachungen.

 

Spätestens dann, wenn ein Text daran krankt dass es keinen Konflikt mangels Antagonisten hat, merkt man, dass man die Begriffe benötigt ;-).

 

Nein Tom, ich wollte dich nicht ärgern, aber trotzdem schön, dass es mir gelungen ist.

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Hallo, Hans Peter.

 

Beispiele? Ich soll Dir Beispiele liefern? Du sähest mich erstaunt, könntest Du mich sehen. ;)

 

Von den Büchern, die ich kürzlich gelesen habe, würde ich spontan zu jenen zählen, die völlig ohne diese Schemata auskommen:

 

Katharina Hartwell: Das Fremde Meer

Helmut Kuhn: Gehwegschäden

Eva Menasse: Quasikristalle

Wolf Haas: Verteidigung der Missionarsstellung

 

Aber das sind nun leider auch sehr "literarische" Beispiele. Natürlich befindet sich Hartwells Marie inmitten eines Konflikts (vereinfacht gesagt: Angst vor Liebe und Veränderung), aber da endet auch schon die klassische Zuordnung. Der Roman erzählt in geschätzt fünf Sechsteln überhaupt nicht von ihr, jedenfalls anscheinend, bis am Ende deutlich wird, dass sie es ist, wer da erzählt. Menasses Roxane Molin ist nur verbindendes Element, aber nie Hauptfigur, obwohl nur aus ihrem Leben berichtet wird. Beide Romane erzählen von etwas, nicht wirklich von jemandem. Letztlich ließen sich auch irgendwie Antagonisten finden (bei Hartwell innerhalb der Hauptfigur und im drohenden Tod ihres Geliebten), allerdings müsste ich bei Menasse ganz schön lange suchen (das Leben, vielleicht). Trotzdem oder vielleicht genau deshalb sind das verdammt spannende Bücher.

 

Ich will ja auch nicht grundsätzlich dagegen reden, sich zu orientieren. Aber diese Orientierung sollte nicht zum Selbstzweck werden, und erst recht nicht zum Zwang. "Mir fehlt ein Antagonist!" ist eine Meldung, auf die ich reflexartig mit "Prima!" reagieren würde. Irgendwann in den Neunzigern habe ich mit einem Autor kilometerlang (via Mailingliste) darüber diskutiert, dass ein Roman seiner Meinung nach unbedingt eine so genannte Prämisse haben müsste (gut möglich, dass Du diese Diskussion auch kennst). Ich würde heute zwar anders argumentieren, aber mit dem gleichen Ziel: Gut möglich, dass sich für jeden Roman diese Prämisse irgendwann finden lässt, aber alles, was ich festlege, bevor die Welt meiner Figuren entsteht, schränkt diese Welt auch gleich wieder ein. Natürlich will ich etwas Bestimmtes erzählen, das auf seine Art möglichst stimmig und konsistent sein sollte, und selbstverständlich existieren viele Eckdaten, bevor ich mit der Erzählung loslege, aber wenn ich Entwicklungen von vorneherein völlig ausschließe, vergebe ich möglicherweise auch viele Chancen.

 

Wenn also der Anta- plötzlich zum Protagonisten wird - geil! Vorausgesetzt, es ist immer noch eine großartige Geschichte. Und im Expo kann man die Figur ja einfach "Gonist" nennen. ;)

 

Herzlich,

Tom

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Ich bin mit Tom völlig einverstanden, es braucht die klassischen Rolleneinteilungen eigentlich nicht. Was aber nötig ist, das sind Konflikte oder sonstige Widrigkeiten, die es dem Protagonisten schwer machen und ihn herausfordern. Zumindest, wenn man Spannung erzeugen will. Das kann ein Krieg, eine Katastrophe, ein Schicksalsschlag sein, eine Krankheit, ein Nebenbuhler.

 

Ich mag es auch, wenn es diverse Widersacher gibt, die an sich nicht die typischen Bösewichte sind, aber aufgrund ihrer Zielsetzung mit der des Protagonisten in Konflikt geraten. Dabei geht es nicht per se darum, den Widersacher zu vernichten, sondern den Konflikt aufzulösen. Hier ist dann auch ein guter Ansatz gegeben, aus einem Widersacher einen Mitstreiter zu machen, oder durch Perspektivwechsel einen Antagonisten zur Identifikationsfigur zu machen.

 

Allerdings muss ich auch sagen, dass die Bündelung aller Widrigkeiten in einer einzigen (möglicherweise sogar übermächtigen) Person oder Instanz (z.B. die CIA oder "The Evil Empire") die Konfrontation natürlich noch schärft, das Böse hat ein Gesicht oder eine klare Identität. Das ist zwar etwas Schwarz-Weiß und klischeehaft, kann aber die Spannung erhöhen. Besonders gern in Filmen verwendet.

 

Ich persönlich mag aber die Überzeichnung des bösen Antagonisten nicht so besonders. Mir kommt es auf Figuren an, die leben, in ihrer Motivation verständlich sind und nachvollziehbare Ziele verfolgen. Und wenn sie damit dem Protagonisten in die Quere kommen, dann entsteht eine Geschichte.

