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Ulf Schiewe

Re: Pompöse Worte

Empfohlene Beiträge

Diese Manie findet man leider überall. Ich habe oft Analysen, Berichte und White Papers in der Hand, die aus dem Hi-Tech-Marketing stammen. Und je jünger und ungeübter der Schreiber, je mehr möchte er sich profilieren. Der Text wird dann durch eine solche Menge von aufgeblähten Worthülsen verkompliziert, dass einem die Tränen kommen. :)

Die Montalban-Reihe, Die Normannen-Saga, Die Wikinger-Trilogie, Bucht der Schmuggler, Land im Sturm, Der Attentäter, Die Kinder von Nebra, Die Mission des Kreuzritters, Der Eiserne Herzog, www.ulfschiewe.de

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Jetzt muss ich doch zwischendrin noch eine ganz große Bitte aussprechen:

 

Hier, im öffentlichen Bereich und besonders im Handwerk nicht sofort mit Beschimpfungen (steckt schon im Titel) und Unterstellungen (dass jemand Eindruck schinden möchte o. ä.) einzusteigen, sondern erst mal zu klären, worüber diskutiert werden soll.

 

HP, ich kann viel anfangen mit den Beispielen, die du bringst, und es ist sicher lohnend, sich solch sprachliche Redundanzen, Übertreibungen genau anzusehen.

 

Gar nichts anfangen kann ich mit Auskünften der Art:

 

Drei Silben sind immer gut, besser als eine, noch besser, dass es sehr mächtig klang und sehr bedeutsam und deshalb haben sich vor allem die darauf gestürzt, die gerne pompös reden und aller Welt mitteilen wollen, wie ungeheuer intellektuell und wie ungeheuer wichtig sie sind.

 

Was soll man daraus mitnehmen? Eine Empfehlung für kurzsilbige Worte? Dass jeder, der ein bestimmtes Wort (hier: "wortmächtig") verwendet, als Wichtigtuer entlarvt ist? Und was bitte sind – losgelöst aus jedem Textzusammenhang – "hochtrabende Worte"?

 

Darf ich für folgenden Umgang mit der Sache plädieren?

 

1. Worte sind im Zusammenhang mit dem Text zu sehen, in dem sie vorkommen.

 

2. Der Text hat immer eine jeweilige Funktion. Ein Werbetext will andere Leser ansprechen und anderes erreichen als eine Gebrauchsanweisung als die Rede eines Politikers als ein Gutenachtlied als ein Liebesroman usw. Daher

 

3. ein Wort kann hier angemessen sein, dort unangemessen und selbstverständlich kann es auch Lüge und verborgene Absicht durchsichtig machen. Aber das lässt sich nicht an dem Wort selbst sagen. Dazu braucht man seine Umgebung.

 

Weshalb auch solche Auskünfte:

 

Und wie es mit Modewörtern so ist, bald nahm es niemand mehr ernst und mittlerweile wird es nicht mehr so gerne gebraucht, weil es die gewünschte Ehrfurcht nicht erzeugt, sondern eher Gelächter. Hat eben das gleiche Schicksal erlitten wie all die modischen Anglizismen, die auch Eindruck schinden sollten ...

 

ins Leere laufen. Dieses düstere Schicksal ist kein Spezifikum für "Modewörter", es ereilt alle expressiven Wortschöpfungen, wenn man ganz tief gräbt eigentlich alle Wörter. Alle kommen sie auf die Welt in einer konkreten, bunten, plastischen Bedeutung und im Lauf der Zeit bzw. nach Maßgabe ihres Gebrauchs verkommen sie zur Hülse.

 

Erst mal so weit.

Angelika

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

Alicia jagt eine Mandarinente. dtv premium März 2018. Die Grammatik der Rennpferde. dtv premium Mai 2016

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Hier' date=' im öffentlichen Bereich und besonders im Handwerk nicht sofort mit Beschimpfungen (steckt schon im Titel) und Unterstellungen (dass jemand Eindruck schinden möchte o. ä.) einzusteigen, sondern erst mal zu klären, worüber diskutiert werden soll.[/quote']

Wen zum Teufel habe ich beschimpft? Na gut, ich gebe zu, ich habe einige Wörter beschimpft, wenn ich sie pompös nenne. Aber ich bin durchaus der Meinung, dass das in bestimmten Fällen angemessen ist.. Außerdem bin ich da nicht der einzige und Wolf Schneider hat das noch sehr viel "beschimpfender" getan. Dass solche Modewörter, die Eindruck schinden sollen, möglichst mehrsilbig sein sollen, stammt auch nicht von mir, sondern das haben schon viele andere behauptet.

