Zum Inhalt springen
(RainerR)

Auktoriale oder personale Erzählweise

Empfohlene Beiträge

In meinem neuen Krimi hat ein Mann nacheinander fünf verschiedene Partnerinnen. Ursprünglich wollte ich die Kapitel personal erzählen, immer erst aus weiblicher, dann aus männlicher Sicht. Jetzt habe ich Schwierigkeiten, fünf differenzierte Personalstile für die Frauen zu finden.

Ist durchgehend auktoriales Erzählen im Krimi zu distanziert?

Dann könnte ich evtl. die weibliche Sicht auktorial erzählen und die andere Hälfte eines jeden Kapitels personal aus der Sicht meiner Hauptfigur (aber in der dritten Person).

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie du aus der weiblichen Sicht auktorial erzählen willst. Denn so, wie ich auktorial verstehe, heißt das, dass man in die Köpfe, Gefühle und Motive von mehreren Personen hineinwechselt und zwar mehrmals im gleichen Kapitel. Lässt du alle 5 Frauen gleichzeitig in einer Szene auftauchen? Oder gibt es noch andere wichtige Personen von denen du auktorial erzählen willst?

Dann wird es sehr unübersichtlich.

Außerdem denke ich immer, dass es einen triftigen Grund für die auktoriale Perspektive geben sollte. Aber das ist meine persönliche Meinung.

Ich würde sie also verwenden, wenn ich zeigen wollte, wie ein Ereignis auf eine Gruppe von Menschen wirkt und dabei ist die Gemeinschaft als solches auch Thema für die Geschichte.

Das scheint mir bei deiner Idee nicht der Fall zu sein.

Da du dir sowieso gut überlegen musst, welche Persönlichkeiten die 5 Frauen haben, welche Biographie und wie sie handeln und sprechen, ergibt sich ja automatisch eine Sprache für jede Frau. Wenn du dir dann noch die Mühe machst, dir ein, zwei prägnante Eigenheiten für jede Frau auszudenken, dann kann der Leser sie schon unterscheiden.

 

Grüße

Elke

Romane:  http://weigel-elke.net/      Sachbücher/Psychotherapie: https://weigel-elke.de/

Instagram: https://www.instagram.com/elke_weigel_psychologin/

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Bei der auktorialen Perspektive erzählt der Autor dem Leser, was er, der Autor, "sieht", beobachtet, wahrnimmt etc. Das kann man ein bisschen vergleichen mit der Tonspur für Sehbehinderte im Film: "X geht zum Tisch und greift nach dem Teebecher. Er zögert, als er unter dem Tisch einen Briefumlag liegen sieht. Er hebt ihn auf und liest die aufgedruckte Schrift. Er reißt ihn auf und sieht hinein..."

Das klingt extrem unpersönlich und für einen Text in einem Roman langweilig. Auch wenn man so einen Text für einen Roman anders formulieren würde, bleibt das Unpersönliche bis zu einem gewissen Grad erhalten. Der Leser will aber in die Haut der jeweiligen Person schlüpfen und durch ihre Augen "sehen" und fühlen. Das ist mit auktorialer Pespektive nicht möglich.

Wenn man bei einer einzigen Person im Roman auktorial ezählt, geht das. Aber bei dir sind es fünf. Davon rate ich dringend ab. Ich kann mir nicht vorstellen, wie das funktionieren sollte in dem Sinn, dass am Ende ein interessanter, gut zu lesender Text herauskommt. Wenn du fünf Personen auktorial erzählst, fehlt ihnen die Persönlichkeit. Bei deiner Geschichte würde das wahrscheinlich so wirken, dass der Leser die betreffenden Frauen abgesehen von ihren Namen als stereotyp empfindet.

 

Differenzierte persönliche "Stile" für 5 Personen zu finden (egal ob Frauen oder Männer), ist gar nicht so schwer, wie du vielleicht glaubst. Sicherlich kommt bei den Szenen, die aus der Sicht der Frauen geschrieben sein sollen, auch innerer Monolog vor. Hier kannst du klare Unterscheidungsmerkmale hineinbringen, indem du sie unterschiedlich "sprechen" = denken lässt. Außerdem kannst du ihnen unterschiedliche Temperamente in ihren Reaktionen auf eine Situation geben. Die eine Frau flucht wie ein Fuhrkutscher, die andere ist weinerlich, die dritte ruft ihre Freundin oder ihre Mutter an, um ihr Herz auszuschütten, die vierte plant eiskalte Rache und die fünfte geht mit einem Schulterzucken eiskalt zum nächsten Mann über.

