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(Peter D. Lancester)

Leserunde: Die Vermessung der Welt

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Lieber Andreas,

 

genau so ging es mir auch. Zunächst fasziniert von der Sprache, dem Witz und der Intelligenz las ich die ersten 50 Seiten in einem Rutsch durch, teilweise sogar meiner Frau laut vor.

Höchst unterhaltsam, ja - bis sich dann langsam Ernüchterung einstellte. Irgendwann wurde mir klar, dass Kehlmann keine Geschichte zu erzählen hat. Die Beschreibung zweier weltfremder Intellektueller, deren einziger Zweck zu sein scheint, Bonmonts vorzutragen und sich irgendwann zu begegnen - das ist in meinen Augen einfach zu wenig.

Die Ermüdung trat etwa nach der Hälfte des Buches ein. Ich bin noch ein kleines Stück weiter gekommen, dann habe ich es weggelegt. Meine Frau, die in dieser Hinsicht mehr Durchhaltevermögen hat, schaffte den Roman bis zum Ende - mit Mühe. Aber auch sie wusste nicht wirklich viel neues zu berichten.

Kehlmann macht in meinen Augen den Versuch, brillieren zu wollen, ohne wirklich etwas zu erzählen zu haben. Es ist eine dieser Geschichten, die, um es mal mit den Worten meines geschätzten Kollegen Andreas Eschbach zu formulieren, "so vor sich hin handeln". Sie könnte hier aufhören, oder dort, sie könnte aber auch noch hundert Seiten so weitergehen - es wäre egal. Und damit wird ein Roman in meinen Augen belanglos. Wie formulierte es Denis Scheck in seiner Sendung "Druckfrisch" so treffend: "Ich vermag jenseits der Unterhaltsamkeit keinen zwingenden Grund anzugeben, warum man unbedingt einen Blick in dieses wundersam bunte historische Kaleidoskop werfen müsste."

 

Gruß,

Thomas

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Liebe Leute,

 

ich grabe diesen alten thread noch mal aus (es kann auch gern noch mal ein neuer gestartet werden), weil ich denke, hier paßt dieser interessante Artikel (Link ungültig) (Link ungültig), den ich vorhin entdeckt habe, gut hin.

 

Gruß

Jan

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Hallo Jan,

ich gestehe, ich habe bisher um das Buch einen großen Bogen gemacht, aber der Artikel hat mich jetzt fast so weit getrieben, es doch zu kaufen und zu lesen.

Ich glaube, was der Artikel auch anspricht, ist ein generelles Problem der Deutschen, die "Lockerheit" immer gleich mit Unseriösität verwechseln. Mir ist das neulich klar geworden, als ich Sigmar Gabriel in einer Talkshow gesehen habe, in der er richtig gelöst wirkte.

Ein solches Verhalten wäre bei einem Politiker, zumal einem in Verantwortung, noch vor fünfzehn Jahren ziemlich undenkbar gewesen, glaube ich.

Auf der einen Seite haben die Deutschen eine unglaubliche Schwäche für "Spitzbübigkeit", auf der anderen Seite wünscht man sich aber die tadellosen, steifen, irgendwie hanseatischen Technokraten, glaube ich.

Ganz seltsamer Kontrast, den ich beim Taz-Artikel nun auch irgendwie angesprochen sehe.

Na ja, lange Rede, kurzer Sinn: Danke für den Link, der hat wirklich Appetit auf das Buch gemacht.

 

Gruß

Peter

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"Die Vermessung der WElt", welch ein Titel,welch eine Geschichte!

 

 

Ich finde das Buch genial und rate allen , auch so einen Wurf zu machen! Dazu allerdings muss man eine herausragende Idee haben und außerdem die Gabe,es in Worte zu fassen.

 

Wer das kann, fange doch gleich mal an.. I ch freu mich drauf !

 

Ida

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Ich glaube, was der Artikel auch anspricht, ist ein generelles Problem der Deutschen, die "Lockerheit" immer gleich mit Unseriösität verwechseln.

 

Das ist ein spannender Punkt, Peter - vielleicht ist es kein Zufall, daß dieses Buch ein Österreicher geschrieben hat?!

 

Ich gestehe, ich hab's bisher auch noch nicht gelesen, aber das mache ich jetzt!

 

Gruß

Jan

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Weil ich erst seit vorgestern Mitglied bin, meine späte kleine Anmerkung.

Wunderbar die Begegnung mit dem Jaguar (S. 107f) und wie das Thema später als Steingesicht aufgegriffen wird (S. 203)

"Etwas hatte ihn gesehen, das spürte er, und würde ihn nicht mehr vergessen."

Nicht mehr vergessen (!) - die Augen eines lebendigen Tieres, aber auch die Augen aus dem uralten Stein.

Das Spiel mit Welten und Realitäten hat mich besonders beeindruckt.

Und zu der Frage, wie viel ist (historisch) real, gibt es eine köstliche Anmerkung, womit der Autor sich selber durch den Kakao zieht.

Er läßt Humboldt Künstler und Schriftsteller kritisieren (S. 221):

"... Romane, die sich in Lügenmärchen verlören, weil der Verfassen seine Flausen an die Namen geschichtlicher Personen binde.

Abscheulich, sagte Gauß."

 

LG, Imre

Gib, gib auch nach, aber gib nicht auf.&&www.imre-toeroek.de

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Hallo,

 

das finde ich ja alles sehr interessant!

Ich fand das Buch auch sehr, sehr gut geschrieben und war eine Zeit lang richtig fasziniert von der Sprache - aber dann bin ich irgendwo steckengeblieben und habe es nie fertig gelesen ... Da bin ich anscheinend nicht die einzige!

Vielleicht lag es auch daran, dass die beiden als Menschen immer lächerlicher wirken - da fehlt dann wohl die Sympathie, die einen dazu treibt, weiterzulesen.

 

Liebe Grüße,

Saskia

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Liebe Saskia,

 

kurze Zeit ist es mir auch so gegangen, ich bin beinahe steckengeblieben, ca. nach dem ersten Viertel. Ich hatte mich überschüttet gefühlt mit Informationen, die mich wenig angingen.

Aber vielleicht war ich deswegen nicht bei der Sache, weil mein Kopf mit zu vielen anderen Themen beladen war. Die haben nicht zu den Themen im Buch gepasst.

Es ist ja manchmal so, dass ich zu einem Buch keinen Zugang finde. Und ein Jahr später oder so wundere ich mich, wieso das Buch mich damals nicht angesprochen hat.

In dem Fall waren es wohl nur ein paar Wochen, die ich "überbrücken" musste. Dann entflammte Begeisterung. Und die hielt bis zum Ende durch.

 

Liebe Grüße

Imre

Gib, gib auch nach, aber gib nicht auf.&&www.imre-toeroek.de

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Es ist ja manchmal so, dass ich zu einem Buch keinen Zugang finde. Und ein Jahr später oder so wundere ich mich, wieso das Buch mich damals nicht angesprochen hat.

 

Ich finde, dass dies ein ganz wichtiger Punkt ist, der viel zu oft übersehen wird! Mir geht es auch manchmal so. Und auch aus so mancher Rezension kann man herauslesen, dass das betreffende Buch qualitativ gar nicht schlecht war, sondern der Leser in diesem Fall einfach nicht mit dem Thema warm wurde. Das liegt viel mehr in den eigenen inneren Prozessen begründet (wo stehe ich gerade in meinem Leben? was beschäftigt mich? welche Themen erzeugen deshalb zu diesem Zeitpunkt eine Resonanz?) als im Roman.

 

Liebe Grüße

Daniela

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