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Elke

was folgt nach wörtlicher Rede?

Empfohlene Beiträge

"Ich komme", verkündete er.

"Oh, das ist doch nett", erwiderte sie.

 

Oder vielleicht ... erwiderte sie heiser?

 

:s01 :s01 :s01

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

Alicia jagt eine Mandarinente. dtv premium März 2018. Die Grammatik der Rennpferde. dtv premium Mai 2016

www.angelika-jodl.de

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In den englischen Texten, die ich übersetze, wimmelt es oft vor "he said", "she said". Seltsamerweise (oder gibt es gute Gründe?) stört mich das im Englischen nicht so sehr wie im Deutschen. Deshalb setze ich manchmal Synonyme ein wie etwa erklären, entgegnen, widersprechen, zustimmen.

 

Manchmal finde ich es auch nützlich, mich etwas vom direkten Wortlaut zu lösen und mir die Gesprächssituation bzw. die Personen und ihre Haltungen und Handlungen auf einer Bühne vorzustellen. Dabei können Vokabeln herauskommen wie: zurechtweisen, loben, ausweichen, tadeln, zustimmen, lügen, schmeicheln, drohen, locken, abwehren, trotzen, einlenken, säuseln.

 

Gelegentlich finde ich sogar, dass ein "sagte" (in welcher Form auch immer) die Szene abschwächen würde.

 

"Lass mich in Ruhe." Abrupt wandte er sich von ihr ab.

 

klingt in meinen Ohren prägnanter als:

 

"Lass mich in Ruhe", sagte er und wandte sich abrupt von ihr ab.

 

 

Ungefähr in der Gegend von

 

"xxx", lachte er

 

ziehe ich für mich eine Grenze. Es ist wohl in vielen Fällen eine Stilfrage, und da spielt mein ganz persönliches Sprachgefühl hinein: "Nein", polterte mein Bauch. "So was geht gar nicht."

 

Jürgen

Holocaust-Referenz - Argumente gegen Auschwitzleugner

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PS: Eine Sexszene mit "verkündete er" zu schmücken wäre vielleicht auch nett.

"Ich komme", verkündete er.

"Oh, das ist doch nett", erwiderte sie.

Ts, ts, eleganter Stil geht anders, nämlich so:

 

"Ich komme", offenbarte er mit tiefer Stimme

"Oh das ist doch nett", hauchte sie ihm errötend ins Ohr ;-)

 

Nicht-sagende Grüße

 

Hans Peter

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Spielerische Elemente, wie Claudia sie erwähnt, indem man Erwartungshaltungen von Ausdrucksweisen bricht, finde ich - sofern sie gekonnt gemacht sind - richtig klasse.

 

Das ist eben auch das, was ich schon wiederholt anführte - man muss die Regeln der Stilsicherheit beherrschen, um sie u.U. gekonnt zu brechen.

 

Peinlich sind diese Stilblüten dann, wenn der Autor die Grundregeln nicht beherrscht und glaubt, er würde alles richtig machen. Das ist dann einfach nur grässlich.

 

Gruß, Melanie

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Gelegentlich finde ich sogar, dass ein "sagte" (in welcher Form auch immer) die Szene abschwächen würde.

 

"Lass mich in Ruhe." Abrupt wandte er sich von ihr ab.

 

klingt in meinen Ohren prägnanter als:

 

"Lass mich in Ruhe", sagte er und wandte sich abrupt von ihr ab.

Das "sagte er" schwächt die Szene dann ab, wenn du es gar nicht brauchst, weil klar ist, wer etwas sagt. Wie im ersten Beispiel von dir.

 

Grüße, Hans Peter

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Melanie, da musst du mir erst noch ein Beispiel zeigen ;), sonst ist mir das zu allgemein gesagt mit den 10 %.

 

Jennifer, ich mache es genauso. Sagte kann man sehr oft weglassen, weil im Kontext eh klar ist , wer spricht oder man es mit einer anschließenden Handlung klarmachen kann.

Rufen, brüllen und flüstern und andere sollten sparsam verwendet werden.

