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Ulf Schiewe

Re: Pompöse Worte

Empfohlene Beiträge

Aber dann ist die Formulierung in diesem Kontext nicht pompös, sondern schlichtweg falsch - was es natürlich nicht besser macht, sondern schlimmer ... :-(

"Dem von zwei Künstlern geschaffenen Werk wohnt ein Prinzip der Täuschung und Simulation inne."  

AT "Aus Liebe Stahl. Eine Künstlerehe."

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Naja' date=' "Lichtjahre" sind hier gebraucht als kokette oder ironische Übertreibung.... Dann wäre ja jede Übertreibung pompös?! Was sie vielleicht ja auch ist?! :-) [/quote']

Das ist dennoch ein gutes Beispiel, weil der Begriff sehr oft so verwendet wird, als sei er eine Zeitangabe.  

 

Karl-Heinz, du liest "vor Lichtjahren" als ernsthafte Zeitangabe? Auf wie viele Jahre schätzt du den jueb?

 

Angelika

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

Alicia jagt eine Mandarinente. dtv premium März 2018. Die Grammatik der Rennpferde. dtv premium Mai 2016

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Aber was pompös ist, muss nicht falsch sein.

Nein, ich habe schon Probleme, was pompös sein soll ... ehrlich gesagt.

Ich muss mich verbessern. Einen pompösen Stil könnte ich vielleicht noch eher identifizieren, aber ein pompöses Wort?? Ich weiß nicht.

"Dem von zwei Künstlern geschaffenen Werk wohnt ein Prinzip der Täuschung und Simulation inne."  

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Ja, eben, das meine ich die ganze Zeit: Das lässt sich an isolierten Worten nicht bestimmen! Das geht nur im Kontext.

 

Warum sollte der gedrechselte Stuhl in einem Zimmer von Versailles pompös sein? In meinem Wohnzimmer wäre er es.

 

Es kommt immer drauf an.

Angelika

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Karl-Heinz, du liest "vor Lichtjahren" als ernsthafte Zeitangabe? Auf wie viele Jahre schätzt du den jueb?

 

Ich schätze ihn auf ziemlich genau 46, aber was hat sein Alter damit zu tun? Wenn ich nach dem Begriffspaar "vor Lichtjahren" google, so erhalte ich Tausende von Treffern, die bestimmt nicht alle augenzwinkernd gemeint sind. Oder siehst du das anders?

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Karl-Heinz, du liest "vor Lichtjahren" als ernsthafte Zeitangabe? Auf wie viele Jahre schätzt du den jueb?

 

Ich schätze ihn auf ziemlich genau 46, aber was hat sein Alter damit zu tun? Wenn ich nach dem Begriffspaar "vor Lichtjahren" google, so erhalte ich Tausende von Treffern, die bestimmt nicht alle augenzwinkernd gemeint sind.

 

Vielleicht nicht so augenzwinkernd wie ich es bei jueb sowieso immer annehme. Aber als expressive Übertreibung allemal. Genauso wie "schon ewig" oder "endlos lang her".

 

Angelika

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Vielleicht nicht so augenzwinkernd wie ich es bei jueb sowieso immer annehme. Aber als expressive Übertreibung allemal. Genauso wie "schon ewig" oder "endlos lang her".

Das Thema des Threads ist allerdings nicht "Juebs pompöser Wortschatz" (sorry, jueb), und deine Beispiele sind ja tatsächlich Zeitangaben, so wie "vor Äonen", "im letzten Zeitalter" oder "während der Steinzeit". Quick und dirty geschätzte 10-20 Billiarden Kilometer sind aber keine Übertreibung für eine Zeitdauer, auch wenn sie erschreckend häufig so verwendet werden. Wenn zum Beispiel in diesem beliebig von mir herausgegriffenen Googlefund geschrieben wird "wichtg ist mir nur die Erinnerung an den Tanzunterricht vor Lichtjahren", dann ist da keine Ironie dabei. Das soll einfach wichtig klingen. Zwanzig oder dreißig Jahre wären für den Verfasser zu unbedeutend. Oder siehst du das anders?

