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AlexandraB

Unterschied Übertragung - Übersetzung?

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Hallo,

 

beim Vergleich von Büchern in ihrer Originalausgabe und in deutscher Sprache stieß ich auf die unterschiedliche Bezeichnung "Übertragung aus dem Englischen" bzw. "Übersetzung aus dem Englischen".

 

Gibt es da einen definierten Unterschied?

 

Mir kommt es so vor, als ob bei der Übertragung sehr viel freier agiert wird, d.h., dass zum Teil Passagen geändert oder sogar hier und da ein Satz mehr eingeschoben wurde ...

 

Wie ist das mit dem Urheberrecht des Autoren, wenn doch auffallende Unterschiede zum Originaltext entstehen?

 

Weiß hier jemand Bescheid darüber?

 

Ratlose Grüße, Alexandra

Neues Sachbuch: 1848. Erfolgsgeschichte einer gescheiterten Revolution (Reclam Verlag)

www.alexandrableyer.at

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Ich denke, dass eine Übersetzung der exakte, inhaltliche Transfer in eine andere Sprache ist, während die Übertragung versucht, die literarische Leistung "nachzudichten".

Literatur ist ja eben in der Regel alles andere als nüchterne Faktenvermittlung, sondern bedient sich vieler Bilder, Redewendungen, Analogien, die sehr häufig kulturspezifisch und damit nicht 1:1 übertragbar sind.

"Übersetzt" dann jemand nur, statt eine Entsprechung in der Zielsprache zu suchen, kommt nicht selten Unverständliches bis Blödsinn heraus.

Von daher trifft "Übertragung" für mich in den meisten Fällen den Kern der Sache eher, sobald es sich um irgend etwas anderes als Fachbücher handelt.

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"Übersetzt" dann jemand nur, statt eine Entsprechung in der Zielsprache zu suchen, kommt nicht selten Unverständliches bis Blödsinn heraus.

 

Mein "Liebling" aus dem Jack Reacher-Film (auch im Buch so vorhanden, wurde mir dann berichtet!):

"Hi, ich bin Sandy."

"Sandig war ich letzte Woche auch. Am Strand in Florida." :s09

 

LG

Dorothea

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Vielleicht wissen die Übersetzer hier noch Exakteres.

 

In der Linguistik meint "Übertragung" etwas, was mehr umfassen kann als die "Übersetzung". Man übersetzt von einer Sprache in die andere (schriftlich; für den mündlichen Bereich spricht man vom Dolmetschen). Man überträgt etwa gesprochene Sprache in geschriebene oder Dialekt in Hochsprache und zurück. Aber natürlich auch von einer Sprache in die andere.

 

Hilft das?

Angelika

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

Alicia jagt eine Mandarinente. dtv premium März 2018. Die Grammatik der Rennpferde. dtv premium Mai 2016

www.angelika-jodl.de

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Hallo,

 

danke für die Antworten!

 

In diesem Fall war es sogar ein Sach-/Fachbuch, in dem z.T. durch die Übertragung falsche Begriffe eingeführt wurden, an manchen Stellen wurden ganze Sätze eingefügt, die doch den Sinn des Originals etwas veränderten bzw. mehr Werturteil in die Geschichte brachten.

 

lg, Alexandra

Neues Sachbuch: 1848. Erfolgsgeschichte einer gescheiterten Revolution (Reclam Verlag)

www.alexandrableyer.at

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Ein Beispiel für den Unterschied:

"Snake in the grass" wird oft wörtlich übersetzt als "Schlange im Gras". Nur erschließt sich der dahinterstehende Sinn dem Leser/Zuschauer überhaupt nicht, der sich fragt, von welcher Schlange in welchem Gras die Rede ist.

Wenn man aber weiß, wofür diese Metapher steht, dann "überträgt" der "Übersetzer" das je nach dem Zusammenhang als "falsche Schlange" oder "verborgene Gefahr".

 

Anderes Beispiel:

Sagt ein Schotte "Shoot the crow!" ist das - wörtlich übersetzt - eben KEINE Aufforderung, Krähen zu erschießen, sondern die schottische (genauer gesagt Scots) Variante von "Mach dass du wegkommst!" oder "Hau ab!"

 

Davon abgesehen habe ich schon öfter festgestellt, dass manche "Übersetzer" den Text regelrecht zensieren. Ob aus eigener Initiative oder auf Verlagen des Verlages sei dahingestellt.

Beispiel: "Firebrand" (Die Feuer von Troja) von Marion Zimmer Bradley. Im Original wird die Adoptivtochter von Kassandra, Honey (deusch: "Biene"), von Ajax vergewaltigt und ermordet (sie ist noch ein Kleinkind). In der deutschen Ausgabe wurde der gesamte Passus mitsamt aller auf ihn Bezug nehmenden Textstellen so umgeschrieben, dass Kassandra das Kind Aeneas auf der Flucht mitgibt und es so gerettet wird.

 

Und unabhängig von solchen absichtlichen Veränderungen ist mir schon sehr oft aufgefallen, dass manche Übersetzer es an Sorgfalt mangeln lassen und sachliche/inhaltliche Fehler verursachen, die im Original nicht enthalten sind.

Auch hierfür ein Beispiel:

Das wort "corn" bezeichnet im Englischen Korn und im Amerikanischen Mais. In einem Buch eines englischen (!) Atuors (ich habe leider den Titel vergessen und wer es geschrieben hat) wurde dadurch, dass sich der Übersetzer NICHT kundig gemacht hat, ob der AUtor Brite oder Amerikaner ist (er ist von Amerikaner ausgegangen) aus "a Celtic corn ritual" in der Übersetzung ein "keltisches Maisritual". Doppelt lachhaft, weil Mais erst mit Columbus nach Europa kam und die Kelten dieses Gewächs gar nicht kannten.

 

Übertragen bedeutet also, dass man einen Text SINNGEMÄSS in eine andere Sprache übersetzt (hat) und nicht wörtlich.

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Ich erinnere mich an einen Lowlander, also einen Schotten, der in den Lowlands lebt, der vom Übersetzer zum "Holländer" gemacht wurde.

Was vollkommen absurd war, aber über die Gedankenkette Lowlander = Niederländer = Holländer zustande gekommen sein muss.

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Ich korrigiere gerade ein Buch, das aus dem Rumänischen ins Deutsche "übersetzt" wurde - und ich muss sagen, hier wäre eine Übertragung wünschenswert gewesen. Denn die Erzählweise im Rumänischen unterscheidet sich sehr von der deutschen: es wird viel "blumiger" erzählt, ausschweifend mit vielen - im Deutschen übertrieben wirkenden - Adjektiven. Es ist sehr schwierig, zu korrigieren, ohne zu sehr in den Text einzugreifen.

Jedenfalls bleibt die Tatsache, dass es im Leben nicht darum geht, Menschen richtig zu verstehen. Leben heißt, die anderen misszuverstehen ... Daran merken wir, dass wir am Leben sind: wir irren uns. (Philip Roth)

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