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Patrick

Wie beschreibt ihr Angst?

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Liebe Kollegen,

 

nehmen ihr an, ihr wollt dem Leser zeigen, dass der Protagonist Angst hat. Da es sich um einen Thriller kommt dieser Zustand ziemlich oft vor.

 

Ich knüpfe an die körperlichen Auswirkungen der Angst an: Herz und Atmung rasen, der Blutdruck steigt, der Magen krampft sich zusammen,  Nackenhaare stellen sich auf und eine Gänsehaut bildet sich. Da sich die körperlichen Symptome der Angst an den Fingern abzählen lassen, kommt es zu abgedroschenen Klischees wie:

 

„Sie spürte, dass ihre Nackenhaare sich aufrichteten und dass sich auf ihren Armen eine Gänsehaut bildete.“

 

Hat ihr Vorschläge, wie man Angst ausdrücken kann, ohne in die Klischeekiste zu greifen, also ganz ohne eiskalte Schauer, Herzklopfen, in den Adern gefrierendes Blut, Angstschweiß auf der Stirn, Eisklumpen im Magen und im Blut schäumendes Adrenalin?

 

Mit besten Grüßen

Patrick

"Ich habe nicht geschossen, nur ein bisschen- Absurde Ausreden vor Gericht", Ullstein 2018

"Justiz am Abgrund - Ein Richter klagt an", Langen-Müller 2018

"Jurafakten - Verbotene Süßigkeiten, erlaubte Morde und andere Kuriositäten aus Recht und Gesetz", Ullstein 2019

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Kurze Vergleiche mit früheren Lebensereignissen wären eine andere Möglichkeit - auf einmal ist sie wieder das kleine Mädchen, das von seiner Schwester versehentlich im dunklen Keller eingesperrt wurde. Nur ein kurzer Erinnerungsblitz, der deine Protas mit einer früheren, sehr angstbesetzten Situation konfrontiert, die jeder Leser aus eigener Erfahrung nachvollziehen kann.

 

Gruß, Melanie

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Hallo Patrick,

 

Angst kann man auch über die Gedanken der Figur vermitteln. So wie sie eine Situation im Kopf bewertet und kommentiert, offenbart sich ihre Gefühlslage.

Angenommen, sie ist in einem Raum und die Tür öffnet sich langsam:

 

Beispiel 1: Wer ist das schon wieder?, dachte sie. Sie hatte allen gesagt, dass sie ungestört sein wollte und doch war ihre Bitte in den Weiten der Walachei verhallt. Wieder einmal. Gemütszustand: Ärger

 

Beispiel 2: Endlich kam er. Wenn er sie noch länger hätte warten lassen, wäre sie wahnsinnig geworden. Doch warum öffnete er die Tür so zögerlich, freute er sich nicht darauf, sie wiederzusehen? Gemütszustand: Freude und gleichzeitig Sorge.

 

Beispiel 3: Jetzt würde es geschehen, sie wusste es. Seit einer Stunde harrte sie aus und starrte auf die Tür und nun war es soweit. Sie wusste, dass nur er diese Tür so langsam öffnen würde, er wollte sie quälen, das, was ihr bevorstand, hinauszögern so lange es ging. Der Impuls zu rennen wurde stärker, doch dieses Zimmer besaß nur eine Tür. Gemütszustand: Angst.

 

Zudem kann man Angst auch zeigen, indem man dem Leser deutlich macht, dass eine Situation oder ein Gegenstand für die Figur angstbehaftet ist. Zum Beispiel, wenn die Figur Höhenangst hat und der Leser das einmal bei ihr erlebt hat, dann wirst du bei allen folgenden Situationen die Figur nur in den Abgrund schauen lassen müssen und der Leser weiß genau, was in ihr vorgeht auch ohne schweißnasse Hände oder Gänsehaut.

 

Du kannst ihr auch einen nervösen Tick geben, der sie immer in Angstsituationen befällt. Die Figur tut dann etwas Irrationales, etwas, was nicht passt. Sie bekommt Heißhunger auf Tomaten zum Beispiel.

