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(Olga)

Akzente/Dialekte/Umgangssprache bei den wichtigen Romanfiguren

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Hallo, alle zusammen,

 

Eher zufällig bin ich auf den Roman "Schweinskopf al dente" (Rita Falk) gestoßen. Was mir sehr bald aufgefallen ist: Das gesamte Buch ist in einer gesprochenen Sprache geschrieben, mit den Fehlern, Füllwörtern usw., die man normalerweise so im Alltag macht. Sich daran zu gewöhnen ist nicht einfach - zumindest für mich nicht, da ich unvorbereitet an den Roman rangegangen bin. Dennoch hindert dieser für den Leser durchaus "anstrengende" Stil den Roman nicht daran, auf die Bestsellerlisten zu klettern. Die Leser sind also durchaus bereit, sich etwas mehr anzustrengen, wenn es um eine Sprache geht, die sich nicht so flüssig wie üblich "wegliest" - auch wenn man eigentlich bloß eine pure Unterhaltung erwartet

 

Deshalb möchte ich fragen, ob ihr selbst schon Hauptfiguren (oder die für die Handlung sehr wichtige Charaktere, die häufig auftauchen) verwendet habt, die im gesamten Roman mit einem Akzent/Dialekt usw. sprechen. Wenn ja: Worauf habt ihr dabei geachtet? Wie habt ihr die Balance gehalten? Was erleichtert für den Leser - eurer Meinung nach - die Wahrnehmung einer weniger flüssigen Sprache/Sprechweise?

(Bei "Schweinskopf al dente" würde ich vielleicht auf den unterschwelligen Witz tippen, bin aber noch nicht so weit mit dem Roman, dass ich das wirklich gut analysieren könnte)

Kennt ihr noch mehr Romane, in denen Schlüsselfiguren mit Akzenten/Dialekten sprechen und wie habt ihr das beim Lesen wahrgenommen?

 

Liebe Grüße,

Olga

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Hallo,

 

ich selbst habe es noch nicht wirklich durchgezogen, kenne aber ein paar gute Beispiele, wo es sehr gut funktioniert: Zum Beispiel die Figur der Esther aus "Des Teufels Maskerade" unserer lieben Forenkollegin Victoria, deren Wiener Idiom wirklich toll gezeichnet ist - ich habe die Figur beim Lesen tatsächlich gehört. Dann noch "Berlin Alexanderplatz" von Alfred Döblin, und zu guter Letzt fallen mir die Brenner-Romane von Wolf Haas ein. Der Erzähler dieser Romane erzählt frei Schnauze mit allen Überflüssigkeiten, verdrehten Wendungen und Lückenfüllern, die zur gesprochenen Sprache gehören. Das liest sich in etwa so, wie ich es hier in meinem Blog-Eintrag zu imitieren versuchte: (Link ungültig)

 

Haas ist natürlich ein Extrembeispiel, aber man kann ihm dennoch gut folgen, denn mit der Zeit gewöhnt man sich an den ungewöhnlichen Sprachgebrauch. Natürlich hat man in diesem konkreten Fall als Österreicher einen Vorteil, wie es deutschen Lesern geht, kann ich nicht sagen. Umgekehrt hatte ich allerdings bei "Berlin Alexanderplatz" von Döblin gerade eben auch keine großen Probleme, auch wenn mir nicht immer jedes einzelne Wort völlig klar war. Ich denke, die große Herausforderung dabei ist es, den richtigen Ton zu treffen. Wenn man schon so klingen möchte, als orientierte man sich an der gesprochenen Sprache, dann muss der Ton sitzen. Schieflagen fallen hier meiner Meinung nach sofort auf und stören dann gewaltig. Um so zu schreiben braucht man mit Sicherheit ein sehr gutes Ohr. Döblin hatte es, Haas und Victoria haben es auch. Ich selbst habe es eher nicht, deshalb nehme ich persönlich davon auch Abstand.