 

Okay, ich habe verstanden, ich habe eine Rezi geschrieben, die offenbar einigen böse aufgestoßen ist (warum, verstehe ich nicht, es sei denn der Autor des Buches ist einigen ein Dorn im Auge). Wir dürfen also nicht mehr über Blähwörter und Blähsprache reden, okay, ich habe alle meine Postings dazu gelöscht.

 

Aber erbärmlich finde ich diese Methode doch, dass in einem Forum bestimmte Themen von Moderatoren untersagt werden.

 

Hans Peter

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Lieber Hans-Peter, ich habe mich hier überhaupt nicht als Moderatorin geäußert, ich hab auch nichts verboten. Deine Rezension ist mir in dem Zusammenhang dieses threads gar nicht eingefallen.

 

Und postings zu löschen zu Blähwörtern? Was ist denn da alles missverstanden worden? Über Blähwörter würde ich ausgesprochen gern hier reden. Um zu klären, was das in welchem Kontext ist.

 

Dass Wolf Schneider sich schon dazu geäußert hat, ist bekannt. Das würde mich nicht davon abhalten, sein Urteil auch mal in Frage zu stellen.

 

Angelika

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

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(Peter_Dobrovka)

Warum hast du denn gleich deine Postings gelöscht, hpr? Das hat doch gar nicht Not getan.

 

Dieser entkernte Thread hat in dieser Form keinerlei Sinn mehr. Man kann ihn eigentlich jetzt auch komplett löschen.

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Hier, im öffentlichen Bereich und besonders im Handwerk nicht sofort mit Beschimpfungen (steckt schon im Titel)

Wen, verdammt nochmal, habe ich beschimpft? Außer ein paar Worten? ich habe ganz bewußt niemanden genannt, niemanden zitiert, selbst fabrizierte Beispiele verwendet. Daraus eine "Beschimpfung zu konstruieren, ist eine Unterstellung unter der Gürtellinie.

 

Was soll man daraus mitnehmen? Eine Empfehlung für kurzsilbige Worte? Dass jeder, der ein bestimmtes Wort (hier: "wortmächtig") verwendet, als Wichtigtuer entlarvt ist? Und was bitte sind – losgelöst aus jedem Textzusammenhang – "hochtrabende Worte"?
Ich habe auch keine Empfehlung für kurzsilbibe Wort ausgesprochen. Sondern gesagt, das sich pompöse Worte häufig in möglichst langen Worten äußern. Das ist nicht meine Erfindung, sondern State of the art. Natürlich steht es jedermann frei, eine andere Meinung zu vertreten, aber daraus mir einen Strick zu drehen und mir Dinge zu unterstellen, die ich nie gesagt habe, oder mir gar die "Verleumdung" vorzuwerfen, ist schon sehr hahnebüchern. Vor allem, wenn man sich anschaut, was andere (von dir unterstützt) hier geäußert haben.

 

Es steht dir frei, zu behaupten, dass es gar keine Blähworte gibt, mir zu unterstellen, dass alleine die Erwähnung, dass es solche gibt, eine Beleidigung sei, ist schon infam. Vor allem wenn man sich anschaut, welche andere Posting du als Moderatorin einfach durchgewunken hast.

 

Hans Peter

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Lieber Thomas,

 

herzlichen Dank für die vielen Beispiele und ganz besonders für das "pomösieren" (wozu gewiss in etliche Richtungen assoziiert werden kann :-X).

