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eva v.

let's talk about sex!

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Hallo Jan,

Aber mal zwei Fragen an die Damen in der Runde:

könnt Ihr mit solchen (eher drastischen) Texten was anfangen (Miller, Bukowski) - oder ist Euch das zu derb?

Und was sagt Ihr zu Anais Nin, deren "Delta der Venus" als Klassiker und herausragendes Werk der erotischen Literatur gilt?

(Wird übrigens immer mal wieder Männern gern empfohlen, damit sie den Unterschied zwischen dem "männlichen" und "weiblichen" Blick lernen ;)

Eigentlich darf ich dir nicht antworten, ich bin nämlich keine "Dame" 8)

Insofern: Ja, ich kann auch mit drastischen Texten etwas anfangen. (Übrigens weiß ich nicht, warum de Sade immer zitiert wird in solchen Zusammenhängen. Wer sich den mal auf Französisch antut, schläft über all der Philosophierei ein oder findet allerhand interessante Aussagen über seine Zeit.) Anais Nin laberte mir zuviel ;-)

 

Ich hab das oben schon beschrieben mit den Untersuchungen von Nancy Friday... den meisten Männern sind damals sind die Augen übergegangen, als sie erfuhren, was für derbe, pornografische, nicht damenhafte Fantasien Frauen hatten. Frauen sind aber anders konditioniert worden, hatten nicht gelernt, so offen darüber zu sprechen oder Undamenhaftes zuzugeben. Dadurch entstand eine andere Art der Darstellung... das Sagen durch Weglassen, das Erzeugen innerer Bilder durch Lücken, Andeutungen, Geheimnisse (extrem verkürzt dargestellt!) Mit dem Ergebnis, dass der Konsument stärker mit der eigenen Fantasie arbeiten muss, aber auch freier die Lücken füllen kann.

Allerdings... das waren Untersuchungen der 70er, 80er. Kann schon sein, dass Frauen inzwischen mehr dem ähneln, was Frauenzeitschriften verbreiten. Kann ich in meinem Alter nicht beurteilen ;-)

 

Sexszenen so zu schreiben (Lücke, Andeutung), ist ein Dialog mit dem Leser - deshalb ist das so schwierig, weil ich nie 100% meiner Leser im Dialog zur "Mitarbeit auffordern" kann.

Im anderen Fall, wenn ich alles benenne und explizit schildere, setze ich dem Leser ein fertiges Bild vor, wie wenn ich ein Haus beschreibe, eine Straße. In dem Fall muss ich besonders auf Glaubwürdigkeit, Authentizität und Funktion im Gesamten achten - und mich der Gefahr stellen, dass das Haus nicht jedem Leser gefällt.

 

Und dann hast du in der Funktion wieder die Genreansprüche. Blümchensex ist eben unverfänglich. Kommt immer drauf an, wie viele, welche Leser du erreichen willst und was die von ihrem Genre erwarten. Deine Beispiele stammen nicht umsonst aus der Literatur ;-)

 

Schöne Grüße,

Petra

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Hi Iris,

 

 

wobei das durchaus auch mal in die berühmte Hose gehen oder mit "Anfangsschwierigkeiten" verbunden sein darf.

 

 

Stimmt. Praecox ist auf dem Vormarsch, habe ich auch gelesen ...

 

 

In zeitgenössischen Romanen ist Sex meist eine Banalität. Man poppt ja häufig schon am ersten Abend, viele Beziehungen kommen heute ohne Romantik, sogar ohne tiefere Gefühle, aber nicht ohne Sex aus.

 

 

Das klingt mehr nach Sachbuch :-)

 

 

 

Schließlich wissen wir doch alle, wie es geht, oder?

 

 

Dann darfst du nur Romane für eine eingeschränkte Altersgruppe schreiben: Bis 15 weiß man es noch nicht, und ab 40 vergisst man es langsam wieder :s22

 

Gruß

 

HW

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Stimmt. Praecox ist auf dem Vormarsch' date=' habe ich auch gelesen ...[/quote']

Gab 's schon immer und wird 's immer geben. Wer sein Essen zu schnell runterschlingt, muß nun mal kotzen. ;D

 

Aber es gibt auch andere "Anfangsschwierigkeiten", mangelndes Einfühlungsvermögen oder das Realisieren desselben, plötzliche Ernüchterung und Angst vor den evtl. Folgen ...

 

Das klingt mehr nach Sachbuch :-)

Um ein Extrembeispiel zu nennen: Houellebecq ist da schon sehr sachlich -- Bukowsky hingegen finde ich weinerlich.

 

Dann darfst du nur Romane für eine eingeschränkte Altersgruppe schreiben: Bis 15 weiß man es noch nicht, und ab 40 vergisst man es langsam wieder :s22

Mist! Da ich eine Ausnahme von der Regel bin, habe ich das natürlich nicht berücksichtigt.

