Zum Inhalt springen
eva v.

starke hauptfiguren

Empfohlene Beiträge

 

genauso habe ich es auch gelernt: der protagonist darf innerhalb der geschichte nicht zum spielball anderer kräfte werden, und wird er es - vorübergehend - doch, darf sich die geschichte nicht ständig darum drehen, sondern eben darum, wie er sich davon befreit und zu diesem zweck agiert. er muss, wie ursula es auf den punkt bringt, das potenzial zum sieger haben. auch wenn er am ende vielleicht als tragischer held scheitert.

 

 

 

Und gerade deshalb fand ich Harry Potter und der Feuerkelch katastrophal. Ich hab zwar 'nur' den Film gesehen, aber im Buch wird wohl Harry dieselbe verweichlichte, ahnungslose Figur sein, wie im Film.

 

Ganz klar: Spielballfiguren interessieren mich überhaupt nicht. Ich will mich schließlich mit der Hauptfigur identifizieren und wenn ich dann mit einem Spielball leiden muss, nervt mich das gewaltig.

 

 

Grüße

Quidam

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Davon ab: Ich habe in diesem Thread viele theoretische und handwerkliche Überlegungen gelesen, aber was hilft mir das? Gar nichts, denn ich habe noch nie einen Charakter "konstruiert".

"Meine" Figuren stehen eines Tages in der Tür und wollen angehört werden.

Hallo Iris,

 

also diesen Ansatz halte ich für faszinierend, ja geradezu außerirdisch. :s05

 

Dass es funktioniert - für dich, und sicher auch für Andere - ist ja ganz offenbar! Und ich habe Ehrfurcht davor. Ob es ein gangbarer oder empfehlenswerter Weg für Anfänger ist, weiß ich nicht, für mich jedenfalls ist das nix. Ich hätte furchtbare Angst, die Charaktere, die sich mir so aufdrängen (insbesondere, wenn gerade irgendein strunzdummes Spiel in der AOL-Arena läuft und ich mitten im Arschlochalarm in der S-Bahn sitzen muss) an den Kaffeetisch zu holen ... es würden wohlmöglich Clive Barkers oder - schlimmer noch (als Gipfel des Wahnsinns) - Rosamunde Pilchers dabei herauskommen :s10

 

Da lob' ich mir ja mein Millimeterpapier ;)

 

Respektvolle Grüße,

 

Andreas

(heute Abend etwas irr im Kopf ;))

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Wie waere es mit einer Mischform?

 

Figuren, die sich einfach so Einlass verschaffen und sich auch nicht davon schrecken lassen, wenn sie auf Millimeterpapier festgenagelt, geklopft und geklebt werden, erscheinen mir wahrhaft orkanstark.

 

(Mir hat ein kompetenter Mensch vor Jahren ueber einen Romanversuch gesagt: "Deine Figuren sind so fest in Planungskorsetts gepresst, dass sie nicht selbstaendig atmen koennen."

Verallgemeinern laesst sich das nicht. Aber bei mir traf es zu.

Ich bleibe der Millimeterpapiertyp, weil ich auch im Leben einer bin, der eher schlecht improvisiert, stattdessen organisiert und sich vor Chaos fuerchtet.

Ich freue mich aber auch, dass ich dieses Mal die Furcht vor Figuren an der langen Leine oft zulassen und mich zumindest ansatzweise auch einmal von ihnen einwickeln lassen konnte.)

 

Aus diesem Thread habe ich sehr viel gelernt.

(Zum Beispiel begriffen, warum ich - von wenigen Ausnahmen abgesehen - nicht gern Romane in der Ich-Form lese, obwohl es mir - wie Eva - leichter faellt, darin zu schreiben.)

Herzlichen Dank.

Vielleicht waere es sinnvoll, so gelungene Zusammenfassungen (z.B.: Das Personenschema von Eva aus einem anderen Thread und der hier aufgefuehrte Abriss von Andreas) mal in einer Art Datenbank zusammenzufassen, damit wir Hansel nicht immer das Gleiche fragen und Newcomer auch profitieren koennen?

 

Sehr herzliche gruessen zum Adventssonntag,

Charlie&Vin.

"Der soll was anderes kaufen. Kann der nicht Paris kaufen? Ach nein, in Paris regnet's ja jetzt auch."

Lektorat, Übersetzung, Ghostwriting, Coaching www.charlotte-lyne.com

 

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Hallo Leute,

Ich zumindest muss mir das sehr oft ins Gedaechtnis zurueck rufen' date=' um kein "froehliches Geschichtenbuechlein" draus zu machen.[/quote']

Ketzerische Frage: Warum muss es immer so starr sein beim Schriftstellern? Man darf auch Episodenromane schreiben. Kürzlich bekam ein Roman einen Preis (fragt mich nicht nach dem Titel, Autor aus dem Maghreb), der hatte genau zwei Protagonisten, jeder erzählte eine Hälfte des Buches, jeder erzählte die gleiche Geschichte.

Wenn man keine Vorschriften bedienen muss, darf man viel... es ist aber bestimmt sehr viel schwieriger als die Regel "ein Prota pro Buch".

Schöne Grüße,

Petra

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Noch rasch an Judith:

Du, klar, hatte mich ja im Voraus entschuldigt - ich kenne BJ wirklich nur aus Berichten von BJ-Hassern und aus meinen eigenen Vorurteilen, habe also keine Ahnung.

Mir fiel nur kein anderes - so verbreitetes - Beispiel ein.

 

Viele Gruesse von Charlie.

"Der soll was anderes kaufen. Kann der nicht Paris kaufen? Ach nein, in Paris regnet's ja jetzt auch."

Lektorat, Übersetzung, Ghostwriting, Coaching www.charlotte-lyne.com

 

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Warum muss es immer so starr sein beim Schriftstellern? Man darf auch Episodenromane schreiben.

 

Ja, natuerlich darf man.

Warum auch nicht?

Ich moecht's nur nicht, weil ich so ein Buch - in denen der Autor sich scheinbar planlos in den Geschichten unzaehliger Mit-Protagonisten verliert - auch nicht lesen moechte.

Genauso wenig wie das eines einzelnen, um sich selbst kreisenden Protagonisten ohne Hintergrund.

(Ausnahmen bestaetigen zweifellos die Regel, auch wenn mir on top of my head jetzt keine einfaellt.)

"Der soll was anderes kaufen. Kann der nicht Paris kaufen? Ach nein, in Paris regnet's ja jetzt auch."