 

Die Beispiele, ob selbst erdacht oder irgendwo aufgespießt, hast du ja schon kategorisiert, und da gehe ich weitenteils gerne mit:

 

- Signalwörter, die – geglückt oder nicht – die Aufmerksamkeit des Lesers lenken sollen

 

- sprachliche Extravaganzen, für die es anscheinend keine Funktion im Text gibt, die also auf ihren Verfasser zurückstrahlen sollen. Ja, das gibts, und da lässt sich wohl auch noch weiter unterscheiden in Fachsprache, die manchmal unverständlich sein muss nach außen, damit die Spezialisten untereinander zurecht kommen und manchmal unverständlich sein will, um ... auch da mag es verschiedene Gründe geben. Vom Angeben bis zum Selbstschutz (dass Ärzte lieber vom "Exitus" reden als vom "Tod" etwa wird da eingeordnet)

 

Hier allerdings möchte ich widersprechen:

 

Denn eines kann man von den Fachleuten im Marketing lernen: Indem Dinge immer wieder mit englischen Begriffen bezeichnet, wirkt das nur so lange klug, bis die anderen verstehen, was man da sagt.

 

Dass ausgerechnet Leute, die auf Verkauf aus sind, unverständlich bleiben wollen, glaube ich nicht. Für den Einsatz von englischen Wörter gibt es auf diesem Feld – so was untersucht die Linguistik immer gern – eine Reihe von Gründen; der erste, meine ich mich zu erinnern, ist die Lautlichkeit. Im Englischen verkürzen sich die Wörter so schön, das klingt dann "cool" oder hip". So bescheuert es ist: "Come in and find out" hat einen Klang, der sich durch deutsches "Kommen Sie ... Finden Sie ..." nicht erreichen ließe.

 

Jemand hat mal vorgeschlagen den englischen Titel "Sex and the City" einzudeutschen. Wie sähe das aus? Geschlechtsverkehr und Stadt?

Weitere Vorschläge?

 

Von "Blähwörtern" war bis jetzt noch nicht die Rede. Nein, ich will nicht in Abrede stellen, dass es so was gibt. Ich will sie nur abgrenzen. Nach Bestand und Funktion.

 

Angelika

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

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Dass ausgerechnet Leute, die auf Verkauf aus sind, unverständlich bleiben wollen, glaube ich nicht.

 

Aber die Zielgruppe versteht die englischen Claims trotzdem nicht:

(Link ungültig)

 

Das nur am Rande, aber reichlich pompös. :-)

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Dass ausgerechnet Leute' date=' die auf Verkauf aus sind, unverständlich bleiben wollen, glaube ich nicht.[/quote']

 

Aber die Zielgruppe versteht die englischen Claims trotzdem nicht:

(Link ungültig)

 

Das nur am Rande, aber reichlich pompös. :-)

 

Ich habs gelesen, Mascha: Broadcast = Brotkasten :s01 :s01 :s01

 

Danke, für den Lacher!

Angelika

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

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Aber die Zielgruppe versteht die englischen Claims trotzdem nicht:

Nich nur die Zielgruppe! Wer hätte bis vor kurzem geahnt, dass es in Deutschland einen derart großen Bedarf an praktischen, bunten Leichensäcken gibt?

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Aber die Zielgruppe versteht die englischen Claims trotzdem nicht:

Nich nur die Zielgruppe! Wer hätte bis vor kurzem geahnt, dass es in Deutschland einen derart großen Bedarf an praktischen, bunten Leichensäcken gibt?

 

Haha, die "body bags"!

Ebenso angesagt: öffentliche Aufbahrungen ("public viewing")

 

Originell finde ich dagegen "englische" Wörter, die es im Englischen gar nicht gibt, wie "Dressman", "Catwalk" oder "Handy".

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Zurück zum Thema, wenn ihr gestattet. Und zuerst ein Satz in eigener Sache:

 

Die kleineren vibrations gestern haben sich wohl auch am Umgang mit den Worten "wortgewaltig", "sprachmächtig" ergeben (entnehme ich der inzwischen gelaufenen Korrespondenz). Mir stößt an diesen Vokabeln jetzt gar nichts auf. Sie besagen, dass der Verfasser, um den es gehen soll, über ein großes Lexikon im Kopf verfügt. Dass er wählen kann zwischen verschiedenen Ausdrücken, vielleicht sogar neue schafft. Dass so etwas besonders die Rezensenten im Feuilleton anspricht, liegt auf der Hand. Insofern mögen diese Vokabeln auch ein Marker sein für die Nähe des Rezensenten zum Feuilleton. Das wärs von meiner Seite dazu.

