BarbaraS Geschrieben 27. Februar 2014 Teilen Geschrieben 27. Februar 2014 ... und mir tut's fast schon leid, dass ich den Link zu dem Artikel gepostet habe ... Auf jeden Fall hätte es Zeit gehabt bis später. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Angelika Jo Geschrieben 27. Februar 2014 Autor Teilen Geschrieben 27. Februar 2014 Huch, es geht Schlag auf Schlag ...! Angelika Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. Alicia jagt eine Mandarinente. dtv premium März 2018. Die Grammatik der Rennpferde. dtv premium Mai 2016 www.angelika-jodl.de Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Bea Geschrieben 27. Februar 2014 Teilen Geschrieben 27. Februar 2014 Ob das wirklich stimmt, finde ich fast nebensächlich, weil der Text für mich trotzdem weit über das Lokale und Konkrete hinausgeht. Er erzählt von Menschen, die in Situationen gefangen sind, die sie am Wachstum hindern; auch davon, wie man nach 20 Jahren (!) Abwesenheit sich augenblicklich wieder in alte Muster und Strukturen verstrickt, wenn man in die alte Heimat zurückkehrt. Für mich klingt darum in der Erzählstimme weniger Traurigkeit und noch weniger Gift mit, sondern vor allem Verzweiflung. Und ja, auch Zuneigung. Danke, das ist sehr viel kompakter ausgedrück, als ich es eben gerade gepostet hatte. Verzweiflung, die sich in den Schimpftiraden am Ende über seine eigene Verlogenheit zeigt: " ... einen Kuss auf die Stirn gegeben und war hinunter gelaufen über die Treppe und auf die Straße, fortan durch alle jetzt von mir gegagenen Straßen damit gepeinigt, der Auersberger alles Gesagte nur vorgelogen zu haben und ganz bewußt ihr alles und jedes Gesagte vorgelogen zu haben." Bea "Wer nicht weiß, in welchen Hafen er will, für den ist kein Wind der richtige." Seneca Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
jueb Geschrieben 27. Februar 2014 Teilen Geschrieben 27. Februar 2014 Ja, das ist gut getroffen, Barbara! "Dem von zwei Künstlern geschaffenen Werk wohnt ein Prinzip der Täuschung und Simulation inne." AT "Aus Liebe Stahl. Eine Künstlerehe." Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Charlie Geschrieben 27. Februar 2014 Teilen Geschrieben 27. Februar 2014 [ weil der Text für mich trotzdem weit über das Lokale und Konkrete hinausgeht. Er erzählt von Menschen' date= die in Situationen gefangen sind, die sie am Wachstum hindern; auch davon, wie man nach 20 Jahren (!) Abwesenheit sich augenblicklich wieder in alte Muster und Strukturen verstrickt, wenn man in die alte Heimat zurückkehrt. Für mich klingt darum in der Erzählstimme weniger Traurigkeit und noch weniger Gift mit, sondern vor allem Verzweiflung. Und ja, auch Zuneigung.[/quote] Fuer mich ist das auch so. Vor allem das "am Wachstum hindern" (und ich mochte dazu juebs Anmerkungen zu Joanna - "sie wird auf sprechende Weise weggedrueckt" sehr gern). Nur haette ich zwischen traurigem und verzweifelten Ton nicht so genau unterscheiden koennen, aber das ist hier nebensaechlich (und muss auch von mir noch mal ueberprueft werden). Ich teile aber gerade dazu (und ja - da geht der Text fuer mich weit uebers Konkrete - und auch ueber Kuenstlerkreise - hinaus) Ulfs Beobachtung zum Thema Wuerde. Der Erzaehler kommt mir entwuerdigt (gekraenkt) vor, er hackt sehr sehr zielgenau und sehr sehr blindwuetig zugleich auf die Wuerde der anderen, als waere das ein sichtbares, gar angezeichnetes Organ, und trifft sein eigenes mit. Ist sich dessen auch bewusst. Hackt das kurz und klein. Ich habe fuerchterliche Angst, total zu nerven, weil ich ja gerade in meiner Franz-Werfel-Phase und damit auf monomanischen Nerv-Kurs eingestellt bin, aber mir ist bei dem Beitrag von Ulf sofort an Werfels Saetze vom Schoepfermord ("Wer aber in einem Geschoepf die Wuerde vernichtet, der vernichtet den Schoepfer in ihm") denken muessen. Das ist ein so starker Zerstoerungswille, da gibt es auch kein Zurueck und keine Milderung. Und je mehr ich darueber nachdenke, desto mehr gefaellt mir das Ende, dieses Zerplatzen und Zusammensacken und Umfallen, weil ich eigentlich gar nicht weiss, wie es danach anders gehen sollte. Herzlich, Charlie "Der soll was anderes kaufen. Kann der nicht Paris kaufen? Ach nein, in Paris regnet's ja jetzt auch." Lektorat, Übersetzung, Ghostwriting, Coaching www.charlotte-lyne.com Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Charlie Geschrieben 27. Februar 2014 Teilen Geschrieben 27. Februar 2014 Huch, es geht Schlag auf Schlag ...! Ja, und mir ist gerade peinlich aufgefallen, dass wir juebs Anmerkungen zum Thema kuenstlerische Existenz ein bisschen zur Seite gewischt haben, was bloed ist. "Der soll was anderes kaufen. Kann der nicht Paris kaufen? Ach nein, in Paris regnet's ja jetzt auch." Lektorat, Übersetzung, Ghostwriting, Coaching www.charlotte-lyne.com Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Ulf Schiewe Geschrieben 27. Februar 2014 Teilen Geschrieben 27. Februar 2014 Huch, es geht Schlag auf Schlag ...! Ja, und mir ist gerade peinlich aufgefallen, dass wir juebs Anmerkungen zum Thema kuenstlerische Existenz ein bisschen zur