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(Huutini)

A Long Way Down

Empfohlene Beiträge

Ja, der neue Nick Hornby.

um es gleich vorweg zu sagen: Es ist ein sehr durchschnittlicher Hornby. Damit ist es immer noch ein sehr, sehr gutes Buch. Aber von Anfang an.

 

Inhalt:

Topper's House ist ein Hochhaus in London und DER Szenetreff für Selbstmörder.

Die Sylvesternacht ist wiederum das ultimative Datum, dem neuen Jahr mit der Beendigung des eigenen Lebens eine hoffentlich bessere Wende zu geben.

Von daher ist es eigentlich nicht verwunderlich, dass sich in dieser Neujahrsnacht vier grundverschiedene Personen auf dem Dach des Topper's House treffen, jeder mit einem mehr oder weniger guten Grund, seinem Leben ein Ende zu bereiten.

 

Martin ist Fernsehmoderator in mittleren Jahren, der sein Leben so gründlich und offenbar mit Genuß an die Wand gefahren hat, dass ein Hochhaus die logische nächste Station von seiner Sylvesterparty war.

 

Maureen ist anfang fünfzig, hat seit neunzehn Jahren das Haus nur für die Kirche verlassen und hofft, dass das Pflegeheim keine Probleme bekommt, wenn es sich nach ihrem Ableben um ihren schwerstbehinderten Sohn Matty kümmern muss, der die Hirnfunktion eines Gemüsestückes hat.

 

JJ ist junger Rockstar ohne Band und ohne Freundin und eigentlich nur auf dem Dach um Pizzas auszuliefern.

 

Und Jess ist Neunzehn und gerade von ihrem Freund verlassen worden und hat deswegen von allen den besten Grund, sich umzubringen, was man aber nur weiß, wenn man Neunzehn ist und gerade von seinem Freund verlassen wurde.

 

Wieso man sich schließlich entschließt, auf eine Party zu gehen, und wohin der lange Weg nach unten von dort aus führt, ist eine von Hornby gewohnt amüsant und nachdenklich in Szene gesetzte Reise, die sich zu lesen lohnt.

 

Nebenbei werden auch ultimativ philosophische Fragen abgehandelt. Etwa, weshalb es keine gute Idee ist, an einer unheilbaren Gehirnkrankheit namens CCR zu sterben. Wieso es keine Paradoxa gibt, wenn man die menschliche Natur einberechnet.

Wieso Väter zwar Väter sind, aber nicht auf der Arbeit, wo sie eindeutig Nichtväter sind.

Und wieso Jungs, die nicht lesen können, nur eine U-Bahn Station auf dem Weg nach Sydney sind.

 

Kritik:

Ich habs oben schon erwähnt: Es ist ein wirklich gutes und empfehlenswertes Buch, aber für Hornbys Verhältnisse - vermutlich wird er ohnehin nichts mehr schreiben, was mich mehr begeistert als High Fidelity - eben nur Durchschnitt. Trotzdem ist es ein mehr als empfehlenswertes Buch.

Es ist unglaublich witzig, besitzt, im englischen Original, unglaublich durchdachte Wortspielereien, es ist kreativ, voller guter und schön umgesetzter Ideen und die Charaktere sind so herzererwärmend und natürlich, dass man meint, sie wohnten nebenan. Es liest sich flockig und leicht.

Nur ist das alles meiner Ansicht nach eben schon Standard bei Hornby.

Wer also Hornby kennt und mag, dem sei das Buch wärmstens empfohlen, er möge aber nichts großartig neues erwarten. Wer Hornby noch nicht kennt, kann guten Gewissens zugreifen, und sich später über How to be Good, About a Boy bis zu High Fidelity an seinen Romanen hocharbeiten. ;)

 

Was jedoch das Buch mehr als außergewöhnlich macht, und weswegen ich es hier so explizit anpreisen möchte, ist der ganz besondere Kniff, der Hornby hier gelingt, und der für Autoren auf jeden Fall einen Blick wert ist.

Hornby lässt seine vier Hauptfiguren die Geschichte selber erzählen. Dazu nutzt er vier verschiedene Ich-Erzähler, die zwar jeweils abwechselnd mit eigenen Kapiteln bedacht sind, was jedoch gar nicht nötig wäre.

