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(Huutini)

Ähnliche, doch nicht gleiche 'Worte'

Empfohlene Beiträge

Liebe Leute!

 

Wieder einmal möchte ich zu einer Wörtersammlung aufrufen!  ;D

 

Nämlich solche Wörter, derer es zwei unterschiedliche gibt, und die einen feinen aber bedeutenden Unterschied machen, der einem jedoch nicht immer gleich bewusst ist, die man also gegebenenfalls überprüfen sollte.

Und damit meine ich keine Teekesselchen, oder Wörter, die sich schlicht in ihrer Schreibweise unterscheiden, wie viel/fiel, Fälle/Felle.

 

Aus gegebenem Anlass und als Beispiel möchte ich gleich mit zwei Paarungen anfangen:

 

Worte (Eine Art Kurzform für Redewendungen. Siehe: Geflügelte Worte)

-

Wörter (Mehrzahl von 'Wort')

 

 

 

Heirat  (Synonym für 'Eheschließung', meint das 'Verbinden' zweier Personen)

-

Hochzeit (Das Fest, bei dem geheiratet wird)

 

 

 

Vallen euch noch Felle ein?

 

Gruß,

Marco! :s17

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Hi,

 

ja, mir fällt ein Paar ein, dass ich aber umgangssprachlich auch nicht immer richtig verwende:

 

scheinbar

anscheinend

 

Scheinbar bedeutet, dass etwas tatsächlich nur so scheint, aber in Wirklichkeit anders ist. Anscheinend hingegen heißt, dass es offenbar tatsächlich so ist.

 

Gruß,

Capella

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scheinbar

anscheinend

 

Schöner Fall!

 

Ich hatte mir da mal eine Eselsbrücke gebaut:

Wenn ich wieder mal nicht weiß, welches der beiden ich jetzt nutzen will, denke ich immer an folgenden Satz:

 

Er ist nur scheinbar reich (passt)

Er ist nur anscheinend reich (passt nicht)

 

Eselsgrüße,

Marco! :s17

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Um mal wieder ein wenig zu ketzern.

 

Ich finde an ungeheuer vielen Stellen die Behauptung, welche Bedeutung "scheinbar" und "anscheinend" haben, doch ich kann mich ums Verrecken nicht erinnern, JEMALS in einem echten Text das Wort "scheinbar" in dem beschriebenen Sinne verwendet gesehen zu haben.

Und zum Teil gilt es auch für "anscheinend".

 

Deswegen sagt mir mein Sprachgefühl etwas völlig anderes als der Zwiebelfisch und die vielen schlauen Leute.

 

Das, was an Bedeutung dem Wort "scheinbar" zugeschrieben wird, nämlich die Implikation, daß es in Wirklichkeit nicht so ist, wie es scheint, kenne ich lediglich mit einem vorangestellten "nur". Also, wenn etwas "NUR scheinbar" ist.

 

Auch die Implikation, daß "anscheinend" bedeutet, daß etwas wirklich so sei, wie es scheint, kann ich nicht unterschreiben. Wenn ich etwas behaupten will, dann verwende ich dieses Wort gar nicht erst. Ich sage zum Beispiel: "Du hast nicht zugehört"

Ich (und alle, die ich kenne) sagen nur dann "Du hast anscheinend nicht zugehört", wenn sie sich ein Hintertürchen offen lassen wollen, sich getäuscht zu haben, und sei es nur als Höflichkeitsfloskel.

 

Nun zum "scheinbar".

"Er hörte scheinbar nicht zu" bedeutet also, daß er in Wirklichkeit doch zuhörte? Zeigt mir einen Text, in dem das so gebraucht wird, bitte! Ich habe so einen nämlich noch nie gelesen. Will man das Gewünschte ausdrücken, kenne ich das nur als "Er hörte NUR scheinbar nicht zu"

 

In der Sprachwelt, in der ich aufgewachsen bin, sagen weder "anscheinend" noch "scheinbar" etwas über die Realität aus, beide drücken nur aus, daß etwas in einer bestimmten Weise scheint.

