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(AndreaG)

Authentizität in Details in historischem Roman / Saga

Empfohlene Beiträge

Liebe Charlie,

 

natürlich ist es wichtiger, dass das Anliegen des Autors zu den Lesern rüberkommt und dass der Roman in der Zeit, in der er spielt, verortet ist, als dass jedes sprachliche Detail auch vollkommen stimmig ist. Deinen Texten merkt man ja auch an, dass du dich stark mit Sprache auseinandersetzt. In den Beispielen, die mir aufgefallen sind, hatte ich aber nicht den Eindruck, dass solange Synonyme gesucht wurden, bis man dann doch das Ausgangswort genommen hat. Dazu waren diese Begriffe zu häufig. Und sie werden mich immer stören, unabhängig davon, ob andere sich auch daran stören oder nicht.

 

Herzliche Grüße von

Christa

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Du, ich will das auch niemandem absprechen. Klasse finde ich die Worte auch nicht, weil die eben so'n bisschen am Budenzauber ruetteln, an der Atmosphaere, die man seinen Lesern ja nicht kaputt machen moechte. Was ich - aus eigener Erfahrung - ganz gern zu bedenken gebe, ist, dass die wenigsten im heutigen Deutschen gebraeuchlichen Worte echte Synonyme haben. (Man kann nicht Charme durch "Liebreiz" ersetzen, nee, kann man nicht, das ist nicht nur nicht treffend, es ist ausserdem, vor allem wenn man gerade den erotischsten Mann seines ganzen Buechls beschreiben moechte, ader absolute Schuss ins ... nee, ich hab jetzt wirklich nur Knie gedacht, ich schwoer's. DAS ist uebrigens auch so'n Ding: Es wird staendig und beim kleinsten Husten geschworen in Mittelalterromanen. DAS stoert mich. Da hab ich das Gefuehl, da kennt einer seine Figuren nicht.)

 

Letzten Endes ist mein Ziel eine klare, schlanke Sprache. UND eine Erzaehlstimme, die fuer mich passt - zur Geschichte, zu den Figuren, aber auch zur Zielgruppe.

 

Herzlich,

Charlie

(Mit vier Romanen zu knapp 700 Seiten im Ruecken und jetzt bei 550 rauskommend. Das ist fuer mich ein maechtiger Erfolg, und das bitte ich auch zu bedenken: Man kann alles umschreiben, aber es frisst Seiten. Und die, die da im Gewitter stehen und endlos labern, um das Wort "Charme" zu vermeiden, sind auch nicht wesentlich glaubhafter, als die, die halt mal schnell "Charme" nuscheln und ihre Schaefchen ins Trockene bringen.)

"Der soll was anderes kaufen. Kann der nicht Paris kaufen? Ach nein, in Paris regnet's ja jetzt auch."

Lektorat, Übersetzung, Ghostwriting, Coaching www.charlotte-lyne.com

 

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Chance etc. meide ich auch, weil das schöne Wort Möglichkeit oder Gelegenheit es oft genauso treffend ausdrückt. Bei Panik/panisch wäre ich großzügiger, wenn es keine treffende Alternative gibt - obwohl "übermächtige Furcht, die jedes klare Denken raubt" ja auch passend ist - nur manchmal einfach zu lang ;).

 

Ich habe ja das Glück, dass meine Lektorin mir die ganzen Modernismen rausfischt, die sich heimlich einschleichen und für die man betriebsblind wird.

 

Nur bei einem Modernismus haben wir es dann doch dabei belassen (der übrigens heutzutage auch alt ist, aber erst 300 Jahre nach meiner Erzählung gebräuchlich wurde). Galant und Galanterie - beides im MA nicht gebräuchlich, aber es fiel uns beim besten Willen nichts Besseres ein.

 

Gruß, Melanie

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Das stimmt nicht, Melanie.

Wenn einer versucht, durch eine Schlachtreihe in Ueberzahl zu stossen, dabei aber draufgeht, kannst du deine Figur nicht sagen lassen: "Armer Hansi. Er hatte keine Gelegenheit."