 

Mit manchmal sehr einfachen Tricks (So verzichtet Jess komplett auf Anführungszeichen in den Dialogen), manchmal sehr subtilen Tricks (Maureens eher ruhige, weltfremde Art zu sprechen) hat er für jeden Charakter eine ganz eigene Sprache, einen eigenen Rythmus, eine eigene Ansicht, geschaffen, dass man nach einigen Seiten Leseerfahrung den jeweiligen Erzähler schon nach einer Zeile sofort zu erkennen meint.

 

Ich kann nur erahnen, wie schwierig und diffizil es gewesen sein muss, vier verschiedene Ich-Erzähler-Stile zu kreieren und durchzuhalten, doch gerade hier scheint wieder Hornbys Können durch.

 

Von daher sei es jedem, der sich einmal mit der Technik des Ich-Erzählers vertraut machen will, mehr als ans Herz gelegt.

Leider weiß ich nicht, wie gut hier die Überstzung gelungen ist, mit ein wenig Arbeit wäre aber auch das gut übertragbar gewesen.

 

Generelles Urteil:

Unbedingt lesen!  ;D

 

Gruß,

Marco! :s17

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vermutlich wird er ohnehin nichts mehr schreiben' date=' was mich mehr begeistert als High Fidelity - [/quote']

 

Hab ich zwar noch nicht gelesen, aber komm, sag ehrlich: WIRKLICH BESSER ALS FEVER PITCH?

 

Die Buchvorstellung ist so begeistert und mitreissend, dass man auf das Buch (denke ich) auch gespannt waere, wenn man noch keines von Hornby gelesen haette.

 

Viele Gruesse von

Charlie.

"Der soll was anderes kaufen. Kann der nicht Paris kaufen? Ach nein, in Paris regnet's ja jetzt auch."

Lektorat, Übersetzung, Ghostwriting, Coaching www.charlotte-lyne.com

 

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Hab ich zwar noch nicht gelesen' date=' aber komm, sag ehrlich: WIRKLICH BESSER ALS FEVER PITCH?[/quote']

 

:-[

Das hab ich in meiner Liste glatt vergessen!

Aber ja - besser als Fever Pitch. Ich glaube, Fever Pitch kann man nur richtig innig lieben, wenn man auch Fussball richtig innig liebt. Was ich nicht tue.

 

Um High Fidelity zu lieben, muss man einfach nur ein Mann sein. Was ich bin.

Mein Lieblingswerbetext zu High Fidelity war mal: "A book every man should read. And then hand over to his girl/wife, so that she knows what he's going through." (Oder so ähnlich!)

 

Wo ich mir meine Kritik nochmal durchgelesen hab: Ich glaub ich weiß jetzt, wie ein gutes Expose aussehen kann... :-/

 

Aber das Buch ist tatsächlich gut.

 

Gruß,

Marco! :s17

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Hi,

 

also ich bin eine Frau (auch wenn ich manchmal selbst Probleme habe, das zu glauben) und ich habe High Fidelity heiß und innig geliebt, gleich beim ersten Lesen und ohne dass ein Freund/Mann/Lebensabschnittsgefährte es mir in die Hand drücken musste. Den Film mochte ich auch.

 

Vielleicht lag das daran, dass ich zu dem Zeitpunkt selbst einen kleinen Laden hatte, keinen Platten- sondern einen Mittelalterladen, aber eben auch einen Szeneladen und die Archetypen waren ähnlich. Und ich bin von jeher ein großer Freund von Mixtapes. Und von Top 5 Listen. Und hatte gerade meine Plattensammlung von alphabetisch nach thematisch umsortiert. Naja, das Buch rannte offene Türen bei mir ein und ich hab mich die ganze Zeit gefragt, warum kennt der mich eigentlich so genau? Und ich glaube, das ist der Charme von Nick Hornbys Büchern. Er trifft irgendwie das Lebensgefühl seiner Leser, dieser ewig suchenden Peter-Pan-Generation, zu der ich auch gehöre.