 

Was ich jedoch an Unterscheidung zu vermeinen mag, ist, daß "anscheinend" praktisch immer nur im subjektiven Zusammenhang benutzt wird, während "scheinbar" auktorialer ist. Das zieht die Sache dann tatsächlich in die offizielle Richtung. Die Konstruktion "nur anscheinend" fühlt sich falsch an. Aber eben nur in die Richtung. Der auktoriale Erzähler würde nie "Er hörte anscheinend nicht zu" sagen, um auszudrücken, daß jemand tatsächlich nicht zuhört.

 

Peter

 

PS: Sollte ich vollkommen danebenliegen, wäre das übrigens eine Katastrophe, denn das würde bedeuten, daß ein wertneutrales Scheinen-Adverb (das also offenläßt, ob etwas so ist oder nicht) gar nicht existiert.

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Hey Peter!

 

Gute Einwürfe!

 

Das' date=' was an Bedeutung dem Wort "scheinbar" zugeschrieben wird, nämlich die Implikation, daß es in Wirklichkeit nicht so ist, wie es scheint, kenne ich lediglich mit einem vorangestellten "nur". Also, wenn etwas "NUR scheinbar" ist.[/quote']

Guter Punkt. Muss ich mir nochmal durch den Kopf gehen lassen, wenn ich fit bin, glaube aber, ich würde dir zustimmen.

 

 

Auch die Implikation, daß "anscheinend" bedeutet, daß etwas wirklich so sei, wie es scheint, kann ich nicht unterschreiben. Wenn ich etwas behaupten will, dann verwende ich dieses Wort gar nicht erst. Ich sage zum Beispiel: "Du hast nicht zugehört"

Ich (und alle, die ich kenne) sagen nur dann "Du hast anscheinend nicht zugehört", wenn sie sich ein Hintertürchen offen lassen wollen, sich getäuscht zu haben, und sei es nur als Höflichkeitsfloskel.

Einfache Erklärung: "anscheinend" gillt als Synonym sowohl für 'vermutlich' als auch für 'offenbar'.

 

Im Falle des 'offenbar' hat Anscheinend die Bedeutung, die du nicht unterschreiben kannst: Etwas ist genau, wie es den Anschein hat.

Anscheinend gilt hier als Verstärkung, etwas offenkundiges deutlicher herauszustellen, eine Unterstreichung.

Dein Zweiter Fall, nämlich das Hintertürchen, wäre dann das 'vermutlich'-Anscheinend.

 

Anscheinend passt hier schlicht für beides, sowohl als Unterstreichung etwas Offenkundigen, als auch als Hintertürchen - alles ganz kontextabhängig.

 

Ob das in einem Text vorkommt, ist eine andere Frage, ich würde es höchstens in einer Dialogzeile verwenden.

Und ich weiß nicht, ob's wieder Hamburgisch ist, aber hier oben fällt das 'offenbar'-Anscheinend alle Nase lang...

 

Gruß,

Marco! :s17

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hallo,

 

kurzer kommentar dazu von einer vielschreiberin: ich verwende beide wörter, und zwar jeweils in der ihnen zukommenden bedeutung. scheinbar auch ohne "nur".

 

beispiel: scheinbar unbeteiligt näherte er sich dem ort des geschehens. scheinbar unbewaffnet traten sie ihren widersachern entgegen. (einfache regel: hier trügt der schein).

 

anscheinend: anscheinend hatte er schon gegessen, denn im gegensatz zu den anderen ging er nicht mit zu tisch. (hier hat es den anschein, den man als richtig unterstellt).

 

lg,

eva v.

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Klassisches Beispiel: Dasselbe/ das Gleiche

 

Man ißt das gleiche Stück Kuchen wie der Nachbar. (nämlich ein anderes Stück von einem Kuchen).

Man ißt dasselbe Stück Kuchen wie der Nachbar.

(man teilt sich das Stück mit dem Nachbarn).