 

Ja, genau Jürgen. "sagte er und wandte sich abrupt ab" schwächt die Szene.

Romane:  http://weigel-elke.net/      Sachbücher/Psychotherapie: https://weigel-elke.de/

Instagram: https://www.instagram.com/elke_weigel_psychologin/

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Eigentlich zählt ja nur der Inhalt des Dialogs. Und das "sagte", oder was auch immer, soll ja nur anzeigen, wer gerade spricht, falls es im Kontext nicht eindeutig ist.

 

Es ist unnötig, "widersprach er" zu schreiben, wenn der Dialog des Sprechenden schon einen Widerspruch ausdrückt. Diese ganzen Synonyme und Umschreibungen sind meist unnötig.

 

Deshalb finde ich, am besten ist immer noch ganz weglassen oder sich auf "sagte" oder ein ähnliches neutrales Verb zu beschränken, allein um den Sprecher zu identifizieren. Neutral deshalb gut, weil man darüber hinwegliest und dadurch der Dialog im Vordergrund steht anstatt all der lächeln, ächzen oder stöhnen.

Die Montalban-Reihe, Die Normannen-Saga, Die Wikinger-Trilogie, Bucht der Schmuggler, Land im Sturm, Der Attentäter, Die Kinder von Nebra, Die Mission des Kreuzritters, Der Eiserne Herzog, www.ulfschiewe.de

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Melanie' date=' da musst du mir erst noch ein Beispiel zeigen ;), sonst ist mir das zu allgemein gesagt mit den 10 %.[/quote']

 

Ich habe bereits Beispiele genannt - z. B. "Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand"

 

Und wenn ein Taubstummer grundsätzlich etwas deutet, weil dies seine Ausdrucksweise ist, darf das auch als Stilelement für seine spezifische Form der Sprache verwendet werden.

 

Wenn jemand die Marotte hat, immerzu zu gackern, nur zu lachen, dann darf man u.U. auch daraus ein Stilmittel machen, indem redundant bei dieser Person ", lachte sie oder ", gackerte sie, verwendet wird.

 

Derartige Stilmittel müssen nicht jedem gefallen - Geschmack ist verschieden - aber auch Stilmittel, die uns nicht gefallen, bedeuten, wenn sie korrekt eingesetzt sind, keinen schlechten Stil, sondern einfach nur einen Stil, der uns persönlich nicht liegt.

 

Ich plädiere da für Toleranz und Aufgeschlossenheit den Absichten des Autors gegenüber und nicht alles in einen Topf zu werfen.

 

Gruß, Melanie

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Es ist unnötig' date=' "widersprach er" zu schreiben, wenn der Dialog des Sprechenden schon einen Widerspruch ausdrückt. Diese ganzen Synonyme und Umschreibungen sind meist unnötig.[/quote']

 

Diesen Hinweis finde ich wichtig! Ich lese gerade ein Buch, das wimmelt von solchen Konstruktionen.

"Das ist nicht ...äh ...meine Tochter", war B. weiter ziemlich verlegen.

Selbst wenn der Autor schreiben würde:

"Das ist nicht ...äh ...meine Tochter." B. war weiter ziemlich verlegen.",wäre das überfüssig, denn die Verlegenheit ergibt sich aus dem Folgenden, nämlich, als die Leute von Nebentisch schon herübergucken.

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Eigentlich zählt ja nur der Inhalt des Dialogs. Und das "sagte", oder was auch immer, soll ja nur anzeigen, wer gerade spricht, falls es im Kontext nicht eindeutig ist.

 

DAS finde ich z.B. gar nicht.

Wörter können mehr, wenn man sie lässt!

Blöderweise fehlt mir die Theorie, um es zu erklären, aber ich finde, auch und gerade bei diesem Dialog-Beiwerk geht es um mehr als nur um bloßes Vermitteln von Informationen. Ich finde auch hier Klang, Rhythmus und Dramaturgie wichtig. An den richtigen Stellen kurz fassen und an den richtigen Zeit schinden.

