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(MartinaC)

Flache oder tiefe Story/Figur?

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Meine Prot. im blauen Portal ist eine wunderbare Borderline-Persönlichkeit' date=' die deswegen immer mal wieder seltsame Dinge tut, mit denen sie sich eigentlich nur selbst in den Schlamassel reitet. Sehr viele Rezensionen picken sich genau diese Dinge heraus und reagieren verständnislos: Was soll das? Tja, soviel zur Eisberg-Theorie. Die Leute wollen offenbar keine Eisberge, sie wollen alles rückstandslos aufgeklärt haben, und am besten nicht erst zum Schluß, sondern sofort, weil sie das Buch sonst vielleicht weglegen, weil ihnen der Charakter nicht glaubwürdig vorkommt.[/quote']

 

Ich glaube, hier übertreibst du...

Wenn das so wäre, würden sich Krimis nicht verkaufen, weil man immer bis zum Ende warten muss, bis man aufgeklärt wird.

 

Aufklärung des Lesers kann doch durch zweierlei Arten erfolgen:

1) Der Autor drückt dem Leser eine konrekete, detailreiche Erklärung in die Hand, sagt: "Hier, so isses, viel Spaß!"

2) Der Autor setzt Punkte, anhand derer die Leser sich selbst eine Erklärung, ein Bild zusammensetzen können. Dieses kann durchaus auf verschiedene Art interpretiertbar werden. SO entseht Tiefe (und gleichzeitig eine brutalstmögliche Aufklärung!)

Der golden leuchtende Koffer in Pulp Fiction wird dadurch aufgeklärt, dass beinahe jeder Zuschauer eine Idee, oder eine Vorstellung davon hat, was da drin ist. Ein goldenes Schimmern ist etwas konkretes, aber etwas, was man verschieden interpretieren kann.

 

Wenn du deinem Leser die Information gibst, das ist etwas himmelblaues, was Motorengeräusche macht, und nach Qualm stinkt, und im Hintergarten steht, was sieht der Leser dann?

Der eine ein Auto, der andere vielleicht eine (himmelblaue?) Motorsäge, der dritte einen Generator, oder einen Hecksler, je nachdem, was er interpretieren kann.

 

Wenn du ihm einen '83er Fiat Panda mit kaputtem Keilriemen in Himmelblau, und ohne Räder auf vier Stapeln Ziegelsteinen in den Garten stellst, in dem zwei Kinder jetzt Autofahren spielen...

Dann lässt das aus Sicht des Lesers keinen Interpretationsspielraum, besitzt also keine Tiefe.

Es ist eine platte Beschreibung.

 

Mit Charakteren ist das ähnlich:

Eine Person, die sich ständig selbst schadet, ist nicht tief, nur weil sie seltsam ist.

Ein Jamie, der ständig nur kämopft und prügelt und poppt, ist auch nicht sehr interpretationswürdig, also auch eher flach.

 

Ein Mann, der als Obdachloser lebt, und stinkt wie scheiße, und der nie wirklich sprechen und lesen gelernt hat, und aus der Mülltonne isst, ist auch auch nicht tief, bis er plötzlich (Mir fällt grad nichts besseres ein) in einer Universität eine komplizierte mathematische Gleichung richtigstellt, die an der Tafel steht. Plözlich hat die Person Tiefe.

(Hier kann jeder Leser individuell anfangen zu überlegen: Warum ist er hier so klug, und lebt sonst im Dreck?)

 

Oder ein Jamie, der seine Frau erst prügelt, dann poppt, und dann anfängt zu heulen.

(Hier kann jeder Leser individuell überlegen: Warum ist der harte, barbarische Jamie plötzlich am heulen?)

 

Wenn du jetzt noch ein paar Mehr solche 'unklaren' Szenen hast, die es dem Leser aber ermöglichen, sich am Ende eine Lösung zurecht zu friemeln, ist er auch nicht unzufrieden, und wird später sagen: Das Buch / Der Charakter hatte Tiefe!

 

Alles, was der Leser sich selbst erarbeiten muss, oder kann, schafft Tiefe...

 

Gruß,

Marco! :s17

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(Peter_Dobrovka)

Alles, was der Leser sich selbst erarbeiten muss, oder kann, schafft Tiefe...

Ich stimme dir da 100% zu.

Wobei ich auch noch mal aus einem anderen Thread zitieren möchte:

Tiefe ist, was der Leser sieht.

Deswegen bin ich mit deinen Ausführungen, die dem zitierten Satz vorangingen, nur eingeschränkt einverstanden.

Der goldene Koffer ist ein schönes Beispiel, aber auch das himmelblaue Töftöff. Jeder kann etwas anderes darin sehen; er kann jeder überhaupt irgendwas darin sehen. - Es muß aber nicht notwendigerweise auch etwas dahinterstecken.

Ich sehe zum "Elvis-Feind" keinen Unterschied. Den müßtest du mir erst mal erklären. Oder aber feststellen, daß der nur deshalb nicht tief ist, weil DU damit nichts anfangen kannst. Wenn mir so eine Person im Roman begegnen würde, würde ich sofort eine Theorie im Hinterkopf haben, warum der so ist. Und viele andere wahrscheinlich auch.

 

Peter

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Der goldene Koffer ist ein schönes Beispiel, aber auch das himmelblaue Töftöff. Jeder kann etwas anderes darin sehen; er kann jeder überhaupt irgendwas darin sehen. - Es muß aber nicht notwendigerweise auch etwas dahinterstecken.