 

"Blähwörter" besagt doch aber jetzt wieder etwas anderes. Für mich: Dass Wörter in einen Text gemantscht wurden, die gar nichts aussagen, nur den Text aufblähen, länger machen sollen. Das wird es schon auch geben: Ich hab von Übersetzern gehört, die – nachdem man sie seiten- oder zeilenweise bezahlt – den Originaltext um Worte bereichern, die der Autor nie geschrieben hat. Studentische Arbeiten haben auch mal so was an sich. Oder Strafarbeiten für Schüler (gabs früher). Sonst? Ich wüsst jetzt nichts mehr.

 

Und noch weiter abgrenzen würde ich all das von dem, was in Schreibratgebern als "Füllwörter" gegeißelt wird: schon, noch, eigentlich, denn, wohl, bloß etc.

 

Wie seht ihr das?

Angelika

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Ich füge manchmal beim Schreiben Wörter ein, die zum Verständnis nicht notwendig sind, aber den Satzrhythmus verbessern. Ich mag einfach, wenn es schön klingt.

 

Diese Wörter sind irgendwie schon ;) Füllwörter, haben aber auch eine Berechtigung, finde ich.

 

Gibt es dafür eine Bezeichnung, Angelika?

 

LG,

 

Mascha

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Ich muss sagen, dass ich mit der Bezeichnung "Füllwörter" meine Schwierigkeiten habe. Irgendwie lässt es mich an Sägespäne denken, mit der Löcher ausgefüllt werden sollen.

 

Nach allem, was ich den Schreibratgebern entnehme, werden aber mitnichten Löcher gestopft, sondern häufig Worte in den Satz gelassen, die kaum Informationswert haben. Da ist auf alle Fälle was dran. Die vielen "schon"s und "noch"s machen Sätze länger, ohne Substanz hinzuzufügen. In der gesprochenen Sprache kommen sie halt oft vor, meist sind es so genannte Gradpartikeln. Die rauszuhauen, verschafft einem Text fast immer Erleichterung.

 

Daneben gibt es noch eine andere Wortsippe, die Modalpartikeln. Die gehören wesentlich zur gesprochenen Sprache, fast kein Satz, indem wir sie nicht verwenden. "denn" z.B. Nicht das gleiche wie in "Mir tut der Bauch weh, denn ich habe zu viel gegessen." Sondern freundliche Stimmung schaffend in Fragesätzen:

 

"Was meinst du damit?" VS "Was meinst du denn damit?"

 

Ich denke, man kann sogar hören, um wie viel weicher jetzt der Ton ist.

 

Es ist die Frage, ob man sie aus Dialogpartien tatsächlich voll und ganz eliminieren sollte. Ich denke nicht, dass man das pauschal beantworten kann.

 

Aber welche Wörter sind es, denn, die du da nimmst, Mascha?

Angelika

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

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Hallo zusammen,

 

ich bin auf den falschen Knopf gekommen.... und mein Posting ist weg. Mist.

 

Gruss

 

Thomas

"Als meine Augen alles // gesehen hatten // kehrten sie zurück // zur weißen Chrysantheme". Matsuo Basho

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Oh, wie schade! Kannst du es wenigstens teilweise rekonstruieren?

 

Angelika

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

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Hallo zusammen,

 

also der Text rekonstruiert:

 

die "pompösen Worte" wie "sprachmächtig" sind die Überbleibsel von einer besonders gelungenen Rezension, in der sie wirklich eine Bedeutung hatten. Mit der häufigen Verwendung haben sie sich abgenutzt und wirken formelhaft. Ein schönes Beispiel aus einem anderen Kontext ist "den Geist aufgeben". In der Bibel und der frühen deutschen Sprachgeschichte war das eine geniale, tiefgründige Wendung- und nur der Sohn Gottes konnte das. Heute kann das jeder Toaster.

 

Das bedeutet nicht, dass diese Formeln schlecht sind. Die meisten Menschen haben zu ihnen einen schnellen Zugang und verstehen sie sofort. Und die abgenutzten Assoziationen können leicht mit dem begleitenden Text ausgeglichen werden.

