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(Peter D. Lancester)

Regeln - nur dazu da, um sie zu brechen?

Empfohlene Beiträge

wie auch der Leser anderer Autoren, das betreffende Werk innerhalb kürzester Zeit nach dem Umblättern der letzten Seite vergessen haben und sich neuem Lesestoff widmen, der ihnen süße Stunden bereitet. Erinnern werden sie sich erst dann wieder an Dich, wenn sie über das nächste Buch von Dir stolpern.

Dann allerdings auch nicht, oder nur sehr, sehr selten  mit dem Hintergedanken: "Oh, die Autorin hat mein Leben verändert; mir die Augen geöffnet was Problem X oder Y angeht. Noch Wochen/Monate später habe ich darüber nachdenken müssen".

Ach Koldir (und in diesem Sinne auch Dietmar)... ist euch schon mal der schnöde Gedanke gekommen, dass es auch Leser gibt, die sehr viel mehr wollen, als nur vergessen?

Es gibt sie - und sie schreiben auch fleißig Leserbriefe. Und es gibt Autoren, die schreiben eben für solche Leser.

 

Warum muss eigentlich alles immer auf den kleinsten gemeinsamen Nenner glattgebügelt werden? Fühle mich langsam wie im kommunistischen Krakau, da hat man die Huta so gebaut, dass die Abgase die Intellektuellenviertel vergiften...

 

Was macht Tiefe eigentlich so anrüchig?

 

Kopfschüttelne Grüße,

Petra

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(SiskianHerbstblatt)

@ Petra: Ich befürchte, das der Bildungsstandard in Deutschland wirklich nicht so sonderlich groß ist. Ich räume ja ein, das mein Wissen auch nicht unbedingt enorm groß ist, und ich habe mir vorgenommen, mir für 2006 meine Quizbücher hervorzusuchen und Allgemeinwissen in meine Lernkartei zu tippen.

Dennoch scheine ich mit meinem wenigen Wissen trotzdem noch ein halber Computer zu sein.

Ein hiesiger Radiosender für Jugendliche hat diesen mal auf den Zahn gefühlt und sie über Literatur gefragt.

Einfache (!) Fragen:

 

Wer waren Goethe und Schiller?

 

Dichter (!)

Musiker

Und als absoluten Brüller: die haben doch irgendwas mit Fussball zu tun oder? Manager von Bayern!

 

Wie geht das Gedicht weiter:" Wer reitet so spät durch Nacht und Wind..."?

 

Äh...der Reiter auf seinem Pferd.

Keine Ahnung. Der kopflose Reiter?

Der Vater auf seinem Kind. Weiß nicht so genau. Wir hatten es aber mal in der Schule!

 

Was war das letzte Buch, das du gelesen hast?

Das letzte Buch? Weiß ich nicht mehr. Ist ja auch schon zwei Jahre oder so her.

 

Die Antworten sind nicht von mir ausgedacht: sie kamen von Schülern ab 16 Jahren. Es ist auch nicht wirklich repräsentativ, aber trotzdem haut es einen vom Hocker.

Mich zumindest.

 

LG

 

Siskian

(wieder lernen geht)

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Tiefe ist nicht anrüchig, ich würde es als eine Art Trotzreaktion auf das arrogant-elitäre Gehabe der Vertreter der Hochliteratur bezeichnen.

Hochliterat: "Ihr seid oberflächliche Dummköpfe!"

Unterhaltungsliterat: "Und ihr seid Langweiler!"

Dann kommt ein Autor, der die Synthese will:

Autor: "Man kann doch Anspruch haben UND unterhalten!"

Hochliterat & Unterhaltungsliterat synchron: "Verräter!"

Okay, etwas überzogen, das Beispiel, aber darauf läuft es letztlich hinaus.

 

In der Tat bin auch ich einer von denen, die sich zunächst einmal nur freuen, daß Harry Potter scheinbar tatsächlich Leute zum Lesen bringt (ein gewisser Skeptizismus bleibt bestehen, ob dem wirklich so ist, aber egal), aber ein bissel mehr Tiefe könnte in der U-Literatur gerne sein. Oder auch etwas mehr Unterhaltung in der Hochliteratur. Ich sähe gerne, daß die beiden sich ohne Arg annähern und gehe gern mit gutem Beispiel voran.

