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(Peter D. Lancester)

Regeln - nur dazu da, um sie zu brechen?

Empfohlene Beiträge

(Peter_Dobrovka)

Und ich weiß jetzt nicht, von wem dieser Satz stammt, aber er ist nur allzu wahr: "Zu viele Regeln verderben die Literatur."

 

Aber zu Jans Antwort möchte ich noch hinzufügen, "Regeln sind nur dazu da, um gebrochen zu werden." ;D

 

Dazu muss man sie aber auch kennen ...

 

Dann interessiert mich in diesem Zusammenhang:

Welche „Schreibregeln“ sollte man beherrschen, um sie dann zu brechen? In der Werkstatt, in der ich war, gab es zum Beispiel „Kurzgeschichten-Regeln“, die viel zu starr gehandhabt wurden nach meinem Geschmack.

Darauf muß ich bei Gelegenheit auch mal zurückkommen. Zum einen auf die Hauptregeln, zum anderen auf den Mythos, Regeln seien dazu da, um gebrochen zu werden, man müssen nur erst mal darüber Bescheid wissen, und dann könne man die Sau rauslassen.

Nein! Blödsinn! Regeln sind dazu da, eingehalten zu werden, sonst gäbe es sie nicht.

Wer den Führerschein schon 30 Jahre lang hat, darf auch keine roten Ampeln überfahren oder in zweiter Reihe parken!

Sicher, man kann mal eine Regel brechen, um dadurch in irgendeiner Weise effizienter ans Ziel zu kommen, oder aus Neugier, was dann passiert. Aber wie bei den Verkehrsregeln ist das ein eigenverantwortliches Risiko. Wenn man nicht erwischt wird, hat man sich einen (kleinen) Vorteil verschafft. Wenn doch, einen großen Nachteil.

 

Peter

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Ich fürchte ja, daß du in dieser Sache keinen Spaß verstehst, aber ...

 

Darauf muß ich bei Gelegenheit auch mal zurückkommen. Zum einen auf die Hauptregeln, zum anderen auf den Mythos, Regeln seien dazu da, um gebrochen zu werden, man müssen nur erst mal darüber Bescheid wissen, und dann könne man die Sau rauslassen.

Nein! Blödsinn! Regeln sind dazu da, eingehalten zu werden, sonst gäbe es sie nicht.

Wer den Führerschein schon 30 Jahre lang hat, darf auch keine roten Ampeln überfahren oder in zweiter Reihe parken!

Der Vergleich hinkt wie ein Unterschenkelamputierter ohne Prothese! ;D

 

Schreiben nach Regeln ist Malen nach Zahlen -- nicht mehr und nicht weniger, rettungslos banal, trivial, leer und langweilig. Von diesem Zeug (speziell US-amerikanischer Provenienz) quillt der "Markt" über, insbesondere die Remittendenkisten, nachdem man per Edding aus unverkäuflicher Nachpinselei Mängelexemplare gemacht hat.

 

Wenn du Recht hättest, gälte heute noch der Kodex des Hammurabi. Aber Gott sei Dank gibt es die Kreativen, Philosphen, Künstler und andere Geisteskranke, die die festgefügte Welt der Handwerker und Krämer immer wieder kräftig durcheinanderwirbeln. ;D

 

So ne Scheiße, daß diese Irren auch noch sexuell erfolgreicher sind als der Durchschnitt (Link ungültig) (Link ungültig)!

 

Irre, aber kreative Grüße,

Iris :s17

(notorische Regelbrecherin -- sooft es paßt!) ;D

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(Peter_Dobrovka)

Ich finde den Vergleich gar nicht so hinkig. Denn es wird einem ja nicht vorgeschrieben, wohin man zu fahren hat und in welchem Fahrzeug.

 

Iris, ich bin gerne bereit, mit dir zusammen auf die Barrikaden zu gehen gegen einen ganzen Haufen die Kreativität einschränkender Regeln, die von Leuten aufgestellt wurden, die an den Schalthebeln der Macht sitzen. Wie zum Beispiel die zwanghafte Einordnung in Genres oder die marktorientierte Geschlechtsumwandlung von Protagonisten. Das sind für mich auch eigentlich keine Regeln, sondern Zwänge.

 

Generell alle Regeln zu verdammen hieße jedoch, das Kind mit dem Bade auszuschütten. Und das weißt du auch, denn so experimentativ und regelbrecherisch sind deine eigenen Werke gar nicht. Aus gutem Grund nicht.