 

Hoffentlich war das richtig, bei solchen Sachen komme ich immer durcheinander, ansonsten behaupte ich das Gegenteil und möchte noch hinzufügen, dass ich auch der Ansicht bin, dass scheinbar, offensichtlich, anscheinend und augenscheinlich tunlichst nur auf Dinge zu verwenden sind, die man "auf den ersten Blick sehen kann". "Hörte scheinbar nicht zu",geht schon in Richtung letzte Seite Spiegel meiner Meinung nach. ;)

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Also, zu den klassischen Beispielen:

Bei scheinbar/anscheinend sind sich eigentlich alle mir vorliegenden Wörterbücher einig, dass der Bedeutungsunterschied existiert. Eine abweichende Verwendung müsste man also wohl als umgangssprachlich bzw. hochsprachlich falsch ansehen.

Bei das gleiche/dasselbe ist der Fall keinesfalls so eindeutig. Hier gibt es unterschiedliche Meinungen. Während beispielsweise Störig/Wahrig einen Unterschied sehen und die abweichende Verwendung als ugs. bzw. fehlerhaft ansehen, findet man vor allem in den Wörterbüchern der Duden-Reihe den Vermerk, dass die beiden Begriffe synonym zu verwenden sind bzw. die Unterscheidung allenfalls eine je nach Kontext sinnvolle Kann-Regel ist. Interessanterweise scheint diese Ansicht je nach Alter der Wörterbücher an Boden zu gewinnen.

In dem Falle scheint also eine bedeutungsgleiche Verwendung noch nicht ganz "sauber" zu sein, aber auch nicht mehr wirklich "falsch".

 

Und dann habe ich auch noch ein paar Paare in den Ring zu werfen:

 

- brandschatzen und "in Brand stecken"

(okay, der Bedeutungsunterschied ist nicht klein; aber in letzter Zeit lese ich so was immer öfter als "Synonym")

 

- Trage und Bahre

(okay, die "Bahre" als Synonym für die Trage ist jetzt nicht wirklich falsch, aber zumindest ist die Wortwahl eher ungeschickt)

 

- "Expertise" als Synonym für "Fachkunde"

(Da wandert wieder mal ein Anglizismus ein)

 

- launig und launisch

 

- kindlich und kindisch

 

und, meine Alltime-Klassiker:

- der Drache und der Drachen, sowie:

- der Schild und das Schild :-/

 

... obwohl man damit wohl schon in den Bereich der Teekesselchen gerät

Sinn ist keine Eigenschaft der Welt, sondern ein menschliches Bedürfnis (Richard David Precht)

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>> - Trage und Bahre

(okay, die "Bahre" als Synonym für die Trage ist jetzt nicht wirklich falsch, aber zumindest ist die Wortwahl eher ungeschickt) <<

 

Wer auf einer Trage liegt, lebt noch, der auf der Bahre nicht mehr. Kannst mal sehen, jetzt hat sich der Erste-Hilfe-Kurs nach über zwanzig Jahren doch noch ausgezahlt.

 

Hier noch einer, obwohl der schom im ZwiFi abgehandelt wurde:

- offensichtlich = klar ersichtliche Tatsache

- offenbar = kann Tatsache sein, muss aber nicht

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>> - Trage und Bahre

(okay, die "Bahre" als Synonym für die Trage ist jetzt nicht wirklich falsch, aber zumindest ist die Wortwahl eher ungeschickt) <<

 

Wer auf einer Trage liegt, lebt noch, der auf der Bahre nicht mehr. Kannst mal sehen, jetzt hat sich der Erste-Hilfe-Kurs nach über zwanzig Jahren doch noch ausgezahlt.

Mein Mann als Ex-Sanitäter bekommt Anfälle, wenn jemand "Trage" und "Bahre" verwechselt ...

Wer so einen Anfall je miterlebt hat, verwechselt die beiden nie wieder. :s12

 

Liebe Grüße,

Iris :s17

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 Bei scheinbar/anscheinend sind sich eigentlich alle mir vorliegenden Wörterbücher einig, dass der Bedeutungsunterschied existiert.

Daß die WÖRTERBÜCHER sich darin einig sind, hat auch niemand bestritten.

 

Bei das gleiche/dasselbe ist der Fall keinesfalls so eindeutig.