Lektorat, Übersetzung, Ghostwriting, Coaching www.charlotte-lyne.com

 

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Liebe Eva, hallo Ihr Lieben,

 

mit großem Interessen habe ich Eure Threads zu dem Thema gelesen, da ich mich ganz aktuell gerade damit "herumschlagen" muss.

Meine Agentin hat mir vor vier Tagen einen Roman abgelehnt, weil meine Protagonisten

a. dem Leser nicht sympathisch genug ist (wobei das, wie aus Euren Beiträgen zu ersehen ist), ein sehr weites Feld ist und

b. zuviel kriminelle Energie aufwendet.

 

Dabei handelt es sich um einen historischen Thriller, in dem sich die Hauptperson auf einen Rachefeldzug begibt, am Ende aber einsieht, dass die Rache nur sie selbst zerstört und Dinge, die geschehen sind, nicht rückängig machen kann.

 

Ganz ehrlich - ich möchte nicht mehr die sogeannten "Friede-Freude-Eierkuchen" -Romane schreiben, wo die Protags nur hübsch, nett, lieb und fehlerlos sind.

Aber offenbar wird das von den Agenten und Verlagen (die ja vor den Lesern stehen) verlangt.

 

Ich möchte Euch für Eure Beiträge danken, die mir wieder ein wenig Mut gemacht haben, obwohl mein erwähnter Roman wohl den Weg in den Papierkorb finden wird.

 

Liebe Grüße

Rebecca

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

liebe rebecca,

 

nein, mach das bloß nicht! lass das teil erst mal ein kleines bisschen liegen und befass dich dann nochmal damit! es mag ja sein, dass die geschichte nicht 100% zu deinen anderen romanen "passt", aber wo steht denn geschrieben, dass du diese linie immer beibehalten musst?

 

denk doch nur an "vom winde verweht". scarlett war ein richtiges miststück, aber sie hat es geschafft, den leser auf ihre seite zu ziehen. lass uns gelegentlich mal über den stoff sprechen.

 

nochmals aufmunternde grüße,

eva

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Hallo Rebecca,

 

mit dem Papierkorb wäre ich aber nicht so schnell! Ich bin genau deine Zielgruppe! Und ich weiß, dass diese Zielgruppe aus mehr Menschen besteht als mir. *G* Die Meinung eines Agenten ist ja nicht das Amen in der Kirche. Kriminelle Energie mag ich, macht ein Buch spannend. Friede-Freude-Eierkuchen-Romane mag ich auch nicht. Heldin nicht sympathisch, hm, das ist nun wirklich Ansichtssache. Gibt es auch einen Helden? Auf den lege ich immer viel mehr Wert als auf die Frau. Ist er ein Luschi oder ein Alpha-Held? Mit einem guten Alpha kann man jedes Buch retten. Spreche hier natürlich nur von "meinem" Genre, der Frauenliteratur, die modernes, witziges, sowie historisches, ernstes und paranormales umfasst.

 

Nicht aufgeben! Ein Verlag wird kommen...

 

LG

Joy

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Meine Agentin hat mir vor vier Tagen einen Roman abgelehnt, weil meine Protagonisten

a. dem Leser nicht sympathisch genug ist (wobei das, wie aus Euren Beiträgen zu ersehen ist), ein sehr weites Feld ist und

b. zuviel kriminelle Energie aufwendet.

 

Hallo Rebecca,

 

vielleicht gebricht es mir an Phantasie, aber ich kann mir außer Völkermord eigentlich nichts vorstellen, was mir bei einer Figur nicht zumindest nachvollziehbar wäre - wenn es ausreichend begründet ist. Ich fände es schade, wenn Dein Roman im Papierkorb verschwinden müßte. Bist Du sicher, daß er nicht doch noch zu retten ist, indem Du noch deutlicher machst (vielleicht auch auf der Basis früherer traumatischer Erfahrungen), warum sie so handeln muß? Funktioniert bei dem "Graf von Monte Christo" und der "Teufelin" doch schließlich auch.

 

Liebe Grüße von Uschi, deren Protagonist gerade ein paar verdammt unverzeihliche Dinge tut

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Hi Ihr Lieben,

 

ach ... seufz ... es tut so gut, Eure aufmunternden Worte zu lesen! Das beweist wieder einmal, was das hier für ein tolles Forum ist!

 

Lächeln muss ich über den Vergleich mit Scarlett O'Hara, denn genau die führte ich in dem Gespräch mit meiner Agentin auch an. Ihre Antwort: "Aber es gab den "guten" Rett Butler, der die Sympathien der Leser auf sich gezogen hat".

 

Nein, Völkermord begeht meine Person nicht, sie begeht eigentlich überhaupt keine Straftat. Sie ist nur ziemlich intrigant und indirekt dafür verantwortlich, dass jemand durch einen Unfall stirbt. Obwohl sie das gar nicht wollte! Einen anderen treibt sie beinahe in den Selbstmord, rettet ihn aber mit eigener Hand kurz davor.

 

Ich bin zwar der Meinung,dass ich das "Warum" und "Wieso" sehr deutlich herausgearbeitet habe, aber man selbst kann schlecht beurteilen, wie die Story auf jemand anderen wirkt. Nun, derzeit hole ich mir eine neutrale Meinung einer Lektorin ein, die das Manuskript zum ersten Mal liest und dann sehe ich weiter.

 

Ihr kennt bestimmt das Problem - wenn ein Agent es nicht vertreten möchte, kann ich es ja nicht selbst irgendwo anbieten. Oder die Zusammenarbeit mit dem Agenten ist dann halt vorbei, und das möchte ich eigentlich auf keinen Fall, da ich mich sonst sehr, sehr gut betreut und aufgehoben fühle. Auch das Zwischenmenschliche stimmt bei uns.

 

Nochmals Danke und - da es sich ja um einen zeitlosen historischen Roman handelt - wer weiß, ob sich die Meinung nicht in ein,zwei, drei ... Jahren ändert!

 

Einen schönen Sonntag noch und liebe Grüße

Rebecca

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Hallo Rebecca,

 

hat dein Agent das Werk denn in der Entstehungsphase gar nicht gelesen?

 

Da hätte er doch schon vorher mal was sagen können.

 

So ist es doch wirklich schade um die viele Arbeit.

 

Mitfühlende Grüße von

Monika,

deren Werke für den englischsprachigen Raum auch immer mit zu viel Blut und Sex aufwarten   :

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Das faende ich aber auch bedauerlich!