Da sind wir uns ja einig!  :)

 

Ich sehe zum "Elvis-Feind" keinen Unterschied. Den müßtest du mir erst mal erklären.

Generell ist das durchaus etwas, was Tiefe schafft. Es wird von dir dadurch torpediert, dass du sagst, es wird danach NIE WIEDER erwähnt, bzw. spielt danach KEINE ROLLE mehr... Dadurch wird es zu beliebig.

Es geht um die schiere Menge, bzw. Art der Informationen, die der Leser erhält

 

Der Leser muss genug Material oder Ansporn haben, um sich etwas aufbauen zu können. Der güldene Koffer kommt immer wieder vor, ist eine zentrale Requisite, der halbe Film dreht sich darum.

Der Koffer ist also Geheimnisvoll, hat einen goldenen Inhalt, ist sehr, sehr wichtig (Wurde gestohlen, ist einen Mord wert, kann nicht rausgerückt werden, MUSS zurück zu Marsellus)...

Der Leser hat also die Informationen: Der Inhalt ist golden leuchtend, wertvoll, wichtig, und so prekär, dass Tarantino ihn nicht zeigen kann. Das schafft automatisch Bilder.

 

Mit dem hellblauen Töfftöff ist das ähnlich:

Was kann man im Garten haben, das hellblau ist, laut, stinkt, und qualmt?

Auch das schafft Bilder. (Auch wenn das Beispiel etwas schwachbrüstig ist)

 

Ein Mann, der bei Elvis ausflippt, schafft noch keine Bilder.

Ein Mann, der bei Elvis ausflippt, Elvis Platten zerstört, Las Vegas bombardiert, Graceland niederbrennt, jeden rosafarbenen Cadillac auf der Strasse anspuckt...

da wird wieder eine andere Quantität an Informationen geliefert, wird dem Ganzen die Beliebigkeit genommen, und der Leser kann anfangen darüber nachzudenken. Eine kurze Erwähnung "Er mag Elvis nicht" reicht noch nicht.

 

Ich behaupte mal, für Tiefe braucht der Leser mindestens eine von zwei Sachen:

 

1)Mehr Informationen als nur eine, die es ihm ermöglicht, sich ein Bild zurecht zu basteln, etwa wie bei dem Töfftöff.

2) Eine Information, die so oft wiederholt wird, dass sie zu einem zentralen Thema wird, wie etwa bei der Elvis Sache: Zeige oft genug, dass der Mann Elvis wirklich richtig HASST! Und der Leser wird sich automatisch Gedanken machen, weil es wichtig zu sein scheint. Und ich denke, am Ende musst du es dann weder erklären, noch auflösen (Dann darf sich seine Einstellung aber auch nicht ändern!), der Leser wird sich mittlerweile eine Lösung ausgedacht haben.

 

Natürlich erreichst du mehr, wenn du noch ein, zwei Zusatzinfos einbaust, die das Bild verdichten könnten.

Etwa, dass er beim zerbrechen der Platten an (irgendeinem) Grab steht.

Und liebevoll etwas auf die Bomben schreibt, die er auf Vegas fallen lässt.

Und dass er nochmal irgendein Foto anschaut, bevor er Graceland niederbrennt.

Dadurch gibst du seinem Hass einen Grund. Keinen konkreten, aber den braucht es eigentlich auch nicht. Da ist ETWAS, weshalb er Elvis hasst. Das reicht schon.

 

Tarantinos Koffer ist deswegen so schön, weil er in meinen Augen beiden Punkten entspricht... :)

 

Oder aber feststellen, daß der nur deshalb nicht tief ist, weil DU damit nichts anfangen kannst. Wenn mir so eine Person im Roman begegnen würde, würde ich sofort eine Theorie im Hinterkopf haben, warum der so ist. Und viele andere wahrscheinlich auch.

 

Das ist ein zentraler Punkt. Tiefe ist subjektiv, weil sie aus dem entsteht, was der Leser zwischen den Zeilen lesen kann. Es gibt Leute, die überinterpretieren alles, und sehen dort Tiefe, wo vom Autor keine platziert worden ist. Andere sind es nicht gewohnt, zwischen den Zeilen zu lesen, denen wirken (tiefe) Romane dann zu unvollständig, weil nicht alles erklärt wird.

Deshalb kommen auch so unterschiedliche Ansichten zustande, welches Buch nun gut und tief, oder schlecht erzält und langweilig war.

Manchen reicht eine einzige Szene, dass der Mann Elvis nicht mag, um Tiefe zu erzeugen, aber manche (wie ich) brauchen etwas mehr. Eine einzelne Szene wäre mir zu beliebig, ich würde mich nach der letzten Seite fragen: Wieso war das in dem Buch? Und es würde mich stören, weil es vom restlichen Verhalten des Mannes nicht glaubhaft untermauert wird.

 

Eine einzelne Szene würde wiederum dann reichen, wenn mehr Infos darin wären. Etwa, dass er ausflippt, danach wieder ruhig wird, und (mal ein simples Beispiel) sagt: "Das war ihr Lieblingslied!"

Mehr bräuchte es gar nicht...