 

Wovon der Markt überquillt, und was du als banal, trivial leer und langweilig beschreibst, hat seine Ursache doch nicht darin, daß die Grundregeln interessanten und spannenden Schreibens eingehalten werden! Es hat eher damit zu tun, daß sie NICHT eingehalten werden. Wenn sie überhaupt damit zu tun haben und nicht mit dem Diktat der Seichtheit, das momentan den kleinsten gemeinsamen Intelletuellen Nenner zum Maß aller Dinge erhoben hat.

 

In meiner Rubrik Trash des Monats kann man sich angucken, was für Texte dabei herauskommen, wenn man die Regeln nicht einhält. - Und die Dinger sind wenigstens noch unterhaltsam. Daß man die Regeln brechen kann, wenn man sie kennt, würde bedeuten, daß man es sich erlauben kann, kladdenhafte Amateurscheiße zu schreiben, wenn man nur weiß, wie es richtig geht.

 

Das Schreckliche ist: Das kann man wirklich, wenn man erst mal berühmt genug ist.

 

Peter

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Hi,

 

um mal bei Peters Bild mit den Verkehrsregeln zu bleiben:

 

Wahrscheinlich ist jeder von uns schonmal über eine rote Ampel gefahren, nachts, wenn die Straße weit und breit frei war. Wenn nicht mit dem Auto, dann zumindest mit dem Fahrrad. Warum? Weil wir das Gefühl hatten, die Situation überschauen zu können und bereit waren, die Verantwortung dafür, jetzt die Kreuzung zu überqueren, ganz alleine zu tragen. Trotzdem würden wir wohl auch alle zugeben, dass Verkehrsampeln den Straßenverkehr sicherer machen. Mehr noch, wir sind uns wahrscheinlich auch alle einig, dass die völlige Unkenntnis von Ampeln eine große Gefahr darstellt, wenn sich jemand durch unsere Städte bewegt.

 

So ähnlich sehe ich das mit Schreibregeln auch (wobei es da, wie bei Verkehrsregeln auch, welche gibt, die sehr wichtig sind, also sozusagen rote Ampeln, und welche, die flexibel ausgelegt werden können, etwa eingeschränkte Halteverbote und Richtgeschwindigkeiten). Kennen sollte man sie tunlichst alle, einfach, um nicht überrollt zu werden, ohne zu begreifen, was da passiert ist. Sonst geht es einem wie dem Autor vom Warlock und man landet auf der Trash des Monats Seite, obwohl man durchaus ernste Absichten hatte.

 

Ob man die Regeln bricht, obwohl man sie kennt, das kann man dann eigenverantwortlich entscheiden. Es gibt mit Sicherheit bei jeder Regel Gründe, das zu tun. Auch "Show, don't tell" ist nicht das alleinseligmachende Mittel für alle Gelegenheiten. Aber es ist schon eine ziemlich rote Ampel. Und wenn man sie missachtet, dann sollte man erklären können, warum, wenn man erwischt wird. Wenn man nicht erwischt wird, braucht man auch nix zu erklären, dann war es wohl sowieso richtig.

 

Ich glaube auch, dass es wichtig ist, dass man sich von Regeln nicht einschränken lässt. Sonst kann man sich künstlerisch nicht weiterentwickeln. Wenn man das Gefühl hat, das, was man wirklich ausdrücken will, bei Einhaltung der Regeln nicht oder schlechter ausdrücken zu können, dann um Gottes Willen weg mit der Regel. Kein Problem. Sonst versinken wir wirklich in Schablonen-Literatur mit exakt abgezählter Seitenzahl und dem etablierten Mischverhältnis männlicher und weiblicher Protagonisten. Aber wenn die eigene Geschichte bei Einhaltung der Regeln besser wird, dann um Gottes Willen, bitte bei der Regel bleiben und sie nicht aus Trotz oder um künstlerischen Freigeist zu beweisen um jeden Preis brechen.

 

Gruß,

Capella

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(Peter_Dobrovka)

Das hast du im Prinzip sehr schön ausgedrückt, Capella. So sehe ich das letztlich auch.

Wenn ich ein wenig radikal rübergekommen sein sollte, dann deshalb, weil ich immer den Eindruck habe, daß bei den Neulingen ein schiefes Bild erzeugt wird, und der logische Schritt nicht weit ist: "Ich mißachte die Regeln nicht, weil ich sie nicht kenne, sondern weil das mein Stil ist - wer will mir das Gegenteil beweisen?"

