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(Cantonadi)

zusätzlichen Konflikt im Manuskript einbauen

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Hallo allerseits,

 

ich habe jetzt die Rohfassung meines ersten Romans durch. Mein Korrekturleser meinte, ich sollte noch für zusätzlichen Konflikt zwischen den Protas sorgen.

 

Mir ist schon klar, worauf er anspricht, nur: Habt ihr ebenfalls mal nachträglich, als die Rohfassung bereits stand, zusätzlichen Konflikt in eure Manuskripte eingebaut? Worauf habt ihr dabei primär geachtet? Ich weiss, dass die Frage ziemlich allgemein gehalten ist ...

 

Besten Dank jetzt schon für eure Antworten und Anregungen.

 

Gruss,

Adrian

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Hallo Adrian,

 

ich fände es in Ordnung, im Nachhinein die Spannung durch einen stärkeren Konflikt noch zu verbessern, falls das erforderlich ist. Auf eine allgemeine Frage mal allgemein geantwortet: Es sollte für die Figuren noch stimmig sein. Wenn Du ein neues biographisches Detail einbaust, dann prüfe den restlichen Roman akribisch, ob die Figur sich dahingehend verhält etc. ... Grundsätzlich ist ein Roman natürlich stärker, wenn es nicht nur heißt: "Sie konnten sich halt erst nicht haben. Und dann schon.", sondern "Sie konnten auf gar keinen Fall zusammenkommen, weil die Familien Erzfeinde waren, und dann, unter Lebensgefahr, wagten sie es doch..."

 

Vielleicht kannst Du Deine Fragen präzisieren: Wovor hast Du Angst? Oder zweifelst Du an der Möglichkeit, Deinen Roman zu verbessern? Hat Dein Testleser gesagt, warum / inwiefern ihm zuwenig Konflikt war? Und: Handelt es sich um ein Detail oder wirst Du den Roman komplett umschreiben müssen?

 

Grüße

Judith

"Felix", FVA 2015,  jetzt als Kindle eBook // Ab 12.7.2021: "Liebe braucht nur zwei Herzen", Penguin Verlag // Sommer 2022: "Wenn dein Herz woanders wohnt", Penguin Verlag

www.judithwilms.com

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Oha, das klingt ja nach einer Operation am offenen Herzen... :o

 

Ich habe sowas noch nicht gemacht, was sicher auch daran liegt, dass ich das Konzept vollständig ausarbeite, bevor ich mit dem Schreiben anfange. Dann wird es unterwegs eher noch eine Spur komplexer, aber dass zu wenig drin ist, ist mir noch nicht passiert.

 

Einen zusätzlichen Konflikt einzubauen halte ich für sehr schwer. Sicher, vielleicht ergibt sich die Möglichkeit, eine bestimmte Szene noch spannender zu machen oder auszuwalzen (er besiegt den Bösen nicht einfach, sondern stürzt im Kampf von der Klippe, der Böse denkt, der Gute ist tot und flieht, der Gute kann sich gerade noch retten, eine Verfolgungsjagd entsteht, usw.). Aber das ist aus meiner Sicht kein zusätzlicher Konflikt, der das Buch herumreißen kann.

 

Wenn es darum geht, dass der Roman als Ganzes zu sanft dahindümpelt und einen zusätzlichen Konflikt benötigt, dann klingt das eher danach, als müsse man die Gesamtkonstruktion überarbeiten.

 

Ein guter zusätzlicher Konflikt zieht sich durch einen großen Teil des Buches, bahnt sich vielleicht langsam an (die Logik, den kausalen Zusammenhang nicht vergessen!). Vielleicht sieht er (oder der Leser) es schon lange auf sich zukommen, die Unausweichlichkeit kann die Dramatik und Tragik erhöhen. Und ein guter Konflikt hat schwerwiegende oder weitreichende Auswirkungen, die sich anscheinend auch zunächst nicht einfach lösen lassen (umso schöner, wenn sich am Ende herausstellt, dass es *doch* ganz einfach ist - aber das ist eine Frage des Plottings)

 

Einfacher wäre dir zu helfen, wenn man das Exposé, oder besser noch, den Handlungsablauf kennte.