Manchmal braucht es ein knappes "sagte" und manchmal eben ein mehrsilbiges "er-wi-der-te" oder "wi-der-sprach" oder sowas, wenn der Satz dadurch mehr Flow, mehr Süff, mehr Schmackes oder was zum Geier auch sonst bekommt.

 

Das ist dann leider, leider oder zum Glück manchmal und möglicherweise ganz sicher wieder Geschmackssache.  ::)

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Es juckte mir selbst schon die ganze Zeit, zu schreiben, dass es eine gewisse Redundanz ergibt, wenn man stärkere Verben als "sagte" gebraucht.

Was mich davon jedoch abhielt, ist der Umstand, dass

a) es durchaus auch mal redundant zugehen darf (siehe Melanies und Jennifers Standpunkte, die ich allesamt unterschreiben kann). Der Autor kann ja (wenn er mag) durchaus ein paar Einfärbungen des Gesagten mit auf den Weg geben. Man muss nicht schreiben wie E. Leonard (über den gerade an anderer Stelle gesprochen wird) und man muss sich auch nicht der Religion des bedingungslosen Adjektivstreichens anschließen, um angenehm zu lesende Texte zu fabrizieren.

b) der Platzgewinn zu vernachlässigen ist, wenn man nur ein Verb durch ein anderes ersetzt.

c) das am Kern des Themas leicht vorbeigeht, wo wir nur klären wollen, ob andere Verben als "sagte" eine Daseinsberechtigung haben.

 

Peter

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Können wir vielleicht zusammenfassen, dass die Verbindung "Komma + Verb" nur bei den Verben schön ist, die direkt mit dem Sprechen zusammenhängen?

Man kann ein Wort, wenn es passt, sagen, rufen, flüstern, quieken - wenn man zeichensprache beherrscht, kann man es auch zeigen oder deuten - aber man kann ein Wort nicht mit den Armen verschränken. Daher würde ich behaupten "So ist das!", verschränkte sie die Arme - ist falsch und gehört weggemacht.

 

Glaubt sie.

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Hans Peter hatte doch vor ein paar Tagen diesen Link unter dem Titel "Schreiben wie Elmore Leonard" gepostet. Da steht, wie ich finde, auch sehr viel Kluges zum Thema "Dialog" drin.

 

 

(Link ungültig)

 

Liebe Grüße

Ramona

Inspiration exists, but it has to find us working! (Pablo Picasso)

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Daher würde ich behaupten "So ist das!"' date=' verschränkte sie die Arme - ist falsch und gehört weggemacht. [/quote']

 

Außer, sie ist taubstumm und deutet durch das Verschließen der Arme die Abgeschlossenheit ihrer Rede - sozusagen das Pendant zu "Basta" ;D

 

Aber wenn sie durch den Kehlkopf sprechen kann, ist es natürlich ein unschöner Stil.

 

OT - warum ich hier immer mal wieder mit den Taubstummen komme -

ich habe mal ein von einer Taubstummen geleitetes Seminar zur Gebärdensprache über eine Woche lang besucht. Und obwohl wir alle überhaupt nicht geredet haben, sondern nur gestikulierten, scheint es tatsächlich das Sprachzentrum zu treffen - denn ich hatte jeden Abend das Gefühl, als hätte mir jemand unterunterbrochen was erzählt und mich vollgeredet. Das fand ich sehr beeindruckend. Dabei wurde aber wirklich alles nur gedeutet oder gebärdet.

 

Gruß, Melanie

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Eigentlich zählt ja nur der Inhalt des Dialogs. Und das "sagte", oder was auch immer, soll ja nur anzeigen, wer gerade spricht, falls es im Kontext nicht eindeutig ist.

 

DAS finde ich z.B. gar nicht.

Wörter können mehr, wenn man sie lässt!

Blöderweise fehlt mir die Theorie, um es zu erklären, aber ich finde, auch und gerade bei diesem Dialog-Beiwerk geht es um mehr als nur um bloßes Vermitteln von Informationen. Ich finde auch hier Klang, Rhythmus und Dramaturgie wichtig. An den richtigen Stellen kurz fassen und an den richtigen Zeit schinden.