 

Tiefe ist, du hast es ja schon gesagt, subjektiv. Ein Autor kann sie gezielt einbauen, aber wie und ob der Leser sie wahnrnimmt, liegt beim Leser, nicht beim Autoren...

 

Gruß,

Marco! :s17

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GROßE KLASSE, Marco,

 

vorallem das mit Elvis. Und dass man auf die Bomben etwas schreibt, usw.

 

Nur! Ich bräuchte abschließend noch einen zumindest (!) kleinen Hinweis, der auch verrät, warum der Prot Elvis hasst!

Denn zu spüren, dass er Elvis hasst, aber mir mit keinem Wort zusammen reimen zu können, warum er ihn hasst - das würde mich kirre machen.

 

Grüße

Quidam

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(Peter_Dobrovka)

Nur! Ich bräuchte abschließend noch einen zumindest (!) kleinen Hinweis, der auch verrät, warum der Prot Elvis hasst!

Denn zu spüren, dass er Elvis hasst, aber mir mit keinem Wort zusammen reimen zu können, warum er ihn hasst - das würde mich kirre machen.

Dann bist du nicht die Zielgruppe.

Im realen Leben gibt es auch 1000 Dinge pro Tag, die nie erklärt werden. Warum muß man in einem Roman immer alles erklären?

 

Ach!

 

Peter

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Hallo Peter,

Im realen Leben gibt es auch 1000 Dinge pro Tag, die nie erklärt werden. Warum muß man in einem Roman immer alles erklären?

... weil es genau die 1000 langweiligen Dinge pro Tag sind, die in keinem Buch etwas zu suchen haben. Gibt es ein Ding darunter, was wichtig ist und in einem Buch Verwendung findet, sollte es dem Autor mehr wert sein, als die blanke Erwähnung. Ansonsten bekomme ich beim Lesen das Gefühl, der Autor brauchte noch ein paar Seiten, um mehr Prozente zu kriegen. Tiefe entsteht bei mir beim Lesen nicht durch Geheimnisumwitterheit, sondern durch Widersprüchlichkeit im Charakter oder der Handlung.

 

Viele Grüße Dietmar

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Ich zitiere mal, sinngemäß, Forest Gump (und zwar das Buch!):

 

"Einfach so, ohne einen bestimmten Grund, war das so."

 

Hat doch gut geklappt in dem Werk! ;)

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Hallo zusammen,

 

Charaktere werden multidimensional, wenn sie mehrerer Seiten haben. Wenn man sie in verschiedenen Rollen kennenlernt- z.B. als Ehemann, als Chef, als Autofahrer, als Vater, als Sportler,... und diese Rollen sich unterscheiden.

 

Darüber hinaus sollte es Brüche geben, die Vergangenheit gelegentlich bestimmte Handlungen bedingen, und die Überzeugungen der Figur deutlich werden (auch in Wohnung, Kleidung,...).

Es muss nicht alles erklärt werden, aber wichtige Dinge, die eine größere Rolle in einer Geschichte einnehmen, sollten erklärt werden.

Also, wenn Elvis immer wieder im Roman gehaßt wird, dann sollte das irgendwann erklärt werden.

Wenn jemand aber an jeder Zigarette nur drei Züge nimmt (wie Frank Sinatra), dann nicht. Es sei denn, es ist für die Geschichte wichtig.

 

Gruss

 

Thomas

"Als meine Augen alles // gesehen hatten // kehrten sie zurück // zur weißen Chrysantheme". Matsuo Basho

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Also' date=' wenn Elvis immer wieder im Roman gehaßt wird, dann sollte das irgendwann erklärt werden.[/quote']

 

Warum? Ich kann mir sehr gut Tausende Geschichten und Konstellationen vorstellen, in denen eben KEIN konkreter, genau erläuterter Grund nötig wäre...

 

Gruß,

Marco! :s17

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(Peter_Dobrovka)

Es gibt Dinge, die ich auch gerne im Roman erklärt bekomme, das sind vorwiegend logische Zusammenhänge, die ohne Erklärung unglaubwürdig wirken.

In dem Moment, wo jedoch Dinge auftreten, die ich mir problemlos auch ohne Erklärung vorstellen kann oder vielleicht sogar einen Vorrat an Standarderklärungen in meinem Kopf habe, sind Erklärungen für mich nicht nur überflüssig, sie sind auch schädlich.

Dazu gehören ganz grundsätzlich Charaktereigenschaften aller Art. Es gibt so viele Sonderlinge auf der Welt, und auch jeder Normalo hat meist eine oder zwei verborgene Macken, die man nur dann kennenlernt, wenn man mit ihm längere Zeit zu tun hat.

Das kann ich akzeptieren, ohne jede weitere Erklärung.

Umgekehrt, wenn der Autor dann versucht, in Rückblenden eine schwere Kindheit oder ein traumatisches Ereigis als "Erklärung" anzubringen, befällt mich meist das kalte Kotzen.

 

Euch nicht?

 

Und nochammal: Tiefe ist, wenn man den Text interpretieren kann. Kennt ihr doch sicher aus dem Deutschunterricht. Und zum Interpretieren gehört nun mal auch unausweichlich das HINEINinterpretieren. Wenn's nicht gerade ein lyrischer Dünnkack von Georg Trakl in der Deutschstunde ist, kann so etwas auch Spaß machen. Und die Interpretierbarkeit ist es, die einen Text "tief" macht.

So einfach ist das.