 

Andreas

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Ich schliesse mich Andreas an:

Sehr, sehr schwierig.

Aber nicht unmoeglich.

Wie bei Andreas stand bei meinem Roman der Plot in recht ausfuehrlicher Form vor Schreibbeginn fest. Ich habe dennoch, nachdem etwa die Haelfte in Rohfassung fertig war, eine erhebliche Plotaenderung (auf berechtigten Agenturwunsch) vornehmen muessen. Ich war aehnlich veraengstigt - und von dem betreuenden Agenten wurde mir ganz klar gesagt: "Ob Sie den Patienten zu Tode geliftet haben, merken Sie dann schon."

Nun, er lebt noch.

Ich habe aber sehr grosse Teile (siebzig Prozent der vorhandenen Haelfte) neu schreiben, vor allem erst einmal mit viel Muehe und Zeitaufwand neu plotten, mich auf eine in wesentlichen Teilen neue Geschichte einlassen und neu recherchieren muessen.

Es hat sich unbedingt gelohnt, ich habe einen viel schluessigeren, runderen Roman erhalten.

Ich wuerde dazu aber nur raten, wenn du selbst von der Aenderung ueberzeugt bin.

Und dann rate ich - aus eigener Erfahrung: Keine Aenderung in Panik. Arbeite in Ruhe den geaenderten Plot so sorgfaeltig aus wie den urspruenglichen, greif nicht aus Verzweiflung zur erstbesten Idee. Verwebe alle neuen Faeden durchgehend mit denen, die bestehen bleiben. Und richte dich auf viel Arbeit ein.

 

Ich wuensche dir viel Erfolg.

Charlie.

"Der soll was anderes kaufen. Kann der nicht Paris kaufen? Ach nein, in Paris regnet's ja jetzt auch."

Lektorat, Übersetzung, Ghostwriting, Coaching www.charlotte-lyne.com

 

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Vielen Dank für die bereits erhaltenen Antworten!

 

Es ist nicht so, dass die Geschichte umgekrempelt werden müsste. Ich schreibe an einem historischen Roman und habe damit ziemlich klare Vorgaben. Der Prota hat Frau und Kindern zum Trotz am Ende zwingend die Stufen zum Schaffot zu erklimmen, da führt kein Weg dran vorbei.

 

Vielmehr bekam ich aber das Feedback, dass, wie oben von Judith vermutet, der Text phasenweise zu brav geschrieben sei, als würde ich der Erzeugung eines Konfliktes bewusst aus dem Wege gehen. Bestimmt ein typischer Anfängerfehler ;-)

 

70% eines Manuskriptes neu schreiben? Das macht sowohl Angst als auch Mut. Vor allem Mut, dass andere auch schon mal ihren Wurf grundlegend neu überarbeiten mussten und es geschafft haben. Ich denke, dass ich mir einerseits Gedanken machen muss, wie ich die momentane Schreibe mehr pfeffern kann, sowie andererseits auch zusätzliche Konflikte einfliessen lassen muss. Dass diese sich langsam aufbauen und durch den ganzen Roman hindurchziehen müssen bedeutet wohl vor allem, den Überblick zu behalten ...

 

Die bisher geschilderten Erfahrungen waren bereits sehr hilfreich für mich. Vielleicht hat sonst noch jemand eine Anekdote oder eine(n) Idee/Hinweis auf Lager, die/den er gerne in diesem Zusammenhang loswerden möchte.

 

Gruss,

Adrian

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Hallo Adrian!

 

Ach ja' date=' hat vielleicht irgend jemand einen guten Bericht oder Link zur Thematik  "Konfliktbewältigung"?[/quote']

 

Die Frage find ich persönlich ein wenig allgemein formuliert. Willst du wissen, wie man als Mensch Probleme löst? Oder wie du als Autor es schaffst, packende Konfliktlösungen zu schreiben?

 

Ansonsten stimme ich mit den anderen überein, dass zusätzliche Konflikte in dem streichen und neuschreiben ganzer Bücher / Kapitel / Abschnitte enden wird, alles andere wirkt garantiert wie Stückwerk.