 

Auch ein Gegenstand, der für die Figur angstbehaftet ist, eignet sich sehr gut, um ihren inneren Zustand zu zeigen. Hat sie zum Beispiel aus der Backstory entstandene Probleme mit Messern (weil sie mal jemand bedroht hat), dann brauchst du in entsprechenden Situationen nur diesen Gegenstand zu benutzen, um dem Leser klar zu machen, dass die Figur nicht wirklich glücklich ist in dem Moment.

 

Viele Grüße

Susann

Eat the frog in the morning (Mark Twain)

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Hat ihr Vorschläge, wie man Angst ausdrücken kann, ohne in die Klischeekiste zu greifen, also ganz ohne eiskalte Schauer, Herzklopfen, in den Adern gefrierendes Blut, Angstschweiß auf der Stirn, Eisklumpen im Magen und im Blut schäumendes Adrenalin?

 

Wie du schon sagst, Patrick, solche Beschreibungen wirken schnell abgedroschen und führen nicht zum gewollten Effekt, indem man über körperliche Reaktionen des Prota schreibt. Die nimmt der Leser eher gähnend oder mild interessiert zur Kenntnis.

 

Der Effekt, den man erreichen will, ist ja, dass dem Leser ein Schauer über den Rücken fährt. Und das geht nur aus der Situation heraus. Die Szene muss sorgfältig vorbereitet, die Spannung gesteigert, die Gefahr muss spürbar werden bis die Luft knistert.

 

Erst dann kann man erwähnen, dass dem Prota der Mund trocken geworden ist oder sein Herz heftiger schlägt, oder so eine kleine Bemerkung. Nicht viel mehr. Da genügt dann wenig. Manchmal gar nichts.

Die Montalban-Reihe, Die Normannen-Saga, Die Wikinger-Trilogie, Bucht der Schmuggler, Land im Sturm, Der Attentäter, Die Kinder von Nebra, Die Mission des Kreuzritters, Der Eiserne Herzog, www.ulfschiewe.de

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Hallo Patrick,

 

ich benutze für solche Szenen bevorzugt die (oft zitierte und genauso oft gescholtene) Show-don't-tell-Technik: Ich schildere die angstbesetzte Situation möglichst präzise und zeige die Furcht der Figur über deren Verhalten.

 

Wenn sich deine Figur beispielsweise in einem alten Bunker befindet und zu einer rostigen Tür schleicht, hinter der möglicherweise eine tödliche Gefahr lauert, könntest du beschreiben, wie der Charakter vorsichtig den Gang entlanggeht, bemüht, nicht das kleinste Geräusch zu verursachen. Seine Schritte werden immer langsamer, seine Hand mit der Pistole zittert und er bemüht sich krampfhaft, das Zittern zu unterdrücken. Jetzt komm schon - stell dich nicht an wie eine Memme, sagt er sich selbst, während er die Linke nach der Türklinke ausstreckt. Sein Mund wird trocken, während er die Tür langsam aufzieht, und als sie ein rostiges Knarren von sich gibt, hält er unwillkürlich den Atem an.

 

Solche Passagen können m.E. ruhig etwas ausführlicher werden, denn das ist viel wirkungsvoller als: "Voller Angst schlich er den Gang entlang und öffnete die Tür." Und man kommt dabei ohne Klischees von gefrierendem Blut etc. aus.

 

Christoph

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Ich bin dahin gehend Ulfs Meinung. Wenn die Situation spannend und angsteinflössend ist, braucht es mMn wenig Beschreibung, was das Körperliche des Protagonisten anbelangt. Solche körperlichen Reaktionen sind ja nicht unendlich. Sie sind nicht bei allen gleich, klar, aber sie ähneln sich eben. Und das Rad kann nicht neu erfunden werden.

Aber dass jemand, der Angst verspürt, plötzlich beginnt, auf einem Bein zu hüpfen o.Ä., wirkt mE überzogen und bemüht. Ich müsste bei so einer Angstbeschreibung wohl lachen. Da ist mir, als Leser, ein trockener Mund dann schon lieber.  ;)

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Aber dass jemand, der Angst verspürt, plötzlich beginnt, auf einem Bein zu hüpfen o.Ä., wirkt mE überzogen und bemüht. Ich müsste bei so einer Angstbeschreibung wohl lachen.