 

Viele Grüße

 

Thomas

"Man schreibt nicht, was man schreiben möchte, sondern was man zu schreiben befähigt ist."&&- Jorge Luis Borges -

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Ich habe es gemacht - allerdings in abgeschwächter Form - da mir der norddeutsche Slang wichtig war. Aber so schwach ausgeprägt, dass ihn auch ein Bayer gut verstehen kann, aber das Nordische noch spürbar ist.

Zu viel echter Dialekt stört mich, weil er den Lesefluss hemmt und anstrengend ist.

 

Hier mal ein Beispiel, wie ich mit dem "Salzstreuer" vorsichtig Dialekt eingebaut habe.

 

„Das ist wohl wahr. Und du, Kalle, was fällt dir ein, dich einfach zu bedienen, als wärste hier zu Hause?“

„Bin ich doch fast, mein Marieken.“

„Nenn mich nicht so!“, fuhr sie ihn an. „Ich bin noch nicht die Deine.“

„Och, guck ma, ich hab dir auch was mitgebracht.“

Er stand auf und zog aus dem großen Sack mit dem englischen Tuch einen Beutel hervor.

„Das müsst doch für’n ordentliches Sonntagskleid reichen, was?“ Er hielt ihr den geöffneten Beutel unter die Nase.

Marieke schlug die Hände vor den Mund. „Kalle, biste verrückt? Was das gekostet hat!“

 

Gruß, Melanie

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Wenn ich mich an den Vorgänger vom "Schweinskopf", den "Winterkartoffelknödel", richtig erinnere, spricht da die Hauptfigur in der Ich-Form, im bayerischen Dialekt.

Das klingt zunächst schwierig, ist es aber nicht wirklich, denn der Dialekt ist eher sanft eingesetzt, also auch für Nordlichter nicht schwer zu lesen. Ging mir jedenfalls so (geborene Rheinländerin), das ist individuell sicher unterschiedlich.

Einen richtig deftigen bayerischen Dialekt über das ganze Buch wird man, so wage ich zu behaupten, nicht so schnell in den Bestsellerlisten finden.

 

Ich hatte auch einmal eine Hauptfigur mit einer besonderen Sprechweise. Es sollte eine sehr theatralische, exaltierte Person sein, die sehr "aufgedreht" spricht (es war eine Hauptfigur von mehreren). Also habe ich mit Versalien und Kursivschrift gearbeitet und immer wieder einzelne Wörter betont. (Ein Beispiel kann ich leider nicht liefern, weil ich das Kursive hier nicht hinkriege.)

Mit dem Ergebnis übrigens, dass die Außenkorrektorin fast alles Exaltierte rausgestrichen hat und ich mich nicht gewehrt habe, weil es mein erstes Buch war. Allerdings war dann auch der Charme bzw. die Bildhaftigkeit der Figur flöten. So etwas würde ich nicht wieder mit mir machen lassen.

 

Generell muss man aber, denke ich, verdammt aufpassen bei Dialekten und Co. Zuviel verjagt die Leser, zu wenig in Fällen, in denen es schön gewesen wäre, ist verlorenes Kapital.

 

Gruß, Christiane

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Vor allem frage ich mich, wenn eine Hauptfigur eine "schwierige" Sprache spricht, womit das dann aufgewogen wird, dass man ihr trotzdem nahe ist. Im Rita-Falk-Fall tippe ich, wie gesagt, auf den unterschwelligen Witz.

 

@Thomas

Danke für die Beispiele! Die werde ich mir genauer ansehen und auch deinen Blog-Beitrag durchlesen.

 

@Christiane

Genau, "schwierig" ist der Dialekt nicht, ich würde ihn auch nicht als ur-bayerisch bezeichnen. Er hat viel mehr Merkmale der "gesprochenen Sprache" (Dativ ist dem Genetiv sein Tod oder so), als vom typischen ur-bayerischen Akzent (die ich in der reinen Form natürlich nicht verstehen würde)

Im kleinen Rahmen habe ich selbst schon mit einem Akzent gearbeitet, es ging aber nur um eine Randfigur in einer einzigen Szene - diese Figur hatte leichte Probleme mit der Grammatik.