 

Und ich verstehe es auch nicht. Was spricht dagegen, mit Deiner Agentin zu vereinbaren, dass Du Dir ein neues Pseudonym aufbaust und den Roman einem anderen Agenten vorstellst?

 

Ich finde genau so ein - jedes Risiko vermeidendes - Verhalten leserunfreundlich (wie in vielen Threads bekundet): Autoren werden in eine Schablone gedraengt, entwickeln kein Spektrum mehr und ich brauche mir spaetestens das dritte Buch eines zuvor geschaetzten Autors nicht mehr zu kaufen, weil ich weiss: Ist eh wieder das Gleiche.

 

Da wir ja aber hier im (Haupt)figur-Thread sind: Hat Deine Agentin Dir denn sonst Feedback zur Gestaltung gegeben? Fand sie die "unsympathische" Figur nicht ueberzeugend genug herausgearbeitet, vielleicht unglaubwuerdig oder flach? Ist es moeglich, dass der Roman, da Du ja hier etwas Neues versuchst, noch etwas Ueberarbeitung braucht?

 

Evas Rat, ihn liegen zu lassen, ist sicher sehr sinnvoll.

(Oder Du zeigst uns mal ein Stueck! Ich waere sehr neugierig.)

Zugleich aber riete ich, mit Deiner Agentin, mit der Du Dich doch sonst gut verstehst, ueber andere Vermarktungsmoeglichkeiten zu reden.

 

Ich wuensche Dir eine gute Hand!

Viele Gruesse von

Charlie.

"Der soll was anderes kaufen. Kann der nicht Paris kaufen? Ach nein, in Paris regnet's ja jetzt auch."

Lektorat, Übersetzung, Ghostwriting, Coaching www.charlotte-lyne.com

 

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Ich finde genau so ein - jedes Risiko vermeidendes - Verhalten leserunfreundlich (wie in vielen Threads bekundet): Autoren werden in eine Schablone gedraengt' date=' entwickeln kein Spektrum mehr und ich brauche mir spaetestens das dritte Buch eines zuvor geschaetzten Autors nicht mehr zu kaufen, weil ich weiss: Ist eh wieder das Gleiche.[/quote']

Es hat System in Deutschland. Man nennt es auch "Methode Champignon". Halte die Leute klein, dann können sie keine dicken Honorare verlangen.

Daß man sich mit dieser Methode ökonomisch in den eigenen Hintern beißt, dringt irgendwie nicht durch ...

 

Ich sehe schon: Die Heldin ist nicht 08/15, also keine Xena-Gabrielle-Hybridin, die durch böse Umtriebe von Männern in Not gerät und sich da rauswurschteln muß -- nein, sie zeigt Verhalten, daß schubladentechnisch nur die bösen Männer haben dürfen.

 

Rebecca, für mich -- zumindest nach dem, was du geschildert hast -- liegt das Problem bei deiner Agentin: Sie vertritt das, was du bisher gemacht hast, und das sicherlich sehr gut, aber ein Wechsel des Schemas anderes bedeutet für sie nun einmal ein Risiko.

 

Wenn du diese Geschichte erzählen willst, brauchst du möglicherweise jemanden, der aufgrund seiner Präferenzen und seiner Kontakte imstande ist, so etwas zu verteten.

 

Das klingt sehr hart, ist aber m.E. eine wichtige geschäftliche und persönliche Entscheidung, die man auf keinen Fall aussitzen darf; denn das kann das Vertrauensverhältnis zwischen dir und deiner Agentin dauerhaft trüben.

Ich will dir keinesfalls zur Trennung raten! Aber ein persönliches Gespräch (am besten bei einem Treffen) halte ich für angebracht.

 

Werde dir darüber klar, ob du diesen Roman schreiben willst (vielleicht sogar mußt) oder nicht, und dann sprich mit ihr.

 

Agenten halten einem immer unter die Nase, als Autor müsse man sich professionell verhalten -- aber ich erlebe es unter Kollegen immer wieder, daß der Autor auf Dauer zur Melkkuh wird, deren eigene Interessen weitgehend irrelevant sind, sobald er mal halbwegs erfolgreich in einer Schublade geparkt ist; "sich professionell verhalten" sei dann Schema-F wiedeholen.

Auch ein Agent hat ein ökonomisches Interesse an seinen Autoren -- und das kann den Interessen des Autors gelegentlich (beileibe nicht zwingend!) im Weg stehen. Dann muß man seine eigene Position klären und ergebnisoffen miteinander reden.

 

Liebe Grüße,

Iris :s17

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

also diesen Ansatz halte ich für faszinierend' date=' ja geradezu außerirdisch. :s05[/quote']

<Iris überprüft vorsichtig ihre Hautfarbe auf eine Tendenz zum Grün, tastet auf dem Kopf nach Fühlern, schaut an sich herab, ob ihr Tentakeln gewachsen sind ...>

 

;D

 

Dass es funktioniert - für dich, und sicher auch für Andere - ist ja ganz offenbar! Und ich habe Ehrfurcht davor.

Um Himmel willen, bloß nicht!

 

Ob es ein gangbarer oder empfehlenswerter Weg für Anfänger ist, weiß ich nicht, für mich jedenfalls ist das nix.

Da ich ja schon erwähnte, daß ich vermute, da sei einfach eine schon in sehr jungen Jahren fleißig geübte "Technik" ins Unbewußte abgesunken wie das Radfahren oder Schwimmen, würde ich das niemal jemandem empfehlen, der im Erwachsenenalter als blutiger Schreibanfänger eine Methode zur Charakterentwicklung lernen will.

 

Allerdings empfehle ich immer, das Millimeterpapier nicht als Stützkorsett zu nehmen, sondern Figuren aus dem zweidimensionalen Papier auch herauswachsen zu lassen. ;)

 

Fröhliche Grüße,

Iris :s17

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

(Peter_Dobrovka)

an anderer stelle wurde die frage angeschnitten, wie romanfiguren beschaffen sein müssen, um den leser "mitzuziehen", d. h. welche aspekte führen dazu, dass er zur identifikation einlädt.

 

meine frage bezieht sich in erster linie auf den/die protagonisten.

 

welche grundsätze/regeln seht oder beachtet ihr beim lesen/schreiben? was macht für euch den protagonisten zu einer starken identifikationsfigur?

Die Frage als solche ist gut, aber wenn das ein Seminar wäre, und ich der Seminarleiter, würde ich dich jetzt dazu auffordern, erst mal mit deiner eigenen Meinung herauszurücken.