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Ich füge manchmal beim Schreiben Wörter ein' date=' die zum Verständnis nicht notwendig sind, aber den Satzrhythmus verbessern. Ich mag einfach, wenn es schön klingt.[/quote']

 

Genau, der Satzrhythmus ist wichtig. Der Leser merkt es dann nicht - das sind die berühmten Rezensionen mit der "flüssigen Sprache" - wenn der Autor darauf achtet, den Inhalt so zu transportieren, dass das Kopfkino angeht und keine unangenehmen Holperer vorhanden sind. Die sogenannten Füllworte können dann wie das Schleifpapier wirken, die den Text geschmeidig machen - natürlich nur, wenn man sie richtig dosiert. Ein Zuviel ist immer schlecht. Aber ein karger Text, in dem jedes dieser Stilelemente fehlt, verliert die Leichtigkeit und die individuelle Handschrift des Autors. (Außer, diese Kargheit ist sein Stil ;) )

 

Gruß, Melanie

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Vielleicht nicht so augenzwinkernd wie ich es bei jueb sowieso immer annehme. Aber als expressive Übertreibung allemal. Genauso wie "schon ewig" oder "endlos lang her".

...deine Beispiele sind ja tatsächlich Zeitangaben, so wie "vor Äonen", "im letzten Zeitalter" oder "während der Steinzeit". Quick und dirty geschätzte 10-20 Billiarden Kilometer sind aber keine Übertreibung für eine Zeitdauer, auch wenn sie erschreckend häufig so verwendet werden. Wenn zum Beispiel in diesem beliebig von mir herausgegriffenen Googlefund geschrieben wird "wichtg ist mir nur die Erinnerung an den Tanzunterricht vor Lichtjahren", dann ist da keine Ironie dabei. Das soll einfach wichtig klingen. Zwanzig oder dreißig Jahre wären für den Verfasser zu unbedeutend. Oder siehst du das anders?

 

Ach Gott, jetzt merk ichs erst: Du hast natürlich völlig recht: Das sind keine zeitlichen Größen (da siehst du mal die Beklopptheit der Geisteswissenschaftler)!

 

Aber sie wollen welche sein, das sag ich nach wie vor. Die, die sie gebrauchen, sind so doof wie ich, was das Verständnis der Kategorie angeht. Die setzen sie dann jedoch schon als diese Übertreibung im Ausdruck.

 

Kannst du da mitgehen?

Angelika

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Vielleicht nicht so augenzwinkernd wie ich es bei jueb sowieso immer annehme. Aber als expressive Übertreibung allemal. Genauso wie "schon ewig" oder "endlos lang her".

Das Thema des Threads ist allerdings nicht "Juebs pompöser Wortschatz" (sorry, jueb), und deine Beispiele sind ja tatsächlich Zeitangaben, so wie "vor Äonen", "im letzten Zeitalter" oder "während der Steinzeit". Quick und dirty geschätzte 10-20 Billiarden Kilometer sind aber keine Übertreibung für eine Zeitdauer, auch wenn sie erschreckend häufig so verwendet werden. Wenn zum Beispiel in diesem beliebig von mir herausgegriffenen Googlefund geschrieben wird "wichtg ist mir nur die Erinnerung an den Tanzunterricht vor Lichtjahren", dann ist da keine Ironie dabei. Das soll einfach wichtig klingen. Zwanzig oder dreißig Jahre wären für den Verfasser zu unbedeutend. Oder siehst du das anders?

 

... ich weiß nicht, ob ich dich richtig verstanden habe. Wenn Lichtjahre nicht als Zeitangabe gelten können (also dieses Wort eben kein Zeitmaß angibt), dann ist die Verwendung von mir in diesem Zusammenhang einfach inhaltlich falsch, ansonsten finde ich das tatsächlich ironisch, und nicht pompös im Sinne, dass man sich wichtig machen will. Wenn ich zum Beispiel sage, das ist ewige Zeiten her, dass ich in die Schule gegangen bin, dann will ich mich damit nicht wichtig machen, sondern es ist einfach ironisch und auch kokett. Nach dem Motto, ich bin doch gar nicht so alt, wie ich jetzt tue. Ich finde das hat wirklich mit sich wichtig machen nichts zu tun. Es ist eher ein Stilmittel, das viele Funktionen haben kann.