 

Peter

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Peter, für diesen Beitrag könnte ich Dich ausnahmsweise mal knutschen. :-* Dieser Dialog, den Du so trefflich beschreibst, findet auch in meiner Birne bei den häufigen welche-Autorenidentität-habe-ich-eigentlich-Diskussionen statt. Und da Du mit gutem Beispiel vorangehst bei der Synthese, versuche ich, Dir zu folgen. ;D

 

*knutsch*

Judith

"Felix", FVA 2015,  jetzt als Kindle eBook // Ab 12.7.2021: "Liebe braucht nur zwei Herzen", Penguin Verlag // Sommer 2022: "Wenn dein Herz woanders wohnt", Penguin Verlag

www.judithwilms.com

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Hallo Peter,

Tiefe ist nicht anrüchig, ich würde es als eine Art Trotzreaktion auf das arrogant-elitäre Gehabe der Vertreter der Hochliteratur bezeichnen.

... und bitte gleichermaßen als Trotzreaktion auf die Kleinredner, die unter politischer Korrektheit den kleinsten gemeinsamen Nenner verstehen und von einem erwarten, dass man sich für Bildung und Kultur schämt :s10

 

Ich bin oft froh, dass ich dem Schubladendenken entronnen bin (E / U gibt's hier nicht als Kampfzonen) und ich mache immer wieder die Erfahrung, dass Leser das Gemisch danken. Ich kann sogar einen Hunger danach ausmachen... denn nicht alle Leser sind grenzdebil.

 

Ach und weil Iris immer so gerne Zitate hört:

"Wenn sich Betonköpfe vermehren, braucht es mehr Mischmaschinen". öhem...*räusper*

 

Autor: "Man kann doch Anspruch haben UND unterhalten!"

Hochliterat & Unterhaltungsliterat synchron: "Verräter!"

Her mit den Autoren. Als Leser vermisse ich sie oft... aber ich werde mir ja über Weihnachten Stoff von Iris reinziehen... auch so eine Grenzbrecherin :D

 

Schöne Grüße,

Petra

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aber ich werde mir ja über Weihnachten Stoff von Iris reinziehen... auch so eine Grenzbrecherin  :D

 

 

Ah, ein schönes Schlusswort: Weihnachtslektüre. Auch ich werde mir Stoff reinziehen - von Titus, Charlotte und Elena aus diesem Forum zum Beispiel, weil es mich begeistert, wenn Autoren mit allerhöchstem Anspruch bescheiden bleiben. Mich als Leserin überzeugen sie mit dieser Art des Marketings am ehesten.

 

Gruß,

 

Tin :-)

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weil es mich begeistert, wenn Autoren mit allerhöchstem Anspruch bescheiden bleiben. Mich als Leserin überzeugen sie mit dieser Art des Marketings am ehesten.

 

 

Tin, Du nimmst mir die Worte aus der Hirnschale.

(Ausserdem bin ich knallrot.)

 

Sehr beruehrte Gruesse von

Charlie.

"Der soll was anderes kaufen. Kann der nicht Paris kaufen? Ach nein, in Paris regnet's ja jetzt auch."

Lektorat, Übersetzung, Ghostwriting, Coaching www.charlotte-lyne.com

 

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Danke für die qualifizierte Einschätzung.

 

Kopfschüttelnde Grüße,

Iris :s17

 

Zugegeben, der erste Satz meines Eintrags klingt irgendwie böse, obwohl ich es gar nicht so gemeint habe (und nahm eigentlich an, das der Rest meines Posting das deutlich macht).

 

Das du einen sehr hohen Anspruch an dich als Autorin und an die Qualität deiner Werke hast, weiß ich und werde es Dir auch ganz sicher nicht absprechen.

 

Wobei ich allerdings bleibe, ist meine Meinung - und da habe ich auch gleich die Überleitung zu Petra - das sich nur wenige Leser nach dem Genuss, jetzt mal im speziellen Fall eurer Bücher (es können aber auch viele Autoren stattdessen eingesetzt werden, die in Belletristikverlagen veröffentlichen!), weitere Gedanken darüber machen. Und da berufe ich mich nicht nur auf meine Erfahrung als Leser, sondern auch als Verkäufer, der auch das eine oder andere mitbekommen hat.

 

Ach Koldir (und in diesem Sinne auch Dietmar)... ist euch schon mal der schnöde Gedanke gekommen, dass es auch Leser gibt, die sehr viel mehr wollen, als nur vergessen?