Du hast ja mit Sicherheit selbst schon einige Bücher gelesen, und manche Charaktere fandest du gut, manche nicht.

Rufe es dir vor dein geistiges Auge, warum das so gewesen ist.

Rufe dir vor dein geistiges Auge, welche Eigenschaften bzw. Handlungen dir einen Charakter sympathischer oder unsympathischer gemacht haben. Auf Deutsch: Womit haben die Figuren bei dir gepunktet, was fandest du ganz klasse, und womit haben sie bei dir verschissen bzw. wofür hättest du den Autor ohrfeigen können?

 

Dieser Thread wäre noch um einiges interessanter, wenn das alle täten. Teilweise ist derlei auch in den Antworten versteckt. Jeder Autor ist auch ein Leser, und aus den Antworten hier kannst du teilweise vor allem eines herauslesen: Was die anderen gerne für Figuren mögen. In der Hinsicht finde ich gerade die Antwort von Rocker die interessanteste, weil konkreteste, auch wenn er auf den ersten Blick den Eindruck macht, es sei ein satirischer Einwurf. Bis auf minimale Abweichungen ist das übrigens auch mein Lieblingsprot, und - das wage ich mal ganz frech zu behaupten - von ca. 75% aller Männer. ;D

(Hey, Rocker, schon Das blaue Portal gelesen? Hehe)

 

Wie man eine Figur ausstatten soll, damit "man" sie gut findet, darauf gibt es eh keine Pauschalantwort. Es gibt Strömungen, Zielgruppen und Modeerscheinungen. Meine bescheidene Meinung ist, daß man sich als Autor selber treu bleiben soll und die Figuren erschaffen, mit denen man SELBST am besten klarkommt.

Ich interpretiere mal Iris' und Petras Antworten als in diese Richtung gehend.

 

Ein paar Regeln sollte man dann im Verlauf des Buches schon einhalten. Ich greife mal Andreas' Antwort auf, und auch wenn ihm jetzt in manchen Punkten widerspreche, so finde ich, daß er von den abstrakten Antworten die brauchbarste gegeben hat.

Als Leser möchte man sich identifizieren, aber man möchte auch mal schockiert werden,

Manche Leser möchten das, manche nicht. Oder wenn, dann nur mild. Interessant hierbei ist, daß ein echter Schriftsteller ja deswegen schreibt, weil etwas in ihm ist, das raus will. Und das ist oft genug schockierend, sonst wollte es nicht raus. Leser hingegen wollten mehrheitlich nur seicht unterhalten werden. Um sie zu befriedigen gibt es die Söldner-Autoren, die ihr Geld damit verdienen, Triviales zu verfassen. Beides hat seine Berechtigung, drum sollten solchen Fragen immer gewisse Prämissen vorangehen: Was will ich als Autor eigentlich mit meiner Geschichte?

man bewundert Stärken aber man liebt eigentlich auch die Schwächen, usw.

Ein interessanter Punkt, ein wichtiger Punkt. Man könnte natürlich einwerfen, daß Figuren wie James Bond, die in der Tat keine einzige Schwäche haben, auch funktionieren. Hier ist dann wieder die Frage aufzuwerfen: Wie weit will ich den Mainstream / den Trivialmarkt bedienen, wie weit habe ich "literarischen Anspruch"? Ein weites Feld, nach wie vor.

Was jedoch sind Schwächen eigentlich? Manche Schwächen sind ja nur kleine Alibi-Eigenschaften, um behaupten zu können, der Charakter sei ja ach so vielschichtig. Zum Beispiel Rauchen. James Bond ist Raucher und Trinker (zumindest in den Büchern). Aber bringt ihm das irgendeinen Nachteil? Nee, tut es nicht! Oder Indiana Jones, der eine Schlangenphobie hat. So richtig störend wirkt sich das nicht aus.

Eine echte Schwäche ist dann gegeben, wenn sie dazu führt, daß der Prot. in irgendeiner Situation versagt.

Und ein Charakter, der versagt, kann immer noch sympathisch bleiben.

Er muß allerdings nicht, und das ist Sache des Lesers, das zu entscheiden. Als Autor kann man manche Dinge nicht beeinflussen, man kann sie nur hinnehmen.

Es gibt Leser, die mögen zum Beispiel keine Homosexuelle. Es ist also möglich, daß wenn ich in einem historischen Roman einen Prot. habe, der sich in einen Mann verliebt, und die Sache wird publik, und er ist gesellschaftlich ruiniert, ein solcher Leser sich nicht mit ihm idenzifizieren und nicht mit ihm mitleiden wird. Daß es immer Leser geben wird, denen man es nicht recht machen kann, das muß man bewußt in Kauf nehmen.

 

Eine bestmögliche Identifikation mit den Protagonisten hängt meiner Ansicht nach viel weniger mit den Details des Charakters oder gar des Aussehens zusammen, sondern mit viel grundlegenderen Prinzipien.

Es gibt solche Gesetzmäßigkeiten dafür, wie Protagonisten beschaffen sein sollten, wie sie "funktionieren".

Das ist richtig und doch nicht. Die Frage war durchaus die nach den Eigenschaften, insofern verfehlt die Antwort, obgleich gut und wichtig, das Thema.

Das soll kein Vorwurf sein, denn mitunter ist es wichtig, das Augenmerk auf Grundlegendes zu richten, wenn man den Eindruck hat, es kommt zu kurz. Darum gehe ich darauf auch im Folgenden näher ein:

 

1: Ein Charakter muss sich im Buch entwickeln. Sprich: die Geschehnisse müssen etwas in ihm verändern (im positiven oder negativen Sinn), der Charakter muss am Ende des Romans anders da stehen, als zu Beginn. Das sollte man von Anfang an einplanen. Dies sind Hauptpersonen, sie ermöglichen eine Identifikation – allerdings muss die Entwicklung logisch nachvollziehbar sein.

 

2: Ein Charakter, der sich nicht im Verlauf des Buches entwickelt, ist entweder der klassische Komische Charakter (der ewige Trottel, gern genommen als "Side Kick", als Katalysator für den "Comic Relief") oder der Tragische Charakter (der nichts dazulernt, der ins Verderben stürzt, usw.). Ein Charakter, der sich nicht entwickelt, erscheint im Roman entweder blass oder übernatürlich – je nachdem, wie es ausgearbeitet wird. Aber er lässt durch seine "Unwirklichkeit" nur schwer eine Identifikation zu, daher ist dies häufig den Nebenpersonen vorbehalten oder Serien-Helden in Trivialliteratur (der strahlende Raumfahrerheld, der hardboiled Detective, etc.).