 

Aber Randfiguren - das ist eine andere Sache als zB. die Heldin eines Romans. Bei den Randfiguren hat man als Autor etwas mehr Freiraum.

 

Liebe Grüße,

Olga

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Naja, ich habs ... (aber das Buch ist ja noch net da!) Allerdings nicht bei der Hauptfigur und nicht in der Erzählsprache, aber in wirklich vielen, heftigen Dialogen.

Dies gab auch immer wieder Anlass zu Diskussionen: Wie viel, wie schreibt mans, wie ist es am verständlichsten?

Woran ich gehindert wurde: Mehrere Dialekte in einer Unterhaltung. Da wurde ich vor mir selbst gerettet.

Da meine Hauptfigur den Dialekt auch nicht versteht und sich alles übersetzen muss, hoffe ich, das Verständnisproblem darüber gelöst zu haben. Außerdem gibt es ein Glossar. Sogar mit einer Übersetzung vom Sächsischen ins Bayrische, auf die ich als Nichtbayerin sehr stolz bin. (Aber im Allgemeinen: Bayerisch-Deutsch)

 

Ich selbst komme beim Lesen mit Dialekten und Akzenten sehr gut klar, bin auch bereit, ein wenig zu rätseln. Aber ich mag Dialekte und die treffenden Ausdrücke, die Dialekte bieten, sowieso einfach gern.

 

Bei Rita Falk habe ich nur reingelesen, es wirkt ein kleines bisschen betulich, so betont volksnah, durch diese Sprache: da hat der Franz etc. Aber vermutlich würde ich mich daran gewöhnen, sie liest sich ansonsten richtig gut, finde ich.

 

Der Brenner vom Wolf Haas mit seiner ganz eigenen Sprache ist für mich einfach großartig.

Insgesamt glaube ich, dass Dialekte schon recht belebend wirken können, ich mag es auch im Englischen, wenn es irgendwelche Slangs oder Akzente sind, die ich eigentlich nicht verstehe, aber ich kann mir den Sprecher trotzdem vorstellen.

 

Liebe Grüße

Claudia

Baronsky&Brendler: Liebe würde helfen  Ein Staffelroman 
Februar 21, Kampa

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Deshalb möchte ich fragen, ob ihr selbst schon Hauptfiguren (oder die für die Handlung sehr wichtige Charaktere, die häufig auftauchen) verwendet habt, die im gesamten Roman mit einem Akzent/Dialekt usw. sprechen. Wenn ja: Worauf habt ihr dabei geachtet? Wie habt ihr die Balance gehalten? Was erleichtert für den Leser - eurer Meinung nach - die Wahrnehmung einer weniger flüssigen Sprache/Sprechweise?

So was hab ich und so was lieb ich.

In "Das blaue Portal" gibt's ein paar Portionen Mittelhochdeutsch, Italienisch und viel falsches Deutsch.

In "Dämonentränen" hab ich einen Schweizer, einen Wiener und einen Spanier. Und dank der Hauptfigur tonnenweise falsches Deutsch.

Zugunsten der Lesbarkeit bin ich den einen oder anderen Kompromiss eingegangen, aber es betraf meistens nur einzelne Wörter, wo ich die Wahl zwischen Nicht-Fremdwort oder Fußnote hatte.

Aufgenommen worden ist das Ganze wohl hervorragend. Ich denke, die Leser sind bei weitem klüger und flexibler als wir das immer befürchten.

Ich gebe aber zu, daß ich die exotischen Sätze im Gesamtwerk nur wenige Promille ausmachen, da ich dann doch etwas kalte Füße hatte, den Leser zu überanstrengen.

 

Peter

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"Wir" würde ich durch "die Verlage" ersetzen. Mir wurden nahezu alle Dialektwörter - selbst in den Dialogen - gestrichen. Deutsche verstünden die angeblich nicht.

"Verlage" würde ich lieber durch "Lektoren" ersetzen. Es sind immer einzelne Menschen und ihr persönlicher Geschmack. Wo es "menschelt" gibt es immer verschiedene Meinungen.