 

Herzlichst

jueb

"Dem von zwei Künstlern geschaffenen Werk wohnt ein Prinzip der Täuschung und Simulation inne."  

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Aber sie wollen welche sein, das sag ich nach wie vor. Die, die sie gebrauchen, sind so doof wie ich, was das Verständnis der Kategorie angeht. Die setzen sie dann jedoch schon als diese Übertreibung im Ausdruck.

Nicht wirklich, Angelika. Wenn jemand erschaudert, dann kennt er eben ein Synonym mehr und im schlimmsten Fall klingen seine Texte wie Juristenlyrik. Aber was könnte pompöser sein, als Wörter zu verwenden, die man selbst überhaupt nicht versteht? Bei dem gerne verwendeten Quantensprung, bei dem ja offenbar die Steigerung "ein Schritt, ein Kilometer, ein Quantensprung" vermutet wird, ist es haargenau dasselbe. Oder beim Flame-War-Nachfolger Shitstorm, der drauf und dran ist, auch ohne Twitter jeden Entrüstungssturm zu vertreiben. Finde ich viel schlimmer als ein überflüssiges "noch".

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Hallo Angelika,

 

ich hatte den Text in meinem Blog leicht umgeschrieben veröffentlicht. War also nicht so schwer, die Rekonstruktion.

 

Ansonsten:

Du hast natürlich völlig recht. Pompös ist eine Kategorie, die sich je nach Text unterscheidet. Texte werden meist in einem recht einheitlichen Sprachniveau geschrieben, je nach Zielgruppe und Sinn.

Alles, was aus diesem Sprachniveau herausragt oder es drastisch unterschreitet, fällt auf. In einem Gangsterrap würde maändern einfach auffallen, weil es zu diesem Text nicht passt. In einem literarischen Text ist der Vergleich eines männlichen Genitals mit einer "Kackwurst" ebenfalls auffällig. Im Umkehrschluss bedeutet das natürlich auch, dass in einem Tellkamptext "maändern" nicht auffällt, weil der gesamte Text etwas kapriziöses hat. In dem Fall wäre aber ein pompöses Wort eines, dass von der Wirkung und Farbe nicht dazu passt. Ein klassisches Beispiel wäre bei Tellkamp wohl sehr hochgestochene Liebesformulierungen.

Oder um es anders zu formulieren: Pompöse Wörter sind nicht per Definition pompös, sondern wenn sie nicht zum umliegenden Text passen und eine andere Bezugsebene haben (z.B. in einem sachlichen Text etwas gefühlsbetontes....).

Wenn Dennis Scheck der Biographie einer deutschen Schauspielerin mitgibt, dass sie die "Tiefenschärfe eines Spiegels in einem Kanarienvogelkäfig hat", dann ist das nicht pompös. Pompös ist es, wenn er sich "blackfaced".

 

LG

 

Thomas

"Als meine Augen alles // gesehen hatten // kehrten sie zurück // zur weißen Chrysantheme". Matsuo Basho

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Es ist eher ein Stilmittel' date=' das viele Funktionen haben kann. [/quote']

Jueb, es geht darum, Wörter zu verwenden, die man nicht versteht, und damit allein deswegen durchzukommen, weil auch das Gegenüber sie nicht versteht. Du glaubst gar nicht, wie oft ich mich über diese Faselhuber bei "Spiegel Online" ärgere, die das ständig machen.

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Wenn Dennis Scheck der Biographie einer deutschen Schauspielerin mitgibt, dass sie die "Tiefenschärfe eines Spiegels in einem Kanarienvogelkäfig hat", dann ist das nicht pompös. Pompös ist es, wenn er sich "blackfaced".

 

LG

 

Thomas

 

... Hannelore Elsner??!!

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Es ist eher ein Stilmittel' date=' das viele Funktionen haben kann. [/quote']

Jueb, es geht darum, Wörter zu verwenden, die man nicht versteht, und damit allein deswegen durchzukommen, weil auch das Gegenüber sie nicht versteht. Du glaubst gar nicht, wie oft ich mich über diese Faselhuber bei "Spiegel Online" ärgere, die das ständig machen.

 

ok... Jetzt ist der Groschen gefallen!

"Dem von zwei Künstlern geschaffenen Werk wohnt ein Prinzip der Täuschung und Simulation inne."  