Witzig. Den Unterschied hab ich noch in der Schule gelernt und nie angezweifelt.

 

Was sind Teekesselchen?

 

 

 

Ich hab auch noch was:

 

retten und bergen

 

Bergen tut man nur Gegenstände und Leichen. Wenn also wieder mal in den Nachrichten davon die Rede ist, daß 27 Überlebende geborgen wurden, müßte es eigentlich heißen, daß sie gerettet wurden.

 

Peter

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retten und bergen

 

Bergen tut man nur Gegenstände und Leichen.

Und "den Kopf in den Armen". Oder man "fühlt sich geborgen". M.a.W.: Es ist nicht ganz so einfach. ;D

 

Pedantische Grüße,

Iris :s17

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Was sind Teekesselchen?

 

Altes Kinderspiel:

EIn Wort, mit mehr als einer Bedeutung.

 

Zwei Kinder stehen vor der Klasse, und jeder erklärt 'sein' Teekesselchen:

 

a) "MEIN Teekesselchen ist aus Papier!"

b) "MEIN Teekesselchen speit Feuer!"

 

Die Klasse muss nun raten, welches Wort gesucht wird, hier wäre es ein Drache(n).

 

Teekesselchen sind also z.B. Schuster (Der Schuhmacher und, in manchen Regionen, das Insekt), oder Maus (Das Tier und das Computerteil) oder Hammer (Das Werkzeug und der Wagen).

 

Erstaunlicherweise fallen mir die ganzen alten Teekeselchen, die ich als Kind alle kannte, gar nciht mehr ein! :(

 

Aber ich glaube, du weißt, was ich meine. ;)

 

Gruß,

Marco! :s17

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Retten und bergen sowie Trage und Bahre sind zwei interessante Fälle. Ich habe mal für eine Zeitschrift gearbeitet, die eng mit Rettungsdiensten zusammengearbeitet hat, und da wurde insbesondere über "retten" und "bergen" heftig diskutiert.

 

Die Sachlage ist nämlich die, dass "bergen" tatsächlich ein Synonym zu "retten" ist - allgemeinsprachlich gibt es da keine Unterscheidung. Sehr wohl aber im fachsprachlichen Jargon der Rettungskräfte! Es ist ja nicht ungewöhnlich, dass in Fachsprachen Begriffe aus der Allgemeinsprache genommen und spezieller definiert werden; aber das ist dann eine rein fachsprachliche Bedeutung, die keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit erheben kann.

Was wir uns damals im redaktionellen Alltag gefragt haben war, ob wir nun für "Fachkreise" schreiben oder für den "normalen" Leser. Was die Käufer betraf, war eindeutig Letzteres der Fall; aber es wurde durchaus seitens der Fachberater des Magazins Druck ausgeübt, ihre Wortwahl zu übernehmen. Ich persönlich denke allerdings, dass man zwischen Fachsprache und Hochsprache einen sehr dicken Strich ziehen sollte.

Mein Widerstreben ist vor allem auch deshalb so groß, weil eine einschränkende Verwendung von Begriffen, also eine engere Definition als die allgemeinsprachlich mögliche, auch ein typisches Merkmal von Trivialität ist und insbesondere in der Heftromanredaktion regelmäßig stattfindet. Insofern empfinde ich auch eine Vereinfachung der Sprache durch "Verfachsprachlichung" nicht als Präzisierung, sondern ... nun, eben als Vereinfachung. Als Trivialisierung im Sinne von "kontextuelles Denken vermeiden".

 

Mit der Bahre und der Trage verhält es sich ähnlich, mit dem entscheidenden Unterschied, dass eine Bedeutungsdifferenzierung zumindest insofern auch Alltagssprachlich dokumentiert wird, dass man für die "Bahre" auch in Wörterbüchern oft eine formale "Doppelbedeutung" aufführt: Das heißt, "Bahre" im Sinne von "Trage" gilt zwar als alltagssprachlich zulässig, aber die "Bahre" für die Toten wird explizit und eigens als zweite Bedeutung des Wortes angeführt.