In erster Linie sind sie halt da, um eingehalten zu werden. Auch wenn man sich entschließt, sie mal zu brechen, ist das ein punktuelles Ereignis und darf sich nicht als auffälliges Merkmal quer durch den Roman ziehen.

Und obgleich ich selbst immer nach dem Motto verfahre: "Sag niemals nie", tu ich mich schwer, mir Situationen vorzustellen, in denen bestimmte Regeln gebrochen werden sollten. Hat jemand ein Beispiel, wo ein Autor SDT bewußt mißachtet hat, und das Ergebnis eine Verbesserung ist?

 

Peter

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Aber Gott sei Dank gibt es die Kreativen' date=' Philosphen, Künstler und andere Geisteskranke, die die festgefügte Welt der Handwerker und Krämer immer wieder kräftig durcheinanderwirbeln. ;D[/quote']!

 

Uneingeschränkter Applaus!

 

Und Peter, man muss mit dem Regelbrechen nicht darauf warten, dass man berühmt ist - denn wer so lange wartet, schafft es nie.

 

Auch beim Regelbrechen gibt es keine Regel!

 

1. Bei gewisser Ware ist es nicht erwünscht und wird vom Verlag nicht angenommen. Punkt.

 

2. Schriftstellerei ist eine der letzten freien Bastionen des Lebens. Was wäre aus der Literatur geworden, wenn nicht immer wieder Querdenker und Freigeister sogar neue Formalia finden würden, um für ihre Zeit adäquatere Antworten zu finden?

 

Ich produziere auch Nr. 1, um Geld zu verdienen, Fließbandarbeit, Job... andere verkaufen Fahrkarten oder stopfen Würste.

Befriedigung finde ich in Nr. 2... und BTW, ich weiß bis heute nicht, wie "man" einen Roman schreibt. Ich bekomme hier sogar öfter das Feixen, weil mein neuer von den Reglern nie gekauft worden wäre, ganz im Gegenteil.

 

Du vergisst immer die Intuitiven, mein Lieber, die Leute, die erfühlen... es soll gerade in künstlerischen Berufen etliche davon geben!

 

Die Frage ist nicht: Regel oder Regelbrechen?

 

Die Frage ist: Willst du ein Autor sein oder ein Schriftsteller?

 

Ketzerische Grüße,

Petra

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(Peter_Dobrovka)

Ketzerische Gegenfrage: Willst du andere Leute unterhalten oder nur die eigene Eitelkeit bedienen?  :s22

 

Die Wahrheit liegt meist in der Mitte.

 

Ich bin nicht prinzipiell gegen Regelbrecher Avantgarde und Irre, die werden eh ihr Ding durchziehen und nicht auf mich oder Leute wie mich hören.

Was nur allzu oft übersehen wird: Auf einen Regelbrecher, der irgendwann einmal als moderner Vordenker gefeiert wird, kommen Tausend oder mehr, die mit einem Achselzucken abgetan werden. Die können sich dann immer noch als mißverstandene Genies betrachten, hehe.

 

Ich möchte einfach nicht, daß Nichtirre denken, sich wie Irre aufzuführen, sei automatisch oder der einzige Weg ins Walhall.

 

Wenn ihr wüßtet, wie irre ich eigentlich bin, würdet ihr euch vor mir fürchten.  :s22

Aber wenn man's genau nimmt: Wir sind in einem Schreib-Handwerk-Forum. Und wenn ma übers Handwerk redet, dann gibts auch kein Danebenbabbeln.  :s23

 

Peter

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Die Frage ist nicht: Regel oder Regelbrechen?

Die Frage ist: Willst du ein Autor sein oder ein Schriftsteller?

http://www.cosgan.de/images/smilie/liebe/h053.gif

 

Fröhliche Grüße,

Iris :s17

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Ich persönlich möchte gerne noch einmal differenzieren, zwischen folgenden drei Punkten:

 

a) Handwerk

 

b) Regeln

 

c) Korsett

 

Handwerk heisst für mich, die Grundregeln des Schreibens: Kausalverknüpfungen, innere Logik, mitreisende Sprache, dass der Leser die Welt im text atmen, schmecken, riechen kann.

Wer sich hieran nciht hält ist entweder schlecht, oder ein Avantgardist der übelsten und egoistischsten Sorte!