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Nur eingeworfen:

Die von jueb hier (m.E. voellig "zu Recht") mehrmals eingebrachte Koketterie und Ironie ebenso wie die von Mascha erwaehnte metrisch-lyrische Entscheidung ueber Silbenzahlen und -stellungen sind fuer mich Kennzeichen eines sinnlichen Umgangs mit Textgestaltung (die die "Kargheit" eines Hemingway z.B. ebenso aufweist wie die "Ueppigkeit" eines Fuentes). Mit zweckfreier Textaufblaehung hat das m.E. ebensowenig zu tun wie mit den Selbstdarstellungsabsichten des Autors. Den sinnlichen Komponenten von Texten (und vor allem deren Autoren) derlei zu unterstellen, ist immer mal wieder salonfaehig (Ich erinnere an Diskussionen z.B. ueber Michael Ende). Ich wuerde das gern mit Vorsicht und Genauigkeit haendeln wollen, wie Angelika es in diesem Thread anmahnt. Worte sind hoechst selten per se pompoes oder blaehend. Idiome auch. Die zur Verfuegung stehende Wortpalette per se zu beschneiden, in dem man einzelnen ihrer Ecken ehrenruehrige Absichten unterstellt, beschraenkt Mittel, die bereits per definitionem so beschraenkt sind, dass unsere Arbeit damit taegliche Befreiungsschlaege fordert.

Falls das als pompoes empfunden wird, blaehe ich mich darin gerne. Es kommt dem, was ich sagen wollte, am naechsten, was allzu haeufig, schon seit und noch in Lichtjahren genug sein muss.

 

Charlie  

"Der soll was anderes kaufen. Kann der nicht Paris kaufen? Ach nein, in Paris regnet's ja jetzt auch."

Lektorat, Übersetzung, Ghostwriting, Coaching www.charlotte-lyne.com

 

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Mit zweckfreier Textaufblaehung hat das m.E. ebensowenig zu tun wie mit den Selbstdarstellungsabsichten des Autors.

 

Für ewigen Dank langt mir gerade die Courage nicht. Vielleicht reicht ein halbes Lichtjährchen?

 

Die andere Hälfte bekommst du, wenn du was zur Diskussion über Ende sagst. Da wüsste ich jetzt gern, was da gelaufen ist.

 

Angelika

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

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Meines Wissens ist "Lichtjahr" keine Zeit sondern eine Entfernungsangabe (die Wegstrecke, die Licht innerhalb von 365 Tagen zurücklegt), ergibt also im Zusammenhang mit dem Versuch, eine sehr lange Zeitspanne oder einen lange zurückliegenden Zeitpunkt zu beschreiben, überhaupt keinen Sinn.

Damit ist das Wort in diesem Kontext weder pompös noch genau sondern lexikalisch schlichtweg falsch und, zumindest für mich, als "ironische Brechung" nicht zu verstehen.

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Nur sehr schnell und sehr grob: Ende ist ein zufaellig von mir gewaehltes Beispiel, weil ich ueber Ende viel gearbeitet habe. Ich bin sicher, dass vom selben Phaenomen viele Autoren im selben Zeitraum betroffen waren, von denen es mir nur leider nicht bekannt ist. Die Literaturdiskussion in Deutschland hatte in dieser Zeit - grob zusammengefasst - ein Extrem erreicht, in der saemtliche sinnliche, poetische, auch spielerische, nicht offensichtlich zielgerichtete Annaeherung an Textarbeit als minderwertig ausgesondert wurde (lesenswert dazu z.B. Aburteilungen zur Auszeichnung von "Jim Knopf"). Fuer Ende fuehrte der Weg letztlich aus Deutschland heraus und gipfelte in der Aeusserung, er haette in der Literaturumgebung Deutschlands damals "Momo" nicht schreiben koennen.

Ich moechte es immer dahingestellt sein lassen, wie eins zu eins man solche Vorfaelle, Reaktionen, Kraenkungen und Gegenschlaege nehmen und uebertragen will oder kann. Mir macht's aber immer ein bisschen Angst vor aehnlichen Untertoenen.