 

Wobei ich allerdings denke, es ist vertretbar, ein Kapitel hier und dort zu löschen, etwas aufzupeppen, und neu zu schrieben, da bleibt die Arbeit auch überschaubar.

 

Ich selbst habe, wenn ich mir Konflikte überlege, immer eine Anekdote aus einem Drehbuchseminar von vor 10 Jahren im Kopf. Es ging eben darum, wie man einer Geschichte den Kniff gibt, den Dreh, das Besondere, oder eben auch einen Konflikt aufpoliert, manchmal muss man dazu nämlich nur ein kleines Rädchen drehen.

 

Die Geschichte des Seminarleiters erzählte von Hitchcocks Leib- und Magenautor Eliot Stannard. Dieser hat eine Geschichte verfasst (und leider weiß ich den Titel nicht mehr), über ein Ehepaar, welches nach Mexiko reist, wo die (stinkreiche) Frau entführt wird, um den Mann zu erpressen, das Geld der Frau zu besorgen.

 

An sich, so meint man nun, eine durchaus konfliktreiche Story (immerhin waren das die Zwanziger!) welche Stennard jedoch noch aufzupeppen wusste.

 

Das Paar HASST sich nämlich. Sie sind sich Spinnefeind. Die Reise nach Mexiko ist ihre Scheidungsreise, und nun hat der Mann, der selbstverständlich die ganze Zeit über einen Polizisten im Nacken hat, die einmalige Möglichkeit, seine Frau los zu werden, und somit auch ihr Vermögen zu erben, welches er schon verloren glaubte.

Er muss es nur schaffen, die Entführer seine Frau töten zu lassen, ohne dass der Polizist, den er nicht los wird, etwas von seinen Absichten spitz kriegt.

 

Natürlich weiß ich nach zehn Jahren nicht mehr, wie authentisch die ganze Sache in meiner Erinnerung ist, zumal ich den Film nie gesehen habe, trotzdem habe ich den Fall immer vor Augen, wenn ich mir überlege, wie ich einen Konflikt mit einem kleinen Kniff evtl. noch etwas anheizen kann.

 

Nur um mal wieder eine Anekdote vom Stapel zu lassen! ;)

 

Konfliktfreie Grüße,

Marco!  :s17

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Natürlich weiß ich nach zehn Jahren nicht mehr, wie authentisch die ganze Sache in meiner Erinnerung ist, zumal ich den Film nie gesehen habe, trotzdem habe ich den Fall immer vor Augen, wenn ich mir überlege, wie ich einen Konflikt mit einem kleinen Kniff evtl. noch etwas anheizen kann.

 

Hmm, das klingt verdammt nach 'Die unglaubliche Entführung der verrückten Mrs. Stone' von 1986:

 

(Link ungültig)

 

Würde mich aber nicht wundern, wenn die Grundidee auf den Altmeister zurückgeht...

 

Roy

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Hmm, das klingt verdammt nach 'Die unglaubliche Entführung der verrückten Mrs. Stone' von 1986:

 

(Link ungültig)

 

Schöner Hinweis! ;)

(Das ich da nie selbst drauf gekommen bin!)

 

Da obiger Film (Titel ist mir hier zu lang) laut IMDB lose auf der Geschichte 'The Ransom of Red Chief' von O. Henry (gest. 1910) basiert, welche schon für mehrere Filme und Fernsehfolgen Pate stand, wird sich obige Anekdote vermutlich auch auf diese Geschichte zurückführen lassen.

 

Was schön ist, weil so wiedermal die Literatur die ursprüngliche Quelle ist!  ;D

 

Gruß,

Marco! :s17

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Christine Spindler

Ich finde, man kann jederzeit einen neuen Konflikt einbauen, warum nicht? Man muss natürlich hinterher noch mal alles gründlich daraufhin durchlesen, ob sich dadurch logische Brüche ergeben und worauf sich der Konflikt noch auswirkt.