Seite gewischt haben, was bloed ist. Ja, die künstlerische Existenz. Da hat Jueb natürlich völlig recht, darum geht es zum großen Teil. Und was ist denn eine künstlerische Existenz? Davon gibt es die unterschiedlichsten Ausprägungen. Der eine arbeitet nachts, der andere am Tag, der ein sucht Inspiration in Drogen oder Alkohol, der andere arbeitet diszipliniert von 9 bis 17 Uhr, der eine ist Bohemien, der andere bürgerlich. Es gibt sie alle, den Rebell, den Angepassten. Aber eines haben sie doch alle gemeinsam, das Bedürfnis nach Anerkennung. Ohne die Anerkennung fallen sie in eine Sinnkrise. Und um die Anerkennung geht es auch in diesem Roman, oder besser gesagt, um das Heischen nach Anerkennung. Und wer sie verfehlt, begeht Selbstmord ... oder macht sie sich selbst. Die Montalban-Reihe, Die Normannen-Saga, Die Wikinger-Trilogie, Bucht der Schmuggler, Land im Sturm, Der Attentäter, Die Kinder von Nebra, Die Mission des Kreuzritters, Der Eiserne Herzog, www.ulfschiewe.de Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
BarbaraS Geschrieben 27. Februar 2014 Teilen Geschrieben 27. Februar 2014 Für mich geht es in diesem Text übrigens genau auch darum: was macht einen erfolgreichen Künstler aus? Wer bestimmt das? Was ist die Messlatte? Wie lässt sich eine künstlerische Existenz überhaupt rechtfertigen? Stimmt, und ich finde bemerkenswert, wie viele Aspekte dieser Fragen und wie viele Varianten künstlerischer Laufbahnen hier auf doch relativ engem Raum ihren Platz finden. Ich glaube, dieser Text ist bei aller oberflächlichen Redundanz wahnsinnig ökonomisch geschrieben. Bei mir ist übrigens der Eindruck zurückgeblieben, dass gerade im ersten Viertel oft in einer Weise von "Kunst" und dem "Künstlerischen" die Rede ist, als wären das fassbare oder gar messbare Entitäten wie die relative Luftfeuchtigkeit oder die Höhe über dem Meeresspiegel ... Später scheint mir das zu zerfallen, aber da müsste ich noch mal genau nachschauen, um das belegen zu können ... Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Bea Geschrieben 27. Februar 2014 Teilen Geschrieben 27. Februar 2014 Und der Erzähler – wenn der anfängt, sie als einzige Künstlerin unter all den Spießern und Kleinbürgern hervorzuheben, die die anderen für ihn darstellen (er tut es an zwei Stellen) – dann möchte ich ja schon mal wissen, wo er da sein Kriterium herhat. Ich befürchte, es ist der Strick, an dem sie hing, ihr Scheitern, ihre Erfolglosigkeit. Und nicht ihr Tanz oder ihr aufrichtiger Umgang mit den anderen. Und rutscht am Ende selbst übel daneben, in seiner Joana-Zuneigung, bleibt in einem platten Gemeinplatz hängen, sagt etwas "vollkommen Unzureichendes" - "Wahrscheinlich ist es das Beste für sie, dass sie sich umgebracht hat, sagte ich, wahrscheinlich ist es der beste Zeitpunkt für sie gewesen, sagte ich zur Auersberger und die Peinlichkeit dessen, das ich gerade gesagte hatte, war mir bewußt, die Widerwärtigkeit ..." Mir schien die Joana geradezu die Erregungsbremse, der Rettungsanker für ihn zu sein, oder für den Leser, die Figur, die die Tiraden aufs Erträgliche mildert. Er benutzt Joana als Schutzschild für sich, die Beerdigung, die Trauer, die sich immer dazwischenschiebt. Beim genaueren Nachdenken würde ich sogar eine ziemlich straff und logisch gefügte Figurenkomposition erkennen. Auch wie sie nach und nach Auftreten, Wiederkehren, über sie weitererzählt wird. In Kilb haben wir die Parts Gemischtwarenhändlerin und den John, an die der Erzähler eine seltsame Wunsch-Bindung äußert. Beim künstlerischen Abendessen ist der Burgschauspielder der Part, der einzeln steht, dominat, okkupierend, angebetet. Der einzige, der Joana nicht kannte, nicht auf der Beerdigung war. Überhaupt ist das eine theatralische Zusammensetzung der Figuren bei diesem Abendessen - und die Auflösung desselben. Der verhasste Burgschauspieler wird zu dem, der als einziger sich verteidigt (von Jeannie) und dann noch mit Würde abgeht. Die stummen "jungen" Anwesenden wirkten etwas hineingeklebt, da ja die Gesellschaft nicht zu klein erscheinen kann oder sollte. Wer weiß. Die kurzen Reflexionen über sich selbst als damals "stummen" jungen Künstler bringen keine große Bereicherung. Bea "Wer nicht weiß, in welchen Hafen er will, für den ist kein Wind der richtige." Seneca Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Bea Geschrieben 27. Februar 2014 Teilen Geschrieben 27. Februar 2014 Bei mir ist übrigens der Eindruck zurückgeblieben, dass gerade im ersten Viertel oft in einer Weise von "Kunst" und dem "Künstlerischen" die Rede ist, als wären das fassbare oder gar messbare Entitäten wie die relative Luftfeuchtigkeit oder die Höhe über dem Meeresspiegel ... . ja, ist mir auch aufgefallen. Zu Anfang scheint es mir mit Spott belegt zu sein, mit Ironie. Das Plattitüdenhfafte verliert sich - auch die einfache Erwähnung dieser Wortpaare - als wir mehr und mehr konkrete Personen vor Augen haben. Ihre Existenz, ihr Leben als Künstler ist dann da, bzw. ihr Heischen danach, ihre Hoffnungen und ihre Kläglichkeit. Bea "Wer nicht weiß, in welchen Hafen er will, für den ist kein Wind der richtige." Seneca Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