In diesem Forum gab's auch mal regelrechte Abhandlungen darueber, warum die Benutzung des Wortes "Ploetzlich" ein Zeichen fuer die Unfaehigkeit und daher Blaehneigung eines Autors sei. Mir hat etwas ganz aehnliches einer meiner Professoren ueber das Wort "eigentlich" erklaert, als ich zwanzig war. Wie tief solche Darf-man-nichts sich einbrennen, sieht man daran, dass ich's immer noch weiss. Und beim Tippen von "eigentlich" eigentlich ploetzlich immer noch zucke.

Kontexte gruendlich und wiederholt anschauen, in denen Worte benutzt werden, viele Fragen an Kontexte stellen, Kontexte vergleichen, um sich an Autorenabsichten heranzutasten, finde ich grundsaetzlich gewinnbringender, als Worte in Gruppen zu sortieren und die aussortierten in den Keller zu stellen.

Ich habe an mir selbst beobachtet, dass ich mich - im Romanzusammenhang! - inzwischen entschuldige, wenn ich ein Wort wie "entwuerdigend" benutze.

Ich brauch das Wort aber. Ich kann auf das Wort nicht verzichten, weil es blaehbar ist. Das sind die meisten Worte. Und die Sprache ist eng genug.

"Erschaudern" waere nichts, was mir einfiele. Wenn es jemandem einfiele, weil "schaudern" ihm nicht reicht und er ein Extra-Zoll braucht, hat er erst einmal meinen Segen (wenn man erst einmal damit anfaengt, alles auf "Pompoesitaets-Potential" zu untersuchen, faellt einem auch auf, dass das hier klingt, als waere man der Papst. Und irgendwann macht man seine Sprache dann nicht nackt im Sinne von sexy, sondern fleischlos im Sinne von verhungert.). Und ich moecht' das mal sehen, warum's seine Textumgebung erschaudern lassen muss.

 

Herzlich,

Charlie

"Der soll was anderes kaufen. Kann der nicht Paris kaufen? Ach nein, in Paris regnet's ja jetzt auch."

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Damit ist das Wort in diesem Kontext weder pompös noch genau sondern lexikalisch schlichtweg falsch

 

Damit hast Du zweifellos recht.

Dennoch beschreiben wir mit "davon sind wir Lichtjahre entfernt" ziemlich abrufbar etwas, das wir als noch nicht bzw. nicht mehr zum Greifen nah empfinden, etwas das (weshalb sich dieses LICHTjahre so aufdraengt) entweder in unserer Erinnerung verblasst oder aber in unserer Vorstellung (noch) keine klare Form angenommen hat.

Gerade weil der Begriff "Lichtjahre" de facto etwas bezeichnet, das unsere Vorstellung von Raum und Zeit (zur Ueberwindung des Raumes) und ihrer Grenze uebersteigt, scheint dieser Begriff genau wie das noch abgenutztere "ewig" oder "unendlich" passend zur Hand, wenn wir uns vom Ausmass einer Raum/Zeitspanne ueberfordert fuehlen.

(Denke ich.)

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Danke Charlie,

 

Von einer Kritik an Ende hatte ich gehört, aber immer geglaubt, die wäre politisch gewesen (dass er Entwicklunsländer verhöhnen würde wegen Jim Knopf und des Chinesenreichs). Na, jetzt les ichs nochmal nach. Hier erst mal das restliche Lichtjahr. (Das – gerade kommts mir – ein seltener metaphorischer Fall ist, weil sich sonst immer das Zeitliche räumlich ausdrückt. Geht schon mit den Präpositionen los: im Mai, an Ostern ...)

 

Zum "erschauern". Das war, glaube ich aus einem Schneider-Zitat, ja?

Dazu lag mir nämlich gestern auch schon was auf der Zunge:

 

Es ist ein Unterschied ob man nach etwas greift oder es ergreift; ob man rechnet oder eine Summe errechnet; ob man noch am Eiffelturm baut oder ob er erbaut wurde. Ob eine Musik so und so klingt oder ob sie gerade erklingt. Die Vorsilben bedeuten etwas. Für die deutsche Sprache sind sie geradezu eine Spezialität, ein wundervoll scharfes Instrumentlein zum Differenzieren. er- hat mehrere Kräfte. Im Fall von "erschauern" dringt es darauf, dass etwas jäh beginnt und dann weiter geht, weiter, weiter ...