Manchmal braucht es ein knappes "sagte" und manchmal eben ein mehrsilbiges "er-wi-der-te" oder "wi-der-sprach" oder sowas, wenn der Satz dadurch mehr Flow, mehr Süff, mehr Schmackes oder was zum Geier auch sonst bekommt.

 

Das sehe ich auch so und finde ich ganz wichtig! Es geht immer um den Gesamttext. Was in einem knappen, lakonischen Text zu viel wäre, kann in einer differenzierten Charakterstudie zu wenig sein.

 

Liebe Grüße

Andreas

"Wir sind die Wahrheit", Jugendbuch, Dressler Verlag 2020;  Romane bei FISCHER Scherz: "Die im Dunkeln sieht man nicht"; "Die Nachtigall singt nicht mehr"; "Die Zeit der Jäger"

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Hans Peter hatte doch vor ein paar Tagen diesen Link unter dem Titel "Schreiben wie Elmore Leonard" gepostet. Da steht, wie ich finde, auch sehr viel Kluges zum Thema "Dialog" drin.

 

 

(Link ungültig)

 

Liebe Grüße

Ramona

 

 

O ja, die Regeln von Elmore Leonard (für mich einer der Größten) sind bemerkenswert, hier vor allem Nr. 3:

 

"Dritte Regel: Benutze nie ein anderes Verb als „sagte“ für einen Dialog.

Ein Dialog gehört einer handelnden Person, mit einem Verb steckt der Autor seine Nase mit hinein."

 

Aber hier gilt natürlich: Jeder wie er's mag. Ich für meinen Teil mag "sagen" am liebsten :-)

 

sagt

eva v.

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Eigentlich zählt ja nur der Inhalt des Dialogs. Und das "sagte", oder was auch immer, soll ja nur anzeigen, wer gerade spricht, falls es im Kontext nicht eindeutig ist.

 

DAS finde ich z.B. gar nicht.

Wörter können mehr, wenn man sie lässt!

Blöderweise fehlt mir die Theorie, um es zu erklären, aber ich finde, auch und gerade bei diesem Dialog-Beiwerk geht es um mehr als nur um bloßes Vermitteln von Informationen. Ich finde auch hier Klang, Rhythmus und Dramaturgie wichtig. An den richtigen Stellen kurz fassen und an den richtigen Zeit schinden.

Manchmal braucht es ein knappes "sagte" und manchmal eben ein mehrsilbiges "er-wi-der-te" oder "wi-der-sprach" oder sowas, wenn der Satz dadurch mehr Flow, mehr Süff, mehr Schmackes oder was zum Geier auch sonst bekommt.

 

Das ist dann leider, leider oder zum Glück manchmal und möglicherweise ganz sicher wieder Geschmackssache.  ::)

 

Natürlich ist Rhythmus wichtig. Aber den kann man auf vielerlei Art herstellen, auch ohne blumige, beschreibende Verben.

 

"Es ist spät", sagte er. (Das klingt etwas karg)

 

"Es ist schon spät", stieß er erregt hervor und wanderte unruhig auf und ab. (Das klingt für mich dagegen überladen.)

 

Man kann auch ganz die Verben weglassen:

 

"Ist dir eigentlich klar, wie spät es ist, Elfriede?"

"Hör auf, mich zu hetzen. Und Brüllen hilft gar nicht."

 

Aber, wie du sagst, Geschmacksache. :)

Die Montalban-Reihe, Die Normannen-Saga, Die Wikinger-Trilogie, Bucht der Schmuggler, Land im Sturm, Der Attentäter, Die Kinder von Nebra, Die Mission des Kreuzritters, Der Eiserne Herzog, www.ulfschiewe.de

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Rhythmus oder nicht - die genannten Verben (flüstern, hauchen, stottern) sind bevormundend und gehören deshalb in das Feld der Trivialliteratur.