ClaudiaB Geschrieben 27. Februar 2014 Teilen Geschrieben 27. Februar 2014 Bin noch nicht soweit (lesend und auch sämtliche Postings verfolgend), möchte nur mal einwerfen, dass ich es toll finde, hier so mit euch allen zu diskutieren! Ich bin nach wie vor begeistert von dem Buch (auch noch zwanzig Jahre nach dem ersten Lesen), Begründungen kommen später. Und ich werde jetzt auch nicht mein spärliches Wissen über Bernhards Biographie auffrischen. Seltsamerweise meine ich, ihn zu "kennen", wenn ich seine Gedichte lese, hier habe ich das Gefühl, es steckt ganz viel von seiner "wahren Person" drinnen - kann aber auch nur von mir hineininterpretiert sein. Schnelle Grüße in die Runde Claudia Baronsky&Brendler: Liebe würde helfen Ein Staffelroman Februar 21, Kampa Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Angelika Jo Geschrieben 27. Februar 2014 Autor Teilen Geschrieben 27. Februar 2014 Und in einer Hinsicht finde ich den Bezug zu realen Personen geradezu unausweichlich' date=' weil ich nicht glaube, dass dieser Text von irgendeiner anderen Kunstszene handeln will als von der Wienerischen. Man könnte ihn nicht nach Berlin oder München oder Zürich oder wasweißichwohin verpflanzen. Weil dieses Phänomen, um das der Text ja ständig kreist - alle kommen nach Wien, um "ihre" Kunst machen zu können, und bleiben dann dort stecken und verheddern und verstricken sich immer tiefer und kommen NIE mehr daraus frei, und sie lieben es und hassen es zu gleich, finden sich gleichzeitig großartig und jämmerlich – ohne etwas über Wien zu wissen, ist in mir zumindest der Eindruck entstanden, dass es das so nur in Wien geben kann.[/quote'] Bei mir auch. Ich wünschte wirklich, ein Wiener könnte uns Genaueres dazu sagen. Alles was ich weiß, ist aus zweiter Hand und 20 Jahre her (aber gut, das ist der Text erst recht). Damals habe ich ein paar Jahre in einer WG mit einem Musiker gewohnt, dessen beide Eltern Wiener Künstler waren (sie Schauspielerin, er Kabarettist). Und der hat damals öfter erzählt, dass Kunst in Österreich eine ganz andere Rolle spiele als bei uns. Schon diese Institution der Burg! Und es gäbe Fördergelder und Schulen und Preise und sogar durchaus öffentliche Freundschaften zwischen dem einen oder anderen Bildhauer, Musiker, Stückeschreiber und der hohen Politik. Als würde die Alpenrepublik im Schatten des sich immer mehr aufplusternden ökonomischen Riesen BRD sich und der Welt sagen: Eh kloar – ihr habts das Money und mir haben die Alpen und die Kunst. Was mir auf alle Fälle eingeleuchtet hat, weil die Radio-Musik von drüben viel schöner war als in unserem öden Bayern Drei. Aber das hier nur am Rande. Angelika Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. Alicia jagt eine Mandarinente. dtv premium März 2018. Die Grammatik der Rennpferde. dtv premium Mai 2016 www.angelika-jodl.de Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
anni Geschrieben 27. Februar 2014 Teilen Geschrieben 27. Februar 2014 Beim Stichwort Wiener musste ich mich melden bin ich doch eine der mit der Lupe zu suchenden die hier geboren sind Meine Lektüre des Buches ist Jahre her ... aber ja, Wien geriert sich gern als Welthauptstadt der Kunst (oder Kultur, was ja zweierlei ist ) ... damit wird fleißig im Tourismus geworben ... aber es gibt das böse Wort "weltberühmt in Österreich" ... und dann ist da noch der Umstand, dass Wien die einzige österr. Stadt ist die man Großstadt nennen kann ... ja, das hören weder Linzer noch Grazer gern und über Kärnten reden wir nicht ... :-Xes bleibt also dem Künstler fast nur, hierher zu ziehen, wenn er nicht ins Ausland will. (Überspitzt formuliert & va. in einer Zeit, wo es noch nicht so üblich war, zwischen Ö. und D. hin und her zu wechseln wie heute viele Schauspieler.) Und übers Burgtheater lässt keiner was kommen, auch wenn die finanzielle Misere wie gerade jetzt (wieder!) schlimm ist ... Mal sehen, ob ich meinen alten Suhrkamp-Band noch finde ... Autorin | Ein Buch schreibenDas Leben ist zu kurz für schlechte Bücher Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
BarbaraS Geschrieben 28. Februar 2014 Teilen Geschrieben 28. Februar 2014 Das ist toll, dass du dich meldest, Anni! Und gleich kriegt das Wienbild mehr Farbe. Ich fände es ja schön, wenn du ein bisschen dabei bleibst. Ihr Lieben, am Wochenende komme ich hoffentlich dazu, über Angelikas Fragen weiter nachzudenken und überhaupt eure vielen Beiträge noch mal genauer zu lesen. Heute muss ich leider im Lektoratstunnel bleiben ... Liebe Grüße in die Runde Barbara Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