 

Regeln heisst für mich: Wie funktionieren Texte, die Erfolgreich sind? Ich habe hier den BLick des Wissenschaftlers: Jemand der nach regeln SUCHT, der sich nciht dran halten muss/will/soll, den aber interesiert, ob es solche regeln GIBT! Was machen Dan Brown und Diana Gabaldabon, dass sie so Erfolgreich sind?? Denn evtl. kann man daraus etwas finden, was ienem zum erfolg hilft. (evtl. auch nicht)

 

Als Korsett betrachte ich Vorgaben, Regeln eines Verlags, eines Genres, eines Zielpublikums, etwas, woran man sich auf jeden Fall halten MUSS, wenn man auch nur einen Verleger oder Leser finden will.

 

Wer also Regeln bricht, sollte überlegen, welche. Ich persönlich denke, dass a) und c) halt befolgt werden sollten, wenn man irgendwie einen Blumentopf gewinnen will, doch gerade bei b) bin ich mir eben nicht sicher, ob es übrhaupt Regeln GIBT. Und genau hier vermute ich, möchten viele Autoren hören, was sie zu schreiben haben, und das funktioniert nicht!

 

Gruß,

Marco!  :s17

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Hallo, Peter,

 

(ich habe den Link auf den alten Thread nach meiner Antwort gelesen, früher auch schon mal, aber meine Neugierde war noch nicht befriedigt)

 

Sicher, man kann mal eine Regel brechen, um dadurch in irgendeiner Weise effizienter ans Ziel zu kommen, oder aus Neugier, was dann passiert. Aber wie bei den Verkehrsregeln ist das ein eigenverantwortliches Risiko. Wenn man nicht erwischt wird, hat man sich einen (kleinen) Vorteil verschafft. Wenn doch, einen großen Nachteil.

 

Ich kenne sie auch, diese Möchtegern-Könner, die

alle nächlichen Ergüsse gern als Literatur betrachtet sehen wollen. Die sollten sich schon mal nach Regeln umschauen. Ich denke, uralte Weisheit, man kann schreiben oder man kann es nicht. Dazu hat mir Iris' Statement gut gefallen:

 

Ich kenne Autoren, die sich durch all diese Werke gewühlt haben, und aus denen nie im Leben ein Schriftsteller wird, weil ihnen bei aller Disziplin und allem Fleiß mindestens eine der Voraussetzungen fehlt, die über diszipliniertes Erlernen eines "Regelwerks" hinausgehen: Begabung, Sprachgefühl, Freude am Erzählen, Kenntnis des menschlichen Herzens (metaphosrisch gesprochen), ein unbezwingbares Mitteilungsbedürfnis, ein kreativer und zugleich lustvoll analytischer Umgang mit dem Handwerkszeug und dem Material, den Formen usw.

 

Früher haben die Schriftsteller sicher auch keine Regeln gehabt, sondern in allen Zeiten hat ein guter Autor oder Schriftsteller ein Gespür dafür gehabt, wie er dass, was in ihm gärt oder wächst oder revoltiert oder sonstwas am besten aufs Papier zu bringt. Und wenn er es schafft, das rüberzubringen, was er sagen wollte, dann ist es in meinen Augen gelungen.

 

Eine andere "Regel" fällt mir noch ein, die ich vor einiger Zeit irgendwo gehört habe: bei den großen Publikumsverlagen sei es die Regel, dass in einen Roman mindestens eine Sexszene reingehöre. Die entdecke ich dann manchmal und frage mich, gerade bei historischen: passt das eigentlich in dieser Form an dieser Stelle? Es überschneidet sich jetzt mit dem Sex-Szenen-Thema, das ich noch nicht

ganz zu Ende verfolgen konnte--

 

(Ihr seid ganz schön schnell, aber es bringt viel Spaß!)

 

Christa

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hallo,

 

die diskussion ist interessant - und teilweise amüsant.

 

wer für sich den anspruch erhebt, gegen die regeln zu schreiben und gleichzeitig das bestehen von regeln verneint, widerspricht sich. man kann nur regeln brechen, wenn es welche gibt.

 

sicherlich kann man bei der definition dessen, was denn nun eigentlich "regeln" für das literarische schreiben sind, schon furchtbar streiten. vielleicht sollte man das erst mal begrifflich festlegen, sonst diskutiert man ins leere.

 

von vornherein ALLE regeln für literarisches schreiben schlicht zu negieren, wäre ohnehin objektiv absurd. so absurd wie in jeder kunstrichtung, sei es musik, malerei, film und tanz. wenn die basics so piepegal wären, könnten wir schulen und universitäten zum größten teil abschaffen, wissenschaften und theorien in die tonne stecken. und am besten gleich eine anarchie auch für den ganzen rest aufmachen  :s22

 

innovation und avantgardismus hat im übrigen m. e. nichts mit regelbrüchen zu tun, sondern mit einem spiel. der avantgardist spielt mit regeln, er kann sie persiflieren, umkehren, sich darüber hinwegsetzen. aber das wirkt tatsächlich nur dann gelungen, wenn er sie kennt. sonst ist es stümperei und dilettantismus.