Es gibt sie - und sie schreiben auch fleißig Leserbriefe. Und es gibt Autoren, die schreiben eben für solche Leser.

...

Was macht Tiefe eigentlich so anrüchig?

 

Kopfschüttelne Grüße,

Petra

 

Ich habe nie behauptet, Tiefe sei anrüchig. Im Gegenzug muss man sich auch auch die Frage stellen, warum das Lesen von "seichter Unterhaltungsliteratur" scheinbar nicht weniger anrüchig ist.

 

Nebenbei lese ich Heftromane. Was meinst du Petra, wie oft ich durch diese Tatsache als mehr oder weniger Grenzdebil hingestellt werde?! Als jemand, der kaum bis drei zählen kann und das Alphabet gerade so auf die Reihe bekommt? Oft! Sehr oft sogar! Und wenn man dann noch erwähnt, dass man sich in diesem Bereich die ersten Meriten verdienen will, ist gleich alles vorbei. Nicht selten habe ich hören "dürfen", das Heftromane der Bodensatz der Literatur seien. Und das Autoren dieser "Schundhefte" (ein Begriff, den ich hasse, wie die Pest!) von Hause aus ein bißchen "ballaballa" sind - schließlich handelt es sich bei Heftromanen ja nicht um Literatur. Wie kann Mann/Frau nur so was schreiben?!

 

Gruß,

koldir

 

:)

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Ich habe mehrere Verstaendnisfragen:

 

1.) Was bedeutet "grenzdebil"?

2.) Was ist an der Bezeichnung "Bodensatz der Literatur" fuer Heftromane (mir ist der zwar noch nicht untergekommen, aber ich finde den eher lustig) so schlimm? Dazu wuesste ich gern noch

a) Wollen diese Hefte denn etwas anderes sein und wenn ja dann was?

b) Was ist denn dann "der Bodensatz der Literatur"?

 

Ausserdem wuesste ich (unbenummert) gern, woran die hier jetzt viel zitierte und moeglicherweise "anruechige" Tiefe von den Diskutierenden festgemacht wird?

In dem Zusammenhang wuesste ich letztens noch gern: Worin manifestiert sich fuer den Schreibenden "arrogant-elitaeres Gehabe der Hochliteratur"? Das interessiert mich, da ich persoenlich voellig andere Erfahrungen gemacht habe. Meiner Erfahrung nach verhalten sich die Autoren nicht (hoch- oder tief-) literarischer Bestverkaufliteratur wesentlich arroganter.

Aber vermutlich kenne ich wie ueblich die falschen Leute.

 

Fuer Antworten dankt im Voraus

Charlie.

"Der soll was anderes kaufen. Kann der nicht Paris kaufen? Ach nein, in Paris regnet's ja jetzt auch."

Lektorat, Übersetzung, Ghostwriting, Coaching www.charlotte-lyne.com

 

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Hallo Koldir,

wenn du mich genauer kennen würdest: mir sind solche Kollegenwertungen fremd und die Schubladen dazu auch. Jeder sollte zu dem stehen können, was er macht (für alle gibt's ja einen Markt), aber er sollte auch nichts behaupten, was er nicht macht:

 

schließlich handelt es sich bei Heftromanen ja nicht um Literatur.

Wenn derjenige das zugeben kann, kann ich ihn akzeptieren. Und ganz schön wäre es, wenn so jemand dann mich akzeptiert, als eine, der Unterhaltung alleine nicht reicht. Ein Comicleser muss sich bei mir nicht entschuldigen, aber ich mag mich auch nicht entschuldigen müssen, weil ich Latein lesen kann.

 

Wie kann Mann/Frau nur so was schreiben?!

Ich schätze mal, weil Mann / Frau sowas kann? Ich kann's übrigens nicht. Ich hab das mal versucht, auch in kürzerer Form, und bin kläglich gescheitert. Ich würde mir einen abbrechen, das lernen zu müssen...bin ich zu dumm dazu, ehrlich.

 

Aber jetzt sind wir arg vom Thema abgekommen?

 

Schöne Grüße,

Petra

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Zum Thema Regeln und Regelbrecherei.