ClaudiaB Geschrieben 28. Februar 2014 Teilen Geschrieben 28. Februar 2014 Super, eine waschechte Wienerin! Wär schön, wenn du deine alte Suhrkamp-Ausgabe fändest, Anni, und mitmachst. (Ich hab auch so ne alte Ausgabe.) "Weltberühmt in Österreich" - das passt doch sehr gut zu Bernhards Beobachtungen. Ich möchte noch einmal ganz zurück zu Angelikas ersten Fragen gehen: Die Frage, warum lässt Bernhard diese Geschichte von einem "Quassler" erzählen. Und: welche Struktur ist erkennbar. Ich möchte diesem Text keine Drei-Akt-Struktur überstülpen bzw sie darin suchen, ich glaube, es gibt ein anderes Kompositionsprinzip dahinter, das eng mit der Sprache verwoben ist. Die Sprache des "Quassel-Erzählers" besteht aus Patterns, die immer wieder variiert werden. Durch diese Variationen kommt, in minimalem Tempo, immer etwas Neues hinzu, dh, jede Wiederholung wird angereichert, dafür fällt etwas Altes weg. Dies, ich sagte es bereits, ist ähnlich wie die/bzw. eine der Kompositionstechniken der Minimal Music, in den Siebzigern und Achtzigern SEHR populär. Patterns, die sich langsam entwickeln, minimal verändern, was der Musik etwas Meditatives gibt. Dieses Meditative, finde ich, hat dieser Text auch, sagt man nicht "gebetsmühlenartige" Wiederholung? Und Jueb sprach vom Einlullen. Gleichzeitig gibt es einen beschwörenden Ton, der etwas mehr Tempo aufweist, als die einfachen Variationen durch Wiederholung/Hinzufügen von etwas Neuem/Weglassen von etwas Altem. Beispiel: Wir lassen uns von ihrem Überfluss beeinflussen und gehen in ihre Falle. Wir sehen nur ihre Fassade und hören nur die Oberfläche von dem was sie sagen und gehen in ihre Falle. (...) Sie machen uns eine absolute ländliche Luxuswelt vor, und wir sind beeindruckt und gehen in ihre Landluxusfalle, dachte ich auf dem Ohrensessel. Hier wieder das ursprüngliche Pattern, der Ohrensessel, eingeflochten, beinahe wie eine Selbstberuhigung des Erzählers. Denn ab jetzt gehts zur Sache: Immer wieder reden sie von dem, das sie besitzen, von ihrem grenzenlosen Reichtum, ohne tatsächlich davon zu reden, und wir lassen uns davon beeindrucken und gehen in ihre Falle. Von ihren gutausgestatteten Küchen und ihren vollen Kellern und von ihren zehntausendbändigen Bibliotheken reden sie, und wir lassen uns davon beeindrucken, und gehen in ihre Falle. Ihre Fischwässer erwähnen sie und ihre Mühlen und Sägewerke, nicht aber ihre Betten, und wir sind von ihnen beeindruckt und gehen in ihre Falle und in ihre Betten, dachte ich. Die Betonung, der Taktschwerpunkt, liegt auf den Betten. Hier hat sich etwas verändert, es folgt ein Textstück, in dem der Erzähler sich verletzlich zeigt, als Zwanzigjähriger, der verwirrt ist, wütend, hoffungslos, nachher wird er unsicher, kommt ins Gleiten, weiß nicht mehr, wie er die Auersbergers überhaupt kennengelernt hat. Etwas später folgt eine lange Passage, in der alles ins Trudeln gerät, der Erzähler nicht mehr trennt, zwischen ihm selbst und denjenigen über die er redet, er ist nicht nur in seine eigenen Gedanken verstrickt, sondern in diese Beziehungen, er ist ausgeliefert, kein Boden mehr unter den Füßen. Das Interessante ist, dass es dies in der Minimal Music auch gibt, in dem Moment, in dem sich Phasen verschieben, gibt es eine kurze Phase, in der alles ins Schwimmen kommt, bevor das jetzt veränderte Pattern wieder klar zu hören ist (Erleichterung!) Diesen Moment erreicht Bernhards Erzähler, finde ich, auf den Seiten unmittelbar nach dem "Geständnis" auch in ihren Betten gewesen zu sein und der anschließenden Verletzlichkeit - er zeigt sich erst als jungen Verlorenen, dann als über Fünfzigjährigen, dessen Freunde alle umkommen, der allein auf der Welt zu sein scheint. Unachtsamkeit, dies sagt er ein paarmal laut, auf seinem Ohrensessel, und dann kommt dieser gleitende Moment: Wir ketten und an sie und verabscheuen sie auf einmal und lassen sie los. Wir rennen jahrelang hinter ihnen her und betteln um ihre Zuneigung, dachte ich, und haben wir auf einmal ihre Zuneigung, wollen wir ihre Zuneigung nicht mehr (...) Dies steigert und steigert sich: Oder wir entkommen ihnen und machen sie herunter, verleumden sie, verbreiten Lügen über sie, dachte ich, um uns zu retten, verleumden sie, wo wir nur können, um uns aus ihnen zu erretten (...) Oder sie entkommen uns und verleumden uns und bezichtigen uns, verbreiten Lügen über uns, um sich zu erretten, dachte ich. Wir glauben, wir sind schon tot und begegnen ihnen und sie erretten uns, aber wir sind nicht dankbar dafür (...) ...und wir hassen sie, weil sie uns auf die Beine geholfen haben, wie sie uns hassen, weil wir ihnen auf die Beine geholfen haben, dachte ich auf dem Ohrensessel. Danach folgt bald ein Wendepunkt: Der Burgschauspieler trifft ein (vorher ist der Erzähler in seiner Verwirrung eingeschlafen). Sprache, Struktur, und, wie ich annehme, Thema sind untrennbar verwoben (wie es bei Literatur ja sein sollte ...). Zum Thema wurde ja schon viel Kluges gesagt, hier will ich noch einmal eure Postings in Ruhe durchlesen ... Und ich bin noch die Erklärung schuldig, wo die Traurigkeit sitzt, das aber später, wird ein bissl lang (denk ich mir im Ohrensessel) Liebe Grüße Claudia Baronsky&Brendler: Liebe würde helfen Ein Staffelroman Februar 21, Kampa Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Angelika Jo Geschrieben 28. Februar 2014 Autor Teilen Geschrieben 28. Februar 2014 Anni! Wie schön! Die erste Wienerin ist eingetroffen (ich muss gleich an an den einen ersten Krokus im