Ganz davon abgesehen, dass "Gelegenheit" im Mittelhochdeutschen eine Lage (auch von Oertlichkeiten) bzw. den Stand der Dinge bezeichnete. Das meine ich eben: Wollte man puristisch sein, ist "Gelegenheit" zumindest, wenn man wie ich die Sprachkombination Franzoesisch/Englisch zugrunde legen muss, falscher als "Chance". Es klingt nur nicht so falsch ...

 

Alles Liebe von Charlie

"Der soll was anderes kaufen. Kann der nicht Paris kaufen? Ach nein, in Paris regnet's ja jetzt auch."

Lektorat, Übersetzung, Ghostwriting, Coaching www.charlotte-lyne.com

 

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Das stimmt nicht, Melanie.

Wenn einer versucht, durch eine Schlachtreihe in Ueberzahl zu stossen, dabei aber draufgeht, kannst du deine Figur nicht sagen lassen: "Armer Hansi. Er hatte keine Gelegenheit."

 

Okay, in dem Fall hast du recht. Dann müsste es heißen "Armer Hansi, er hatte nicht die geringste Möglichkeit, sein Leben zu retten" ;)

 

Spaß beiseite - natürlich ist es so, dass es bestimmte Situationen gibt, die man sonst nur umständlich umschreiben kann. Ich glaube, das ist dann ähnlich wie bei einem Übersetzer, der treffende englische Formulierungen nicht wörtlich übersetzen kann, weil das im Deutschen blödsinnig klingt, sondern statt eines Wortes gleich einen ganzen Satz daraus basteln muss.

 

Und mal ehrlich - ich würde in dem Hansi-Beispiel das "Chance" vermutlich gar nicht so wahrnehmen, weil es treffend etwas ausdrückt.

 

Gruß, Melanie

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Das ist ein sehr guter Vergleich, finde ich.

Und so wie ein Uebersetzer - der ich im Hauptberuf bin - fuehl ich mich dabei. Und immer oefter erinnere ich mich daran: He, du musst das uebersetzen, Alte. Das Original lassen nuetzt keinem. Oder nur wenigen, die mein Buch in den meisten Faellen eh nicht kaufen.

 

Alles Liebe von Charlie

"Der soll was anderes kaufen. Kann der nicht Paris kaufen? Ach nein, in Paris regnet's ja jetzt auch."

Lektorat, Übersetzung, Ghostwriting, Coaching www.charlotte-lyne.com

 

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Noch ein schönes Beispiel, wo's mich aus dem Text rausgehauen hat:

In Ken Folletts "Säulen der Erde" wirft jemand die Flinte ins Korn - autsch.

Aber in dem Buch fehlt einer Figur bis zur Hälfte das rechte Ohrläppchen und dann das linke - noch autscher. Bin keine überpingelige Leserin, sondern war nur genervt, weil dieses dösige rechte Ohrläppchen (gefühlt) auf jeder zweiten Seite genannt wurde und da fällt's dann einfach auf, wenn die Seite wechselt >:(.

Liebe Grüße

Christiane

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Im Hansi-Besipiel würde ich vielleicht schreiben: "Es gab keinen Ausweg für ihn."Oder "Möglichkeit". Oder "Wahl".Und was den Charme angeht: Man muss das ja nicht immer alles mit einem Wort ausdrücken. Man könnte den tollen Kerl ja auch beschreiben, wie er wirkt, wie zum Beispiel weiland der Highlander (Hochland-R....)  ;)beschrieben wurde und in den sich Generationen von Frauen und Mädchen verliebten ...

 

Noch ein schönes Beispiel, wo's mich aus dem Text rausgehauen hat:

In Ken Folletts "Säulen der Erde" wirft jemand die Flinte ins Korn - autsch.

Aber in dem Buch fehlt einer Figur bis zur Hälfte das rechte Ohrläppchen und dann das linke - noch autscher. Bin keine überpingelige Leserin, sondern war nur genervt, weil dieses dösige rechte Ohrläppchen (gefühlt) auf jeder zweiten Seite genannt wurde und da fällt's dann einfach auf, wenn die Seite wechselt  >:(.