Deshalb kommt es bei solchen Dingen auf das Genre an, in dem man sich bewegt. Mein Beispiel mit den Tomaten würde gut zu einer Komödie passen, denn dort soll ja gelacht werden. Bei einem Thriller muss man natürlich passendere Dinge wählen und wenn der Autor sein Handwerk versteht, wird der Leser es nicht bewusst, sondern unbewusst wahrnehmen und automatisch in die Info umwandeln: Der Protagonist hat Angst.

 

Gruß Susann

Eat the frog in the morning (Mark Twain)

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Hallo, Patrick,

 

Ich versuche mit körperlichen Beschreibungen sehr sparsam umzugehen, wenn es klappt - sie gänzlich zu vermeiden. Denn sie sind mMn ziemlich leer, lassen den Leser weder mit noch um die Figur Angst haben.

Viel intensiver wird die Beschreibung/die Szene, wenn man mit der Atmosphäre und/oder dem Innenleben der Figur arbeitet.

 

Liebe Grüße,

Olga

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Je nach Situation reicht es auch, die Situation durch entsprechende Stilmittel zu beschreiben, z.B. durch kurze, abgehackte Sätze, und die Figur dabei ein wenig in den Hintergrund zu schreiben.

Im Zustand sehr großer Angst, merkt man übrigens selbst oft nicht, ob man Angst hat. Entweder man wird hysterisch, oder man funktioniert einfach nur noch, bleibt eiskalt (und bricht hinterher zusammen).

Aber wer wirklich richtige Angst hat, merkt nicht mehr, ob sich Nackenhärchen aufrichtigen oder Schweiß ausbricht; sowas ist in dem Moment vollkommen unwichtig.

(Ich nutze sowas eher während des Spannungsaufbaus; und dann in nicht zu weitreichenden Variationen. Einer meiner Figuren werden z.B. schnell die Hände feucht, wenn sie nervös ist. Das muss man dann natürlich in unterschiedliche Beschreibungen betten.)

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Einigkeit besteht in der Diskussion darin, die körperliche Auswirkungen der Angst weglassen, da sie zu klischeebehaftet sind.

 

Eure Alternativvorschläge:

- Vergleiche mit früheren Lebensereignissen (Melanie)

- Angst über die Gedanken der Figur vermitteln (Susan)

- Szene sorgfältig vorbereiten, dann reicht eine Andeutung der Angst (Ulf)

- Angstbesetzte Situation präzise schildern und die Furcht der Figur über deren Verhalten zeigen (Christoph)

- Statt körperliche Beschreibungen Atmosphäre und/oder Innenleben der Figur (Olga)

- Stilmittel, wie z.b. kurze abgehackte Sätze, vermitteln Angst (Jennifer)

 

Wenn man sich veröffentlichte Thriller anschaut, wird da, so mein Eindruck, wenig subtil bei der Angstbeschreibung vorgegangen. Es wimmelt da vor eiskalten Schauern über den Rücken, hämmernden Herzschlägen, in den Adern gefrorenem Blut, zusammenkrampfenden Mägen und sich sträubenden Nackenhaaren. Vielleicht gehören plakative Angstbeschreibungen einfach zum Genre der Gänsehaut-Literatur. Vielleicht erwartet der Leser sie sogar. Was meint ihr?

 

Beste Grüße

Patrick

"Ich habe nicht geschossen, nur ein bisschen- Absurde Ausreden vor Gericht", Ullstein 2018

"Justiz am Abgrund - Ein Richter klagt an", Langen-Müller 2018

"Jurafakten - Verbotene Süßigkeiten, erlaubte Morde und andere Kuriositäten aus Recht und Gesetz", Ullstein 2019

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Ich denke, die wenigsten Autoren haben in ihrem Leben jemals Angst in der Form bzw. Situation gehabt, die sie zu beschreiben versuchen, weshalb sie zu dem greifen, was sie kennen, nämlich zu den Klischées, die sie selbst immer wieder gelesen haben.

So schreibt seit Generationen und Jahrhunderten einer vom anderen ab.

