Zum Inhalt springen
Eva

Was sind Grundanforderungen für einen Krimi?

Empfohlene Beiträge

Tach zusammen,

 

kann mir jemand verraten, ob es hier einen Thread über das "Grundanforderungsprofil" für Krimis gibt. Was muss enthalten sein, damit es ein Krimi ist, was ist entbehrlich?

 

 

Schöne Grüße

 

Eva

 

Edit - Titel in aussagekräftige Frage geändert - Thot

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Auch wenns jetzt selbstverliebt klingt, ich hab doch zur Kriminalliteratur früher irgendwann mal eine kleine Hausarbeit schreiben müssen, und gebe darum hier mal, auch wenns ein bisschen wissenschaftlich klingt, das wieder, was ich halt damals aus der Fachiteratur zusammengetragen hatte.

 

Ist natürlich aus der Sicht eines Analytikers, nicht zwangsläufig eines Autors, aber vielelicht ja trotzdem hilfreich! ;)

 

Gruß,

Marco! :s17

 

 

------------------------------------------------------------------

2.1. Detektivgeschichte, Thriller und Neuer Deutscher Krimi

 

Die Literaturwissenschaft spaltet die Kriminalliteratur grob in zwei Typen: die Detektivgeschichte und den Thriller.

Um eine genauere und einfachere Unterscheidung zu ermöglichen, kann man die Handlung eines Krimis in drei wesentliche Strukturelemente vornehmen:

 

A „Analysis“, in welchem nicht erzählt, sondern z.B. mittels eines Zwiegesprächs oder inneren Monologes beschrieben wird, wie der Detektiv die vorliegenden Fakten zusammensetzt und so das Rätsel zu lösen beginnt.

 

B „Mystery“, also die planmäßige Verschleierung des Rätsels, etwa durch falsche Fährten, mehrdeutige Beschreibungen, oder Fehlinterpretationen.

 

C „Action“, also das erzählende Moment. Verfolgungsjagden, Fluchtversuche, oder der Wettlauf zwischen Täter und Ermittler zum Opfer.

 

Allgemein gilt die Regel, dass ein Krimi, der sich hauptsächlich auf das Element der Analysis stützt, als Detektivgeschichte gilt, ein Krimi der sich mehr auf das Element der Action stützt hingegen als Thriller.

Doch es gibt noch weitere typische Merkmale für die zwei unterschiedlichen Typen von Kriminalliteratur.

 

So ist denn für die Detektivgeschichte die enge perspektivische Bindung an den Ermittelnden typisch. Es ist kaum möglich, eine solche Geschichte anders zu erzählen. Detektivgeschichten besitzen außerdem eine rückwärts gerichtete Erzählstruktur. Am Anfang der Geschichte steht das Verbrechen. Für die Detektivgeschichte ist das klassischerweise und in den meisten Fällen ein Mord. Die Geschichte beginnt also damit, dass jemand ermordet wurde. Der Detektiv muss nun im Laufe der Handlung von dem Mord an Rückwärts in die Vergangenheit ermitteln. So stößt er am Ende der Geschichte auf den Anfang des Konfliktes zwischen Opfer und Täter, den er somit absolut zweifelsfrei identifizieren kann. Die Detektivgeschichte gewinnt ihre Spannung aus dem Rätsel, das Leser und Detektiv gemeinsam lösen, und dem Wunsch des Lesers, den Detektiven an Intelligenz zu übertreffen, die falschen Fährten des Autors zu enttarnen und noch vor dem Detektiven den Täter zu entlarven.

 

Der Thriller besitzt eine wesentlich freiere und offenere thematische und perspektivische Bindung. Es muss nicht immer um Mord gehen. Auch ist die Erzählperspektive wesentlich freier und muss nicht starr auf den Ermittelnden ausgelegt sein. Es ist sogar unumgänglich für den Thriller, wenigstens über Strecken die Perspektive des Täters einzunehmen. Der Thriller ermöglicht es sogar, die ganze Geschichte aus der Ich-Perspektive des Täters zu erzählen. Da sich hierbei allerdings Schwierigkeiten mit dem Sympathieträger ergeben, wird das, außer von Pierre Boileau / JN kaum gemacht. Vor allem ist die Erzählrichtung des Thrillers chronologisch. Der Leser erfährt, wer der Täter ist und wer das geplante Opfer, die Spannung entseht aus dem Konflikt zwischen Täter und Ermittelndem. Der eine will seine Tat begehen, der andere will sie verhindern, der Leser kann also mit seinem gewünschten Ausgang mitfiebern.

 

Natürlich stellt eine solch klare Unterscheidung lediglich den Idealfall dar. Gerade in neuerer Zeit verschwimmen die Grenzen immer mehr und es ist nicht immer leicht, zu unterscheiden, ob es sich um eine Detektivgeschichte oder einen Thriller handelt.

 

Gerade für Deutschland ist es noch wichtig, den Neuen Deutschen Krimi zu erwähnen. Den Krimiautoren der 50er und 60er Jahre fehlte dank der Herrschaft der Nationalsozialisten 1933 bis 1945 der Kontakt sowohl zu den eigenen kriminalliterarischen Wurzeln der 20er Jahre, wie auch zur internationalen Entwicklung. Gerade in den späten 20er und den 30er Jahren entwickelte sich in Großbritannien das Genre der Detektivgeschichte bis zur Vollendung heraus.

In Amerika hingegen entwickelte das Thriller-Genre mehr und mehr an Einfluß, und die ‚Hard-Boiled’ Schule und ‚Private-Eye’ Romane verfeinerten auch diese Stilrichtung immer mehr.

Doch die Deutschen Krimiautoren standen ohne diesen Einfluss da, und so entwickelte sich hier eine ganz eigene Art von Kriminalliteratur.

Herausragenste Merkmale des Neuen Deutschen Krimis sind zum einen der meist allein agierende Kommissar, da in Deutschland der beruf des Detektiven zu wenig hergibt, als auch der gesellschaftskritische oder sozialhistorische Anspruch, den ein Deutscher Krimi besitzen muss. Die Tat in einem Deutschen Krimi, die von dem Kommissar ermittelt wird, sollte nach Möglichkeit ein möglichst aktuelles Problem der Gesellschaft zum Hintergrund haben. So wird neben der Aufklärung des Verbrechens auch gleich ein gesellschaftlicher Missstand erläutert, oder es wird eine Aufarbeitung der, meist braunen, Vergangenheit betrieben.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Entschuldige meine Neugier, Eva, aber... wechselst Du das Genre?!?

 

Viel Glueck dabei wuenscht

Charlie.

"Der soll was anderes kaufen. Kann der nicht Paris kaufen? Ach nein, in Paris regnet's ja jetzt auch."

Lektorat, Übersetzung, Ghostwriting, Coaching www.charlotte-lyne.com

 

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

@Marco

 

Tausend Dank, das kopiere ich mir jetzt und packe es in mein Festplattenwissen. Das also ist ein typischer Krimi..

 

@ Charlie

 

Wechseln kann man erst, wenn man wirklich wo drinnesteckt, oder ::)

 

Mehr via Mail

 

Grüße

 

Eva

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Bitte melde Dich an, um einen Kommentar abzugeben

Du kannst nach der Anmeldung einen Kommentar hinterlassen



Jetzt anmelden


×
×
  • Neu erstellen...