 

Ja, ich hab's gesagt, das böse T-Wort, aber ich begründe auch :-)

 

Literatur lässt im besten Fall im Kopf des Lesers eine ganze Welt entstehen, was bedeutet, dass der Leser entscheidend dazu beiträgt, dass das Werk Wirkung zeigt. Cormac McCarthy zB würde kaum so starke emotionale Reaktionen seiner Leser auslösen, wenn Stil an sich Emotionen auslösen könnte (bzw dessen 'Abwesenheit': in seinem Falle nüchterndste Handlungsbeschreibung in rudimentärsten Worten, die eben auf eine Welt HINTER den Worten verweisen).

 

Trivialliteratur dagegen führt mir als Leser Emotionen vor - was immer schwächer ist, als selbst Emotionen so entwickeln. Man wird halt berieselt. Und dann noch das Problem mit der 'Inszenierung' an sich: wenn immer der Dialog seufzend, lachend oder bedrohlich geflüstert vorgetragen wird, empfinde ich Over-Acting und eben eine schröcklich-tollpatschige Inszenierung, die weder zu Subtilität und damit Spannung taugt, noch irgendwas mit dem wahren Leben zu tun hat.

 

Für mich hat das also nix mit Stil oder Geschmack zu tun, sondern damit, was ich von meinen Lesen will.

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Das heißt also "Hänsel und Gretel verliefen sich im Wald" wäre Hochliteratur?

Und "Es war so finster und auch so bitterkalt" trivial, weil es dem Leser Stimmung vorgibt und benennt, statt es ihm zu überlassen, die in seinem eigenen Kopf individuell zu finden?

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Das geht zwar alles in die richtige Richtung, aber irgendwo wird falsch abgebogen.

Wer Hochliteratur und Trivialliteratur nicht definieren kann, sollte von diesen Begriffen die Finger lassen, so er / sie sich nicht böse verbrennen will.

Mir fällt bei zahlreichen Diskussionen immer wieder ein Satz von AndreasE ein; ich überlege bisweilen, meine bisherige Signatur durch ihn zu ersetzen:

Wie auch immer: Es gibt das Handwerk der Malerei (Farben mischen, Perspektivregeln und dergleichen), und es gibt "Malen nach Zahlen". Sinngemäß dieselben Richtungen gibt es beim Schreiben auch.

Einleitung Ende.

 

Wer ein Buch liest, will wissen, was sich der Autor für ihn ausgedacht hat. Details sind keine Bevormundung, sondern integraler Bestandteil des Paktes zwischen Leser und Autor.

Wäre dem nicht so, würde stimmen, was Matthias geschrieben hat. Mehr noch: Man könnte auch gleich weglassen, dass H+G sich in einem WALD verirren. Ist für die Story nicht relevant, dass es ein Wald ist. Die Bäume und die Tiere haben keinen Auftritt, also könnte es auch in der Wüste sein. Was bevormunden wir den Leser mit Bäumen, er mag vielleicht gar keine Wälder. Und eine Hexe brauchen wir nicht, das ist auch viel zu konkret und außerdem frauenfeindlich. Es ist einfach nur eine Person.

Usw.

Resultat:

Hänsel und Gretel verirrten sich. Sie trafen Jean. Jean wollte sie essen. Hänsel und Gretel konnten Jean jedoch vorher töten. Dann kehrten sie heim.

Ist das nicht schön, wieviel Freiraum das der Fantasie des Lesers setzt?

Aber vielleicht will der Leser gar nicht so viele Freiräume. Er hat sich das Buch nicht gekauft, um sich selbst was auszudenken.

Allerdings, das ist richtig, sollte man es tunlichst vermeiden, Personen und Schauplätze bis ins hinterletzte Detail zu beschreiben. Das könnte den Leser nämlich sehr schnell langweilen.

Ja, was gilt denn nun?

Es gilt ein alter Satz von Rudolf Steiner: Das Gegenteil einer schlechten Eigenschaft ist wieder eine schlechte Eigenschaft. Das Gute liegt in der Mitte. Manchmal ist es eine Gratwanderung, ein Balanceakt. Nicht zuviel und nicht zu wenig von den Ingredienzen. Und zu erspüren, was die optimale Mitte ist, ist die Kunst. Wobei man es beileibe nicht jedem Recht machen kann.