Garten denken...), dann hat ja die Lupe doch noch genutzt! Ja, über dein "weltberühmt in Österreich" musste ich auch gerade schmunzeln. Und eben war, wies der Zufall will, besagter Musikerfreund aus alten Tagen bei uns zu Gast und hat mir auf Nachfrage erklärt, dass zu Wien ein eigenartiger Selbsthass dazu gehöre, der seiner Ansicht nach typisch sei für ehemalige Großmachtshauptstädte (in Portugal seis ähnlich, meinte er noch und von Bernhard hätte er noch nie eine Zeile gelesen, wollte es aber immer mal tun und setzt sich jetzt dran). Ja, bitte Anni, grab deine Suhrkamp-Ausgabe aus, lass Luft an den Bernhard, begierig erwarten wir deine Worte! Chere Claudia, geliebtes Huhn (oder schon zur Möwe geworden?) DANKE!!! Das war gerade ein echter Augen- besser gesagt Ohrenöffner, was du da zu den variierten Patterns sagst. Ich hatte bisher keinen Schimmer von so was, es leuchtet mir aber auf der Stelle ein! Auch, dass noch so einem dreiseitigen Lullaby plötzlich etwas Neues kommt, in Form und Inhalt. Da hilft die Form den Betten ordentlich auf, stimmt. Dass mit dem Burgschauspieler sich alles mögliche ändert, sehe ich auch. Ich habs aber bisher vornehmlich dramaturgisch gelesen: Jetzt gibts ein Spotlight, jetzt sind alle gezwungen, diesem Dampfplauderer zuzuhören, unerbittlich. Die Reflexionen hören in dieser Form auf, dafür redet der andere über Rollen und Selbstmorde und frisst und frisst. Bis die Frau Biligroth in den Ring steigt, es gibt ein Kämpfchen und dann erst – es schraubt sich immer höher – erfahren wir, dass auch noch ein Augenkampf stattfindet zwischen ihr und dem Erzähler, dass die beiden was hatten etc. Und gleichzeitig ist dieses Wiegende aus dem Ohrensessel, deine minimal patterns jetzt einem flotteren Tempo gewichen, oder? Also, ich war jedenfalls froh über den Burgschauspieler (und Ulf hat auch so was gesagt). Lieg ich richtig, Frau Tonmeisterin? Geh, sag noch was dazu! Mit herzlichen Grüßen in die Runde, Angelika Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. Alicia jagt eine Mandarinente. dtv premium März 2018. Die Grammatik der Rennpferde. dtv premium Mai 2016 www.angelika-jodl.de Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
anni Geschrieben 28. Februar 2014 Teilen Geschrieben 28. Februar 2014 Okay, ich gehe die Ausgabe suchen ... Falls ich nicht mehr auftauche, bin ich hinter den Ohrensessel gefallen. Autorin | Ein Buch schreibenDas Leben ist zu kurz für schlechte Bücher Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
ClaudiaB Geschrieben 1. März 2014 Teilen Geschrieben 1. März 2014 Hab jetzt all eure Postings nochmal gelesen, ist schwer den Überblick zu behalten ... Ja, Angelika, ich denke auch, dass mit dem Burgschauspieler ein anderer Ton hereinkommt, es gibt zwar immer noch diese Variationen, aber da jetzt mehrere Figuren agieren und auch sprechen, ist - für mich - die Komposition verändert, der ganze Burgschauspielerteil wie eine lange Coda in einem anderen Stil, der Erzähler kreist nicht mehr nur um sich selbst (dafür kreist der Burgschauspieler um seine immergleichen Themen, wir entkommen dem seriellen Prinzip nicht). Zur Figurenorchestrierung: Ich finde, man merkt deutlich, dass Bernhard auch Dramatiker ist, sie könnten tatsächlich so in einem Ensemblestück vorkommen. Und danke, Jueb, für den Link zur Inszenierung! Interessant finde ich übrigens auch, dass er nachher den "Bolero" im Zusammenhang mit der Joana erwähnt, es ist "ihr" Stück. Der Bolero besteht ja auch aus Variation des Immergleichen (in diesem Falle durch Orchestrierung), und er erzeugt einen ähnlichen meditativen Effekt, finde ich. Zum Thema: Für mich wäre die Prämisse Kann man als Künstler wahrhaftig sein? Etwas, das mich auch umtreibt. Und vom Künstler kommt er (und man selbst auch) auf den Menschen. Also ist es überhaupt möglich, wahrhaftig zu sein? Ist ein Leben in Wahrhaftigkeit möglich? Wien macht alles nur schlimmer, Wien ist etwas wie ein Versuchslabor, in dem die Bedingungen auf die Spitze getrieben werden können. Und es gehört zum Gesamtkunstwerk dazu, dass Teile der Geschichte wahr sind (ich glaube auch, nur Teile, einige Personen, der Rest ist genau dramaturgisch geplant), dass das Buch später beschlagnahmt wird, Prozesse geführt werden. Zur Traurigkeit: Ich weiß nicht mehr, wer die Traurigkeit zur Verzweiflung umformuliert hat, was die Erzählstimme betrifft. Dem stimme ich auf jeden Fall zu, der Erzähler ist verzweifelt und angeekelt. (Und ein erregter, verzweifelter, angeekelter, besoffener, manischer, von seinen Emotionen überwältigter Erzähler kann nur unzuverlässig sein (?)) Aber die Traurigkeit liegt - für mich - in den Geschichten dahinter. "Was in Auersbergers Kompositionen fehlt, ist der Auersberger." Einer der Sätze, hinter denen sich ein Abgrund auftut - wie gesagt wird, würde der Bernhardt schreiben! Der Auersberger, der seine früher wohl vorhandene künstlerische Wahrhaftigkeit aufgegeben hat, um Webern-Epigone zu werden. Ausgerechnet Webern-Epigone, darin liegt einige Ironie, Thomas Bernhardt sagt es ja (Weberns Stücke sind sehr sehr kurz, es gibt einfach