 

Schön, daß du deine Probleme mit uns teilst. ;D

 

Alberne Grüße,

Iris :s17

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Hi Iris,

 

 

mangelndes Einfühlungsvermögen

 

 

Ich schenk dir ein 'R', wenn ich dafür das 'L' behalten darf :s22 Und dann unterschreibe ich auch deine Aussage ...

 

Gruß

 

HW

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Eilantwort:

Miller ja, genau richtig fuer mich.

Bukowski nein, das ist mir zu selbstbedudelnd und kein bisschen sexy.

 

Charlie.

"Der soll was anderes kaufen. Kann der nicht Paris kaufen? Ach nein, in Paris regnet's ja jetzt auch."

Lektorat, Übersetzung, Ghostwriting, Coaching www.charlotte-lyne.com

 

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Hallo Petra,

Kann ein friedliebender Autor glaubwürdig über Morde schreiben? Kann ein Mensch, der mit beiden Beinen im Leben steht, Fantasy schreiben? Ein guter Autor sollte sehr viel mehr können als in seinem eigenen Leben - und wenn er etwas nicht kennt, kann er recherchieren.

Ich glaube schon, dass ein friedliebender Autor über Morde schreiben kann. Jeder von uns hat schon unzählige Male Mordwerkzeuge in der Hand gehabt; weiß, wie sie sich anfühlen, wie man damit umgeht, wie man damit einen Menschen umbringt. Das Schreiben eines Mordes in ein Manuskript wird nicht das Problem sein, genauso, wie das Schreiben von Sex an sich. Recherchieren kann man immer und viel. Aber, und daran habe ich meine Zweifel, das Gefühl, und nicht die Tätigkeit an sich, zu beschreiben, ohne dieses Gefühl zu kennen, halte ich für sehr gewagt. Gefühle kann ich eben nicht recherchieren oder kurz ausgedrückt - ich halte es nicht für möglich, dass ein katholischer Würdenträger und sei er ein noch so guter Schriftsteller, eine Sexszene schreiben kann, in der es nur so knistert. Dass er sich ans Zölibat hält, setze ich mal voraus. ;)

 

Viele Grüße Dietmar

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Gefühle kann ich eben nicht recherchieren oder kurz ausgedrückt - ich halte es nicht für möglich, dass ein katholischer Würdenträger und sei er ein noch so guter Schriftsteller, eine Sexszene schreiben kann, in der es nur so knistert. Dass er sich ans Zölibat hält, setze ich mal voraus. ;)

 

Hi,

 

also, auch für einen katholischen Priester gibt es ein Leben vor der Weihe, die meisten werden da durchaus ihre Erfahrungen gemacht haben.

 

Außerdem habe ich einen schwulen Priesteramtsanwärter im Bekanntenkreis, und was der so aus den deutschen Priesterseminaren erzählt, sprüht nicht nur vor Erotik und Lebensfreude, sondern treibt mir mitunter die Schamesröte ins Gesicht (und nicht, weil es da Männer mit Männern treiben). Noch witziger fand ich einen 70jährigen irischen Priester, den ich im Urlaub auf Malta in einer Kneipe kennenlernte. Der wollte nicht nur unbedingt mit mir an den Nacktbadestrand, den ich zufällig gefunden hatte, sondern erklärte mir außerdem freudestrahlend, er sei schließlich im Urlaub und deshalb für alles offen.

 

Seitdem glaub ich, das Zölibat wird vom Rest der Welt deutlich ernster genommen, als von den Priestern selbst :s18

 

Gruß,

Capella

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Hi Dietmar,

 

 

Jeder von uns hat schon unzählige Male Mordwerkzeuge in der Hand gehabt; weiß, wie sie sich anfühlen, wie man damit umgeht,

 

 

Glaube mir, auch jeder heterosexuelle Autor hat schon mal das Werkzeug, um das es geht, in der Hand gehabt, weiß, wie es sich anfühlt, wie man damit umgeht ... :s22

 

Gruß

 

HW

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Seitdem glaub ich, das Zölibat wird vom Rest der Welt deutlich ernster genommen, als von den Priestern selbst  :s18  

 

Gruß,

Capella

http://www.kiki-net.de/smilies/froehlich/kullerlach.gif

 

Jetzt ist Capella mir zuvorgekommen, und recht hat sie.

Ich möchte da auch heftig widersprechen, Dietmar.

 

Selbst wenn er im strengen Zölibat lebt, hat er deshalb doch auch eine Phantasie /seine Phantasien.... und die sind oft heftigst! ;D

 

Wenn er dazu noch schreiben kann...

 

Übrigens dürfte dann ja auch keine Frau über einen Mann schreiben (oder umgekehrt).

 

Iris, ich darf Dich mal als Beispiel nehmen? Man müßte als Leser also merken, störend merken, daß den Cinna eine Frau aufs Papier gebracht hat.

Merkt man aber nicht.