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Ich denke, die wenigsten Autoren haben in ihrem Leben jemals Angst in der Form bzw. Situation gehabt, die sie zu beschreiben versuchen, weshalb sie zu dem greifen, was sie kennen, nämlich zu den Klischées, die sie selbst immer wieder gelesen haben.

So schreibt seit Generationen und Jahrhunderten einer vom anderen ab.

 

Ganz recht. Und ehrlich gesagt weiß ich nicht, wie es sich anfühlt, wie das Blut in den Adern gefriert. Wahrscheinlich wär ich dann schon tot. Und meine Nackenhaare wollen sich auch partout nicht sträuben. Ein genetischer Defekt?  :s22

Die Montalban-Reihe, Die Normannen-Saga, Die Wikinger-Trilogie, Bucht der Schmuggler, Land im Sturm, Der Attentäter, Die Kinder von Nebra, Die Mission des Kreuzritters, Der Eiserne Herzog, www.ulfschiewe.de

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Ich denke, die wenigsten Autoren haben in ihrem Leben jemals Angst in der Form bzw. Situation gehabt, die sie zu beschreiben versuchen, weshalb sie zu dem greifen, was sie kennen, nämlich zu den Klischées, die sie selbst immer wieder gelesen haben.

So schreibt seit Generationen und Jahrhunderten einer vom anderen ab.

 

Das mag sein, allerdings betrifft das nicht nur die Autoren, sondern auch die Leser. Und so kann eine womöglich leere Phrase, die regelmäßig für das Vermitteln von Angst verwendet wird, allein durch die daran hängende Erwartungshaltung durchaus Angst vermitteln. So wie eine völlig harmlose Spinne die meisten Menschen schaudern lässt; Konditionierung.

 

Von daher finde ich die Frage, ob der Leser sowas nicht erwartet, durchaus berechtigt. Es funktioniert offenbar (und ehrlich gesagt finde ich, dass alle diese Phrasen bei "gemäßigter" Angst durchaus zutreffen).

 

LG Jenny

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Das mag sein, allerdings betrifft das nicht nur die Autoren, sondern auch die Leser. Und so kann eine womöglich leere Phrase, die regelmäßig für das Vermitteln von Angst verwendet wird, allein durch die daran hängende Erwartungshaltung durchaus Angst vermitteln. So wie eine völlig harmlose Spinne die meisten Menschen schaudern lässt; Konditionierung.

 

Aber das ist eben die Definition von Klischee. Gefühl aus der Dose ohne wirkliches Erleben. Hallo, liebe Leser, jetzt kommt ein Schuss Angst ... Blut gefriert in den Adern ... geschnallt?  ;D

Die Montalban-Reihe, Die Normannen-Saga, Die Wikinger-Trilogie, Bucht der Schmuggler, Land im Sturm, Der Attentäter, Die Kinder von Nebra, Die Mission des Kreuzritters, Der Eiserne Herzog, www.ulfschiewe.de

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Hm, ich kenne das Gefühl, dass einem vor Schreck eisig kalt unter der Haut wird und man zugleich versteift. Besser als "Blut gefriert" kann man das kaum beschreiben. Mir stellen sich auch häufig mal die Nackenhärchen auf; daher würde ich sowas nicht als hohle Phrasen bezeichnen.

Klischee? Mag sein. Aber ne Prise Klischee muss nicht unbedingt schaden, wenn man es nicht übertreibt.

 

Auf passende Formulierungen zu verzichten, weil andere Schriftsteller sie auch nutzen (da sie einfach naheliegend sind) ist in meinem Augen eine Art von Klischeevermeidung, die sich nicht immer positiv auf den Text auswirken muss.

 

LG Jenny

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Also, ob man körperliche Auswirkungen von Angst beschreiben möchte oder einem das als Stilmittel zu profan erscheint ist eine Sache. Anderseits können direkte Beschreibungen durchaus dazu beitragen, die Szene authentisch zu machen.

 

Natürlich habe auch ich noch keine Angst in Form der zu beschreibenden Situation gehabt, aber in denke, selbst ein wohlbehütetes Dasein wie das unsere kann bereits durch "geringfügigere" Anlässe mächtig in Aufruhr geraten.