nicht viel von ihm.) Wie der Auersberger zu diesem Epigonentum gekommen ist, wissen wir nicht, vermutlich ist er hineingerutscht, ohne es zu merken, wollte geliebt, anerkannt etc werden wie alle, hat sich dabei selbst verloren, verleugnet, ist jetzt eine verlogene Existenz. Was er mit dem tatsächlichen Lampertsberg zu tun hat, ist mir beim Lesen erstmal ziemlich wurscht. Noch viel trauriger ist die Figur der Joana, die sich auf andere Weise selbst verleugnet, die aus Angst vor dem, was in ihr stecken könnte - die Künstlerin, die Erschafferin - ihren Mann zum Künstler macht und an dieser Form von Selbstverleugnung zugrunde geht. Dergleichen weibliche Selbstverleugnung mit genau dieser Konsequenz (inclusive der Flucht des großen, gemachten Künstlers) kann man immer noch so, so oft beobachten. Mut und Feigheit wären auch Themen, die in der Geschichte stecken und immer wieder hervorblitzen. Und Charlies (bzw Ulfs) Frage nach der Würde und die zielgerichtete Zertrümmerung der Würde würde ich auch gern noch einmal aufgreifen, ich denke noch darüber nach ... aber das stimmt, genau das tut dieser verletzte Erzähler. Soweit erstmal ... ich finde es klasse, das Buch mit euch zu lesen und darüber nachzudenken und bin erstaunt, wie anders ich es sehe als beim ersten Mal. Begeistert bin ich aber nach wie vor. Liebe Grüße Claudia Baronsky&Brendler: Liebe würde helfen Ein Staffelroman Februar 21, Kampa Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Ulf Schiewe Geschrieben 1. März 2014 Teilen Geschrieben 1. März 2014 Interessant finde ich übrigens auch' date=' dass er nachher den "Bolero" im Zusammenhang mit der Joana erwähnt, es ist "ihr" Stück. Der Bolero besteht ja auch aus Variation des Immergleichen (in diesem Falle durch Orchestrierung), und er erzeugt einen ähnlichen meditativen Effekt, finde ich.[/quote'] Deinen Vergleich mit der Musik (besonders dem Bolero) kann ich durchaus nachvollziehen, wobei das im Text auf mich nicht meditativ sondern einschläfernd wirkt. Ich habe inzwischen noch etwas mehr über Thomas Bernhard gelesen und verstehe, dass dies ein besonderes Stilmittel von ihm ist. Und natürlich auch dieses Meckern und Niedermachen von allem und jedem. Für mich hätte es gereicht, all das in 30-50 Seiten auszudrücken. Besonders dieser ständige Negativton zermürbt mich. Es hat mich geärgert, selbst wenn ich keine Kenntnis des Skandals gehabt hätte, hätte es mich geärgert. Ich bin für so etwas nicht geschaffen und habe nur weitergelesen, weil ich es versprochen hatte. Zum Thema: Für mich wäre die Prämisse Kann man als Künstler wahrhaftig sein? Etwas, das mich auch umtreibt. Und vom Künstler kommt er (und man selbst auch) auf den Menschen. Also ist es überhaupt möglich, wahrhaftig zu sein? Ist ein Leben in Wahrhaftigkeit möglich? Warum nicht? Zumindest nicht weniger oder mehr wie bei jedem Menschen. Warum sollte das bei einem Künstler anders sein? Eigentlich, finde ich, ist bei einem Künstler sogar mehr an Authentizität gefordert, zumindest in seinem künstlerischen Schaffen. Das ist ja eine der Kritiken des Autors an den Figuren, dass sie Blender sind und deshalb keine wahren Künstler. Wie du selbst zitierst: "Was in Auersbergers Kompositionen fehlt, ist der Auersberger." Aber im Grunde behandelt das Buch nicht wirklich diese Frage. Es geht nicht um Kunst oder das Künstlerleben an sich. Das klingt nur ganz nebenbei an. Es geht, wenn überhaupt über Künstler in Wien und ganz bestimmt nur um diese Handvoll Personen, die er sich vorgenommen hat niederzumachen und zu beschädigen. Ich würde daher aus dem Text nichts Allgemeingültiges ziehen wollen. Es geht im Text um Frust (ganz sicher) und um gewollte Destruktion. Er tut dies auf zweierlei Weise. Bei allen Figuren außer dem Schauspieler macht der Erzähler die Figuren schlecht. Zu dem Schauspieler sagt er nicht viel, den lässt er sich selbst durch seine idiotischen Äußerungen schlecht machen. Das Destruktive scheint ja nicht nur Inhalt dieses Textes zu sein. Dieses Niedermachen soll er ja auch in anderen Texten praktiziert haben. Noch viel trauriger ist die Figur der Joana, die sich auf andere Weise selbst verleugnet, die aus Angst vor dem, was in ihr stecken könnte - die Künstlerin, die Erschafferin - ihren Mann zum Künstler macht und an dieser Form von Selbstverleugnung zugrunde geht. Dergleichen weibliche Selbstverleugnung mit genau dieser Konsequenz (inclusive der Flucht des großen, gemachten Künstlers) kann man immer noch so, so oft beobachten. Auch hier, muss ich sagen, habe ich das Buch anders verstanden. Die Joana, nachdem sie selbst als Künstlerin erfolglos war, hat sich ganz auf ihren Lebensgefährten gestürzt, um wenigstens aus ihm einen Künstler zu machen. Sie hat ihn gemacht, wird doch häufig wiederholt. Und sie hat ihn damit auch erdrückt, bis er geflohen ist. Auch das meine ich, gelesen zu haben. So etwas gibt es ja auch bei übereifrigen und ehrgeizigen Tennis-/Ballet-/Eiskunstmüttern, die dann zurückbleiben mit der Klage "ich hab doch alles für dich geopfert." (Nicht, dass mir die Joana nicht auch leid tut.) Die Montalban-Reihe, Die