 

Es wurde in einem anderen thread vor einiger Zeit mal angesprochen, daß Schreiben und Schauspielern viel miteinander zu tun haben und man auf diese Weise auch Gefühle "erspüren" kann, die einem eigentlich fremd sind.

 

Gruß

Jan

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Hallo zusammen,

Jans Hinweis mit der Schauspielerei will ich aufgreifen. So ist es. Ich muss als Autor nicht wissen, wie es sich anfühlt, wenn meine ganze Familie umgebracht wird (weil ich so eine Szene schreibe). Es reicht, wenn ich mich mit Empathie in eine eigene Situation versetze, in der ich Hilflosigkeit, Trauer, Wut gespürt habe... und wenn mir bisher nur der Hund gestorben ist, versuche ich das "hochzurechnen".

 

Genauso ist das beim Sex. Empathie... man holt sich die fehlenden Stücke aus Situationen... darüberhinaus lernt man als Autor immer gerne von anderen Menschen. Ob Homosexuellenlust, Priesterlust (oja, die haben auch welche, und wie) oder Heterosexuellenlust... Lust ist in der Essenz Lust - und wenn ich das begriffen habe, kann ich alles schreiben.

Um Jans Einwurf aufzugreifen, dass Autoren ja auch in andere Geschlechter schlüpfen müssen, wenn es nicht um Sex geht: Ich glaube sogar, gerade Autoren sind deshalb (wenn sie es beherrschen) auch in den Sexszenen "multitaskingfähig"  :s22

 

Vielleicht sind Sexszenen deshalb so schwer zu schreiben... weil wir uns mit den Grenzen im eigenen Kopf, mit vielleicht vorhandener Doppelmoral und all diesen Spielchen in uns selbst konfrontieren müssen. Gute Sexszenen zu schreiben hat insofern etwas Entblößendes. Die Fiktion bekleidet uns vor den Lesern, aber vor uns selbst sind wir grausam nackt.

 

Schöne Grüße,

Petra

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oder kurz ausgedrückt - ich halte es nicht für möglich' date=' dass ein katholischer Würdenträger und sei er ein noch so guter Schriftsteller, eine Sexszene schreiben kann, in der es nur so knistert. Dass er sich ans Zölibat hält, setze ich mal voraus. ;)[/quote']

Ich kenne einen. Und wie der das kann -- aber hallo! :s18:s12

 

Allerdings nicht als für sich stehende erotisch-pornographische Texte, sondern als dramaturgisch angemessene Bestandteile von Geschichten.

 

Der Mann beschäftigt sich mit dem Phänomen Sünde, speziell mit den Todsünden (d.h. Sünden, die die Unsterblichkeit der Seele in Gefahr bringen), mit dem scholastischen Konzept der Todsünde als Verstrickung, aus der einen auch die Gnade nur erreichen kann, wenn man zur Umkehr bereit ist. Denn nach diesem Konzept ist Gott kein Strippenzieher oder willkürlicher Despot, sondern die menschlichen Seelen sozusagen Gedanken, die er in die Welt schickt, damit sie sich vollenden und zu ihm zurückkehren -- was aber nicht immer gelingt.

 

Und diese Gedanken kann man nur zeigen, wenn man die menschliche Psyche völlig auslotet.

 

Fröhliche Grüße,

Iris :s17

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Die Fiktion bekleidet uns vor den Lesern' date=' aber vor uns selbst sind wir grausam nackt.[/quote']

Boah ... den möchte ich ja glatt in meine Signatur aufnehmen, so wahr ist der! Hast du heute so eine Art dies aphoristicus? :s21

 

Fröhliche Grüße,

Iris :s17

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Wie schreibt man eine gute Sexszene....?

 

Hm..

 

Man nehme ein Mädel. ;D Sie streckt ihren Arm aus.

 

Drei Männer streicheln ihren Arm auf die gleiche Art und Weise. Wenn das Mädel die Augen geschlossen hätte, würde sie keinen unterschied feststellen. Doch das Mädel sieht, wer sie streichelt.

 

Der erste Mann ist der totale Bähtyp. Fettige, schuppige Haare. Stinker, usw.

Das Mädel ekelt sich.

 

Der zweite Mann ist einer ihrer Bekannten. Sie fühlt rein garnichts, in seiner Nähe. So wird sie wahrscheinlich ohne größere Gefühlsregung seine Berührung wahrnehmen.

 

Der dritte Mann ist der Mann ihrer Träume. Eine Berührung elektrisiert das Mädel.

 

Was ich damit sagen will? Erotik passiert überwiegend im Kopf. Es kommt darauf an, welche Figuren aufeinander prahlen. Wenn mir die Figuren im Roman egal sind, läßt mich auch die Sexszene kalt. Und die Sexszene sollte eben so dargestellt werden, wie sie auch zu den Figuren passen - oder eben gerade deshalb quer: Das Mauerblümchen, dass sich auslebt. Die Hure, die nach Streicheleinheiten giert. Je nach Geschichte eben.

 

Grüße

Quidam

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