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Quidam

Ankündigend - oder unterstreichend?

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Hallo Montys,

 

wie haltet ihr es mit Wertungen einer Situation? Was empfindet ihr als stärker?

 

Beispiel:

Ein Mann hatte Urlaub. Er kommt zurück und erzählt, dass der Urlaub spannend war. Und dann erzählt er, was er eben spannendes erlebt hat.

 

Er wertet die Situation, noch bevor er sie beschreibt.

 

Mich nervt das eigentlich. Ich bin mehr dafür, dass meine Figuren erst beschreiben, was sie spannendes erlebt haben und es dann mit einer Wertung unterstreichen, in dem ich sie oder den Erzähler sinngemäß sagen lasse, dass die Figuren das spannend empfunden haben, oder anhand deren Mimik, Gestik.

 

Um es auf den Film anzuwenden: Die Tür geht auf und ich sehe, wie jemand einen Mord begeht - dann sehe ich denjenigen, der den Mord sieht - er ist geschockt.

 

Ist es aber womöglich stärker, erst den Zeugen zu sehen, der geschockt ist - und dann zu sehen, was ihn so schockt - den Mord?

 

Warum ich aber auch da lieber erst die Situation zeige, ist folgender Grund: So der Zuschauer erst den geschockten Zeugen sieht, kann er sich darauf vorbereiten, dass er jetzt etwas zu sehen bekommt, was ihn schocken wird. Das bereitet ihn vor - und schwächt somit den Schock ab, den ich beim Zuschauer auch auslösen möchte. Zeige ich erst aber den Mord, löse ich stärkere Gefühle beim Zuschauer/Leser aus, und kann dann diese Situation mit dem Bild des geschockten Zeugen unterstreichen.

 

Wie steht ihr dazu?

 

Grüße

Quidam

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Hallo Quidam,

 

ich empfinde ebenso wie du. Dennoch würde ich der zweite Option, die du beschreibst, nicht gänzlich entsagen, sondern je nach Situation einsetzen.

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Unterstreichend.

Das Filmbeispiel trifft es aber nicht so richtig, denn es kommt meiner Meinung nach noch auf andere Gesichtspunkte an, z.B. was genau du überhaupt erzählen willst, wo der Schwerpunkt der Geschichte liegt, aus welcher Perspektive erzählt wird usw. Und je nachdem muss man dann die Effekte unterschiedlich setzen.

 

LG Luise

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Bei mir würde er erst den Bekannten sehen - und DANN die Leiche und das Blut an den Händen des Mörders.

Und dann hätte er auch eine Erklärung dafür, warum der Mann, den er als freundlich und höflich kannte, ihm statt einer Begrüßung ein Messer in den Bauch gerammt hat.

 

;D

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Beispiel:

Ein Mann hatte Urlaub. Er kommt zurück und erzählt, dass der Urlaub spannend war. Und dann erzählt er, was er eben spannendes erlebt hat.

[...]

Um es auf den Film anzuwenden: Die Tür geht auf und ich sehe, wie jemand einen Mord begeht - dann sehe ich denjenigen, der den Mord sieht - er ist geschockt.

 

Ist es aber womöglich stärker, erst den Zeugen zu sehen, der geschockt ist - und dann zu sehen, was ihn so schockt - den Mord?

Das sind zwei völlig verschiedene Dinge.

 

Im ersten Fall erklärt dem Leser jemand, dass der Urlaub spannend war und dann erzählt er den spannenden Urlaub. Das ist doppelt gemoppelt, die Erklärung würde ich weglassen.

 

Im zweiten Fall sehen wir den Mord - und dann ein entsetztes Gesicht.

 

Da sind Entsetzen und die Leiche zwei verschiedene Kameraeinstellungen der gleichen Szene.

 

Vergleichbar mit deinem ersten Beispiel wäre es höchstens, wenn wir zwei Leute sehen, der eine sagt zum anderen: Du wirst jetzt was entsetzliches sehen und dann fährt die Kamera auf die Leiche.

 

Grüße, Hans Peter

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Dann hast du mich falsch verstanden. Das Ankündigende und das Unterstreichende sind grobe Schubladen - die natürlich jede für sich verschiedene Facetten hat. Ich kann nicht das eine Beispiel mit dem anderen vergleichen, wohl aber eines, mit der jeweils anderen Herangehensweise:

 

Der Urlaub war spannend, sag ich dir.