 

Ich habe am Anfang meiner Internetdiskussionsforenkarriere auch oft den Standpunkt vertreten, Regeln sind nur da, um gebrochen zu werden. So quasi: Jeder der Frey liest und ihm folgt, ist ne dumme Nuss. Und nur ich weiß, was gut ist.

Eigentlich hab ich etwas anderes gemeint und nur aus purer Trotzköpfigkeit so argumentiert. Mir gingen diese ganzen Besserwisser auf die Eier, die dauernd von Regeln predigten und dann immer aus ihren eigenen DKZV verlegten Büchleins zitierten.

 

Ich glaube, was ich gerne möchte und bewundere ist es, die Regeln so gut zu beherrschen, so souverän und lässig, dass kein Leser merkt, dass sich der Autor an irgendwelche Regeln gehalten hat; wenn Ihr versteht, was ich meine ;-)

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Ich glaube, was ich gerne möchte und bewundere ist es, die Regeln so gut zu beherrschen, so souverän und lässig, dass kein Leser merkt, dass sich der Autor an irgendwelche Regeln gehalten hat; wenn Ihr versteht, was ich meine

 

Ja, das verstehe ich sehr gut. Leider hatte ich in letzter Zeit zu viele Bücher, bei denen man nur allzu gut gemerkt hat, dass der Autor sich an Regeln gehalten hat - und dass der Autor auch noch zeigen wollte, wie gut er sich an gewisse Regeln gehalten hat. Daran denke ich jetzt leider immer, wenn das Gespräch auf "Schreibregeln" kommt. :(

 

Und natürlich an ...

 

... diese ganzen Besserwisser ... die dauernd von Regeln predig(t)en und dann immer aus ihren eigenen DKZV verlegten Büchleins zitier(t)en.

 

;-)

 

Was mich auf die Palme bringt, ist es immer, wenn solche Leute dann anerkannte Werke der Weltliteratur präsentieren und nach den "Regeln" deren Schwächen sezieren und feststellen, dass die ja "eigentlich überschätzt seien" und "man die hätte viel besser machen können".

Ich denke dann immer an Astronomen, die theoretische Modelle über die Umlaufbahnen erstellen und danach feststellen, dass die Planeten sich ja falsch bewegen und man an den Umlaufbahnen etwas korrigieren müsste, nicht an den Berechnungen :s22

Sinn ist keine Eigenschaft der Welt, sondern ein menschliches Bedürfnis (Richard David Precht)

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Wobei ich allerdings bleibe' date=' ist meine Meinung - und da habe ich auch gleich die Überleitung zu Petra - das sich nur wenige Leser nach dem Genuss, jetzt mal im speziellen Fall eurer Bücher (es können aber auch viele Autoren stattdessen eingesetzt werden, die in Belletristikverlagen veröffentlichen!), weitere Gedanken darüber machen. Und da berufe ich mich nicht nur auf meine Erfahrung als Leser, sondern auch als Verkäufer, der auch das eine oder andere mitbekommen hat.[/quote']

Das ist doch kein Problem. (Ohne mich jetzt vergleichen zu wollen) Es gibt auch eine Menge Leute, die Bach lieber nur als Medley oder in einer verpopten Version konsumieren [können], das war offenbar auch schon zu Bachs Zeiten so. Aber hat Bach selbst deshalb poppiger oder gefälliger komponiert? Hat er auf das obligate "s.d.g." als Maßstab seiner Kompositionen verzichtet, weil die breite Masse gar nicht imstande war (und ist), das in vollem Umfang zu goutieren?

 

Es ist keineswegs so, daß ich irgendjemanden verachten würde, der meine Romane nicht vollumfänglich versteht (ich bin sogar der Ansicht, daß ich selbst meine Texte nicht vollumfänglich verstehe und will das auch gar nicht). Ich lasse mich nur nicht auf den "kleinsten gemeinsamen Nenner" drücken.

 

Und was du zum Thema "Reputation des Heftromans" anmerkst: Glaubst du, ein Schriftsteller fühlt sich nicht verächtlich behandelt, wenn er allein aufgrund des Genres, dem seine Romane zugeordnet werden, also allein aufgrund einer thematischen Gliederung schnoddrige Kritiken kriegt, weil er die trivialen Genreerwartung so manches Lesers nicht erfüllt?