 

lg,

eva v.

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der avantgardist spielt mit regeln, er kann sie persiflieren, umkehren, sich darüber hinwegsetzen. aber das wirkt tatsächlich nur dann gelungen, wenn er sie kennt. sonst ist es stümperei und dilettantismus.

 

 

besser kann man es nicht ausdrücken

 

beifällige Grüße

Fran

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Der entscheidende Unterschied zwischen Verkehrsregeln und Schreibregeln ist der, dass Verkehrsregeln (und das meiste, was man sonst im Alltag als Regeln versteht), eine maximale Einhaltung erfordern, während Schreibregeln nur einen neutralen Ausgangszustand definieren.

Je weiter eine "normale" Regel eingehalten wird, umso mehr nähert man sich dem theoretischen Optimum. Eine weitgehende Einhaltung von Schreibregeln hingegen schafft nur eine leere Tafel, auf der man dann gestalten kann.

 

Während man also Verkehrsregeln kennen muss, um sie einzuhalten, muss man Schreibregeln tatsächlich kennen, um sie brechen zu können - dass heißt, um gezielt und an den Stellen davon abzuweichen, in denen es sinnvoll ist. Denn gerade die sinnvolle Abweichung von der Regel schafft den notwendigen "Charakter" eines Werkes; während die ziellose Abweichung ein Krikelkrakel auf der Tafel entstehen lässt, in dem jede sinnvolle Linie untergeht.

 

Insofern definiert eine Schreibregel selten das zu erstrebende Optimum, sondern sie ist nur ein Wegweiser fort von typischen Textmängeln. Da der Wegweiser aber nur von den Mängeln fortführt und nicht auf ein Optimum hin, muss man irgendwann auch erkennen, wann man besser anhält, weil man nur zum gegenüberliegenden Mangel kommt, wenn man dem Wegweiser allzu stur folgt.

Sinn ist keine Eigenschaft der Welt, sondern ein menschliches Bedürfnis (Richard David Precht)

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Ich beginne zu entdecken, wie viel Schreiben mit Kochen zu tun hat ;D

Da wie dort kann man sich an Rezepte halten und tut gut daran, solange man noch nicht genug Erfahrung hat, um seine Zutaten spielerisch einsetzen zu können und Neues zu kreieren.

Experimentelle Küche, bzw. Schreibe ist etwas für Virtuosen, die genau wissen, was eine Prise hiervon und davon bewirken kann.

Wenn man aber als Anfänger auf die Regeln pfeift, wird kaum Ess- oder Lesbares herauskommen und auch Profiköche behalten gewisse Regeln ein Leben lang bei, weil sie eben notwendig sind.

 

Was mich an einen Thread von Peter D. erinnert, in dem es um text-, bzw plotstörende Elemente ging, um Figuren, die nicht ins Genre bzw. Setting passen. Ich finde, das kann klappen, wenn der Autor so gut ist, dass er es schafft, Nicht-Passendes passend zu machen. Bei Otto Normalschreiber wirken solche Experimente bestenfalls befremdlich, ungewollt und störend.

 

Ich mache gerade einen Abstecher ins Historische und lese "Das Lächeln der Fortuna" von Rebecca Gablé. Gefällt mir sehr. Aber sie wechselt gern die Perspektive, oft mitten in der Szene. Sie macht es zwar geschickt, aber trotzdem stolpere ich bei jedem Sprung zwischen den Köpfen, wenn auch nur ganz kurz. Weniger gekonnt gehandhabt würde mir dieser "Regelbruch" den Lesespaß verderben.

 

Liebe Grüße

Ursula

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Hallo zusammen,

 

Spinner hat es bei "show don`t tell" im Thread mal konkret werden lassen, und deshalb will ich es hier auch versuchen.

 

Es gibt beim Schreiben verschiedene Arten von "Regeln".

"Show don`t tell" ist keine Regel, sondern eine Beobachtung- als eine deskriptive Beschreibung, die erläutert, daß bestimmte Dinge besser beschrieben als gezeigt werden sollen, weil die Wirkung auf den Leser höher ist. Doch es ist keine Regel, weil sie nicht generell gilt.