Dann die Erzählung.

(Ankündigend)

 

Oder erst die Erzählung und dann ein abschließendes:

Das war vielleicht spannend.

(Unterstreichend)

 

Od:

Entsetztes Gesicht

Dann den Mord

(Ankündigend)

 

Der Mord

Dann das entsetzte Gesicht

(Unterstreichend)

 

Aber ich sehe es auch wie Luise, je nachdem kann mal diese, mal jene Art wirkungsvoller sein.

 

Grüße

Quidam

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Der Urlaub war spannend, sag ich dir.

Dann die Erzählung.

(Ankündigend)

Diese Ankündigung sagt aber, was passieren wird (war spannend)

 

Od:

Entsetztes Gesicht

Dann den Mord

(Ankündigend)

Hier erklärt aber nicht der Autor: "Gleich wird es spannend", sondern es wird ein entsetztes Gesicht gezeigt. Der Leser (oder Zuschauer) zieht daraus seine Schlüsse.

 

Klassisches Beispiel für "Show, dont tell". Das erste ist "Tell" (der Autor bzw. die Figur sagt: Gleich wird s spannend.

 

Das zweite wäre show: Der Autor sagt nicht: Gleich wird es spannend, er zeigt etwas, das den Leser vermuten lässt: Da wird gleich was spannendes passieren.

 

Das ist ein ganz wichtiger Unterschied zwischen beiden Versionen. In der ersten wird das Gefühl benannt. In der zweiten wird es gezeigt.

 

Grüße

 

Hans Peter

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(Peter_Dobrovka)

Das Ankündigende ist ein beliebtes Stilmittel, und es hat seine Berechtigung. Es kann neugierig machen. Soll. Und es funktioniert meistens sogar.

 

Die Unterstreichung dagegen ist überflüssig, weil der Leser sich nach der Schilderung sein eigenes Urteil gebildet hat. De facto kommt sie dennoch vor, aber nicht in der Funktion der Unterstreichung, sondern der Charakterisierung von Figuren (wie reagiert die Figur auf die Situation).

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Lieber Hans-Peter,

 

du musst davon wegkommen, die beiden Beispiele miteinander zu vergleichen. Das ist wie mit den berühmten Äpfeln und den Birnen.

 

Beim ersten Beispiel habe ich bei der Ankündigung tell - und eben auch dann, wenn ich die Situation mit der Wertung (das es spannend war) unterstreiche.

 

Tell bleibt tell - egal, ob ich diese Wertung voranstelle, oder damit unterstreiche.

 

Lieber Peter,

 

guter Einwand. :-)

 

Grüße

Quidam

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Ich finde die Ankündigung auch nicht schlecht. Zu sagen: "Ich hab einen spannenden Urlaub gehabt", ist aber etwas ungeschickt. Besser wäre: "Du kannst dir nicht vorstellen, was mir passiert ist!" oder Ähnliches.

Die Montalban-Reihe, Die Normannen-Saga, Die Wikinger-Trilogie, Bucht der Schmuggler, Land im Sturm, Der Attentäter, Die Kinder von Nebra, Die Mission des Kreuzritters, Der Eiserne Herzog, www.ulfschiewe.de

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Man braucht doch einen Stups, der einen über eine an sich nicht fesselnde Passage hinwegträgt. Da kann so eine Ankündigung sehr nützlich sein.

 

Wenn einer beginnt: "Also, wir fahren von X nach Y, und bei Z findet U einen Hinweis auf W ... blah blah blah ...", dann schaltet man geistig ab/legt den Text beiseite und erfährt so vielleicht nie, dass der Hinweis auf W wichtiger Auslöser einer hinreißenden Verwicklung war.

 

Wenn einer beginnt: "Du glaubst nicht, was mir Unglaubliches passiert ist! Also, wir fahren von X nach Y, und bei Z findet U einen Hinweis auf W ...", dann hört man an der Stelle noch zu/liest noch weiter, weil man wissen will, was da denn nun Unglaubliches kommt.

 

Unterstreichen ist dagegen oft kontraproduktiv. Wenn ich die Geschichte, die ich erzählt bekommen habe, aufregend war, dann brauche ich es nicht, dass der Erzähler noch kommentiert, "boah, war das aufregend".

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