 

Genau wie die meisten rhetorischen Figuren sollen "pompöse Worte" eigentlich einen besonderen Effekt erzielen, indem der Leser für einen Bruchteil einer Sekunde aus seiner üblichen Leseroutine gerissen wird wie z.B. bei Signalworten. Nur leider wirken viele "pompöse Worte" schnell formelhaft.

 

Typische Signalwörter sind die oft beleumundeten (wie pompös) Klassiker wie: Plötzlich; Auf einmal; In einem Moment; Für einen Moment... Diese signalisieren dem Leser, dass sich nun der langsam mäanderte Lesefluss (und direkt ein pompöses Wort untergebracht, dass so was von in ist) nun dynamisch wird- eine Handlungssequenz wird nun übernehmen. Pompös sind diese Worte eigentlich nicht. Die Ersetzung dieser Worte kann aber recht pompös sein, zumindest wenn man nicht nur die Erzählzeit wechselt, was eine übliche Form der Ersetzung dieser Signalworten ist. "Die Zeit schien still zu stehen", bekommt nur ein kleines Glitzerpünktchenchen, genau wie das bedrohliche "Nichts würde je wieder so sein, wie früher". Drei Glitzersterne in pink bekommt: "Die Schallwelle eines Pistolenschuss durchbrach die Stille", wobei Schallwelle noch langweilig ist. Den Glöckler-Extrapompösstern bekommt: "Die Kakaphonie eines Pistolenschusses..."

 

Im Gegensatz zu den Signalworten stehen bestimmte Verben, die eigentlich kein Leser mehr bewusst wahrnimmt: Bsp. sagte er, sagte sie. Diese Worte stören niemanden, wenn man nicht jeden Satz wie Thomas Bernhard so verziert.

Pompös werden dann die Ersetzungen, wenn ein Autor sie permanent ersetzt und dabei Schritt für Schritt von murmelte sie, fluchte sie leise bis hin zu kotzte er wütend quer durch den Raum steigert. Wenn dann noch ein pompöser Wort dazukommt: Seine Stimme manäderte (ja, das Wort ist sowas von ihn) durch den Satz... Somit scheinen die Worte pompös zu sein, die ohne direkte Notwendigkeit die Sprachmächtigkeit (und wieder eins) des Autors illuminieren (und noch eins) sollen.

 

Extravagante Vergleiche wie die blasenwerfende Zitrone in einem Colaglas und überzeichnete rhetorische Figuren sind nur dann pompös, wenn sie in der Wortwahl mindestens drei Spuren überzeichnet sind und die meisten Leser zum Stolpern bringen. Der katatonisch murmelnde Zwerg ist ein Anfang, die Kakophonie der Katastrophe, der Blitzhall der nordischen Götter im Gewitter, der homerische Singsang einer alten Frau beim Einkaufen, die Tanzsinfonie der Ballets Russes, die transzendale Schwere der Currywurst und das Bullshitbingo wie der Rollout des MCP-KANU Projekts in einem dissonaten Marktumfeld sind einfach wunderbar pömpös.

 

Natürlich darf man pomösieren, den Widerhall der Geschichte (und noch eins) im Geiste einer neuer Zeit antizipieren (und noch eins)- wenn die Geschichte es an einer Stelle verlangt oder wenn eine Figur sich auf diese Weise ausdrückt.

Eine gelungene Variante bringt viel Aufmerksamkeit auf eine besondere Textstelle- und nimmt sie den restlichen Zeilen darum. Das mag gerade zum Verstecken einer wichtigen Neuigkeit interessant sein, als Betonung einer Stelle- nur ist pompös oft difficile (und wieder eines). Denn eines kann man von den Fachleuten im Marketing lernen: Indem Dinge immer wieder mit englischen Begriffen bezeichnet, wirkt das nur so lange klug, bis die anderen verstehen, was man da sagt.

 

Somit sollte die sprachgewaltigen (und wieder eins) Autoren nur beim dissolvieren (tata!!) einer wichtigen Szene mit pompösen Worten donquichtieren (Tatata), beim Characterbuildung (hurra) und bei den Patterson-Nuggets. Aber das habe ich ja schon verständlich vorher geschrieben.