Alles das, was der Autor selbst erklärt, kann man nicht mehr interpretieren. Bisweilen ist das notwendig

Ich verstehe euch nicht, Leute. Seid ihr es nicht, die sonst sagen, man soll dem Leser ruhig was zutrauen, ihm die Phantasie nicht beschneiden? Und seid ihr von der Eisberg-Metapher nicht auch alle begeistert? Warum zeigt ihr dann nicht ein wenig Konsequenz?

 

Ich habe da so eine Ahnung, warum nicht:

Wenn man uns fragt, als Autoren oder auch Leser, möchten wir natürlich alle, daß der untere Teil des Eisbergs wirklich existiert. Daß wir ihn nicht nur projizieren, sondern der Autor ihn sich auch wirklich ausgedacht hat. In dem Moment, wo der Autor zugibt, sich nichts dabei gedacht zu haben, entzaubert er den Text, zerstört er die Aura, verdirbt die Lust auf ihn.

In einem Film wollen wir ja auch nicht daran denken, daß das Haus im Hintergrund in Wirklichkeit nur eine Kulissenfassade ist, oder der obere Teil, der nicht auf dem Bild ist, gar nicht existiert.

Schon, wenn wir uns in diesem Thread zu sehr auf diesen Gedanken einlassen, verderben wir uns vielleicht selbst den Spaß. Also verdrängen wir es.

Hand aufs Herz, ist es nicht so?

 

Peter

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Umgekehrt, wenn der Autor dann versucht, in Rückblenden eine schwere Kindheit oder ein traumatisches Ereigis als "Erklärung" anzubringen, befällt mich meist das kalte Kotzen.

 

Euch nicht?

 

;D

Schön gesagt!

 

Wobei ich auch denke: Ein Mensch mt Macken KANN auch gerne eine schwere traumatische Kindheit gehabt haben, da bin ich nicht per se gegen. Aber ich finde es in genau DEM Moment zum kotzen, wenn gezeigt wird, dass das Mädchen mit der Spinnenphobie als kleines Mädchen mal eine Spinne im Gesicht hatte... :s16

Solche Szenen von Milchmädchenpsychologie sind es, die mich ankotzen!

Wenn ein Mädchen als Kind geschlagen wurde, und als Erwachsene kriegt sie Schreikrämpfe, wenn sie Spinat sieht, dann kann ich damit leben, weils keine so billige Rechnung ist, und Interpretationsspielraum lässt.

 

Ich habe da so eine Ahnung, warum nicht:

Wenn man uns fragt, als Autoren oder auch Leser, möchten wir natürlich alle, daß der untere Teil des Eisbergs wirklich existiert. Daß wir ihn nicht nur projizieren, sondern der Autor ihn sich auch wirklich ausgedacht hat. In dem Moment, wo der Autor zugibt, sich nichts dabei gedacht zu haben, entzaubert er den Text, zerstört er die Aura, verdirbt die Lust auf ihn.

Schöne Theorie.

Irgendwo in den Textkritiken oder so war doch vor einiger Zeit mal eine Diskussion, die etwa so aussah:

"Du hast aber den und den Punkt nicht erklärt."

"Nein, der ist auch nicht wichtig."

"Ich finde aber schon. Du hast dir doch Gedanken darum gemacht, weshalb er das und das tut, warum zeigst du sie nicht?"

"Offen gestanden habe ich mir gar keine Gedanken dazu gemacht, warum er das und das tut, weil ich es nicht für wichtig erachte."

"Das find ich jetzt aber doof, du solltest dir schon was dabei denken..."

 

Ich für mich find es auch toll, wenn ich der Meinung sein kann, der Autor hat sich bei dem, was er auslässt, zumindest eine feste Möglichkeit gedacht, wie es IST, und der Leser muss nur dahinter kommen.

Aber ich schreibe selbst oft genug Lücken, über deren Inhalt ich mir selbst nicht klar bin, darum kann ich gut damit leben, wenn andere Autoren es auch nicht machen.

 

Aber ich bin ja, wie gesagt, auch großer Lücken-Fan! Gib mir eine Lücke und genug Material, sie auszufüllen, und ich bin glücklicher als mit jeder noch so detailgenauen Beschreibung! :)

 

In diesem Sinne: Mut zur Lücke!

 

Gr ß,

M rc ! :s17

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Bin eurer Meinung Jungs, aber diese Lücken schaffen ist auch ne Kunst!

Meist entstehen einfach nur ... eben Lücken, die der Leser sich dann selbst füllen muss, eine Art interaktives Lesen. Ich schaffe mir meinen eigenen Helden, denn wie er aussieht wird nicht beschrieben, ob er ein Seelenleben hat wird nicht beschreiben, und was er überhaupt so für Macken oder gar Träume hat weiß auch keine Sau (das war jetzt die Beschreibung von Dan Browns Held Langdon).

Das sind mir zu viele Lücken, die dazu führen, dass ich ein solches Buch nun wieder als flach bezeichnen würde.

 

LG

Joy

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Nach Peters Theorie könnte ich dann meinen Figuren willkürliche Eigenschaften andichten und niemand dürfte sich daran stören.

 

Aber mich nervt es, wenn ich etwas von einer Figur lese und spüre, dass das nur dasteht, um das Blatt zu füllen und das auf jede andere Figur passen könnte.