Das sind natürlich banale Beispiele, aber ich denke, du verstehst, was ich meine. Ich hoffe, das hilft dir weiter.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Die auktoriale Perspektive ... da habe ich als Leserin und auch als Autorin meine Probleme mit. Nicht technisch, da ist es leicht umzusetzen, aber ich finde es eine generelle Frage, inwieweit ein "allwissender" Autor in die heutige Zeit passt. Vielleicht liegen meine Vorbehalte auch daran, dass ich es befremdlich finde, wenn jemand im realen Leben auftaucht, der meint, für alles eine Antwort zu haben.

 

Und zu den verschiedenen Perspektiven: Es wird sich mit der Zeit von selbst ergeben, da bin ich mir ganz sicher. Bei der Erstschrift muss das nicht von Anfang an ausgearbeitet sein, es kommt bei mir meistens irgendwann wie von selbst.

Im Vorhinein klingt es komplizierter, als es dann real ist.

 

LG

Heike

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Wenn du eine durchgehende Figur hast (den Mann), der wohl dein Protagonist ist, und fünf Nebenfiguren, die alle zu Wort kommen sollen, könnte die Schwierigkeit darin bestehen, dass diese fünf Frauen ja jedes Mal über diesen Mann nachdenken werden und es langatmig oder geschwätzig werden könnte, weil Fakten oder Einschätzungen sich wiederholen können.

 

Bei einem Projekt von mir hatte ich zwei Perspektiven, Antagonist und Protagonist, und fand es im Nachhinein sehr schwierig, das zu managen. Die Gefahr bestand, sich zu wiederholen, da Geschehenes von zwei Seiten kommentiert wird. Kann reizvoll sein, aber nur in homöopathischen Dosen.

 

Ich würde auch einfach mal rumprobieren, so kommt man den Personen auf jeden Fall näher. Selbst, wenn du am Schluss doch nur aus seiner Sicht schreibst ;)

 

Ulrike

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Personal erzählen ist, wenn ich die Analogie des Films mal heranziehen darf, wie wenn die Person mit einer Kamera auf der Schulter herumläuft, Ton und Bild mit der Handkamera, sozusagen.

 

Das hat viele Vorteile, da man nah an der Figur ist und alles szenisch plastisch, wie persönlich erlebt, darstellen kann. Wir sind heute an solche Bilder aus Film und Fernsehen gewöhnt und mögen diesen Stil.

 

Allerdings halte ich es für schwierig und für den Leser auch etwas verwirrend, fünf Perspektiven aufrecht zu erhalten. Ich finde es auch gar nicht nötig. Figuren kann man auch klar zeichnen, indem sie von jemand anderem erlebt werden. Ich würde die personale Perspektive auf hauptsächlich zwei Figuren beschränken. Trotzdem kann man in einer ganz besonderen Situation die Kamera auch mal vorübergehend jemand anderem auf die Schulter packen, auch wenn das nur über ein paar Seiten ist. Überhaupt bin ich mehr für Flexibilität als starre Regeln.

 

Und deshalb sollte man m.M.n. auch ruhig gelegentlich den auktorialen Erzähler zu Worte kommen lassen. Nämlich immer, wenn es angesagt ist, die Kamerasicht mal aus zehntausend Fuß Höhe zu zeigen. Wenn ein Überblick angesagt ist, ein umfassenderes Verständnis als die enge Sicht einer Figur. Wenn es um viele geht oder um Handlungen von Nebenfiguren.

 

Man sollte sich kein Korsett anlegen. Ich glaube, man entwickelt ein Gefühl dafür, wann was am besten passt.  :)

Die Montalban-Reihe, Die Normannen-Saga, Die Wikinger-Trilogie, Bucht der Schmuggler, Land im Sturm, Der Attentäter, Die Kinder von Nebra, Die Mission des Kreuzritters, Der Eiserne Herzog, www.ulfschiewe.de

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Man sollte sich kein Korsett anlegen.

 

Stimmt zwar, aber da gibt es noch den Verlag. Ich kenne mehr als einen Verlag bzw. Lektor, der jede auktoriale Perspektive radikal ahndet und eine Änderung verlangt. :(

Aber Ausprobieren, was passt, was geht, wie man klarkommt, ist nie verkehrt.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Dank an alle. Auktorial scheidet nun aus. Und weil aus anderen Gründen nur noch drei oder vier Frauen "mitspielen", wird die Differenzierung etwas einfacher. Der Hinweis auf die Gefahr langweiliger Wiederholung ist berechtigt; ich begegne ihm dadurch, dass jede Frau etwas anderes in diesem komplizierten Mann sieht. Eure Meinungen helfen mir, die begonnene sprachliche Charaktierisierung der Frauen zu intensivieren - danke nochmals.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Bitte melde Dich an, um einen Kommentar abzugeben

Du kannst nach der Anmeldung einen Kommentar hinterlassen



Jetzt anmelden


×
×
  • Neu erstellen...