Es wäre enorm ermüdend, wenn ich bei jeder Tür erzähle, wie sie geschlossen wird, statt es nur zu zeigen. Noch ermüdender wäre es, wenn ich unwichtige Stellen durchs "tell" aufblase, und die Langeweile an dieser Stelle potenziere.

 

Also gilt diese Regel nur für bestimmte Stellen:

1. Eine Personenbeschreibung ist oft aus der Sicht einer Person heraus interessanter, als die photoartige, starre Auflistung: "Lisa war 1,75 m groß, hatte lange blonde Haare."

Da ist es meist besser ich schreibe: "Lisa war viel größer als er und so sah er fast unbewußt direkt auf ihre Brüste."

2. Gefühle: "Peter erstarrte angesichts der Gefahr und wagte kaum zu atmen" ist schwach, weil das erstarren eine Vielzahl von Reaktionen zusammenfaßt und nicht wirklich bildlich vermittelt. Hier könnte man mit

"Peter entdeckte die Mumie beim Fenster. Er machte einen Schritt zurück, konnte seinen Blick nicht von einem Fetzen Stoff an der Hand der Mumie losreißen,..."

3. Figurenzeichnung: "Lara war eher der humorvolle Typ, ein wenig Bridget Jones, aber nicht so chaotisch"

Besser ist, wenn der Humor und die Tollpatschigkeit gezeigt wird, weil der Leser es dann nicht nur liest, sondern erlebt.

4. ....

 

Mit den meisten Schreibregeln verhält es sich ähnlich. Es gibt keine generellen Regeln, sondern jede Regel bezieht sich auf Konkretes.

Dementsprechend macht es Schriftsteller und Autoren aus, wie sie bei bestimmten Stellen entscheiden, wie viel Zeit, wie viel Raum, wie viel Tell oder Show eine bestimmte Stelle braucht. Dies nennt sich dann Schreibtempo oder Rhythmus, und ist neben der konkreten Stelle auch vom ingesamten Schreibstil, dem Roman, dem Genre, und vielem weiteren abhängig, auch vom persönlichen Geschmack, Stil, Vorlieben,...

Eine generelle Regel macht dementsprechend überhaupt keinen Sinn- denn eine solche Regel müsste man ständig brechen. Und eine Regel definiert sich dadurch, dass sie in fast allen Fällen anwendbar ist.

 

Gruss

 

Thomas

"Als meine Augen alles // gesehen hatten // kehrten sie zurück // zur weißen Chrysantheme". Matsuo Basho

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Ketzerische Gegenfrage: Willst du andere Leute unterhalten oder nur die eigene Eitelkeit bedienen?  :s2

Weder noch, Peter.

Ersteres genügt mir als alleiniger Beweggrund nicht; würde ich letzteres wollen, wäre ich besser Star-Patissier geworden.

 

Schöne Grüße,

Petra

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Ich habe das Gefühl, der Schlüssel zu dieser Diskussion liegt darin, zunächst die Regeln eindeutig zu benennen, um die es hier geht, und die wahlweise als Voraussetzung, als Richtlinie, als Korsett oder als Nichtig erachtet werden.

Vermutlich liegen die Kontrahenden bei 80% der Regeln, gar nicht so weit auseinander.

Oder?

 

Moderierende Grüße,

 

Andreas

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Hallo alle,

 

dieselben Regeln können für zwei verschiedene Menschen sicher auch zu zwei verschiedenen Ergebnissen führen. Ein grundsätzlich talentierter, aber noch unerfahrener (ungeübter) Mensch wird seine Schreibe mit Hilfe etablierter Regeln sicher aufwerten können. Ein sehr erfahrener Schreiber dagegen wird sich durch zu strikte Haltung an Regeln möglicherweise eher einschränken. Regeln brechen sollten besser diejenigen, die eben diese Regeln auch schon genau genug kennen.

 

Regeln sind allerdings auch kein Allheilmittel - ein gänzlich untalentierter Schreiber wird durch intensives Studium aller anerkannten Regeln sicher etwas handwerklich korrektes abliefern. Aber ob es ihn zu einem guten Autor macht? Das bezweifle ich schon.

 

Gruß

Matt

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Liebe Leute,

ich bewundere einige hier grenzenlos. Dass ihr die Regeln kennt, die ihr brechen dürft, dass ihr wisst, wie was zu funktionieren hat, damit es innerhalb oder außerhalb des Regulariums steht.

 

So langsam fürchte ich mich einsam und allein auf weiter Flur, weil ich das alles nicht kann. :s10

Ich habe nicht mal die Zeit, das alles zu lernen, darüber nachzudenken, meine Texte nach solchen Kriterien auseinanderzuklamüsern.