Ein Punkt, der immer zu klären ist: Wieviel Realitätsnähe will ich haben?

Prinzipiell würde ich sagen: Man sollte immer das Maximum anstreben. Eine Entfernung von der Realität sollte nur dann erfolgen, wenn sie einem Zweck dient. Dieser Zweck kann natürlich vielerlei sein, in der Regel handelt es sich beim Endergebnis dann um Trivialliteratur:

a. Ich will dem Leser eine schöne heile Welt präsentieren

b. Ich brauche die Figur noch in unveränderter Form für 487 weitere Folgen der Serie

c. Rechereche und Psychologie machen mir zuviel Arbeit, und der Leser würdigt es eh nicht

d. Der Verlag hat's verboten

 

Was die Weiterentwicklung angeht, so muß man - will man Realismus - zwei Dinge unter einen Hut bringen:

1. Der Grundcharakter eines Menschen verändert sich nicht oder nur schwer

2. Das Verhalten eines Menschen verändert sich u.U. sehr schnell

Was Menschen prägt, sind Physis, Gewohnheit und Erinnerungen. Ein Mensch, der gefangen ist in seinem Alltagstrott, verändert sich nicht. Weshalb er auch Jahre bis Jahrzehnte in diesem Zustand verweilen kann, ohne über sich nachzudenken.

Es sind dann die Ereignisse der Geschichte, die ihn ändern.

- Physis: Ein schwerer Unfall, Drogen etc. führen über die Körperlichkeit zur Charakterveränderung

- Gewohnheit: Ein langweiliger Charakter, der aus seinem Alltag gerissen und in ein Abenteuer gezogen wird, kann nicht derselbe bleiben.

- Erinnerungen: Alles, was einem passiert, prägt. In der Regel sind natürlich die Geschichten, die zu schwach sind, um den Charakter zu beeindrucken, auch nicht in der Lage, den Leser zu beeindrucken, und daher nicht wert, erzählt zu werden.

Wichtig ist Stringenz und Konsequenz. Charaktere, die sich nicht beeindrucken lassen und immer dieselben bleiben, sind nicht lebendig. Es sind Roboter.

 

Anders herum ist auch zu beobachten: wenn sich auch alle Nebenpersonen ständig weiterentwickeln, bekommt der Roman eine "Überlast an Realitätsnähe" und kann verwirrend oder "künstlerisch" verkrampft wirken.

Jein. Das würde ich jetzt so nicht sagen. Das kommt immer darauf an, was den Nebenfiguren zustößt.

 

Schlimmstenfalls wird es "Literatur" ;)

;D

 

3: Charaktere, mit denen sich der Leser identifizieren soll, müssen in ihren Eigenschaften intensiver dargestellt werden, als normale Menschen. Diese Form des Überbetonens von Eigenschaften erleichtert das Wiedererkennen für den Leser und hebt die Charaktere über das Normalmaß des Alltäglichen heraus. Niemand möchte Geschichten über Leute von Nebenan lesen, die sich so benehmen, wie die Leute von Nebenan. Ich erzähle auch niemandem etwas von meinem Nachbarn, wenn er sich nicht außergewöhnlich verhält. Das bedeutet, die Charaktere im Roman sind schlauer, dümmer, stärker, schwächer, schlagfertiger, tumber, lustiger, trauriger, hässlicher, schöner, als normale Menschen.

Hier muß ich erstmals widersprechen.

Das KANN man machen, ist aber keinesfalls eine goldene Regel. Es gibt Geschichten, da geht es dem Autor um Charaktere, und es gibt Geschichten, da geht es dem Autor um die Geschichte.

Ich kenne und liebe genügend Bücher, in denen der Prot. sehr wohl ein ganz normaler Knilch ist, und ich kann mich hervorragend mit ihm identifizieren. Weil ich nämlich auch irgendwo ein normaler Knilch bin. (Wobei man ja sagen muß: Auch normale Knliche haben oftmals irgendeine Besonderheit. Wir Menschen sind Individuen. Aber dies nur nebenbei.)

Wichtig ist nur, daß der Charakter sich so verhält, wie der Leser meint, daß er sich in dieser Situation verhalten würde. Der Charakter sollte also

1. Wahrnehmen und verarbeiten, was auch der Leser wahrnimmt und verarbeitet.

2. Sich logisch verhalten.

Wobei ein Leser ohne Höhenangst es dem Prot. MIT Höhenangst natürlich verzeiht, daß der nicht auf eine schwindelerregende Hochhausplattform hinausklettern kann, auch wenn es wichtig wäre. Unterschätzen wir den Leser also nicht in seiner Empathiefähigkeit. Man kann sich auch in Charaktere versetzen, die das Gegenteil von einem selbst sind, man hat als Autor nur dann einen Fehler gemacht, wenn der Leser sich fragt: "Warum tut er das denn jetzt? Das paßt doch gar nicht!"

 

Ebenso wie ihre Dialoge natürlich gewitzter, bedrohlicher, hinterhältiger und sinnreicher sind, als das im wahren Leben vorkommt.

Das ist wieder korrekt, hat aber andere Hintergründe. Siehe die Dialog.Threads.

 

Deswegen lesen wir Geschichten: weil sie interessant sind, nicht weil sie exakt genauso sind, wie das Leben um uns herum. Es kommt natürlich auf die Dosis an – wie immer, das ist eine Frage des Gespürs.

Auch das ist wieder wahr. Nur muß das Interessante halt nicht der Prot. sein.

 

4: Charaktere, mit denen sich Leser identifizieren sollen, müssen stets entsprechend ihrer "maximalen Handlungskapazität" agieren.

Ich glaube, das stammt von Frey. Ich bin nicht ganz einverstanden damit. Siehe gleich.

Das bedeutet, ihr Verhalten entspricht konsequent und kausal ihrem Charakter und der Situation.

DAMIT bin ich noch durchaus einverstanden. Das ist, was ich als logisches Verhalten bezeichnet habe. Das ist SEHR wichtig.

 

Leser nehmen es einem schlauen Charakter übel, wenn er plötzlich aus purer Dummheit etwas übersieht, oder wenn ein dümmlicher Charakter in einer entscheidenden Situation plötzlich so schlau ist, die Klappe zu halten.

So, damit bin ich nicht einverstanden. Weil:

Im wahren Leben passiert das natürlich ständig,

Ist vielleicht nur meine persönliche Meinung, aber ich bin nun mal ein Realismus-Fan. Und gelegentlich finde ich es ausgesprochen toll, wenn ein dümmlicher Charakter auch mal was Schlaues tut.