 

Es muss nicht aufgelöst werden, aber (!) ich möchte doch schon SPÜREN, dass die Eigenschaften zu ihm passen und deshalb auch sein Verhalten zu ihm passt. (Jemand ist ängstlich, es wird gezeigt, dass er ängstlich ist. Niemals wird ergründet, warum er ängstlich ist, aber sein weiteres Verhalten kann man nachvollziehen, eben weil man weiß, dass er ein ängstlicher Charakter ist)

 

Wenn ich überhaupt keinen Bezug zu den Eigenschaften einer Figur habe, dann habe ich auch keine Lust, zu interpretieren. Dann hab ich auch keine Lust, zu lesen, denn dann hätte ich das Buch selber schreiben können, wenn ich alles ausfüllen darf.

Grüße

Quidam

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Nach Peters Theorie könnte ich dann meinen Figuren willkürliche Eigenschaften andichten und niemand dürfte sich daran stören.

Nein, es darf eben NICHT willkürlich sein. (Sagt Peter das? Wo? Da kann ich ihm ja dann doch noch auf'n Deckel geben... :s21 Meiner Meinung nach sagt er das aber auch nicht.)

 

 

aber (!) ich möchte doch schon SPÜREN, dass die Eigenschaften zu ihm passen und deshalb auch sein Verhalten zu ihm passt.

Ich glaube, du bist der gleichen Meinung wie wir alle, etwas anderes sagen wir nämlich gar nicht! :)

 

Wenn ich überhaupt keinen Bezug zu den Eigenschaften einer Figur habe, dann habe ich auch keine Lust, zu interpretieren.

Das find ich eine interessante Anmerkung, die nicht ganz unwichtig ist. Wenn auch nicht zwangsläufig zu diesem Thema, aber ich frage mich: Was heisst "Bezzug zu den Eigenschaften"?

Meinst, du er soll dir ähnlich sein? Oder du sollst immer ganz genau nachvollziehen können, weshalb der Mann jetzt böse ist? Sollen die Eigenschaften des Charakters in deiner eigenen Weltanschauung nachvollziehbar sein?

 

 

Dann hab ich auch keine Lust, zu lesen, denn dann hätte ich das Buch selber schreiben können, wenn ich alles ausfüllen darf.

Um alles gehts ja auch nicht. Manchmal sind Beschreibungen, auch detailierte, wichtig.

Wie Joy schon sagte: NUR Lücken sind auch scheisse. (nicht zwangsläufig flach, aber scheisse...) aber NUR Beschreibungen sind flach.

 

Aber je mehr Lücken ein Text hat, ohne es zuviele werden zu lassen, desto tiefer ist er. ;)

Vor allem ist es ja die Kunst, den Leser die Lücken füllen zu lassen, ohne dass er es merkt, denn sonst, wie du schon sagst, wird es anstrengend.

 

Gruß,

Marco! :s17

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Das Ganze ist ja eigentlich noch viel komplexer und ich finde auch mit ein Grund für die rätselhaften Erfolge mancher Bücher, die einige als flach und andere als tief bezeichnen:

 

Wir alle machen uns ein individuelles Bild von einer Figur. Geht es euch nicht auch so, dass ihr eine bestimmte (oder auch vage) Vorstellung habt  von jedem Forumsmitglied? Ohne jetzt ein Bild gesehen zu haben, meine ich natürlich.

 

Ihr lest die Postings, immer öfter, erkennt den einen oder anderen schon am Stil wieder, usw. Ein Bild setzt sich fest, bei jedem anders, je nachdem ob man mehr ein, wie war das, visueller Mensch ist, oder nicht? Jedenfalls kommt von jedem von Euch eine individuelle "Schwingung" rüber, die ich gar nicht beeinflussen kann, und die manchmal sowas von "falsch" ist, wenn ich dann ein Bild sehe!

 

Und so wirken auch unsere Texte auf andere. Da kommt eine Schwingung rüber. Wir können versuchen diese möglichst positiv zu beeinflussen, aber wir können nicht verhindern,  dass sie für sagen wir Peter SO schwingt, und für Quidam ANDERS!

 

Diese individuelle Schwingung, die in jedem von uns durch einen Text anders erzeugt wird, beeinflusst natürlich eine Kritik ganz extrem. Deshalb frage ich gern nach der "Stimmung", die mein Text auslöst. Ist die bei fast allen gleich, kann ich daraus was ableiten. Aber wie mein Text nun auf andere wirkt von FLACH bis MITTEL und TIEF, das ist oft sehr individuell. Dadurch entstehen die oft so extrem gegensätzlichen Beurteilungen von Literatur.

Und eins wurde hier gesagt, das ich allerdings nicht für was frustrierendes, sondern was beruhigendes halte: Im Grunde findet JEDER Text Bewunderer. Und das hat oft weniger mit Qualität zu tun als mit dem Treffen der richtigen Schwingung beim Leser.

 

LG

Joy

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Dazu gehören ganz grundsätzlich Charaktereigenschaften aller Art. Es gibt so viele Sonderlinge auf der Welt, und auch jeder Normalo hat meist eine oder zwei verborgene Macken, die man nur dann kennenlernt, wenn man mit ihm längere Zeit zu tun hat.

Das kann ich akzeptieren, ohne jede weitere Erklärung.