Wenn ich eine Regel breche, dann merken das in der Regel ;-) nur andere. Für mich fühlt sich der Text an der Stelle einfach nur gut an. Und wenn ich mal keine Regel breche, dann auch nur, weil sich der Text da gut anfühlt.

 

Ich habe allerdings auch nie aktiv und gezielt Kochen gelernt, sondern einfach angefangen, gekocht, experimentiert... mit dem Ziel, dass der Mantsch schmeckt. Oft hat er nicht geschmeckt, dann hab ich aus meinen eigenen Fehlern gelernt, wie ich mich selbst entwickle... und nicht aus Regelwerken, in denen meine Fehler vielleicht nie vorkamen. Regelwerke und der bewusste Umgang damit - das ist also auch etwas, was dem modernen Sicherheitsstreben sehr entgegen kommt.

 

Mir fehlt in solchen Diskussionen oft der Aspekt des gewollten Risikos, um die eigenen Grenzen kennenzulernen, zu lernen, wie man mit den eigenen Grenzen umgeht, mit deren Überschreitungen und mit Fehltritten. Was nützt mir beim Schreiben, wenn ich fremde Grenzen (von Regeln) kenne, aber mich nicht? Wenn ich meine Untiefen an inneren Regeln nicht auslote?

 

Warum soll immer ein möglichst kurzer Weg zum verlegten Buch oder gar Bestseller führen, indem man sich an Ratschlägen und Regeln entlang hangelt? Ehrlich, ich möchte auf all den Schund und Schrott nicht verzichten, den ich schreiberisch verzapft habe - denn an dem bin ich zu dem geworden, was ich jetzt bin. Da stecken die Nägel in den Wunden, aus denen man sich schreiberisch entwickeln kann.

 

Wieder eine Ketzerfrage: Kann ein zu früh angelegtes Regelkorsett nicht auch die kreative Entwicklung hemmen? (Wenn ich Leute coachen müsste, würde ich sie erst mal über alle Stränge hauen lassen, bevor sie eine Regel lernen).

 

Schöne Grüße,

Petra

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Kann ein zu früh angelegtes Regelkorsett nicht auch die kreative Entwicklung hemmen?

 

Liebe Petra,

 

uff - ich bin also nicht der einzige, der keine Regeln kennt  :) !  

 

Zu Deiner Frage: nicht nur hemmen, sondern abwürgen.

Wie soll eine Entwicklung in einem engen Korsett zustande kommen?

 

Ich behaupte mal, wenn jemand sehr begabt ist, wird er sich irgendwann bewußt gegen Regeln wehren - oder sich unbewußt über sie hinwegsetzen.

 

Gruß

Jan

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Ich behaupte mal' date=' wenn jemand sehr begabt ist, wird er sich irgendwann bewußt gegen Regeln wehren - oder sich unbewußt über sie hinwegsetzen.[/quote']

Wenn es eine starke Persönlichkeit ist, ja. Ich kenne leider genug Beispiele, wo die Begabung gebrochen wurde!

 

Schöne Grüße,

Petra, die froh ist, nicht die einzige Irre zu sein! :s06

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Wieder eine Ketzerfrage: Kann ein zu früh angelegtes Regelkorsett nicht auch die kreative Entwicklung hemmen? (Wenn ich Leute coachen müsste, würde ich sie erst mal über alle Stränge hauen lassen, bevor sie eine Regel lernen).

Daran ist doch nichts ketzerisches. Zu eng geschnürt engt immer ein - das ist doch irgendwie logisch :)

 

Als abschreckendes Beispiel von überzogener Regelwut erinnere ich mal an diesen flüchtigen Teilnehmer vor einiger Zeit, der hier per se sämliche Vergleiche verdammte.

 

Aber in einigen Fällen ist es unter Umständen natürlich auch gewollt, wenn man Leute auf strenge Regeln drillt. Ich habe neulich eine ganz ähnliche Diskussion zum Thema Musik in einem anderen Forum gelesen. Dort wurde Hans Zimmer verdammt, weil er sozusagen Malen-nach-Zahlen-Musik produzieren würde (der Dieter Bohlen-Vergleich wurde gezogen). Die Kritiker waren größtenteils Anhänger der klassischen Musik, alle von ihnen aber wollten ihre Arbeit als reine Kunst verstanden haben. Daß ein Filmmusik-Komponist dagegen je nach Ausgangsmaterial gezwungen ist, nach Schema F zu komponieren, war für sie unverständlich und schon beinahe obszön. Zum einen, weil Zimmer angeblich uninspiriert wäre und zum anderen, weil er sehr viel Synthesizer auch in seine orchestralen Kompositionen einfügt. Und da das Orchester nach dafürhalten einiger Leute ausschließlich der klassischen Musik vorbehalten wäre, ist ein solcher "Regelbruch" dann auch ein Tabu.