 

LG

 

Thomas

"Als meine Augen alles // gesehen hatten // kehrten sie zurück // zur weißen Chrysantheme". Matsuo Basho

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Hallo alle!

 

Vor Lichtjahren machte ich einmal eine Hospitanz in der Bildungsredaktion des Bayrischen Rundfunks. Bis dahin hatte ich oder besser: versuchte ich mich in einer eher barocken, um nicht zu sagen wortmächtigen Schreibe. Der Redakteur beim BR gab mir meine Texte stets zwei Mal zurück, immer hatte er etwas zu mäkeln, war sehr streng. Er verlangte von mir bei jedem Wort genau zu sagen, welche Funktion es innerhalb des Textes hat. Und wenn ich es nicht zu sagen vermochte, wurde es gestrichen.

 

Man muss dazu sagen, es handelte sich um journalistische Texte, keine literarischen und es war Hörfunk, da ist jede Sendeminute, und damit jedes Wort kostbar, weil man nicht so viele hat. Sicherlich hat dieser Redakteur (so würde ich heute sagen) über das Ziel hinausgeschossen, aber ich habe doch einiges gelernt oder zumindest ein Gespür dafür bekommen, was überflüssige Wörter sind, was redundant ist und was nur scheinbar präzise ist. Und da kommt schon viel zusammen.

 

Ein Beispiel. Mir sträuben sich die Haare, wenn innerhalb eines Textes die Formulierung "wie gesagt" auftaucht. Warum sagt der Urheber es nochmals und muss es dann noch einmal betonen? Werde ich für so blöd gehalten, dass ich die Äußerung beim ersten Mal nicht mitbekommen habe?

 

Oder eben Wörter wie "gängig" "normal" "gewöhnlich" "geläufig" - da frage ich mich auch immer, was meint das genau? Das ist (für mich) einfach unpräzise, und ein bisschen auch einer Denkfaulheit geschuldet oder weil man sich die Anstrengung der Formulierung sparen möchte (so empfinde ich das jedenfalls bei mir selbst).

 

Oder wenn es heißt "bestimmte" Menschen. Da frage ich mich auch, wer das sein soll? Zugegeben, das alles ist Sprachklauberei. Aber wenn man professionell schreibt, egal ob als Autor, Journalist oder sonst was, lohnt es sich, darüber nachzudenken.

 

Was ein "pompöses" Wort sein soll, da habe ich zum Beispiel auch keine Ahnung. Wie kann das eine Wort im Duden pompös sein, und das andere nicht?

 

"Wortmächtig" hingegen würde ich durchaus verwenden, um auf sachliche, (unpolemische!) Weise Texte zu beschreiben. Thomas Mann und Uwe Tellkamp sind für mich beide wortmächtige Autoren, und das scheint mir ein wesentliches Merkmal ihres Stils zu sein.

 

Herzlichst

jueb

"Dem von zwei Künstlern geschaffenen Werk wohnt ein Prinzip der Täuschung und Simulation inne."  

AT "Aus Liebe Stahl. Eine Künstlerehe."

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also der Text rekonstruiert:

 

Stark!

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

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@ jueb: Was das "bestimmte ..." angeht – oh ja! Geradeso wie "gewisse ..." Hinterher weiß man immer, dass es nun gerade unbestimmt geblieben ist.

 

Angelika

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Naja, "Lichtjahre" sind hier gebraucht als kokette oder ironische Übertreibung.... Dann wäre ja jede Übertreibung pompös?! Was sie vielleicht ja auch ist?! :-)

"Dem von zwei Künstlern geschaffenen Werk wohnt ein Prinzip der Täuschung und Simulation inne."  

AT "Aus Liebe Stahl. Eine Künstlerehe."

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Naja' date=' "Lichtjahre" sind hier gebraucht als kokette oder ironische Übertreibung.... Dann wäre ja jede Übertreibung pompös?! Was sie vielleicht ja auch ist?! :-) [/quote']

Das ist dennoch ein gutes Beispiel, weil der Begriff sehr oft so verwendet wird, als sei er eine Zeitangabe. Ähnliches Schindluder wird ja auch mit dem winzigen Quantensprung getrieben.

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