 

Gruß,

Capella, die gerade beschlossen hat, sich "A Long Way Down" zu Weihnachten zu kaufen

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Das Buch will ich mir schon seit Monaten kaufen, jetzt tu ich's ;D

"High Fidelity" hab ich höchst begeistert gelesen, weil ich zwischendurch immer wieder den Eindruck hatte, da ist jemand in mein Hirn gekrochen und hat sich Notizen gemacht. (Obwohl ich kein Mann bin. War aber egal.)

"About a boy" fand ich auch grandios und eigentlich unverfilmbar, weil alles Wichtige sich in den Köpfen der Charaktere abspielt. Dafür bin ich an "Fever Pitch" gescheitert, wenn ich mich recht erinnere.

 

Also: Danke für den Reminder, Marco. Bin morgen im Buchladen :)

 

Grüße

Ursula

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Capella, wenn ich das jetzt richtig verstanden habe

- betreibst du einen Mittelalterladen

- hast eine Plattensammlung

- sortierst diese sogar

- du bist ein Freund von Mixtapes und Top 5-Listen

- fühlst dich, als ob Hornby in deinen Kopf geschaut hat

 

Bist du wirklich absolut sicher, dass du kein Mann bist?

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Hi Rocker,

 

den Mittelalterladen gibt es seit einigen Jahren nicht mehr. Und nein, ich bin nicht 100%ig sicher, dass ich kein Mann bin. Ich glaube, die binäre Einteilung in Männer und Frauen wird maßlos überschätzt. Man sollte das nicht am Vorhandensein oder Fehlen von irgendwelchen Körperteilen festmachen 8)

 

Auf der Skala von Mann nach Frau bewege ich mich irgendwie so kurz hinter der Mitte, würde ich sagen. :s18

 

Gruß,

Capella

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Das bringt mich auf eine andere, zugegebenermassen off topic-Frage: Glaubst du, dass man dieses m/f Verhältnis wirklich linear auf einer Skala abbilden kann?

Ich muss bei mir immer wieder feststellen, dass ich zwar einerseits völlig im Einklang mit meiner weiblichen Seite lebe, andererseits aber so 110%ig männlich bin, dass man mich schon als Macho bezeichnen muss.

D.h. ich mache viele Sachen gerne, die traditionell ein Grauen für Männer sind (shoppen, Yoga) und andererseits fehlt mir absolut das Verständnis für die Frauen und ihre "Probleme".

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D.h. ich mache viele Sachen gerne' date=' die traditionell ein Grauen für Männer sind (shoppen, Yoga) und andererseits fehlt mir absolut das Verständnis für die Frauen und ihre "Probleme".[/quote']

 

 

Wow! Das ist die bequemste Haltung, die es gibt. All die netten Sachen mitnehmen, aber das Rumgezicke muss nicht sein, echt nicht ...

Sehr geil! ;D

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Hi Rocker,

 

na, das führt jetzt wirklich off-topic. Trotzdem kurz eine Antwort:

 

Nein, du hast natürlich recht. Man müsste eigentlich eher mehrere Skalen haben, z.B. für Interessen, Aussehen, Sozialverhalten, Kommunikationsmuster etc.

 

Meine 60/40 Einschätzung ist dann sozusagen der Mittelwert aller dieser Skalen :-) Außerdem ein recht gefühlter Wert, andere Leute würden mich da vielleicht ganz anders einschätzen. Mir ging es einfach darum, dass ich als Frau ziemlich viele Seiten habe, die als typisch männlich angesehen werden. (Auch im Aussehen und in der Stimme übrigens, ich hab gerade erst in einer Musicalproduktion eine Männerrolle gespielt und gesungen und fand mich auch ganz glaubhaft). Ich fühle mich so zwischen den Stühlen aber recht wohl und hab jetzt nicht das Bedürfnis, komplett ins männliche Lager zu wechseln

;D

 

Gruß,

Capella

 

PS: shoppen ist mir übrigens ein absoluter Graus :s05

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So, ich muss diesen alten Fred nochmal hervorkramen. Aber nicht um weiter auf dem Geschlechterthema rumzureiten, sondern weil ich glaube zu wissen, warum dieser Hornby nicht ganz so gut ist, wie seine anderen.