Das neue Jugendbuch: "Der Reiter des Königs"&&Homepage Burkhard P. Bierschenck

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Dialekte bzw. Sprech-Sprache als Erzählsprache funktionieren meiner Erfahrung nach, wenn sie verständlich sind - das ist natürlich für den eigenen Dialekt am einfachsten.

 

Oder Ausdrücke werden en passant erklärt. Meine Lektorinnen waren da bisher immer d'accord, manchmal wurde eine Verständnisfrage gestellt, dann wusste ich, das muss ein wenig gebügelt oder anders formuliert werden.

 

Noch eine Anekdote: Ein Ex-Kollege sagte mal, als Wolf Haas noch nicht so bekannt war, zu einem anderen (neuen) Kollegen: "He, du sprichst wie der Typ in dem Buch."

 

Als Leserin bin ich immer wieder neugierig auf Formulierungen, weil ich so eine Sammlerin bin - wenn ich die Ausdrücke aber gar nicht verstehe, werd ich grantig.

 

LG

Anni

Autorin | Ein  Buch schreiben

Das Leben ist zu kurz für schlechte Bücher

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Bei Rita Falk habe ich nur reingelesen, es wirkt ein kleines bisschen betulich, so betont volksnah, durch diese Sprache: da hat der Franz etc. Aber vermutlich würde ich mich daran gewöhnen, sie liest sich ansonsten richtig gut, finde ich.

 

Meinst du, daraus kann man ableiten, dass man bei Akzenten etc. nach Aspekten suchen sollte, die die Sprache dem Leser nahe bringen, nach dem Motto: He, ich spreche ja genauso wie der Franz.

 

@Margot

In dem Fall könnte man gut mit Rita Falk argumentieren und eher den Dialog a la "Welche Aspekte sind denn zu kompliziert und wie kann man das abschwächen, ohne alles glatt zu bügeln?" suchen.

 

 

Liebe Grüße,

Olga

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Meine aktuelle Erfahrung mit meiner Agentin zu diesem Thema:

Sie hatte die ersten Seiten gelesen, eine wichtige Nebenfigur spricht heftiges Hamburger Norddeutsch, und an einigen Stellen bat sie mich, den Dialekt abzuschwächen. Sie sagte aber gleich dazu, dass sie damit wohl ein eher persönliches Problem hätte, und dass man über die Dosis ohnehin mit dem späteren Lektor "verhandeln" müsste. Das hat mir gefallen, denn ich wiederum mag Dialekte sehr! Aber auf jeden Lektor, der genauso denkt, kommt wohl einer, der die Leser lieber schonen will.

 

Deshalb wird meine Figur in der Rohfassung des MS so viel Hamburger Dialekt sprechen, wie ich es für richtig halte. Es wird ja noch oft genug überarbeitet.

 

VG, Dorit

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Liebe Olga,

 

Du fragst danach, wie die Hauptfigur dem Leser trotzdem "nahe" ist, auch wenn es nicht der Dialekt des Lesers ist. Fuer mich aendert sich nichts zu anderen Hauptfiguren: sie muss sympathisch und innerhalb ihrer Welt glaubwuerdig sein.

 

Ich habe gerade "The Help" gelesen (Kathrynn Stockett), dort sprechen 2 der 3 Hauptfiguren im Slang der farbigen Frauen der 60er Jahre. Die Figuren sind einem sympathisch, weil sie besonders sind, Eigenheiten haben, gut zu anderen sind, ihre kleinen taeglichen Sorgen und Probleme haben... man laechelt und hofft mit ihnen. Der Dialekt entfernt sie nicht von mir als Leser, sondern macht die ich-Perspektive glaubwuerdiger.

 

Man muss sich diese Kapitel anfangs fast laut vorlesen, bis man reinkommt, da hier und da grammatikalische Fehler eingestreut sind - aber da diese Fehler sich immer wiederholen, kommt man auch gut rein.