Selbstverständlich fühlt man Angst körperlich. Das Aufstellen der Nackenhärchen mag zwar eine metaphorische Unschreibung sein, kommt dem Gefühl von Angstschweiß, der im Nacken kalt wird, ziemlich nahe. (Haare habe ich an dieser Stelle überhaupt nicht ;-))

Das Blut in den Adern gefrieren, ist eine passende Beschreibung für das ruckartige Rauschen, welches einen durchzieht, wenn man beispielsweise eine Treppe hinabsteigt und noch eine Stufe erwartet wo keine ist. Eine sehr körperlich Reaktion, deren gesteigertes Ausmaß ich nicht erleben möchte.

Der Magen krampft sich nicht wirklich zusammen, wenn man sich ängstigt, doch der Druck, vielleicht in Verbindung mit aufsteigender Übelkeit bei Angst, ähnelt sehr der etwas übersteigert und für einen Roman durchaus vertretbaren Beschreibung.

 

Das gleiche gilt für beschleunigte Atmung, meine tut das, wenn ich allein in einen Keller gehen muss.

All das sind natürlich körperliche Beschreibungen bei kleineren, also nicht lebensbedrohlichen Ängsten. Um sich in wahre Gefahren auch nur ansatzweise hineinversetzen zu können, könnte man einen Selbsttest wagen. Mit Höhenangst auf einen Aussichtsturm steigen oder in meinem Fall, Achterbahn fahren.

 

Ich versuche körperliche Beschreibung gezielt einzusetzen, den Text damit nicht zu überladen, halte sie aber generell für unerlässlich. Wenn ich eine angstreibende Situation möglichst präszise beschrieben habe, darf der Protagonistin ruhig auch der Atem stocken, als Überleitung von dem was sie gerade sieht zu dem was sie fühlt, nämlich ihrem Innenleben.

 

Die zitternde Hand, welche krampfhaft den Pistolenschaft umgreift ist eine ebensolche körperlich Beschreibung.  

 

Wie so oft im Leben kommt es in diesem Fall auf das rechte Maß an, finde ich.

Die Trevelyan Schwestern - Jetzt geht es um Liebe

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Hallo Patrick,

 

Ich bin davon überzeugt, dass sich Gefühle wie Angst nur von innen heraus beschreiben lassen: Was dazu führt, dass jemand, der zB. keine Höhenangst hat, das auch beim Lesen nicht begreifen wird ... oder nur ansatzweise. Wir hatten dazu mal eine sehr, sehr lange Diskussion in einem meiner Schreibkurse. Dazu kam damals noch, dass Angst von Männern und Frauen offenbar anders erlebt werden kann.

 

Und was das Klischee betrifft: Lass etwas untypisches passieren, dann werden auch die Reaktionen andere sein. Lies mal nach über Stress in Angstsituationen: Tunnelblick etc.

 

Ich erinnere mich an eine Situation in einem früheren Job, wo ich dachte: Aha, so ist das also, wenn ein Überfall passiert. (Was es zum Glück nicht war.) Der Kopf hat aus dem Verhalten des Gegenübers diesen Bezug hergestellt - und ich erinnere mich noch sehr gut an das tatsächlich spürbare Prickeln im Hirn - ich kann es nicht anders beschreiben.

 

My 2 (or more) cents

Anni

Autorin | Ein  Buch schreiben

Das Leben ist zu kurz für schlechte Bücher

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Natürlich gibt es sehr spürbare körperliche Angstemfindungen. Ohne Frage. Aber die kann man auch athentischer beschreiben, als die üblichen Klischeeformulierungen zu nutzen.

 

Das ist das eine, was ich sagen wollte. Der andere Punkt ist, dass es weniger auf Beschreibungen des physischen Zustands des Protas ankommt, meines Erachtens, als auf eine angsteinflößende Wirkung beim Leser selbst zu erzielen, und das geschieht am besten durch eine spannungsgeladene und bedrohliche Szene.