 

Angelika

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Kontexte gruendlich und wiederholt anschauen, in denen Worte benutzt werden, viele Fragen an Kontexte stellen, Kontexte vergleichen, um sich an Autorenabsichten heranzutasten, finde ich grundsaetzlich gewinnbringender, als Worte in Gruppen zu sortieren und die aussortierten in den Keller zu stellen.

Herzlich,

Charlie

 

.. das möchte ich so dick unterstreichen, dass die Tinte nicht reicht...

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Toll, dass hier im öffentlichen Bereich zur Abwechslung einmal eine solche Diskussion geführt wird, von der ich ganz viel lerne, obwohl ich aus Zeitgründen nichts beisteuern kann (und ihr das sowieso viel besser könnt!)

Danke!!!

Liebe Grüße

Claudia

Baronsky&Brendler: Liebe würde helfen  Ein Staffelroman 
Februar 21, Kampa

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Kurze Erklärung, was ich mit "pompösen Worten" gemeint hatte. Ich wurde gebeten, Blähworte zu erläutern, für mich ist das identisch mit "pompösen Worten". Denn wenn ich einen Text aufblähe, wirkt er anschließend pompös und wenn ich pompös schreibe, dürfte der Text ziemlich aufgebläht werden.

 

Was schon mal daraufhin deutet, dass "aufgeblähte Texte" der bessere Begriff wäre.

 

Wer aufgeblähte Texte schreibt, der liebt bestimmte Worte. Vor allem solche, die länger sind. Da schaudert niemand, sondern alle erschaudern immer und überall, man will vornehm schreiben und glaubt, längere, unverständlichere Worte seien vornehmer und besser und entsprechend sieht das Ergebnis dann eben aus.

 

Natürlich kann es Situationen geben, wo "erschaudern" doch angebracht wäre. Allerdings gibt es da ein Problem: Wenn ein Wort häufig in aufgeblähten, pompösen Texten auftaucht, assoziieren die Leser schnell, sobald sie die entsprechenden Worte lesen: Aha, wieder so ein aufgeblähter Text, einer von der Wichtigtuer-Fraktion.

 

Geht mir mit "erschaudern" so. Oder eben mit "wortmächtig". Ich habe zuviele Rezensionen gelesen, wo dieses Wort so verwendet wurde, dass ich als Leser den Eindruck hatte, da wird es verwendet, nur um Eindruck zu schinden. Da will einer nicht "wortgewaltig" sagen, das klingt ihm zu banal, also muss was vermeintlich besseres her.

 

Und insofern gibt es durchaus Blähworte, pompöse Worte, die einfach so oft zum Aufblähen, zum Wichtigtuen benutzt wurden, dass sie jetzt eben genau diesen Eindruck vermitteln. Thomas, du hast vermutlich recht, dass der erste, der "wortmächtig" verwendet hat, das durchaus sinnvoll tat. Aber mittlerweile ...

 

Haben ja etliche hier geschrieben, dass "wortmächtig" bei ihnen ebenfalls nicht gerade gut ankommt.

 

"Ganzheitlich" war in den Neunziger so ein Wort. Ursprünglich hatte es Sinn, dann tauchte es immer öfter dort auf, wo der Schreiber nicht weiterwußte und den Eindruck von besonderem Inhalt erwecken wollte und ich musste immer lachen, wenn ich wieder einen Text in der Hand hielt, der völlig ganzheitliche Einblicke und ganzheitliche Produkte anzuvisieren wusste und mit einer Vielzahl ganzheitlicher Perspektiven jonglierte, von denen keine einzige irgendwas Substanzielles beinhaltete.

 

Kein einziges Substantiv, dem nicht ganzheitlich vorangestellt wurde.

 

Ganzheitliche und wortmächtige Grüße

 

Hans Peter

 

PS: Die Tanzstunde vor Lichtjahren finde ich übrigens nicht aufgebläht oder pompös. Sie ist zwar streng genommen falsch, weil Lichtjahre tatsächlich Entfernungen besagen (Sterne sind so und so viele Lichtjahre von unserer Erde entfernt), aber in einem flapsigen Text würde das gehen. Meiner Meinung nach.

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