Interessanterweise ist allerdings gerade der Versuch, es möglichst vielen Leuten Recht zu machen, also auf ein Massenpublikum zu schielen, ein Merkmal der sogenannten Trivialliteratur. Nicht ihre Definition, aber ein Merkmal.

Es gibt keine starren Regeln, die einen Text gut oder schlecht machen. Und wer das glaubt, der betreibt eben dieses "Malen nach Zahlen". Und nur weil der gute Elmore Leonard gute Geschichten schreiben konnte, liegt er mit seiner puristischen Meinung, man dürfe außer "sagte" keine anderen inquits verwenden, weit daneben. Er mag dies praktiziert haben, seine Texte waren gut, sie haben ihren Zweck erfüllt. Aber das ist keine allgemeingültige Regel für den Rest der Welt. Beileibe nicht.

 

Peter

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Diese ganzen Theorien bringen auf die Dauer nicht viel.

Ihr alle solltet sehr viel mehr Texte in die Textkritiken-Rubrik stellen. Anhand konkreter Beispiele und konkreter Verbesserungsvorschläge können wir alle hundertmal mehr lernen als durch solche Diskussionen.

Auch hundertmal mehr darüber, wie unterschiedlich die Geschmäcker sind, und was alles der eine sehr gut finden kann, was der andere völlig daneben findet.

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Das heißt also "Hänsel und Gretel verliefen sich im Wald" wäre Hochliteratur?

Und "Es war so finster und auch so bitterkalt" trivial, weil es dem Leser Stimmung vorgibt und benennt, statt es ihm zu überlassen, die in seinem eigenen Kopf individuell zu finden?

 

Das ist eine Verzerrung von dem, was Ulrike geschrieben hat, und ganz gewiss nicht, was sie meinte. Solche Beiträge fördern nicht wirklich die Diskussion. :)

 

Es geht darum, ob weniger mehr sein kann und oft ist. Das breite Auswalzen und bis ins kleinste erklären, beschreiben und dem Leser Vorkauen ist nicht der beste Stil. Dieser Meinung bin ich auch. Es war von Elmore Leonard die Rede. Er hat von seinen persönlichen Regeln geredet. Das heißt aber nicht, dass sie allgemeingültig sind.

 

Trotzdem finde ich sie interessant. Er sagt, er möchte sich als Autor eher zurückhalten und nicht zwischen dem Leser und seinen Figuren stehen. Deshalb hält er sich auch mit Beschreibungen zurück und mit blumigen Adjektiven.

 

Seine Figuren aber reden fröhlich drauflos, auch mal unwichtiges Zeug, was aber hilft, sie zu charakterisieren. Ich habe eines seiner Bücher gelesen und war fasziniert, wie er es schafft, die Figuren durch ihre eigene Sprache wunderbar zu charakterisieren. Nicht nur was sie sagen, sondern wie sie es sagen. Er konzentriert sich auf den Dialog selbst und nicht auf sprechende Synonyme für "sagen". Das funktioniert bei ihm wirklich sehr überzeugend.

 

Was Beschreibungen angeht, von Landschaften oder Orten, die braucht man natürlich, um ungewohnte Szenarios dem Leser nahezubringen, wie im HR oder in Fantasy. Aber früher habe ich da auch schon mehr geschrieben. Inzwischen beschränke ich mich auf wenige Zeilen, die in treffenden Worten das Wichtigste vermitteln. Versuche, die Schnörkel möglichst wegzulassen.

 

Auch in Sätzen. Ich schreibe einen Satz und kürze gleich ein Drittel wieder weg. Mein Stil ist knapper geworden. Hat den Nachteil, dass ich mir mehr Plot ausdenken muss. ;D

 

Aber all das ist eine ganz persönliche Angelegenheit. Da muss jeder seinen Weg finden.

