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(Huutini)

Also sprach er im Präteritum

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Liebe Leute,

 

wieder einmal beschäftigt mich ein Gedanke rund um Buchdialoge, und mich interessiert eure Meinung.

 

Aus welchen Gründen auch immer fällt mir in letzter Zeit häufig auf, dass in Filmen des öfteren das Präteritum in Dialogen genutzt wird.

 

Da heisst es dann: "Er liebte dich nicht."

Oder "Er half dir."

Oder "Er ging zu ihr."

 

Oder was weiß ich. Jedesmal wenn ich das höre, läuft es mir irgendwie den Rücken runter, weil es sich für mich und meine Ohren sehr unnatürlich anhört.

 

Ich habe darüber nachgedacht und bin zu dem Entschluss gekommen, dass es für die Synchrondialogschreiber vermutlich einfacher ist, da das Präteritum von der Lippensynchronität her näher am englischen liegt.

 

loved, helped, went, sind silbenmässig (fast) gleich zu liebte, half und ging.

 

Trotzdem, und hier setzt mein Rückenschauer ein, bin ich der Meinung, dass sowohl ich als auch die Leute mit denen ich verkehre, in der gesprochenen Sprache eher das Perfekt nutzen würden.

 

Er hat dich geliebt. Er hat dir geholfen. Er ist zu ihr gegangen.

 

Daher nutze ich in meinen Texten auch nur das Perfekt in Dialogen, und finde es irgendwie unnatürlich, wenn ich das im Präteritum schreibe. Mir ist aber auch noch nie aufgefallen, dass ein anderer Autor das Präteritum in Dialogzeilen genutzt hätte.

 

Seht ihr das ähnlich, oder ganz anders, oder macht ihr euch da gar keinen Kopf drum, oder wie oder was? Hmm?

 

Meinungssuchende Grüße,

Marco!  :s17

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Hallo Marco,

 

ich finde es durchaus bemerkenswert und richtig, dass du dir solche Gedanken überhaupt machst. Schließlich ist das Teil unseres Handwerks.

 

Du hast vollkommen Recht, "Er half dir" klingt ungewöhnlicher, als "Er hat dir geholfen". Der feine Bedeutungsunterschied wird glaube ich von den meisten gar nicht recht wahrgenommen, es hat sich schlicht eingbürgert, die Vergangheit mit "haben"/"sein" zu bilden.

 

Ich verwende im Roman beide Formen, um im Dialog "normalen" und "gehobenen Sprachgebrauch" von einander abzugrenzen.

Das unterstützt die Charakterisierung der Personen.

 

Andreas

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Hallo Marco,

 

ich bin überrascht, daß gerade Dir das Präteritum so auffällt. Denn soweit ich mich auskenne, gibt es beim Gebrauch der Vergangenheitsform regionale Unterschiede. Meine Verwandten und Freunde in Norddeutschland verwenden sehr häufig das Präteritum, während in Süddeutschland und in Österreich die Perfektform gebraucht wird.

 

Aber es stimmt, in geschriebenen Dialogen wirkt das Präteritum unnatürlich.

 

Hm, achte doch mal darauf, was Du um dich herum hörst :), das würde mich jetzt doch interessieren.

 

Liebe Grüße

Anna

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Meine Verwandten und Freunde in Norddeutschland verwenden sehr häufig das Präteritum, während in Süddeutschland und in Österreich die Perfektform gebraucht wird.

 

Grumbel, jetzt ist es mir schon wieder passiert. Da wollte ich spontan zustimmen und sagen: "Natürlich redet man eher im Perfekt" - und dann das.

 

Ich will gar nicht sagen, wie oft ich es schon erlebt habe, dass ich mit Kollegen uneins war über eine bestimmte Form - und dann haben wir nachgeschlagen und festgestellt, dass beides richtig ist, aber ich immer auf der süddeutschen Vorzugsvariante hänge.

 

Man kann seiner Herkunft eben nicht entrinnen, auch wenn man schon seit dreißig Jahren umgezogen ist :s07

Jedenfalls muss ich nach diesem Hinweis meine Ansicht zum Perfektgebrauch in der wörtlichen Rede noch mal überdenken und mal nachsehen, ob das wirklich so stimmt ...

Sinn ist keine Eigenschaft der Welt, sondern ein menschliches Bedürfnis (Richard David Precht)

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Ich habe eine Menge Synchrontexte geschrieben und kann Deine Vermutung bestaetigen: Praeteritum war nach oft endlosem Silbenzaehlen und -schieben die einzige Moeglichkeit. (Bei Uebersetzung aus dem Englischen, das sich ja sowieso gegen Synchronisation ins Deutsche haeufig zu straeuben scheint. Beim Italienischen hatte ich Platz genug, mich auszuwalzen.)

 

Ich gebe Dir aber auch in dem anderen Punkt uneingeschraenkt Recht: Der Klang ist unschoen, gestelzt, eben "synchronisiert".

Das Praeteritum ist, von den bekannten Ausnahmen abgesehen, eben schlicht ungeeignet fuer woertliche Rede.

 

Schoenen Abend wuenscht

Charlie.

"Der soll was anderes kaufen. Kann der nicht Paris kaufen? Ach nein, in Paris regnet's ja jetzt auch."

Lektorat, Übersetzung, Ghostwriting, Coaching www.charlotte-lyne.com

 

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Ich habe es schon erlebt, dass meine Dialoge ("Ich habe ihm geholfen") beim Abdruck in der Illustrierten plötzlich zu einem "Ich half ihm" geworden war. Da schüttelt es mich jedesmal und ich weiß auch nicht, warum die das ändern. Meinem Sprachgefühl läuft es völlig zuwider.

 

LG Luise

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