Auch bei den Ableitungen bietet sich ein anderes Bild: Nur Tote werden "aufgebahrt", aber man spricht beispielsweise auch von der "Bergung von Schiffbrüchigen". Während also bei der "Bahre" auch das semantische Umfeld eher auf die Toten referiert, findet man eine solche Fokussierung bei "bergen" außerhalb der Fachkreise überhaupt nicht.

Daher empfinde ich persönlich es auch als merkwürdig, wenn man einen Verletzten auf der Bahre abtransportiert; denn das ganze begriffliche Umfeld schwingt ja doch mit. Aber regelrecht falsch ist es, wie gesagt, nicht.

Sinn ist keine Eigenschaft der Welt, sondern ein menschliches Bedürfnis (Richard David Precht)

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Ich hätte noch ein paar Teekesselchen, just for fun:

Erde - der braune Dreck unter den Füßen oder die Weltkugel

Ball - das runde Ding zum Spielen oder die Tanzveranstaltung

Atlas - das Gebirge oder das Buch mit den Landkarten

Brand - starker Durst (oft nach Alkoholgenuss) oder ein Feuer

 

Oft sind ja auch hier inhaltliche Zusammenhänge zu finden, habe ich gerade festgestellt. Einer der Gegenstände wurde wohl nach dem anderen benannt, und das hat sich dann im Sprachgebrauch eingeschliffen - ich denke, dass der Durst nach dem Feuer genannt wurde, weil er in der Kehle "brennt", und der Polizist nach dem männlichen Wiederkäuer... warum auch immer?  :-X Eindeutiger: Die Glühbirne aufgrund ihrer Form nach dem Obst.

 

 

Liebe Grüße

Chrissi

Bei Droemer Knaur im März 2012:  Mondherz &&Meine neue Website

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Auch noch hierzu was:

 

Daß die WÖRTERBÜCHER sich darin einig sind, hat auch niemand bestritten.

 

Nun, du hast deinen Einwand mit deinen persönlichen, empirischen Erfahrungen begründet. Nun schöpfen aber auch die Wörterbücher nicht aus der hohlen Luft, sondern aus der Auswertung der empirischen Belege, gedämpft durch einen - je nach Wörterbuch mehr oder minder ausgeprägten - Konservatismus. Wenn ich mich recht erinnere, wurde hier sogar - und nicht zuletzt von dir, Peter ;) - in einem anderen Thread schon kritisiert, dass Wörterbücher sogar allzu schnell irgendwelchen empirischen Strömungen folgen.

Insofern halte ich den Hinweis, dass alle Wörterbücher sich in dieser Frage einig sind, schon für einen gültigen Einwand gegen deine empirische These. Denn ich denke doch, dass die gesammelte Menge an Belegen, die hinter einem solchen Wörterbucheintrag stehen, meine zufälligen persönlichen Erfahrungen und Meinungen erheblich relativiert. Und wenn in Bezug auf "scheinbar" und "anscheinend" nicht mal in Fachkreisen der Bedeutungsunterschied diskutiert wird, sehe ich auch keinen Ansatzpunkt, diesen in Frage zu stellen.

Sinn ist keine Eigenschaft der Welt, sondern ein menschliches Bedürfnis (Richard David Precht)

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Insofern halte ich den Hinweis, dass alle Wörterbücher sich in dieser Frage einig sind, schon für einen gültigen Einwand gegen deine empirische These.

Wie ging noch mal dein Vergleich mit den Bewegungen der Himmelkörper? :s22

Die schreiben doch alle voneinander ab, hehe.

 

Mir ist klar, daß ich diese Diskussion nicht gewinnen kann, ebensowenig wie damals Galilei gegen die Kirche. Dennoch wäre ich hocherfreut, in der Literatur und Korrespondenz der vergangenen Jahrzehnte ein paar Beispiele zu finden.

Ich überlege noch, ob ich Eva als Beispiel zulassen kann. Dazu müßte sie etwas ausführlicher werden.