Normannen-Saga, Die Wikinger-Trilogie, Bucht der Schmuggler, Land im Sturm, Der Attentäter, Die Kinder von Nebra, Die Mission des Kreuzritters, Der Eiserne Herzog, www.ulfschiewe.de Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Angelika Jo Geschrieben 1. März 2014 Autor Teilen Geschrieben 1. März 2014 Zum Thema: Für mich wäre die Prämisse Kann man als Künstler wahrhaftig sein? Etwas, das mich auch umtreibt. Und vom Künstler kommt er (und man selbst auch) auf den Menschen. Also ist es überhaupt möglich, wahrhaftig zu sein? Ist ein Leben in Wahrhaftigkeit möglich? Warum nicht? Zumindest nicht weniger oder mehr wie bei jedem Menschen. Warum sollte das bei einem Künstler anders sein? Eigentlich, finde ich, ist bei einem Künstler sogar mehr an Authentizität gefordert, zumindest in seinem künstlerischen Schaffen. Das ist ja eine der Kritiken des Autors an den Figuren, dass sie Blender sind und deshalb keine wahren Künstler. Wie du selbst zitierst: "Was in Auersbergers Kompositionen fehlt, ist der Auersberger." Ja, das ist schon die zentrale Frage, das sehe ich gerade so wie Claudia. Wollen wir eine kleine Weile dabei bleiben? Dann kommen auch endlich juebs Confessiones zur Sprache. Mal unabhängig davon, ob es auf Bernhards Text zutrifft oder er nur ein bisschen rum meckern wollte, habe ich erst eine Verständnisfrage an dich, Ulf. Wie meinst du dein Statement da oben: Dass die Frage nach der Wahrhaftigkeit einen Künstler in ganz besonderer Weise trifft oder dass er sich da nicht groß von anderen Menschen unterscheidet? Ich warte erst noch deine Antwort ab, und lege dann meine Sicht der Dinge dar (an der es liegen mag, dass mich der Text nicht so persönlich berührt wie dich, Claudia, und dich, jueb). Angelika Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. Alicia jagt eine Mandarinente. dtv premium März 2018. Die Grammatik der Rennpferde. dtv premium Mai 2016 www.angelika-jodl.de Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Ulf Schiewe Geschrieben 1. März 2014 Teilen Geschrieben 1. März 2014 Mal unabhängig davon' date=' ob es auf Bernhards Text zutrifft oder er nur ein bisschen rum meckern wollte, habe ich erst eine Verständnisfrage an dich, Ulf. Wie meinst du dein Statement da oben: Dass die Frage nach der Wahrhaftigkeit einen Künstler in ganz besonderer Weise trifft oder dass er sich da nicht groß von anderen Menschen unterscheidet? [/quote'] Okay, das war nicht so deutlich. Also als Mensch unterscheidet sich der Künstler da nicht von anderen, meine ich. Das Künstlerleben verlangt nicht mehr oder weniger Wahrheit. Bei der Arbeit eines Künstlers dagegen ist doch Authentizität gefordert, da muss er sich selbst einbringen und versuchen, die Wahrheit der Dinge, zumindest aus seiner Sicht zu ergründen und darzustellen. Nachahmung, Faking oder Oberflächlichkeit bringt es nicht. Die Montalban-Reihe, Die Normannen-Saga, Die Wikinger-Trilogie, Bucht der Schmuggler, Land im Sturm, Der Attentäter, Die Kinder von Nebra, Die Mission des Kreuzritters, Der Eiserne Herzog, www.ulfschiewe.de Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Angelika Jo Geschrieben 1. März 2014 Autor Teilen Geschrieben 1. März 2014 Ja, und "bringt es nicht" ist was anderes als "ein Künstler sollte ..." , nicht wahr? In dieser Einschätzung bin ich deiner Ansicht, Ulf. Ich fürchte, nur in dieser, was Bernhard und "Holzfällen" betrifft, aber dafür wohl umso entschiedener. Und wie es der Teufel will, steht in weniger als 60 Minuten ein lieber Gast auf der Matte und ich muss noch Nase pudern und den ganzen Schnickschnack, ihr versteht? Also morgen äußere ich mich zu diesem Komplex wieder eher in der Breite. Aber vielleicht will ja dazwischen noch jemand anderer? Angelika Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. Alicia jagt eine Mandarinente. dtv premium März 2018. Die Grammatik der Rennpferde. dtv premium Mai 2016 www.angelika-jodl.de Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Bea Geschrieben 1. März 2014 Teilen Geschrieben 1. März 2014 Der Bezug zur Musik, Claudia, ist toll beschrieben, dieses Pattern - ich kannte das nicht und bin auch zu unmusikalisch, wenigstens hab ich auch den Sog eines Sounds gefühlt. Aber danke, toll erklärt, nun bin ich schon mal reicher. Für mich sah ich dann über das Ganze, tu ich gerne, nicht en détail, und will es mal kurz versuchen darzulegen, wo ich dieses Aufnehmen des alten Themas (des Grundtons sag ich mal laienhaft) und das Aufnehmen neuer Teile sehe: - zunächst haben wir nur Beschimpfungen des Erzählers auf andere - nach und nach fügen sich Beziehungen zu anderen ein, werden ausgebreitet, wir sind noch in der "Ohrensessellitanei", wir erkennen die Verknüpfungen - zu den Beschimpfungen über das miserable Leben der anderen kommt das Einfügen von eigenen Fehlern und Vorhaltungen sich selbst gegenüber - Der Burgschauspieler, der einzige, der sein Leben offensichtlich nicht berührt hat, wird zur Zielscheibe für eine geballte Ladung Hass gegen die wienerische Künstlerwelt allgemein. - ganz am Ende fast nur noch Beschimpfungen und Vorhaltungen