Die Montalban-Reihe, Die Normannen-Saga, Die Wikinger-Trilogie, Bucht der Schmuggler, Land im Sturm, Der Attentäter, Die Kinder von Nebra, Die Mission des Kreuzritters, Der Eiserne Herzog, www.ulfschiewe.de

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Aber wer wirklich richtige Angst hat' date=' merkt nicht mehr, ob sich Nackenhärchen aufrichtigen oder Schweiß ausbricht; sowas ist in dem Moment vollkommen unwichtig. [/quote']

 

Einspruch: Ich hatte einmal in meinem Leben einen Schrecken. Ein wirklichen Schrecken, der nicht nur daher rührte, dass eine Tür unerwartet vom Wind zuschlug. Und während ich in den ersten zwei, drei Sekunden dastand, unfähig zu einer koordinierten Bewegung, wunderte ich mich darüber, wie sich meine Nackenhaare aufrichteten. Und ich dachte noch: "Ach, das funktinioniert tatsächlich so?"

 

Das Problem ist das literarische Schreiben: Das Leben ist manchmal (nicht immer!) viel formelhafter als man denkt. Wer beobachtet nicht Dinge und denkt sich: "Wenn ich das schriebe, würden alle denken, was ein Mumpitz!"

 

Aber wer möchte schon hunderttausendmal von einer körperlichen Reaktion lesen, ob sie nun eintritt oder nicht?

 

Gruß

 

A

www.klippenschreiber.de

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Aber wer wirklich richtige Angst hat' date=' merkt nicht mehr, ob sich Nackenhärchen aufrichtigen oder Schweiß ausbricht; sowas ist in dem Moment vollkommen unwichtig. [/quote']

 

Einspruch: Ich hatte einmal in meinem Leben einen Schrecken. Ein wirklichen Schrecken, der nicht nur daher rührte, dass eine Tür unerwartet vom Wind zuschlug. Und während ich in den ersten zwei, drei Sekunden dastand, unfähig zu einer koordinierten Bewegung, wunderte ich mich darüber, wie sich meine Nackenhaare aufrichteten. Und ich dachte noch: "Ach, das funktinioniert tatsächlich so?"

 

*lach* Das war vermutlich einer dieser Gaga-Momente, die man angesichts der Angst mal bekommen kann.

Die sind echt krass. Mir erzählte mal eine regelrecht überfürsorgliche Mutter, dass sie - als ihr Kleinkind in einen Fluss stürzte und definitiv Lebensgefahr bestand! - dachte: Wie gut, dass ich keine Schuhe anhabe, sonst würden die jetzt nass werden", während sie hinterher sprang.

 

Mir hat mal mein Mann wirklich Angst gemacht: Ich war gerade eingeschlafen, da kam er auf allen Vieren ins Zimmer gehoppelt und gab Wildschwein-Laute von sich. Während ich noch schrie wie abgestochen und mein Körper der festen Überzeugung war, dass wir jetzt alle sterben werden, dachte ich gleichzeitig zwei Dinge:

"Verdammt, wir wollten morgen in den Freizeitpark!" und "Mach dir bloß nicht in die Hose, falls das jemand auf Video aufnimmt und bei youtube einstellt." (By the way: Wer sollte das tun? Vor allem im Dunkeln.)

 

Solche Gagas scheinen recht "normale" Reaktionen zu sein, aber wie du schon geschrieben hast, Andreas, kann man sowas wohl nur eingeschränkt verarbeiten, sonst zeigen einem die Leser einen Vogel.

 

LG Jenny

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Vielen Dank für die lebhafte Diskussion und die zahlreichen Anregungen.

 

Ich nehme für mich mit, dass auch die üblichen Standardformulierungen für das Vermitteln von Angst (sparsam) verwendet werden können. Wie immer macht die Dosis das Gift. Und dass es eine Reihe subtilere Methoden der Angsterzeugung beim Leser gibt.

 

Beste Grüße

Patrick

"Ich habe nicht geschossen, nur ein bisschen- Absurde Ausreden vor Gericht", Ullstein 2018

"Justiz am Abgrund - Ein Richter klagt an", Langen-Müller 2018

"Jurafakten - Verbotene Süßigkeiten, erlaubte Morde und andere Kuriositäten aus Recht und Gesetz", Ullstein 2019

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