 

Liebe Gruesse

Judith

"Felix", FVA 2015,  jetzt als Kindle eBook // Ab 12.7.2021: "Liebe braucht nur zwei Herzen", Penguin Verlag // Sommer 2022: "Wenn dein Herz woanders wohnt", Penguin Verlag

www.judithwilms.com

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Bei Rita Falk habe ich nur reingelesen, es wirkt ein kleines bisschen betulich, so betont volksnah, durch diese Sprache: da hat der Franz etc. Aber vermutlich würde ich mich daran gewöhnen, sie liest sich ansonsten richtig gut, finde ich.

Meinst du, daraus kann man ableiten, dass man bei Akzenten etc. nach Aspekten suchen sollte, die die Sprache dem Leser nahe bringen, nach dem Motto: He, ich spreche ja genauso wie der Franz.

Olga, ich denke, Rita Falk, Wolf Haas etc. schaffen das vor allem durch die Grammatik/Wortstellung. "Da hat der Franz ..." klingt eben nach bayrisch, obwohl alle Wörter gewöhnliche deutsche Wörter sind. "Mir kannste et ja sagen" klingt durch die Wortstellung/GRammatik nach Dialekt, die Wörter selbst sind ja nur unwesentlich auf Dialekt "getrimmt". Aber eben weil die Grammatik sich an gesprochenem DIalekt anlehnt, klingt es so lebendig, mündlich, als ob jemand neben dir sitzt und einfach erzählt. "Du kannst es mir sagen" klingt dagegen nach gestelztem (aber richtigem) HOchdeutsch.

 

Meist werden nur wenige typische Dialektworte eingestreut, die Deutschen allgemein bekannt sind (Himmiherrgottsakrament). Auch Ludwig Thoma hat vor 100 Jahren bei seinen Lausbubengeschichten damit Erfolg gehabt. Deutsche verstehen das deshalb leicht.

 

Allerdings dürften sich Leser harttun, die nicht mit dem Deutschen aufgewachsen sind. Die sind meist froh, wenn sie endlich die komplexe deutsche Grammatik verstanden haben. Mark Twain hat ja seinen "Huckleberry Finn" auch reichlich mit Dialekt gewürzt; obwohl ich normale englische Bücher lesen kann, ist der Huck im Original für mich fast unverständlich.

 

herzliche Grüße

 

Hans Peter

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Ich finde auch, dass Dialekte möglich sein müssen, sofern sie zur Person und in die Geschichte passen. Die Leser würde ich in dieser Hinsicht nicht unterschätzen, niemand lebt schließlich in einer "keimfreien" Hochdeutsch-Welt, und über das Fernsehen bekommt man ebenfalls genug Dialekt geboten.

Das neue Jugendbuch: "Der Reiter des Königs"&&Homepage Burkhard P. Bierschenck

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Ich hab das bei meinem neuesten Roman 'Die Gestoßenen' auch gemacht: Eine Siamesische Zwillingswespe, bei der ein Kopf bayrisch spricht und der andere italienisch angehaucht. Eine Elfe mit Sprachfehler kommt auch darin vor. Und die Leser fanden das nicht wirklich schwierig zu lesen - im Gegenteil, bislang scheint die Elfe der Liebling zu sein. :-)

 

Hier ein Beispiel:

»Mach mich entelich los!« Die Elfe, kaum größer als die Hand des Zwerges, wand sich, doch Goncko hatte sie gut mit einem toten Regenwurm an einer Glasröhre gefesselt. Die darin eingesperrten Glühwürmchen spendeten Licht. Er beobachtete die Fliege, die um die Elfenbeine schlich. Goncko hatte dem Insekt die Flügel ausgerissen.

»Hey, du missratener Zwergel, hörst du schlecht?«

Es gibt bestimmt viele Elfen in diesem gottverlassenen Land und ich fange mir eine mit einem Sprachfehler ein, dachte er. »Halt die Schnauze!«, gab er zurück, angelte sich eine aus Blättern gedrehte Zigarette aus der Schublade und zündelte sie an.