 

Ich habe in meinem Krimi "Im Rhythmus der Rache" so etwa in im letzten Drittel gemerkt, dass die Hauptperson ein viel zu einseitiger Charakter ist und dringend ein "Gegengewicht" braucht. Also habe ich gleich in der ersten Szene eine neue Person eingeführt, und damit eine ganze Reihe neuer, auch für mich spannender Konflikte. Letztendlich wurde die neue Person, die eigentlich nur als Randfigur geplant war, zur tragenden Rolle. Die Umschreibarbeit war enorm, aber lohnend.

 

Also - her mit den Konflikten ;D

 

Cheers

Christine

Hört mal rein in meinen Podcast: https://anchor.fm/tinazang

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Adrian, wenn Du meinst, dass der Hauptkonflikt in Deinem MS groß und bedeutend genug ist, um einen Roman daraus zu machen, dann lasse da die Finger von. Zusätzliche Konflikte kann man schön durch eine zweite Hauptfigur einfliessen lassen. Ist Dein Prota ein Einzelgänger? Dann stelle ihm/ihr einen Partner zur Seite, einen Menschen mit komplett gegensätzlichem Charakter. Die beiden haben zwar das gleiche Ziel aber verschiedene Methodik. Ist der Eine ein grüblerischer Intelellektueller, dann stell' ihm einen dumpfen Draufhauer zur Seite. Laß es soweit gehen, dass sie sich sogar bekämpfen und nicht mehr zusammenarbeiten können. Nur das übergeordnete Ziel verlangt eben, dass sie nicht getrennt erfolgreich sein können. Voilá, herrlicher Konflikt! Aber leider ziemlich durchgekaut.

Andere Möglichkeit wäre, ganz langsam Mißtrauen zwischen Deinen Protas aufzubauen, wenn wieder mal einer seinen wahren Charkter offenbart.

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Lieber Adrian,

ich halte es weder für ein Flickwerk noch für eine Operation am offenen Herzen, wenn eine Rohfassung noch einmal überarbeitet und sogar ein neuer Handlungsstrang inkl. neuer Konflikt eingeführt wird.

 

Natürlich gibt es Autoren, die ein Konzept bis ins Kleinste ausarbeiten und dann zum Schreiben beginnen. Da ist klar, dass es hinterher nicht mehr allzu viel Spielraum gibt.

 

Auch ich habe mir mittlerweile angewöhnt, nach Konzept zu schreiben (das erspart oft Zeit und Arbeit) - trotzdem: meinen zuletzt veröffentlichten Roman habe ich zehn (!) Jahre lange immer wieder überarbeitet, teilweise ganz neue Stränge und Figuren eingefügt und andere gestrichen. Ich halte das nicht für "Stückwerk", sondern für einen Wachstumsprozess. Auch bei meinem aktuellen Buch stand zwar von Anfang an das Konzept fest, aber als ich das Gefühl hatte, dass er an manchen Stellen zu wenig Spannung hat, habe ich teilweise noch ganze Kapitel eingefügt und Charakteren noch zusätzliche "Konflikte" erleben lassen. Wenn man das gut und durchdacht macht - das ist natürlich Voraussetzung - dann sieht das hinterher harmonisch aus und der Leser hat oft keine Ahnung wieviel Arbeit dahinter steckt. (Das ist m.E. auch der größte Nachteil: Wer einen Roman auf einen Sitz runterschreibt und hinterher nur mehr Fehler ausbessert, ist natürlich viel schneller fertig...)

 

Übrigens ist das eine Vorgehensweise, die ich vom Fernsehen her kenne: Wer denkt, dass ein fertiger Film genauso ausschaut wie das Drehbuch, der irrt gewaltig ...

 

Liebe Grüße,

Julia

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Euch allen besten Dank für die zahlreichen Anregungen.

 

Bzgl. zusätzlicher Protas werde ich mir mal ein paar Gedanken machen. Ziemlich sicher lasse ich ausserdem einen zusätzlichen Nebenschauplatz einfliessen, von dem die Hauptprotagonistin nichts weiss, einzig der Leser.

 

Bestimmt ist auch meine Grünschnabel-Schreibe noch verbesserungswürdig ;-)

 

LG aus der Schweiz,

Adrian

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