 

Denn ich denke doch, dass die gesammelte Menge an Belegen, die hinter einem solchen Wörterbucheintrag stehen, meine zufälligen persönlichen Erfahrungen und Meinungen erheblich relativiert.

Bei mir ist es umgekehrt. Meine 37 Jahre auf dieser Erde in diesem Kulturkreis, meine Beschäftigung mit Literatur von Kindesbeinen an lassen mich die Wörterbücher relativieren. Jedenfalls für mich persönlich.

Ihr müßt mich verstehen. Das ist genau so, als wie wenn jemand plötzlich herausfinden würde, daß "Himmel" nur den blauen Himmel meint. Erster Gedanke: "So ein Schwachsinn". Dann: "Huch, das steht ja tatsächlich in ALLEN Lexika drin! Hab ich das Wort mein Leben lang falsch verwendet?" Aber: Wieso sprechen dann alle vom grauen Himmel, wenn es bewölkt ist?

 

Und wenn in Bezug auf "scheinbar" und "anscheinend" nicht mal in Fachkreisen der Bedeutungsunterschied diskutiert wird, sehe ich auch keinen Ansatzpunkt, diesen in Frage zu stellen.

Dazu sag ich mal nix. Vielleicht merkt er's ja selber, was er da gerade gesagt hat.

 

Peter

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Die schreiben doch alle voneinander ab

 

Das kann ich nicht leugnen, wenn ich sehe, wie sich manche Einträge bis in den Wortlaut gleichen. Und da erinnere ich mich auch an das Zitat eines Professors: "Mit der Einordnung des Fachwortschatzes der Linguistik tut sich die Sprachwissenschaft etwas schwer. Da kann sie nämlich nicht aus anderen Fachwörterbüchern abschreiben, sondern müsste die Wörterbücher selbst erarbeiten" ;D

 

ebensowenig wie damals Galilei gegen die Kirche.

 

... wozu man sagen muss, dass Galilei keinesfalls aus rein dogmatischen Gründen abschwören musste, wie wir uns heute immer gerne selbstgefällig einreden, sondern dass er zuvor nach wissenschaftlichen Diskursprinzipien widerlegt wurde, die auch heute noch Gültigkeit haben - der alte Streit zwischen Augenschein (auf den sich Galilei stützte) und Berechnungen (die nach den alten Modellen schlicht exakter waren, weil das Modell von Galilei durch die Annahme einer Kreisbahn naturgemäß falsche Voraussagen lieferte, während die klassischen Rechenmodelle trotz falscher Grundannahme durch zahllose Korrekturfaktoren richtige Prognosen lieferte).

Das lässt einen doch mitunter fragen, wie es denn heutzutage so um manche wissenschaftlich belegte "Wahrheit" bestellt ist ... aber das ist eine andere Geschichte und sollte wohl anderswo diskutiert werden :)

 

Dazu sag ich mal nix. Vielleicht merkt er's ja selber, was er da gerade gesagt hat.

 

Hm, wenn du mir damit blinde Handbuchgläubigkeit vorwerfen möchtest, muss ich dich leider enttäuschen: An der Uni war ich durchaus derjenige, der immer gerne alles hinterfragt hat; und ich war auch derjenige, der zum ersten Arbeitstag in der Redaktion nach Abschluss des Studiums nur mit dem amtlichen Regelwerk unter dem Arm zur Arbeit erschien und mit der mir eigenen Arroganz davon ausging: "Duden für neue Rechtschreibung - brauch ich nicht. Das ist ja nur noch eine Interpretation des amtlichen Regelwerkes, und mit einer durchgehenden Eins in Linguistik kann ich das wohl genauso gut interpretieren wie die Duden-Redaktion." :-X

Leider musste ich dann nach nur zwei Tagen den Unterschied zwischen wissenschaftlich exakter Sprachwissenschaft und den Anforderungen des Sprachalltags in einer Zeitschriftenredaktion erkennen; und feststellen, dass es in diesem Alltag nicht akzeptabel ist, wenn ich zur wissenschaftlich exakten Analyse eines grammatischen Zweifelsfalls auf Basis einer Auswertung der Tiefenstruktur eines Satzes zwei Stunden brauche :s22