 

Wie man an dem Beispiel sieht, kann man auch die Regelwut immer auf zwei verschiedene Arten auslegen - aber von einer Sache bin ich überzeugt: das überdeutliche Bestehen auf Regeln ist meist nichts anderes als eine verschleierte Kritik einem nach eigener Meinung unterlegenen Werk gegenüber. Diese Arbeit gefällt mir nicht und das versuche ich damit zu begründen, daß diese Arbeit nicht gewissen Regeln entspricht. Leider oftmals ein Totschlagargument.

 

Gruß

Matt

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hallo,

 

mein erstes buch habe ich ohne den hauch einer ahnung von handwerk geschrieben. dass es sowas überhaupt gibt, wurde mir erst später klar, als ich beim zweiten buch irgendwie ins hängen kam :-)

 

wer als schriftsteller, zumal als einer, der mehr als ein buch geschrieben und publiziert hat, von sich ganz unbefangen sagt: "ich kenne gar keine regeln" ist schon ein kleines stückchen weit kokett  ;D

 

die sachen, die man zu papier bringt, kommen ja nicht aus dem luftleeren raum, und sie entsprießen auch nicht allein einem von der muse leidenschaftlich geküssten genie.

 

wenn nämlich diese sachen auch nur halbwegs handwerklich was taugen und ihren weg zu einem willigen verleger finden sollen, dann hat betreffender autor sein rüstzeug wenigstens im kern verinnerlicht: durch die lektüre ungezählter sehr guter bücher. gewissermaßen auf unbewusst-autodidaktischer basis.

 

was natürlich nicht gleichzeitig zwingend bedeuten muss, dass ihm nicht nicht durch eine gezielte beschäftigung mit theorien und wissenschaftlichen erkenntnissen trotzdem noch später dies oder jenes lichtlein aufgehen kann. ich für meinen teil lerne immer noch gern dazu. ein teil der sachbücher, die ich regelmäßig konsumiere, dreht sich ums schreiben.  :)

 

lg,

eva v.

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Tja, ich bin ja auch so eine "Hobby-Köchin", die es ohne Kochbücher und Rezepte gelernt hat und heute vorwiegend nur deshalb in selbige schaut, um sich frische Impulse zu holen ("Wie machen 's andere?").

 

Gerade hier funktioniert das Kulturkreis-Prinzip, denn wer schon mal "echt" chinesisch essen war, weiß, wie fremd das für europäische Zungen und Nasen ist. Und es ist keine Abwertung, diese Küche in graduell "eingedeutschter" Form zu pflegen, sondern eine Bereicherung der eigenen Kultur.

Authentizität ist ohnehin ein Schwachsinnsprinzip, da die perfekte Rekonstruktion bzw. Wiederholung eines Phänomens schlichtweg unmöglich ist. Man steigt nicht zweimal in denselben Fluß. ;)

 

Für mich ist (ebenso wie für Platon und Aristoteles) die Kochkunst ebenso eine Kunst wie die Malerei, die Musik oder die Literatur -- ja sogar wie die Erotik! Diese peilen alle nur auf unterschiedliche Sinne, aber im Grunde dienen sie dazu, selbigen Lust zu bereiten.

 

Und bevor ich jetzt noch anfange, die Kunsttheorie aus dem Gorgias zu referieren, setze ich mich an die Überarbeitung einer heute geschriebenen erotischen Szene :p, bevor ich mich an den Herd stelle, um eine von meinen Lieben hochgeschätzte überbackene Weizen-Gemüse-Pfanne zuzubereiten, die ich auch aus keinem Kochbuch habe, sondern aus der Zusammenarbeit meiner Nase und meiner Zunge mit meinem Hirn. :p

 

Kulinarische Grüße,

Iris :s17

 

PS: Was die Kontrollinstanz zwecks Überarbeiten angeht: Ich bin zum Glück auch graduierte Literaturwissenschaftlerin -- zudem auch noch in der "regelstrengsten" und systematischsten aller Philologien. Das hilft schon. Aber ein Zahlenmuster, nach dem ich male, habe ich mir aus dieser Wissenschaft nicht extrapoliert.

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