 

Was denkst du, warum ich heilfroh war, daß auch den Einbänden meiner Romane nicht "Historischer Roman", sondern nur "Roman" steht? Wäre das zur Disposition gestanden, ich hätte Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, das zu verhindern, ebenso wie ich Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt habe, als man meinen Erstling mit einem typischen braungoldbordellroten Historienschinkendetail verhunzen wollte. ;D

 

Fröhliche Grüße,

Iris :s17

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Ich denke dann immer an Astronomen' date=' die theoretische Modelle über die Umlaufbahnen erstellen und danach feststellen, dass die Planeten sich ja falsch bewegen und man an den Umlaufbahnen etwas korrigieren müsste, nicht an den Berechnungen :s22[/quote']

http://www.kiki-net.de/smilies/froehlich/applaus.gif

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Ich denke dann immer an Astronomen, die theoretische Modelle über die Umlaufbahnen erstellen und danach feststellen, dass die Planeten sich ja falsch bewegen und man an den Umlaufbahnen etwas korrigieren müsste, nicht an den Berechnungen

 

<HiHi> Ein Autor darf alles, wenn er damit durchkommt (Eschbach).

 

Ja, diese Regelverliebten, entweder in Freys Regeln (die sitzen in internetdiskussionrunden) oder in literaturwissenschaftliche (letztere sitzen in Feuilleton Redaktionen).

 

Da werden Bücher nur noch danach beurteilt, ob sie den Regeln (welchen auch immer) genügen. Was die Bücher beim Leser auslösen, ob sie spannend, langweilig, 08/15, zum Nachdenken anregend ... sind, wen interessiert das schon.

 

Allerdings, in obigem Satz liegt die Betonung auf dem *wenn*. *Wenn* der Autor damit durchkommt. Die aller-, allermeisten Autoren kommen nicht.

 

"Du sollst keine Klischees benutzen" ist eine solche Regel und kaum eine hat mehr langweilige Geschichten produziert. Weil aus Angst vor Klischees jedes Leben und Gefühl vermieden wurde.

 

Wer nichts tut, macht auch nichts falsch.

 

Trotzdem möchte ich nicht dazu aufrufen, eifrig Klischees zu benutzen. Aber haarscharf am Grat entlang, das ist oft die Kunst (hab grade so ein Buch gelesen, das dunkle Haus). Links gähnt der Abgrund Klischee, rechts die große Wüste Langweile.

 

Aber jetzt hör ich besser auf. Ich will ja kein neues Regelwerk erstellen.

 

Hans Peter

 

PS: Wer weiß, wer den Satz "Ein Autor darf alles..." gesagt hat?

 

Der Gewinner kriegt drei Gratisklischees in Aspik.

 

PPS: Noch ne Regel: Die Regel ist für die Autoren da, nicht die Autoren für die Regel. Na, wer hat den Urheber erkannt?

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Angeregt durch Kommentare unter dem Thema 'Verlagssuche! > 'Sauber reingelegt', mache ich mal hier einen neuen Thread auf.

 

Als (noch) unveröffentlichte Autorin lasse ich mich immer wieder gerne verunsichern, vor allem dann, wenn Leute die schon bewiesen haben, dass sie es können - also veröffentlichte Autoren - Tipps geben. Dann scrollen vor meinem inneren Auge, meine Manuskriptseiten ab und ich entdecke: Wieder einmal habe ich etwas falsch gemacht.

 

Nun hat mich Petra heute in o.g. Thread wieder schön geerdet und seither spuken die Themen 'Schreibregeln' oder 'Was man darf und was man niemals tun sollte' in meinem Kopf herum und es fallen mir Beispiele ein,  in denen scheinbar ununmstößliche Regeln gebrochen wurden und ich das trotzdem nicht als störend empfand.

 

Mein aktuelles Beispiel: Melnitz von Charles Lewinsky.

Ein wunderbarer Famiienroman,  mit lebendigen Figuren die man am Ende nur ungerne verlässt. Aber  in den Szenen werden Perspektiven gewechselt, stellenweise wirds auktorial und trotzdem hat mich all das nicht gestört.

 

Nun würde ich gerne wissen, wie es euch mit solchen 'Fehlern' geht, ob ihr sie als störend empfindet, ob ihr schon ähnliche Erfahrungen gemacht habt, wie ich und ob ihr diese Regeln selbst brecht.