Seitdem überlasse ich diese Arbeit gerne den Fachwissenschaftlern, die sich in Ruhe und systematisch mit der Empirie auseinandersetzen können - ich habe jedenfalls erkannt, dass ich diese Arbeit ohne die vergleichbaren Arbeitsbedingungen nicht leisten kann; und ich versuche nur der Versuchung zu widerstehen, aufgrund einiger zufälliger Eindrücke in einen Diskurs einzusteigen, wenn ich sehe, dass die systematische Beschäftigung mit sprachlichen Belegen offensichtlich keinen solchen Diskurs füttern kann.

Sinn ist keine Eigenschaft der Welt, sondern ein menschliches Bedürfnis (Richard David Precht)

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"Mit der Einordnung des Fachwortschatzes der Linguistik tut sich die Sprachwissenschaft etwas schwer. Da kann sie nämlich nicht aus anderen Fachwörterbüchern abschreiben' date=' sondern müsste die Wörterbücher selbst erarbeiten" ;D[/quote']

http://www.kiki-net.de/smilies/froehlich/rollbig.gif

 

... wozu man sagen muss, dass Galilei keinesfalls aus rein dogmatischen Gründen abschwören musste, wie wir uns heute immer gerne selbstgefällig einreden, sondern dass er zuvor nach wissenschaftlichen Diskursprinzipien widerlegt wurde, die auch heute noch Gültigkeit haben - der alte Streit zwischen Augenschein (auf den sich Galilei stützte) und Berechnungen (die nach den alten Modellen schlicht exakter waren, weil das Modell von Galilei durch die Annahme einer Kreisbahn naturgemäß falsche Voraussagen lieferte, während die klassischen Rechenmodelle trotz falscher Grundannahme durch zahllose Korrekturfaktoren richtige Prognosen lieferte).

Danke, Spinner! Endlich sagt s mal einer! http://www.kiki-net.de/smilies/froehlich/jubelfreu.gif

Die tatsächlichen wissenschaftlichen Helden -- von denen wir wissen -- waren Nicolaus von Kues (Cusanus), Johannes Müller von Königsberg (Regiomontanus), Nikolaus Kopernikus und Johannes Kepler (der einzige Protestant in der Runde) -- Galileo Galilei hatte allerdings die beste Publicity, da er viele seiner Bücher in einem brillianten Italienisch schrieb. ;D

 

Das lässt einen doch mitunter fragen, wie es denn heutzutage so um manche wissenschaftlich belegte "Wahrheit" bestellt ist ... aber das ist eine andere Geschichte und sollte wohl anderswo diskutiert werden :)

Ich gehe jede Wette ein, daß in fünfhundert Jahren ebenso lauthals über unsere unumstößlichen Wahrheiten gelacht werden wird, wie wir über die unumstößlichen Wahrheiten des 16. Jhs. lachen. Seit Menschengedenken kreisen wir um die Erforschung der Wirklichkeit wie die Katzenzunge um den heißen Brei.

 

Fröhliche Grüße,

Iris :s17

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Schöne Diskussion! ;D

 

Doch zurück zum Thema, mit einem Wortpaar, das vielleicht diskutabel ist, nd folgende Definitionen halte ich auch nur für meine persönliche Ansicht. Lexikalisch konnte ich das jetzt auf die schnelle nicht festnageln!

 

 

wendete

-

wandte

 

 

Wendete bedeutet für mich, eine ziemlich exakte Drehung um 180 Grad. Das Blatt wendete sich. Der Pfannkuchen wendete sich in der Pfanne. Er wendete sich in die Gegenrichtung.

 

Wandte hingegen heisst es, wenn man sich auf einen bestimmten Punkt hin ausrichtet.

Er wandte sich gen Norden. Er wandte sich seinem Gesprächspartner zu. Er wandte sich in die Gegenrichtung.

 

Das letzteres Beispiel für mich in beiden Fällen funktioniert, irritiert mich selbst ein wenig... :-/

 

Vor allem lese ich sehr, sehr oft: Er wendete sich ihm zu, und kriege immer das Grausen.