Die Montalban-Reihe, Die Normannen-Saga, Die Wikinger-Trilogie, Bucht der Schmuggler, Land im Sturm, Der Attentäter, Die Kinder von Nebra, Die Mission des Kreuzritters, Der Eiserne Herzog, www.ulfschiewe.de

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Ich persönlich mag aber die Überzeichnung des bösen Antagonisten nicht so besonders. Mir kommt es auf Figuren an' date=' die leben, in ihrer Motivation verständlich sind und nachvollziehbare Ziele verfolgen. Und wenn sie damit dem Protagonisten in die Quere kommen, dann entsteht eine Geschichte.[/quote']

 

Und genau das ist mit dem Antagonisten gemeint: in die Quere kommen. Dass man als Antagonist unbedingt böse sein muss, woher hast du das denn?

 

Angelika

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

Alicia jagt eine Mandarinente. dtv premium März 2018. Die Grammatik der Rennpferde. dtv premium Mai 2016

www.angelika-jodl.de

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Ich persönlich mag aber die Überzeichnung des bösen Antagonisten nicht so besonders. Mir kommt es auf Figuren an' date=' die leben, in ihrer Motivation verständlich sind und nachvollziehbare Ziele verfolgen. Und wenn sie damit dem Protagonisten in die Quere kommen, dann entsteht eine Geschichte.[/quote']

 

Und genau das ist mit dem Antagonisten gemeint: in die Quere kommen. Dass man als Antagonist unbedingt böse sein muss, woher hast du das denn?

 

Angelika

 

Wahrscheinlich von den schlechten Filmen, die ich sehe. ;D

Die Montalban-Reihe, Die Normannen-Saga, Die Wikinger-Trilogie, Bucht der Schmuggler, Land im Sturm, Der Attentäter, Die Kinder von Nebra, Die Mission des Kreuzritters, Der Eiserne Herzog, www.ulfschiewe.de

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Und genau das ist mit dem Antagonisten gemeint: in die Quere kommen. Dass man als Antagonist unbedingt böse sein muss' date=' woher hast du das denn? [/quote']

Wahrscheinlich von den schlechten Filmen, die ich sehe.  ;D

 

Verstehe.  8-)

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

Alicia jagt eine Mandarinente. dtv premium März 2018. Die Grammatik der Rennpferde. dtv premium Mai 2016

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Man kann aber muss auch nicht den klassischen Antagonisten haben. Ich habe mindestens zwei Romane geschrieben' date=' in denen es keinen gibt. In einem ist es der Krieg, im anderen sind es es einfach die abenteuerlichen und machmal widrigen Umstände, durch die sich meine Protagonisten bewegen. An Spannung und Konflikt mangelt es in beiden nicht. :)[/quote']

In einem Liebesroman gibt es ja selten einen richtigen Antagonisten oder eine richtige Antagonistin. Nur dann, wenn es tatsächlich um eine Nebenbuhlerin oder so geht. Ansonsten sind es immer die widrigen Umstände, Missverständnisse, moralische Überzeugungen o.ä., die die beiden Liebenden davon abhalten, zueinander zu kommen.

 

Für mich wäre es einmal etwas Neues, eine Antagonistin zu haben. Das wäre auf eine Art spannend. Ich denke seit Tagen über diese Antagonistin nach, und sie gefällt mir sehr gut. Aber ich weiß, dass ich es belastend finde, böse Dinge zu beschreiben. Ich beschreibe lieber das Gute, Liebe, Harmonie. Jemanden zu beschreiben, der nur seinen eigenen Machthunger befriedigen will und nichts Altruistisches tut, nur immer an sich selbst denkt, finde ich schwierig.

 

Aber es ist eine gute Übung. Schließlich gehört es auch dazu, sich einmal mit der Personifizierung widriger Umstände zu beschäftigen. Die Natur beispielsweise kann ja auch sehr schlimme Auswirkungen haben - gerade hier bei uns. Menschen sterben in Sandstürmen oder durch wilde Tiere -, aber man kann ihr keinen Vorwurf machen, sie ist eben, wie sie ist.

 

Ein Mensch ist da ganz etwas anderes. Eine Person, die alles für ihre egoistischen Ziele mobilisiert, von Regierungsstellen bis zu ihrem Sex-Appeal. ;) Wenn sie Schwächen hat, dann nur die, nicht über ihre eigenen egoistischen Ziele hinaussehen zu können. Daran könnte sie dann auch scheitern. Denn das muss sie ja, da in dem Roman, den ich schreibe, das Gute ja siegen soll.

 

Ist sie wirklich böse? Sie selbst denkt das von sich wahrscheinlich nicht. Nur sind ihre eigenen Interessen eben wichtiger als alles andere. Zu definieren, was "böse" ist, hängt ja auch immer von den Umständen ab. Gerade Menschen, die sich selbst für extrem gut halten, können durchaus sehr böse Dinge anrichten. Ebenso kann ein Mensch, der eher Böses im Sinn hat, als Nebeneffekt etwas Positives in irgendeiner Form bewirken.

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Für mich wäre es einmal etwas Neues' date=' eine Antagonistin zu haben. Das wäre auf eine Art spannend. Ich denke seit Tagen über diese Antagonistin nach, und sie gefällt mir sehr gut. Aber ich weiß, dass ich es belastend finde, böse Dinge zu beschreiben. Ich beschreibe lieber das Gute, Liebe, Harmonie. Jemanden zu beschreiben, der nur seinen eigenen Machthunger befriedigen will und nichts Altruistisches tut, nur immer an sich selbst denkt, finde ich schwierig.[/quote']

 

Die schwierigen, kratzbürstigen und manchmal bösartigen Charakteren geben aber einem Roman die besondere Würze. Lieb und gut schafft das nicht. :)

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