 

Ich befinde mich noch im ersten Drittel (engl. Original), kann also noch nicht das ganze Buch beurteilen, aber es zeichnet sich schon etwas ab. Im Gegensatz zu HiFi und How to be good konzentriert Hornby sich hier nicht auf einen Prota, sondern verteilt die Prota-Rolle auf vier Charaktere. Klar, dass dadurch nicht ganz die Tiefe in jeder einzelnen Person erreicht werden kann. Die letzten inneren Gedanken werden dem Leser vorenthalten.

 

Dazu kommt, dass kein Mitglied des suizidalen Quartetts dazu in der Lage wäre, einen ganzen Roman zu tragen. Und Martin und Jess sind nichtmal wirklich sympathische Figuren, Maureen ist zu naiv und dröhnig und JJ ist Amerikaner und scheidet damit als Held von vorneherein aus.

 

Die sonst bei Hornby für mich immer mögliche Identifizierung mit dem Prota, das Gefühl, dass Hornby in meinen Kopf geguckt hätte, konnte er mit diesem Personal nicht bewerkstelligen. Die Figuren bleiben mir fremd.

 

Immerhin, es liest sich flott und hat mich (bis jetzt) noch nicht gelangweilt. Ich werde es bei meinem nächsten Klogang weiterlesen.

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Ich glaube, Rocker spricht hier einen wichtigen Punkt an. Nicht nur hat das Buch mehr Hauptprotagonisten als Hornbys restliche Bücher, es ist halt auch ein Stückchen schmaler. Vielelicht ist es das, was das Werk ein bissschen unter Hornbys sonstigem Schaffen hintenanstehen lässt, und weniger Möglichkeiten, oder eine weniger tiefe Möglichkeit zur Identifikation bietet.

 

Gruß,

Marco! :s17

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Hallo,

ich werde den Thread nun eiskalt mißbrauchen, um kurz meinen Senf über High-Fidelity abzusondern. Das ist zwar nicht "A long way down", aber für einen zweiten Hornby-Thread handelt der hier auch zu sehr von High-Fidelity. Und außerdem wird es ja ohnehin als bestes Werk Hornbys gerühmt, also warum mit dem dritt- oder viertbesten anbandeln. :)

 

Ok, ich kann die Begeisterung nachvollziehen, für diese Art des Schreibens, hysterisch, alltagspoetisch und sehr witzig. Das einzige was mich wirklich gestört hat an High-Fidelity war der Zuckerguß. Zwei, drei Sätze, an sehr entscheidenden Stellen des Romans, die zu...naja...eben zu süß sind, zu sehr heile Welt, auch die ganze Geschichte selbst, ein Märchen eher denn ein Roman. Diese ganze Todesangstnummer nehme ich seinem Protagonisten nicht ab. Null, nada, gar nicht, Todesfall als Deus ex machina zur Selbsterkenntnis, Beziehungsunfähigkeit als alleserklärende Diagnose der Lebenslüge.

Vielleicht noch eine Kleinigkeit: Die Figuren sind mir auch an manchen Stellen zu gewitzt, die Nebenfiguren haben entweder einen Slapstick/Cartoon-Charakter oder diese seltsame Dawson`s Creek-Pseudophilosphie-Sprache drauf, z.b. wenn sie (nicht er) sagt, sie seien ja alle wie Tom Hanks in Big Kinder in Erwachsenenkörpern.

Das macht den Roman und seine Figuren symphatisch, eingängig aber irgendwie auch ein ganz klein wenig unredlich.

 

Es ist glaube ich auch eher so, daß Leser gerne so wären wie die Protagonisten und nicht so sind. Da werden diffuse Gefühle, die viele Menschen teilen, prägnant, reflektiert, schlicht gut formuliert, so dass man so tun kann, als teile man die auch.

 

Damit keine Mißverständnisse aufkommen: Es ist toll. Man schlüpft in die Perspektive, in die Figur rein, es ist wahnsinnig unterhaltend, nachdenklich, aber mir fehlt fürs Pantheon ein bisschen die Redlichkeit, die Nachhaltigkeit, so ist es mir zu sehr Fast-Food, zu sehr Pop-Corn.

 

Trotzdem kann ich nun nachvollziehen, warum so viele -durchaus erfolgreich, aber meistens eher ermüdend- versuchen, diesen Hornby nachzuäffen.

 

Gruß

Peter

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