Wohlgemerkt: Es muß im Rahmen bleiben. Der Normalo darf natürlich unter gar keinen Umständen den Bauplan eines Mikrochips verstehen, wenn er ihn findet oder nach einem Unfall plötzlich medizinische Kenntnisse haben. Der umgekehrte Fall, daß eine Intelligenzbestie auch mal etwas nicht weiß, ist dagegen freier zu handhaben.

 

aber diese Fälle, die unterhalb ihrer maximalen dramatischen Kapazität bleiben, taugen nun mal auch nicht für spannende Geschichten.

Widerspruch: Sie taugen heute mehr denn je dafür. Auch das Publikum entwickelt sich weiter. Und es gibt Leser, die sowas gut finden. Ich bin da nur einer von vielen.

 

Ketzerisch gesagt: das Argument "wie kann Robin Hood es bloß schaffen, mit einem Pfeil, einen anderen zu spalten?" lässt sich mit "Wenn es nicht so wäre, wäre es ja die Geschichte nicht wert gewesen" jederzeit entkräften. Ein Robin Hood, der im entscheidenden Moment daneben schießt, erlebt eine tragische Katastrophe, der Held ist in diesem Augenblick zerstört. Das darf nicht "aus Versehen" passieren, bloß weil man meint "im wahren Leben kann man ja auch mal danebenschießen, es klappt nun mal nicht alles". Um die Katastrophe aufzufangen muss sich entweder herausstellen, dass es nicht das Verschulden des Helden war (eine Manipulation des Pfeils durch den Widersacher, oder bei Lady Marian fluppte plötzlich eine Brust aus dem Korsett) oder aber der Held muss etwas aus diesem Versagen lernen (hier wieder: Entwicklung!, zum Beispiel, dass es nicht sinnvoll ist, immer der Beste sein zu wollen, o.ä.)

Es ist wahr, daß Robin Hood den Pfeil spalten darf, aber es ist auch wahr, daß wenn er ihn nicht spaltet, daraus immer noch eine tolle Geschichte gemacht werden kann. Ich warte ja nur darauf, daß jemand mal einen Robin-Hood-Roman schreibt, wo dem Kerl nicht alles gelingt. Wo er Fehler macht und auch mal VERSAGT. Ja, ich würde sogar sagen, daß die Zeit der strahlenden Helden vorbei ist und die nur noch aus Nostalgiegründen existieren. Ich liebe Robin Hood, weil ich mit der Geschichte aufgewachsen bin aber ich würde jedes neue Machwerk nach diesem Strickmuster heute entschieden ablehnen.

Ich liebe den Jean d'Arc Film von Luc Besson. Die Jungfrau von Orleans wird da nämlich als nicht perfekte Heldin dargestellt, die auch mal danebenliegt, eine Psychose hat und ihre eigenen Erinnerungen beschönigt.

Indem ich dir widerspreche, Andreas, will ich nicht sagen, daß es nicht so ist, wie du sagst, ich will nur deutlich machen, daß es lediglich EIN möglicher Standpunkt ist.

 

Peter

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Habe den Thread bisher nur überflogen, möchte aber dennoch mal meine Meinung kund tun.

 

Denn was für mich einen starken, einen interessanten Charakter ausmacht, sind Widersprüche, Oxymora.

 

Zwei Beispiele: Der ein oder andere hier kennt ja nun die Serie Firefly: Da haben wir Gangster, die andere Leute übers Ohr hauen, und andere Gangster schon mal kaltblütig und mit einem lockeren Spruch ins Triebwerk schubsen.

Trotzdem sie also Bösewichter sind, sind sie gleichzeitig Helden, weil sie Bösewichter mit Ehre sind, mit einem Codex, und diesen einhalten, komme was da wolle. Für mich ist das ein Widerspruch: ein Oxymoron: der heilige Sünder, um es mal so auszudrücken.

Das macht sie interessant und stark.

 

Zweites Beispiel sind die weiblichen Charaktere aus eigentlich jedem Film, zu dem James Cameron das Drehbuch geschrieben hat: Von Rambo 2, über Aliens, Terminator, True Lies bis zu Titanic, hat er immer Frauenfiguren, die stark sind, die sich behaupten können, die kämpfen können, und die ihrem Gegner auch mal den Arsch aufreissen können (pardon my french!).

Trotzdem stecken sie immer in Situationen und sehen sich einem Gegner gegenüber, dass sie zur Damsel in Distress werden, und einen starken Helden brauchen, der sie rettet.

Für mich ebenfalls ein Widerspruch: Die starke, unabhängige Heldin wehrlos in Not. Trotzdem, oder gerade deshalb, für mich immer wieder Charaktere, in die ich mich verlieben könnte.

 

Solche Charaktere sind es immer wieder, die ich persönlich am plastischsten, am interssantesten finde: Der idiotische Schlaukopf, der hilflose Tausendsassa, harmlose Gemeingefährliche...

 

Liebe Grüße,

Marco! :s17

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Lieber Peter, lieber Rocker,

 

so, jetzt trau ich mich und kralle Euch - endlich hab' ich welche.

(Natuerlich ist die Frage, die ich jetzt in den diversen Threads um dieses Thema schon mehrfach gestellt, aber noch nie ueberzeugend beantwortet bekommen habe, auch an alle anderen gerichtet!)

Ihr zwei gebt also offen zu, dass Eure Lieblingsprotagonistin WEIBLICH ist.

Das kann ich voellig verstehen. Meinem Mann, meinem Dad, meinen Bruedern etc. pp. (Friseur hab ich nicht) geht das nicht anders.

 

Wenn das also ein "Phaenomen" ist, dass sich als "relativ weit verbreitet" beobachten laesst... -

wieso wird dann behauptet und behauptet und behauptet, Buecher muessten unbedingt weibliche Protagonisten haben, WEIL FRAUEN MEHR BUECHER KAUFEN?

 

Fuer mich ist und bleibt das ein vollkommen unverstaendliches Argument.

Ich bin eine Frau. Ich kaufe viele Buecher. Ich finde maennliche Protagonisten (in der Regel, das betrachte ich auf keinen Fall fanatisch) spannender.

Und ich kenne eine Menge Frauen, denen das nicht anders geht.

 

Nein, ich bin kein Konsument von Papier-Hochlandrammlern.

Nein, ich lasse nicht Buecher mit weiblichen Protagonisten deswegen im Regal.