 

Gibt es hier jemanden, der das auch so sieht?

Oder Gegenstimmen?

 

Angewendete Grüße,

Marco! :s17

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Lexikalisch konnte ich das jetzt auf die schnelle nicht festnageln!

 

Ne, ne - also den Duden sollte doch zumindest jeder neben dem Schreibtisch liegen haben ;D

 

Der bestätigt deine Eindrücke in etwa, wenn er das auch etwas lockerer sieht - ich zitiere:

"In den Bedeutungen 'die Richtung während der Fortbewegung ändern' und 'umkehren, umdrehen' werden nur die Formen mit 'e' verwendet. Ansonsten sind die Formen mit 'a' häufiger."

 

Also, in vielen Fällen stimmt diese Definition offenbar mit deinem Empfinden überein, nur dass man auch immer "wendete" nehmen kann, wenn man normalerweise "wandte" nehmen würde.

Ob die Duden-Definition da jetzt alleinmaßgeblich ist, oder ob es Nuancierungen oder Gegenmeinungen gibt, kann ich jetzt allerdings auch nicht feststellen, ohne einen längeren Weg durchs Zimmer auf mich zu nehmen ;)

 

Aber wie ein Pfannkuchen "sich" in der Pfanne wendet, das würde ich doch gerne mal sehen ;D

Sinn ist keine Eigenschaft der Welt, sondern ein menschliches Bedürfnis (Richard David Precht)

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Ich habe auch im Duden nachgelesen, dass dort dasselbe und das Gleiche synonym verwendet wird, bevor ich den kleinen Beitrag geschrieben habe. Aber Sinn macht es für mich nicht, es scheint mir eher so als hätte man vor der sprachlich Bequemlichkeit kapituliert. Schade eigentlich, solche sprachlichen Nuancen machen für mein Empfinden unter anderem Schönheit und Präzision einer Sprache aus.

Noch ein Wortpaar, das aber schon arg in Richtung Anglismus geht:

Realisieren - in die Tat umsetzen

begreifen - verstehen

Das wird heute auch schrecklich oft synonym verwendet (z.B.: ich realisierte die Auswegslosigkeit meiner Situation), obwohl realisieren im Deutschen eben als "begreifen" gar keinen Sinn ergibt, weil man es ja nicht "tatsächlich" versteht, sondern der Prozeß des Verstehens im Kopf stattfindet. Wäre auch interessant zu untersuchen, warum begreifen mit verstehen synonym verwendet werden kann, denn auch verstandene Sachen kann man ja im eigentlichen Wortsinne nicht begriffen, aber ich bin ja zum Glück kein Etymologe. Wahrscheinlich geht das auf diese alte Geschichte zurück, dass man Gegenstände mit Herz, Hand und Verstand erfassen muss, um sie zu verinnerlichen.

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Nochmal zu retten und bergen:

Ich denke, man kann, zumindest nichtfachsprachlich, von einer Bergung sprechen, wenn es sich um eine Rettung aus einer potentiellen Gefahrensituation handelt, oder wenn technisches Gerät verwendet werden muß, um das oder die Opfer überhaupt erst einmal in eine Lage zu versetzen, in der sie gerettet werden können.

Wenn z.B. die Feuerwehr Unfallopfer aus dem Auto schneidet, wenn Leute in Seenot mit dem Hubschrauber abgeborgen werden, oder verschüttete Bergleute mit einem Lift aus der Grube geholt werden.

Das sind für mich Bergungen. Auch falls doch mal einer überleben sollte.

:s02

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Ergänzend zu wendete - wandte:

 

wand = Vergangenheitsform von winden.

 

Ich lese nämlich immer grausige Fehler wie

"Er wandte sich in Schmerzen"

 

Peter

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Und was ist mit:

 

hinauf - herauf

 

hinein - herein

 

???

 

Da tue ich mich manchmal schwer, weil wir das in meiner Gegend umgangssprachlich total falsch machen. ;D Den Berg herauf gehen, oder hinauf?

 

grübelnde Grüße

Joy

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