 

Hallo Marco,

 

ich bezieh mich auf oben zitierte Aussage von Peter. Und ich denke, dass sich Peter auf ungewöhnliche Eigenschaften beruft, solche, die dem Leser ins Auge fallen (denn darüber reden wir in diesem Thread - siehe Elvis-Hasser).

 

Und die dürfen eben nicht willkürlich sein, auch wenn man sie nicht aufklären muss. Und so wie ich Peter verstanden habe, akzeptiert er es, wenn einer Figur eine solche Eigenschaft angeklebt wird, ohne Erklärung, oder sonstige Andeutungen - und das ist willkürlich und mich nervt, sowas zu lesen.

Peter, falls ich dich falsch verstanden habe: sorry!

 

Grüße

Quidam

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Hallo Marco,

 

Zitat Quidam: Wenn ich überhaupt keinen Bezug zu den Eigenschaften einer Figur habe, dann habe ich auch keine Lust, zu interpretieren.

 

Marco:

Das find ich eine interessante Anmerkung, die nicht ganz unwichtig ist. Wenn auch nicht zwangsläufig zu diesem Thema, aber ich frage mich: Was heisst "Bezzug zu den Eigenschaften"?

Meinst, du er soll dir ähnlich sein? Oder du sollst immer ganz genau nachvollziehen können, weshalb der Mann jetzt böse ist? Sollen die Eigenschaften des Charakters in deiner eigenen Weltanschauung nachvollziehbar sein?

 

Nein, da gehts nicht um mich. Ich rede davon, dass ich einen ängstlichen Charakter kennen lerne - nicht unbedingt wissen muss, warum er ein ängstlicher Charakter ist, aber sein Verhalten kann ich nachvollziehen, eben weil ich weiß, dass sich ein ängstlicher Charakter dahinter verbirgt - und es muss glaubhaft sein. Und irgendwo kann angedeutet sein, dass er aus schwierigem Hause stammt - und ich kann mir ausmalen, woher die Ängstlichkeit kommt.

 

Szene: Drei Jungs stehen vor einem Publikum, die Eltern der Drei sind mit im Saal.

 

Der erste: selbstbewußt, liebt seine Eltern, sie sind stolz auf ihn.

Der zweite: schwieriger Typ. Schläger. Seine Eltern haben Angst vor ihm.

Der dritte: ängstlich. Die Eltern setzen ihn massiv unter Druck, wollen, dass er der Beste wird und zerbricht an der Erwartungshaltung.

 

Ungefähr kann ich mir ausmalen, wie die Drei vors Mikro treten - und es würde mich nerven, wenn der Schlägertyp plötzlich sehr sympathisch rüber kommen würde, oder der ängstliche die Leute mit seinen Worten in den Bann ziehen könnte. Das würde einfach nicht passen. Später kann das in der Geschichte gerne passieren (soll es vielleicht sogar auch), aber nur dann, wenn eine Entwicklung der Charaktere vonstatten ging..

 

Grüße

Quidam

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ich bezieh mich auf oben zitierte Aussage von Peter. Und ich denke, dass sich Peter auf ungewöhnliche Eigenschaften beruft, solche, die dem Leser ins Auge fallen (denn darüber reden wir in diesem Thread - siehe Elvis-Hasser).

 

Und die dürfen eben nicht willkürlich sein, auch wenn man sie nicht aufklären muss.

Das ist ein guter Punkt, und jetzt ganz losgelöst von dem, was und wie Peter das meinte:

 

Natürlich muss das, WAS gezeigt wird, auch irgendeinen Bezug zur Geschichte haben. ;)

Gandalf war vielleicht ein großartiger, hobbymäßiger Glasbläser, und Doktor Faust hat in seiner Freizeit vielelicht Ikebana gemacht, aus Trotz, weil seine Mutter es ihm als kleines Kind verboten hat.

Aber das muss man nicht nur nicht begründen, sondern auch nicht erwähnen.

 

Ich glaube, darauf spielst du an, oder?

Eine Figur kann alle Spleens der Welt haben, wie die Menschen im richtigen Leben auch.

Und ich denke immer noch nicht, dass die Spleens, die man im Buch erfährt, erklärt oder begründet werden müssen.

Aber sie sollten für die Geschichte irgendeine Relevanz haben.

 

Insofern verstehe ich deinen Punkt so, dass das, was gezeigt wird, nicht erklärt werden muss, sondern relevant sein. Die Relevanz der geschilderten Ereignisse ist in meinen Augen eine ganz andere Baustelle als ihre Tiefe.

 

Aber das erklärt auch, weshalb mich die von Peter anfangs gebrachte Elvis-Sache so gestört hat: Eine Einzelepisode wie da geschildert ist willkürlich und für die Handlung unerheblich. Alleine schon durch eine Wiederholung würde sie eine gewisse Relevanz erhalten... :)

 

Aber wie ich Peter kenne, wird er da bestimmt einer ähnlichen Ansicht sein.

 

Trifft das in etwa den kern deines Problems? Nicht, dass etwas unbedingt erklärt werden soll, aber dass es in irgendeiner Weise relevant sein sollte??

 

Gruß,

Marco! :s17

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Nein' date=' da gehts nicht um mich. Ich rede davon, dass ich einen angstlichen Charakter kennen lerne - nicht unbedingt wissen muss, warum er ein ängstlicher Charakter ist, aber sein Verhalten kann ich nachvollziehen, eben weil ich weiß, dass sich ein ängstlicher Charakter dahinter verbirgt - und es muss glaubhaft sein. Und irgendwo kann angedeutet sein, dass er aus schwierigem Hause stammt  - und ich kann mir ausmalen, woher die Ängstlichkeit kommt.[/quote']

Siehste, sind wir doch alle einer Meinung.