Die Montalban-Reihe, Die Normannen-Saga, Die Wikinger-Trilogie, Bucht der Schmuggler, Land im Sturm, Der Attentäter, Die Kinder von Nebra, Die Mission des Kreuzritters, Der Eiserne Herzog, www.ulfschiewe.de

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Trivialliteratur dagegen führt mir als Leser Emotionen vor - was immer schwächer ist, als selbst Emotionen so entwickeln. Man wird halt berieselt. Und dann noch das Problem mit der 'Inszenierung' an sich: wenn immer der Dialog seufzend, lachend oder bedrohlich geflüstert vorgetragen wird, empfinde ich Over-Acting und eben eine schröcklich-tollpatschige Inszenierung, die weder zu Subtilität und damit Spannung taugt, noch irgendwas mit dem wahren Leben zu tun hat.

 

Im Großen und Ganzen gebe ich dir vollkommen recht. Abgesehen von wenigen Ausnahmen, in denen es nachvollziehbare stilistische Gründe gibt, hat ein Autor m.E. weniger Vertrauen zu seinen Dialogen, wenn er sie durch starke Begrifflichkeiten abschwächt. Eleganter ist es immer, den Dialog in die Handlung einzubetten, so dass durch die Handlung spürbar wird, wer gesprochen hat und auch, mit welcher Intention er dies tat. Das ist m.E. auch die hohe Kunst der Dialogführung - vor allem, wenn bestimmte Figuren auch ihren eigenen Sprachduktus haben, durch den man sie wiedererkennt, ohne dass geschrieben werden muss, wer es sagte.

 

Gruß, Melanie

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Wenn ich mir die ganzen Beiträge ansehe, kann man vielleicht folgende Schlußfolgerungen ziehen:

 

1. Wenn klar ist, wer spricht, muss man das nicht noch extra sagen, geschweige denn flüstern, brüllen oder hauchen.

 

2. Wenn es nur darum geht, klarzustellen, WER etwas sagt, ist "sagte er", "sagte sie" das Mittel der Wahl.

 

3. Wenn man zusätzliches feststellen muss, dann kann man mehr sagen.

 

"Du Idiot", zischte er

hat eine ganz andere Bedeutung als:

"Du Idiot" lachte er.

Oder:

"Du Idiot" Er lachte.

 

Und natürlich kann es gute Gründe geben, es alles ganz anders zu machen. Aber ich finde, dass zwar jede Regel Ausnahmen hat, was nicht bedeutet, dass es keine Faustregeln gibt. Dass es Raucher gibt, die Hundert Jahre alt wurden, heißt nicht, dass Rauchen unschädlich ist.

 

morgendliche Grüße sagt Hans Peter

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Und natürlich kann es gute Gründe geben, es alles ganz anders zu machen. Aber ich finde, dass zwar jede Regel Ausnahmen hat, was nicht bedeutet, dass es keine Faustregeln gibt. Dass es Raucher gibt, die Hundert Jahre alt wurden, heißt nicht, dass Rauchen unschädlich ist.

 

Ich denke, die Ausnahmen von der Regel haben wieder mit den drei Entwicklungsstufen des Autors zu tun (und nicht jeder erreicht letztlich Stufe 3)

 

Stufe 1: Autor hat noch nie was über Handwerk und Regeln gehört und schreibt munter drauflos, wie es ihm in den Sinn kommt. Dabei tauchen dann solche o.a. Stilbrüche und NoGos auf.

 

Stufe 2: Autor weiß, dass es Regeln gibt und beherrscht sie, aber er richtet sich sklavisch danach und hat plötzlich auch beim Lesen einen Tunnelblick, der nur noch darauf aus ist, darauf zu achten, ob die anderen Autoren sich auch an die Regeln halten.

 

Stufe 3: Autor kennt die Regeln, hält sich im Allgemeinen auch daran, aber er weiß ganz genau, wann und wie er sie brechen kann, um noch mehr aus seinem Text herauszuholen. Man wird deshalb nicht aus dem Lesefluss gerissen, sondern bemerkt es meist gar nicht, wenn man sich auf den Text einlässt, außer, man ist ein besonders hartnäckiges Exemplar von Autor der Stufe 2, der nur noch mit Tunnelblick liest und nicht mehr genießt ;).

 

Gruß, Melanie

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