»Wie heißt du eigentlich?«, fragte er die Elfe und blies ihr den Rauch ins Gesicht.

Sie hustete. Er zerdrückte die Zigarette auf der Fliege und sie gleich mit. Ein gelblicher Rauchfaden stieg empor und es stank nach verbranntem Eiweiß.

»Motzie!«, schrie sie und versuchte sich von der Regenwurmfessel zu winden.

»Motzie heißt du?«

»Nein, du Pödelmann. So heißt die Fliegel.«

Er stellte fest, dass die 'Fliegel' tot war. »So hieß sie.«

»Du hast sie zerbraten!«

»Tatsächlich?«

»Dafür wirst du in der Hölle kohlen!«

»Kohlen? Ja, ja. Mir zittern die Knie.«

 

 

Ich denke, dass es bei solchen Abweichungen wichtig ist, dass sich die Eigenheit locker leicht liest (oder sogar lustig) und nicht antrengend wird. Der bayrische Kopf der Zwillingswespe redet auch nicht stark bayrisch - sondern immer nur gefärbt. Und wenn er direkt bayrisch redet, lasse ich ihn das auch direkt (auf lustige Art) übersetzen, weil der andere Kopf (und auch der Leser) das wohl sonst nicht versteht. :-)

 

Grüße

Quidam

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Viele im süddeutschen Raum spielenden Regionalkrimis verströmen mindestens den Hauch von Dialekt. Zum Beispiel auch die Bücher von Andreas Föhr.

 

Mein Eindruck ist:

 

1. der Dialekt muss deutlich erkennbar sein, ist aber immer abgeschwächt. Selbst die Brenner-Bücher haben ihre eigene Sprache, die aber nicht 100% Originalsprache ist. Das hat Haas auch mal in einem Interview gesagt: das sei wie das Emil-Steinberger-Schweizerdeutsch.

 

2. Es gibt badische und unsympatische Dialekte... 5 Euro in die Wortspielkasse ... aber im Ernst: manche Dialekte sind positiv besetzt (bayerisch, berlinerisch), manche nicht (sächsisch, pfälzisch), manche sind schlicht unverständlich (platt). Ein ganzes Buch in Sächsisch? Aber in bayerisch geht.

 

3. Es muss schon einen guten dramaturgischen oder taktischen Grund dafür geben, den Dialekt so in den Vordergrund zu stellen. Die Haas-Bücher sind keine Krimis, sondern Anti-Heimatromane. Deswegen die Sprache. Die Falk-Bücher sind moderne Heimat-Unterhaltungsromane. Daher die Sprache. Die Leute kaufen die Bücher nicht TROTZ der Sprache, sondern WEGEN ihr. Sie müssen sich nicht anstrengen, sie zu lesen, sondern sie machen ganz bewusst einen virtuellen Deutschland-Urlaub in Bayern. Und die Bücher von Rita Falk funktionieren m.E. auch nur mit Komödien.

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Die Haas-Bücher sind keine Krimis' date=' sondern Anti-Heimatromane. Deswegen die Sprache. Die Falk-Bücher sind moderne Heimat-Unterhaltungsromane.[/quote']

Beides sind Heimatromane, allerdings moderne. Dazu gehört, dass man über die Heimat auch heftig herzieht - der Zusammenhang zwischen Nähe - ach wie schön - und Frotzelei ist wichtig.

 

Und da hilft der Dialekt sehr, weil du im Dialekt besser granteln kannst und auch näher an die Gegend ran kommst.

 

Kommt dazu, dass sich so auch die gängigen Topoi des Krimis durch den Kakao ziehen lassen.

 

herzlcihe Grüße

 

Hans Peter

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(Peter_Dobrovka)

Die Frage ist, ob man nicht Dialekt verstehen kann, obwohl man ihn nicht spricht.

Und ob es so störend ist, wenn man mal einzelne Wörter nicht versteht. Meist kann man sich das alles aus dem Zusammenhang herleiten.

Und wenn nicht: Genau für solche Sachen gibt es Testleser!

 

Peter

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