 

Szene: Drei Jungs stehen vor einem Publikum, die Eltern der Drei sind mit im Saal.

 

Der erste: selbstbewußt, liebt seine Eltern, sie sind stolz auf ihn.

Der zweite: schwieriger Typ. Schläger. Seine Eltern haben Angst vor ihm.

Der dritte: ängstlich. Die Eltern setzen ihn massiv unter Druck, wollen, dass er der Beste wird und zerbricht an der Erwartungshaltung.

 

Da versteh ich grad nicht: Sind das jetzt Eigenschaften PLUS ihre Erklärung, oder NUR Eigenschaften?

 

Ungefähr kann ich mir ausmalen, wie die Drei vors Mikro treten - und es würde mich nerven, wenn der Schlägertyp plötzlich sehr sympathisch rüber kommen würde

Okay, aber stell dir mal vor, es wäre so! Es wäre auffällig, oder nicht? Und stell dir vor, dieser brutale, gemeine Schlägertyp würde immer DANN, wenn er vor Publikum steht, plötzlich ein freundlich säuselndes Stück Butter werden.

In mir riefe das SOFORT Ideen hervor, weshalb. Vielleicht mag er Publikum. Oder es ist ihm peinlich, vor Publikum rabiat zu sein. Oder er will unbedingt berühmt werden.

 

Wenn du jetzt noch, irgendwann mal, beiläufig erwähnst, dass der Junge in seinem Bücherregal NUR Biographien von berühmten Sängern oder Schauspielern hat, dann würde das doch schon ausreichen, um die oben erwähnte dritte Theorie zu untermauern. Du MUSST gar nicht sagen: Er wollte unbedingt berühmt werden!

Ein Arschloch, das vor Publikum plötzlich ganz lieb ist, und Biographien sammelt, und gerne in der großen Stadt leben möchte - das sind die Punkte, aus denen der Leser sich diese Charaktereigenschaft schon selber zusammenbasteln kann.

 

oder der ängstliche die Leute mit seinen Worten in den bann zieht.

Ist doch auch schön. Warum nicht? Da hast du den schüchternen Jungen, der vor Publikum plötzlich richtig auflebt.

Ist auch interessant, weckt in mir auch sofort Möglichkeiten und Ideen, warum das so sein könnte. Vielleicht ist er einfach schüchtern, und kann gut vor Publikum (Da gibt es tausende Beispiele im realen Leben.)

Vielleicht ist er dank der Unterdrückung durch seine Eltern so wenig von sich selber überzeugt, und wenn das Rampenlicht ihn trifft, fühlt er sich plötzlich wertvoll und geliebt. (Gibt es einen schönen, britischen Film zu, der "Little Voice" heisst".

Wenn der Junge also immer schüchtern gezeigt wird, und immer wenn er vor Publikum steht, dann kommt er aus sich raus, fühlt sich glücklich, ist das schon was.

Wenn DER nun ein ganzes Regal voller Biographien hat, und gerne in die Stadt ziehen möchte, könnte ich das so interpretieren, dass er unter seinen herrischen Eltern leidet, und gerne an die Bühnen möchte, weil er sich vor Publikum wertvoll und frei fühlt, und offen sein kann...

 

Dafür musst du das nicht sagen, es reichen ein paar gezielte Hinweise, und der Leser kann sich das, oder etwas anderes denken. Ein Bruch im Charakter ist nicht zwangsläufig schlecht, du musst dem Leser nur Möglichkeiten geben, ihn mit einem Sinn zu füllen.

 

Da reicht manchmal schon ein Buchregal! ;D

 

Später kann das passieren, wenn ich die Entwicklung der Charakter mitbekomme.

Wie gesagt, washalb muss er sich entwickeln?

Wenn der eine gerne berühmt werden möchte, und der andere seinen Eltern entfliehen, kann sich gerne die ganze Story darum drehen. Muss es aber nicht. Es kann auch eine reine Liebesgeschichte sein, oder ein Thriller, aber du hast deine Charaktere doch schon kräftig charakterisiert.

Besser gehts eigentlich gar nciht. Der eine will berühmt werden, der andere vor sienen Eltern fliehen, und jetzt erzähl die Geschichte, wie sie gemeinsam ein Mittel gegen Krebs finden...

 

Spricht für mich nichts dagegen. (Wäre halt etwas verschenkt.)

 

Gruß,

Marco! :s17

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Hallo Marco,

 

lassen wir das mal mit der Entwicklung der Charaktere aussen vor. Du hast recht: Es könnte auch so klappen. Nur führst du da etwas ganz entscheidendes an: Es müssen Hinweise getreut werden, die einen ahnen lassen, warum der Schläger ne Butter vor dem Mikro ist, oder eben der Schüchterne ein Magier, der mit seinen Worten die Leute in den Bann zieht.

 

Keine Hinweise -> wirkt es willkürlich -> ist es Käse!

 

 

Grüße

Quidam

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(Peter_Dobrovka)
Nach Peters Theorie könnte ich dann meinen Figuren willkürliche Eigenschaften andichten und niemand dürfte sich daran stören.

a) was heißt jetzt wieder "willkürlich"? Jeder Autor erschafft doch die Figuren, die er will.

b) ebenso wie es nichts gibt, was nicht irgendeiner gut findet, gibt es nichts, woran sich niemand stört.