 

Liebe Grüße

Inge

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Liebe Inge,

 

lies mal die Bücher der Montsegurler. Da gibt es selten jemand, der die personale Erzählweise bevorzugt. Da sind Perspektivenwechsel keine Seltenheit. Zudem wird oftmals der auktoriale Erzähler bemüht.

Auch findest du in anderen Büchern selten eine Geschichte aus nur einer Sicht geschildert.

 

Kann also nicht so falsch sein.-)

 

Grüße

Quidam

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Mich hat Perspektivwechsel noch nie gestört, es sei denn, man wusste nach ein paar Zeilen nicht mehr wer da grade denkt oder spricht. Und das kommt selten vor, weil jedes Buch durch ein Lektorat muss und das dem Lektor aufgefallen wäre.

Ich selbst versuche immer im Kopf einer Person zu bleiben, was wechseln kann, aber eben nicht zeilenweise. Das finde ich verwirrend. Gelesen hab ich das letztens in einem amerikanischen Original. Da kam ich durcheinander. Mal war es seine Sicht, mal ihre, so schnell gewechselt, dass ich öfter mal "häh?" sagte und das ganze nochmal lesen musste. Ich hab das Buch deswegen nicht aus der Hand gelegt, aber gestört hat mich das schon.

 

Das würde ich aber nicht mal als Schreibregel betrachten, sondern einfach als logisch. Man sollte schon so schreiben, dass der Leser es kapiert. ;)

 

LG

Joy

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Um mal ein Beispiel zu bringen, wie solche Perspektivregeln ganz bewußt gebrochen werden. Illuminati, Dan Brown. Der "muß" ja jedes einzelne seiner über 100 Kapitel mit einem dramatischen Schlußsatz, einem Cliff-Hanger enden lassen und wenn die Szene gar nichts hergibt, muss er den auktorialen Erzähler raunen lassen: "Robert Langdon wusste nicht, dass ihm diese Information am selben Tag noch das Leben retten würde!" usw. Da springt er auch gern mal für die letzten acht Zeilen eines Kapitels in einen komplett anderen Perspektivträger und lässt dort eine Mini-Pointe hochgehen.

Das ist ein schönes Beispiel für solche Schreibregeln, eigentlich ist der auktoriale Erzähler verpönt, eigentlich ist er unsauber, aber dann wägt man ab, wieviel Spannungsgewinn bringt es und wie sehr stört es den Leser an dieser Stelle und entscheidet sich.

 

Ich beachte solche Schreibregeln als unverbindliche Richtlinien und entscheide dann von Fall zu Fall neu und auch nach verschiedenen Prioritäten.

Allerdings kommt es mir manchmal so vor, als scheue der Autor nur die zusätzliche Arbeit, die mit einem "korrekten" Lösen des jeweiligen Problems verbunden ist, und lässt es halt so stehen. Das versuche ich zu vermeiden, in vielen Fällen gibt es saubere Lösungen.

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Hallo Inge,

 

Perspektivenwechsel in einem Roman ist meines Erachtens nicht problematisch, wenn ...

 

... dieser Wechel kapitelweise geschieht

... oder durch eine Leerzeile, Sternchen etc. markiert wird

... oder durch die Szene ganz klar wird, dass gewechselt wird, da der andere den Raum/die Szene verläßt

 

Aber, wenn ich die Geschichte  z.B. aus der sicht einer Kommissarin erzählt bekomme und im gleichen Absatz auf einmal die Gedanken und Gefühle einer anderen Person (die neben ihr steht) beschrieben werden, finde ich das sehr störend.

(So gelesen in einem A. Franz Roman)

 

Liebe Grüße

Janka

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Als Schreibender wird man ja bekanntlich früher oder später zum analytischen Leser, und als solcher fallen mir Regelabweichungen schon auf - aber nicht als "Fehler", sondern als bewusst eingesetzte Mittel, um Wirkung zu erzielen (wenn der Autor sein Handwerk beherrscht). Gestört hat mich das noch nie. Stören tun mich platte Charaktere, hölzerne Dialoge, haarsträubende Plotts, abgedroschene Vergleiche - Dinge halt, die man in den Griff kriegt, wenn man die Regeln beherrscht. ;)

 

Christoph

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(Peter_Dobrovka)

Was schwer zu messen ist, ist, ob die Bücher ohne diese Fehler nicht noch eine Ecke erfolgreicher oder besser rezensiert worden wären. Da kann man nicht wissen, da kann man nur glauben.