Und trotzdem ist ein Mann als Protagonist fuer mich ein zusaetzlicher Reiz, etwas das das Buch interessanter macht.

 

Ist es das, Peter und Rocker, was ihr umgekehrt ueber euch sagen wuerdet?

 

Und wenn ja - wieso sprechen Verleger das dann Frauen ab?

 

Hochgespannte Gruesse von

Charlie.

"Der soll was anderes kaufen. Kann der nicht Paris kaufen? Ach nein, in Paris regnet's ja jetzt auch."

Lektorat, Übersetzung, Ghostwriting, Coaching www.charlotte-lyne.com

 

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

(Peter_Dobrovka)

Nun, Charlie, das ist eine interessante Frage. Ich kann sie nicht beantworten. Nur mutmaßen. Dabei gehe ich mal davon aus, daß Verleger erfahrene Geschäftsleute sein müßten, die wissen, was sie tun und warum sie es tun.

Vielleicht ist es tatsächlich so, daß Frauen überwiegend über Frauen lesen wollen, und du bist in einer Minderheit?

 

Ich bin in der glücklichen Position, mir darüber keinen Kopf machen zu müssen, denn als Verlag für Horror und SF und so Kram sind meine Zielgruppe zu 80% Männer. Zwar liebe ich es, wenn Frauen sich für Horror interessieren, aber ich bin auch Realist.

 

Allerdings, wenn ich jetzt so darüber nachdenke: Ca. 50-60% der Fans meiner Fantasy-Reihe mit der weiblichen Prot., rekrutieren sich aus dem weiblichen Lager.

 

Na ja, wenn man ein Faktum hat, kann man natürlich versuchen, es zu erklären:

Ich glaube, wir Männer mögen weibliche Prot. (die sich aber männlich verhalten), weil das für uns (unerfüllte?) (erotische?) Träume sind. Wenn solche Figuren auch noch aus der Feder einer Frau kommen, mögen wir sie doppelt, weil wir uns dann einreden können, die Autorin ist sicher so eine, weil sie sowas sonst nicht erfinden tät.

Frauen hingegen möchten sich mit dem Prot. identifizieren, und das geht wiederum einfacher, wenn der Prot. gleichen Geschlechts ist.

Was von meiner Erklärung im Zweifelsfall zu halten ist, möge folgender DDR-Witz verdeutlichen:

 

"Ach, Walter, ich hab ein Problem, kannst du mir helfen?"

"Was ist denn los, Erich?"

"Ich verzweifle. Dieser real existierende Sozialismus - ich verstehe das Konzept einfach nicht."

"Nicht verzagen! Paß auf, ich erklär's dir."

"Nein, nein! Erklären kann ich das auch selber ..."

 

In diesem Sinne bleibt mir nur die Antwort des Anfangs: Ich weiß es nicht.

 

Peter

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Was von meiner Erklärung im Zweifelsfall zu halten ist, möge folgender DDR-Witz verdeutlichen:

 

"Ach, Walter, ich hab ein Problem, kannst du mir helfen?"

"Was ist denn los, Erich?"

"Ich verzweifle. Dieser real existierende Sozialismus - ich verstehe das Konzept einfach nicht."

"Nicht verzagen! Paß auf, ich erklär's dir."

"Nein, nein! Erklären kann ich das auch selber ..."

 

 

Ich fuerchte, so aehnlich geht's mir auch.

 

Aber Deine Erklaerung ueber lesende Maenner fand ich sehr schoen. Und erfreulich. Und anspornend.

 

Viele Gruesse von Charlie

(umgeben von Minderheitsangehoerigen)

"Der soll was anderes kaufen. Kann der nicht Paris kaufen? Ach nein, in Paris regnet's ja jetzt auch."

Lektorat, Übersetzung, Ghostwriting, Coaching www.charlotte-lyne.com

 

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

(Peter_Dobrovka)

So ganz spontan würde ich jetzt noch anfügen wollen, daß die weiblichen Prot. für die männliche Zielgruppe sich deutlich unterscheiden von den weiblichen Prot. für die weibliche Zielgruppe.

Die erstere, die so ist, wie Rocker sie beschrieben hat, würden die weiblichen Leser nicht mögen. Das schließe ich jedenfalls aus diversen Reaktionen, welche meine unablässige Marktforschung ergeben hat. Das fängt schon bei den Titelbildern an, wo die männliche Zielgruppe mit aufreizenden Amazonen in Blechbikinis oder hautengen latexartigen Hüllen geködert wird, was die weiblichen Leser jedoch wiederum abstößt. Beim Titelbild meines Buches wurde das auch so gemacht, was ich inzwischen bereue (ich hätte es verhindern können, aber man sagte mir: sex sells, und für die männliche Zielgruppe stimmt es ja auch). Wobei, wenn wir den Inhalt betrachten: Meine Prot. schafft erwiesenermaßen diesen Spagat, beiden Geschlechtern zu gefallen. Vielleicht liegt es an meiner ausgeprägten weiblichen Seite, hehe.  :p

 

Peter

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

hallo,

 

wahrscheinlich kann man profunde wissenschaftliche untersuchungen zum thema "starke hauptfiguren in romanen" bzw. "lieber männlich oder lieber weiblich" anstellen (hat vielleicht auch schon jemand gemacht?), aber ich glaube, peter und charlie haben es schon gut auf den punkt gebracht. anscheinend begeben wir uns mit unseren vorlieben auf eine gewisse atavistische ebene :-)

 

als weiblicher leser kann man sich besonders gut mit einem männlichen protagonisten identifzieren, wenn er jemanden verkörpert, auf den frau irgendwie abfahren kann. also im zweifel: stark, geistig und körperlich gesund, aber ruhig gerne vom schicksal gezeichnet und innerlich zerrissen ("tortured hero"), jedoch - theoretisch - heilbar durch liebe und hoffnung.

 

mit frauen kann frau sich gut in beziehungskomödien und romanzen identfizieren, jedenfalls ist das meine persönliche erfahrung als leserin. bei allen anderen romanen sind mir durchaus männliche protagonisten lieber.

 

lg,

eva v.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Hallo Peter,

 

danke für deine zusätzlichen Hinweise. Du hast natürlich Recht, wenn du den Horizont noch ein Stück in dieser Richtung erweitest!