 

Ich habe ein Interview mit Ken Follett im Kopf, in dem er davon spricht, dass einem Mann in den Bergen die Beine weggeschossen (oder -geschlagen) wurden - in der nächsten Szene habe er dann eben diese Beine genüsslich vor dem Feuer in der Hütte ausgestreckt. Gerade lese ich ein Buch, in dem der Fluss ruhig dahinfließt, im nächsten Moment tobt er mit Hochwasser dahin. Das sind aber logische Momente, die nicht nur im historischen Roman stimmen sollten. Mir ist es auch schon passiert, dass ein Haus zweimal verkauft wurde, was mir sehr peinlich war, aber dem Absatz des Buches nicht schadete.

 

Grüße

Christa

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Schön, dass man sich bei euren Angaben an die eigene Nase packen und noch einiges lernen kann. Weiter so mit Anachronismen, ich will sehen, was ich vielleicht noch falsch gemacht habe ;D

 

Das Wort "automatisch" habe ich aus meinem 13. Jhd.-MS gestrichen und durch " wie von selbst" o.a. ersetzt. Leider musste mich mein Agent draufstoßen. Dann habe ich Angst bekommen und alle "Minuten" und "Sekunden" aus dem Text gestrichen.

 

Die grünen Augen einer Person dann mal braun machen, hat zwar nichts mit Recherche zu tun, sondern mit meiner eigenen Dummheit.

 

Gruß

Brunhilde

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Die grünen Augen einer Person dann mal braun machen' date=' hat zwar nichts mit Recherche zu tun, sondern mit meiner eigenen Dummheit.[/quote']

 

Augenfarben sind Autorenfallen und Leserstolpersteine! ;) Ich benutze sie nur noch, wenn sie aus irgendeinem Grund wirklich wichtig sind, und das dann möglichst durchgängig.

 

Grüße

Christa

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Oh je, die zeitliche Genauigkeit bei Worten ... so weit bin ich ja - als historischer Neuling - in meinen Sorgen noch gar nicht gediehen.

 

Während Du, Charlie, schon fünf Schritte (und natürlich etliche Bücher und viele Jahre) weiter bist, und von den Sorgen, mit denen ich mich jetzt gerade anfange zu tragen, die für Dich überflüssigen schon wieder beiseite geworfen hast.

 

Ich habe glücklicherweise wenigstens die Erleichterung, dass die Gefahr für Wort-Anachronismen im Jahre 1850 nicht ganz so hoch ist, als zu früheren Zeiten. Nicht zuletzt auch, weil es so viele Bücher gibt, in denen man die zeitgenössische Art zu reden ganz leicht nachlesen kann.

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Ich habe glücklicherweise wenigstens die Erleichterung, dass die Gefahr für Wort-Anachronismen im Jahre 1850 nicht ganz so hoch ist, als zu früheren Zeiten. Nicht zuletzt auch, weil es so viele Bücher gibt, in denen man die zeitgenössische Art zu reden ganz leicht nachlesen kann.

 

 

Andrea, ich dagegen würde mich im Jahr 1850 nicht so wohlfühlen, eben weil es so viel Material darüber gibt und man viel mehr auf Recherche gehen muss, um sich in dieser Zeit zurecht zu finden. Das erfordert viel Disziplin und Überblick.

Irgendwie habe ich das Gefühl, das gute, alte Mittelalter ist immer noch leichter einzuschätzen als die quecksilbrigen "neueren" Zeiten. ;)

 

Brunhilde

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Irgendwie habe ich das Gefühl' date=' das gute, alte Mittelalter ist immer noch leichter einzuschätzen als die quecksilbrigen "neueren" Zeiten.  ;) [/quote']

 

Fair enough.

Während mir alles, was älter als 200 Jahre ist, mangels Erfahrung panische Furcht einflößt. :p

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Das heisst' date=' ich werde solange nach einem Wort suchen, das "panisch" ersetzt, bis ich sicher bin, dass es an dieser Stelle kein gleichwertiges gibt (der schwerste dieser Kandidaten ist fuer mich uebrigens "Charme"). Finde ich keins, muss Panik dran glauben und basta. Und all meine so geliebten "mithin", "obschon", "deucht" und deren Geschwister hab ich aus meinem Text geschmissen. Das ist fuer mich jetzt eine Art von So-tun-als-ob, die ich - finde ich nicht mehr noetig habe. [/quote']

 

Bravo!