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(...) und wenn die Szene gar nichts hergibt' date=' muss er den auktorialen Erzähler raunen lassen: "Robert Langdon wusste nicht, dass ihm diese Information am selben Tag noch das Leben retten würde!" usw.[/quote']

Hallo Peter,

 

ein solcher Satz belegt allerdings kein auktoriales Erzählverhalten (um einmal den literaturwissenschaftlich korrekten Terminus zu bemühen), sondern höchstens einen sog. olympischen Erzählstandort (point of view), d.h. ein erweitertes raum-zeitliches Verhältnis vom Erzähler zum Erzählten. Ein solcher Erzählstandort kann natürlich auch mit einem personalen Erzählverhalten kombiniert werden.

 

Viele Grüße,

-Manuel

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Hallo Inge,

ich habe den "Melnitz" auch gerade da liegen, allerdings nur mal reingelesen (mit Begeisterung!)... für den werde ich mir Zeit nehmen müssen.

Was mir zu deiner Frage einfällt: Lewinsky schreibt Literatur - und in der Literatur sind meines Erachtens sprachliche Experimente nicht nur sehr viel eher erlaubt, sondern von den Lesern auch eher gelitten. Und Leute, die so etwas so meisterhaft schreiben, haben ihr Handwerk schon zuerst ganz genau gelernt und eingeübt, um zu wissen, was sie mit welchen Brüchen erreichen. Das ist wie beim Malen - erst wenn du dich intensiv mit dem Farbkreis beschäftigt hast, wirst du ein Bild ganz in Rottönen anders erschaffen können als einer, der eben nur mal schnell Rot gekauft hat und sonst nichts.

 

Was hier oft als Regeln (ich sag immer à la Frey) erscheint, führt natürlich auch zu Büchern. Aber eben anderen. Es gibt Bereiche, da wollen die Leser lieber ihre Baukastensysteme wiedererkennen und werden ärgerlich, wenn sich der Autor Experimente leistet.

 

Ich persönlich bin ein Mensch, der, würde er Schreiblernende ausbilden, zuerst und ganz am Anfang die Kreativität fördern würde. Mir wäre es wichtig, dass zuerst die innere Stimme entwickelt wird und erstarken kann, auf dem Hintergrund einfachster Regeln wie Grammatik und Rechtschreibung.

 

Erst dann, wenn die Schöpfung "rauskommt", wenn sich im Lernenden etwas regt, würde ich ihn mit Büchern konfrontieren, mit dem bewussten Lesen. Daran das Handwerk lernen, die literarischen Formen, die Dialogmöglichkeiten, das Erstellen von Plots. Aber eben nicht an "Regeln". Ich würde den Lernenden konfrontieren wollen mit dem Reichtum, der Vielfalt, die möglich ist. Die Bandbreite zeigen. Ich glaube fest daran, dass man selbst seinen Platz beim Schreiben viel leichter findet, wenn man erkennt, was handwerklich von links nach rechts, und nicht nur punktuell, möglich ist.

 

Von Sprüchen wie "Dialoge haben so und so zu sein" oder "Krimis müssen immer in der Art anfangen" halte ich überhaupt nichts. Ich mag lieber zehn vollkommen unterschiedliche Dialoge untersuchen (deren Regeln sich sogar scheinbar widersprechen)... und dann schauen: wo stehe ich? Wo kann ich dazulernen? Was gelingt mir leicht? Welche Art würde sich für meine Szene besonders eignen? Wie würde sie mit der anderen Art wirken?

 

Ich hatte das Glück, so lernen zu dürfen und ich kann's nur empfehlen: LESEN, vergleichen. Und vor allem nicht im Voraus das Optimum einer Regel erreichen zu wollen, sondern Experimente zu wagen. Ich habe Schreiben durch gezieltes Scheitern gelernt. Wir mussten früher an ein und derselben Geschichte alle möglichen Stile probieren, alle möglichen Formalia durchspielen. Und dann unser ganz persönliches Optimum finden. Sicher der mühsamere Weg, aber man lernt sich selbst besser kennen dabei. Und das macht einen auch nachher, wenn man das Handwerk einigermaßen beherrscht, selbstsicherer. Selbstsicherer auch in der gnadenlosen Selbstkritik...

 

Schöne Grüße,

Petra

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