 

Ich richte mich beim Schreiben danach, was ich auch selbst gerne lese. Und ganz ehrlich: ein Buch, indem die Person "normal" ist, so völlig normal wie in der Realität (also *nicht* irgendwie schillernder, unverschämter, stärker, schöner, etc.), die interessiert mich nicht. Solche Menschen sehe ich den ganzen Tag um mich herum. So etwas habe ich als Jugendlicher gelesen, man hat sich mit dem Kind identifiziert, dass "ganz normal" ist, genau, wie man selbst, und dem etwas Ungewöhnliches(! also doch!) zustößt. Aber stopp: auch das stimmt nicht ganz, denn Bastian Bux aus Die Unendliche Geschiche oder Anton Bohnsack aus Der Kleine Vampir waren eben *nicht* völlig normal, denn sie hatten ein Vampir zum Freund oder einen Drachen, und sie erlebten Abenteuer und konnten Mut entwickeln und beweisen.

 

Dieses spezielle Schema "Ein Mensch wie du und ich der trotzdem über sich hinauswächst" mag ich gar nicht, ich empfinde es als furchtbar abgelutscht, denn es hat in der Regel eine eindeutige Zielrichtung: man kann in solchen Geschichten schon ganz früh erkennen, aha, der biedere Mann wird sicher seinen Stolz finden, das schüchterne Mädchen wird sicher sexy und zum Highschoolliebling, das Ekelpaket wird bestimmt entweder reumütig werden oder aufgrund seiner Attitüde eine passende Abreibung bekommen, usw.

Es sei denn natürlich, die Geschichte will betont realistisch oder tragisch sein, dann gibt es eben keine poetische Gerechtigkeit und wohlmöglich auch keine Lehre. Dann lautet die Prämisse offenbar "Das Leben ist unvorhersehbar", "Es läuft nicht immer alles so, wie man gerne möchte", oder "Das Leben ist ein langer, ruhiger Fluss" oder "Das Leben ist kurz und am Ende stirbt man".

 

:s14 - Für solche Binsenerkenntnisse gebe ich ehrlich gesagt kein Geld aus.

 

Aber: das ist ja bloß *mein* Lesegeschmack, nachdem ich mich richte.

 

Zum Thema Geschlecht der Hauptperson: Ich lese nur ungern Bücher mit Frauen in der Hauptrolle. Ich kann an einer Hand abzählen, in welchen Romanen, die ich gelesen habe, Frauen in der Hauptrolle standen.

Das hat seinen Grund: entweder, die Frauen sind überemanzipiert dargestellt, wie Mann und Frau es sich vielleicht in heroischen Träumen wünscht, dann geht es mir einfach nur ein den Geist, dann liest es sich schlimmstenfalls wie ein Beitrag aus der Freundin oder Brigitte. Oder aber die Frauen entsprechen dem anderen Ende des Klischees und befinden ständig in der Opferrolle und das Buch handelt davon, wie sie den wideren Umständen des Lebens (oft genommen: Mittelalter) zum Trotz etwas erreichen (Rebecca ist so ein Beispiel - Mannomann, die neue Frau von ihm, wie heißt sie noch ... was hat sie mich mit ihrer unterwürfigen und devoten Haltung aufgeregt, historischer Kontext hin oder her! Das Püppchen ging mir so sehr auf den Keks, dass ich das Buch weggelegt habe, ohne das Ende zu lesen - was mich wenig zu überraschen drohte).

 

Beide Herangehensweisen kann ich jedenfalls nicht ausstehen, denn sie thematisieren ständig - wenn auch nicht immer ausdrücklich - die Tatsache des Geschlechtes als Bestandteil der Geschichte.

Ich möchte ein Buch lesen, in dem es prinzipiell vollkommen egal ist, ob die Person ein Mann oder eine Frau ist, sondern eine Person, die bestimmte Fähigkeiten hat und bestimmte interessante Dinge erlebt und tut. Natürlich kann dabei eine Frau andere "Specials" ausspielen, als ein Mann, und beides hat seinen Charme, aber im Grunde möchte ich immer lieber Geschichen über Ereignisse und Dinge lesen, und keine Geschichten über Personen.

 

Das ist vielleicht auch ein ganz wichtiger Punkt bei dieser Beobachtung: geht es um Handlungs-zentrierte Geschichten oder um Personen-zentriere Geschichten. Natürlich geht nicht das Eine ohne das Andere, aber die Frage ist, was davon im Mittelpunkt steht.

 

Andreas

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

(Rebecca ist so ein Beispiel - Mannomann, die neue Frau von ihm, wie heißt sie noch ... was hat sie mich mit ihrer unterwürfigen und devoten Haltung aufgeregt, historischer Kontext hin oder her! Das Püppchen ging mir so sehr auf den Keks, dass ich das Buch weggelegt habe, ohne das Ende zu lesen - was mich wenig zu überraschen drohte).

 

 

Ich koennte mich wegschmeissen und fuerchte allmaehlich wirklich, innerhalb meines Geschlechtes einer Minderheit anzugehoeren.

Andreas, genauso ging es mir auch! (Und in dem Hitchcock-Film, der mir viel besser gefiel, ging mir die Tante auch auf den Senkel.) Mein Mann dagegen hat genau diese Trude bei einem Spiel zu einer seiner beiden Lieblingsromanheldinnen ernannt (zusammen mit Willa Cathers "My Antonia")

 

Von dem, was du ueber "normale Personen" schreibst, fuehle ich mich auch ertappt.

Letztes Jahr habe ich mich hier auf der Buchmesse mit dem Autor Peter Prange ueber genau das gleiche Thema (maennlicher oder weiblicher Protagonist) unterhalten und fuehlte mich ebenfalls sehr ertappt, als er sagte: "Maennlich oder weiblich, voellig egal - ein interessantes Leben will ich kennenlernen."

 

Ich waere lieber der Leser, dem es ausschliesslich um das "Wie" geht. Aber ich fuerchte... Romane, in denen die Leute vom Kaliber meiner (sehr netten!) Nachbarin die (zweifellos relevanten) Probleme meiner Nachbarin loesen, koennen noch so klasse geschrieben sein. Ich schaffe es nie, die zu Ende zu lesen.

 

(Ausnahmen bestaetigen usw.)

 

Viele Gruesse von

Charlie.

 

Genau

"Der soll was anderes kaufen. Kann der nicht Paris kaufen? Ach nein, in Paris regnet's ja jetzt auch."

Lektorat, Übersetzung, Ghostwriting, Coaching www.charlotte-lyne.com

 

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Bitte melde Dich an, um einen Kommentar abzugeben

Du kannst nach der Anmeldung einen Kommentar hinterlassen



Jetzt anmelden


×
×
  • Neu erstellen...