 

Aber mich nervt es, wenn ich etwas von einer Figur lese und spüre, dass das nur dasteht, um das Blatt zu füllen und das auf jede andere Figur passen könnte.

Das kannst du doch gar nicht beurteilen, ob dem so ist. Und das ist kein persönlicher Angriff auf dich, ich behaupte lediglich, daß das niemand kann. Ich auch nicht.

Das versuche ich ja schon seit Monaten begreiflich zu machen. Oftmals werden gerade die Charaktere, die objektiv am realistischsten sind, von den Lesern subjektiv als unrealistisch empfunden, weil sie irgendwie nicht ins "Schema" passen. (hab gerade kein besseres Wort dafür auf Lager).

Deswegen plädiere ich für ein wenig mehr Demut in Bezug auf psychologische Eigenschaften eines Charakters.

Und da diese Botschaft bei den Lesern eh nie ankommen wird, ist es unsere Aufgabe als Autoren, ihnen die Charaktere zu geben, die sie wollen. Und das sind nun mal, bei Lichte betrachtet, meist nicht die, bei denen sich die Leute was gedacht haben, sondern die, bei denen die Autoren binnen Sekunden entschieden haben: Das ist cool, so mach ich diesen Charakter.

Gilt auch für Plots, aber da haben wir dann doch ein paar Dinge, die nennen sich Physik und Chemie und Biologie, und die kann man dann doch nicht ungestraft außer Acht lassen.

 

Es muss nicht aufgelöst werden, aber (!) ich möchte doch schon SPÜREN, dass die Eigenschaften zu ihm passen und deshalb auch sein Verhalten zu ihm passt. (Jemand ist ängstlich, es wird gezeigt, dass er ängstlich ist. Niemals wird ergründet, warum er ängstlich ist, aber sein weiteres Verhalten kann man nachvollziehen, eben weil man weiß, dass er ein ängstlicher Charakter ist)

Das ist jetzt pure Tautologie. Bitte Beispiele, sonst verstehe ich das nicht.

Edit: hat sich erledigt.

 

Peter

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Keine Hinweise -> wirkt es willkürlich -> ist es Käse!

 

Korrekt. Deshalb ja auch meine Meinung, der Autor muss dem Leser genügend Hinweise geben, damit der sich irgendetwas(!!) zusammenreimen kann. Eine Info, egal welche, und in einem Buch ist eigentlich ALLES Info, muss auch irgendwohin führen.

 

WAS der Leser sich aber hinterher zusammenreimt, darum braucht der Autor sich nicht zwangsläufig zu kümmern.

 

Sagen wir mal so: Mit einem LEGO-Stein kann man nichts anfangen. Aber wenn der Autor mehrere LEGO-Steine verteilt, ist es doch egal, was der Leser draus bastelt, oder? Und je mehr Steine es werden, desto größer und prächtiger wird das LEGO-Gebilde!

 

Ich glaub wirklich, wir sind alle der gleichen Meinung hier. ;)

 

Gruß,

Marco! :s17

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(Peter_Dobrovka)

Nein, da gehts nicht um mich. Ich rede davon, dass ich einen ängstlichen Charakter kennen lerne - nicht unbedingt wissen muss, warum er ein ängstlicher Charakter ist, aber sein Verhalten kann ich nachvollziehen, eben weil ich weiß, dass sich ein ängstlicher Charakter dahinter verbirgt - und es muss glaubhaft sein.

Als Autor magst du einen ängstlichen Charakter erschaffen und mußt ihn dann natürlich auch ängstlich handeln lassen. Als Leser kriegst du aber nur die ängstliche Handlung und mußt auf den ängstlichen Charakter schließen.

Wenn du natürlich den Prot. in einer Szene natürlich etwas sehr Mutiges tun läßt, obwohl er in den anderen Szenen ängstlich ist, ist das keine aufgeklebte Charaktereigenschaft, das ist inkonsequent. Meistens Zeichen eines schlechten Gedächtnisses (des Autors, nicht der Figur).

Der Elvis-Hasser sollte natürlich, wenn wir ihm diese Eigenschaft verliehen haben, nicht bei anderer Gelegenheit, wo Elvismusik gespielt wird, ganz ruhig bleiben können. Nur: Vielleicht ergibt sich eine solche Gelegenheit im Buch nicht nochmal.

 

Und irgendwo kann angedeutet sein, dass er aus schwierigem Hause stammt  - und ich kann mir ausmalen, woher die Ängstlichkeit kommt.

Ich brauch genau das nicht. Vielleicht will ich selbst darauf schließen, wie seine Kindheit beschaffen sein mußte. Vielleicht auch nicht mal das. Manche Leute sind, wie sie sind, und es gibt keine Erklärung. Und ich rede jetzt von der Realität. Erklärungen im Roman finde ich daher immer etwas bemüht. Außer, die Sache mit dem schwierigen Elternhaus hat eine Relevanz für die Geschichte, weil ohnehin Szenen da spielen.

 

In Peter Pan gibt es auch ein paar Andeutungen auf Peters Mutter. Düstere Andeutungen. Genau erklärt werden sie nie. Gottseidank.

 

Peter

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