sich selbst gegenüber Zum Thema: Für mich wäre die Prämisse Kann man als Künstler wahrhaftig sein? Etwas, das mich auch umtreibt. Und vom Künstler kommt er (und man selbst auch) auf den Menschen. Also ist es überhaupt möglich, wahrhaftig zu sein? Ist ein Leben in Wahrhaftigkeit möglich? Ich weiß nicht, ich weiß nicht, hierzu bin ich entweder überfordert oder sehe eine Aporie. Die Wahrhaftigkeit des Menschen, als Künstler oder nicht, ist immer irgendwo Inhalt eines literarischen Werkes welcher Art auch immer. Es geht um Lebensaufgaben, Fehler, Versäumnisse, Liebe, Leid und darin Lebenslügen welcher Art auch immer, und und und Klärt mich auf, wenn ich hier in diesem Punkt etwas falsch verstehe (oder wieder mal das Ganze, den Wald, sehe und vielleicht nicht auf die Bäume in diesem Buch schaue - die Bernhard gefällt hat und wir jetzt zerhacken wollen?) Und wenn es um Authentizität geht, dann hat sie Bernhard hier wohl wahrhaftig vollbracht? Für sich. Sicher, ist wohl egoistisch. Wieviel Anstand und Anpassung hindern mich am Authentisch-sein? Das knüpft für mich an die Bemerkung juebs an, vom sich ertappt fühlen. Schönen Abend. Bea "Wer nicht weiß, in welchen Hafen er will, für den ist kein Wind der richtige." Seneca Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Ulf Schiewe Geschrieben 2. März 2014 Teilen Geschrieben 2. März 2014 Ja, und "bringt es nicht" ist was anderes als "ein Künstler sollte ..." , nicht wahr? In dieser Einschätzung bin ich deiner Ansicht, Ulf. Ich fürchte, nur in dieser, was Bernhard und "Holzfällen" betrifft, aber dafür wohl umso entschiedener. Das verstehe ich gut, liebe Angelika. Man muss diese Art von Literatur mögen. Ich tue es nicht. Es war noch einmal ein Versuch von mir (unter einigen), aber ich kann mit diesen endlosen Selbstbetrachtungen einfach nichts anfangen. Und dieses Beispiel hat mich dazu noch richtig geärgert. Thomas Bernhard, Ade! Die Montalban-Reihe, Die Normannen-Saga, Die Wikinger-Trilogie, Bucht der Schmuggler, Land im Sturm, Der Attentäter, Die Kinder von Nebra, Die Mission des Kreuzritters, Der Eiserne Herzog, www.ulfschiewe.de Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
ClaudiaB Geschrieben 2. März 2014 Teilen Geschrieben 2. März 2014 Na, da hast du trotzdem wacker durchgehalten und die Konfrontation nicht gescheut. Darauf will ich dich aber noch einmal ansprechen: Bei der Arbeit eines Künstlers dagegen ist doch Authentizität gefordert, da muss er sich selbst einbringen und versuchen, die Wahrheit der Dinge, zumindest aus seiner Sicht zu ergründen und darzustellen. Nachahmung, Faking oder Oberflächlichkeit bringt es nicht. Hier würde ich gern noch etwas tiefer bohren, auch auf die heutige Situation bezogen, Bernhards wie auch immer geartete Prämisse ist noch aktuell. Die Prämissenfragen würde ich erweitern, um Beas Fragen: Wieviel Anstand und Anpassung hindern mich am Authentisch-sein? (als Künstler) Im Wien Bernhards geht es um subventionierte Künstler, die sich mit Politikern und "der Obrigkeit" gemein machen (müssen), heute, im Bereich, in dem sich viele von uns aufhalten, geht es um Anpassung anderer Art. Dazu würde ich gern einmal die eine oder andere in anderen Threads gemachte Aussage, sofern diese im öffentlichen Bereich gepostet worden ist, zitieren. Und dann würde ich gern mit euch und mit dir, Ulf, darüber ein bissl diskutieren, egal, ob du den Bernhard nun magst oder nicht. Hab aber erst morgen wieder Zeit. Und das hier: Für mich sah ich dann über das Ganze, tu ich gerne, nicht en détail, und will es mal kurz versuchen darzulegen, wo ich dieses Aufnehmen des alten Themas (des Grundtons sag ich mal laienhaft) und das Aufnehmen neuer Teile sehe: - zunächst haben wir nur Beschimpfungen des Erzählers auf andere - nach und nach fügen sich Beziehungen zu anderen ein, werden ausgebreitet, wir sind noch in der "Ohrensessellitanei", wir erkennen die Verknüpfungen - zu den Beschimpfungen über das miserable Leben der anderen kommt das Einfügen von eigenen Fehlern und Vorhaltungen sich selbst gegenüber - Der Burgschauspieler, der einzige, der sein Leben offensichtlich nicht berührt hat, wird zur Zielscheibe für eine geballte Ladung Hass gegen die wienerische Künstlerwelt allgemein. - ganz am Ende fast nur noch Beschimpfungen und Vorhaltungen sich selbst gegenüber finde ich treffend, nur beim Burgschauspieler bleibe ich hängen, da ist noch mehr, denke ich. Der Burgschauspieler ist der einzige, der allen die Meinung sagt, der in diesem Moment "authentisch" ist. Allerdings nur versehentlich, wie der Erzähler meint, versehentlich und nur für Sekunden kommt der "Augenblicksphilosoph" hervor, er sagt "Wald, Hochwald, Holzfällen" und wird damit titelgebend. Er ist nicht nur Zielpunkt des Hasses, er ist eine wichtige, vielleicht die wichtigste (?) und die einzige wirklich handelnde, aktive Figur. Über den Schauspieler denke ich nach, finde es schwierig, diese Figur richtig einzuordnen. Ihr? Liebe Grüße Claudia Baronsky&Brendler: Liebe würde helfen Ein Staffelroman Februar 21, Kampa Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...