 

Ich versuche auch Modernismen zu vermeiden. Aber ich werde den Teufel tun, "altmodisch" zu schreiben. Meine Helden aus dem 12. Jh haben in ihrer Zeit auch nicht altmodisch gesprochen. Eben normal. Für "Charme" findet sich vielleicht noch etwas, aber "Panik" ist schwer zu ersetzen, also nehme ich es. Meine Lektorin hatte mir mal das Wort "neumodisch" angekreidet, wäre ja erst später aus dem Französischen gekommen. Richtig, aber ich hab nichts Besseres gefunden. Und die Idee von "Mode" wird es zu allen Zeiten gegeben haben. Also blieb "neumodisch" drin. Und mit "saublöd" hätte ich noch weniger ein Problem. :)

Die Montalban-Reihe, Die Normannen-Saga, Die Wikinger-Trilogie, Bucht der Schmuggler, Land im Sturm, Der Attentäter, Die Kinder von Nebra, Die Mission des Kreuzritters, Der Eiserne Herzog, www.ulfschiewe.de

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moin, moin,

 

hätte ich diesen Thread früher entdeckt, hätte ich mich nicht so lange mit dem GRFS quälen müssen.

So fühle ich mich zwei Wochen vor Abgabeschluss entlastet.

 

Birgid

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Ich habe glücklicherweise wenigstens die Erleichterung, dass die Gefahr für Wort-Anachronismen im Jahre 1850 nicht ganz so hoch ist, als zu früheren Zeiten. Nicht zuletzt auch, weil es so viele Bücher gibt, in denen man die zeitgenössische Art zu reden ganz leicht nachlesen kann.

 

Och, 1850 hat auch so seine Tücken. Da verging in meinem aktuellen Manuskript bis vor wenigen Tagen noch die "Zeit wie im Fluge".

Ich habe den Thread ach gerade erst entdeckt und finde ihn ungemein spannend. Und macht mich ein wenig panisch, was die Panik anbelangt: Wann ist dieser Begriff denn geprägt worden? Ich habe ihn bisher recht großzügig benutzt ...

 

Liebe Grüße von Steffi

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Wenn die Zeit wie im Fluge vergeht, hat das nichts mit Flugzeugen zu tun, sondern mit der poetischen Betrachtung, dass die Zeit an einem vorüberfliegt, je älter man wird.

 

Gruß, Melanie

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Und macht mich ein wenig panisch' date=' was die Panik anbelangt: Wann ist dieser Begriff denn geprägt worden? Ich habe ihn bisher recht großzügig benutzt ...[/quote']

 

Das wollte ich jetzt auch mal wissen. Und habe im Wörterbuch der Brüder Grimm (begonnen 1838) Folgendes gefunden, was ich hier mal zusammenfasse:

 

"Panisch, ein Adjektiv, tauchte im 18. Jahrhundert auf - nach französisch panique, griech. [ch928][ch945][ch957][ch953][ch954][ch8057][ch962]. Ist vom Wald- und Hirtengott Pan abgeleitet. Er soll zur Mittagszeit mit einem lauten Ruf Schrecken unter Tierherden hervorgerufen haben.(wie auch die "Stampede")

Beispiele: Lessing 10, 12; ein panisches schrecken bemächtigte sich aller zuhörer. Moritz A. Reiser 67, 13 neudr.; ein panischer schreck schmeiszt alle zu boden. Schiller 2, 92 (räuber, schausp. 2, 3); panischer allarm, leere siegesbotschaften schwanken durch einander. Göthe 6, 200; panische furcht

hat unser heer und volk ergriffen. Platen 4, 252.

 

LG

Christa

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Wenn die Zeit wie im Fluge vergeht, hat das nichts mit Flugzeugen zu tun, sondern mit der poetischen Betrachtung, dass die Zeit an einem vorüberfliegt, je älter man wird.

 

Gruß, Melanie

Himmel, bin ich bescheuert. Natürlich! Wahrscheinlich lag's daran, dass ich so fürchterlich aufpassen musste, wann was wo erfunden/entdeckt/erforscht wurde, dass ich überhaupt nicht mehr aus der Technik-Nummer herausgekommen bin. Naja, reinbasteln werde ich es nicht wieder, habe ein anderes Bild gefunden.

 

Christa, vielen Dank! Dann bin ich im 19. Jahrhundert ja auf der sicheren Seite.

 

Liebe Grüße von

Steffi

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