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TobiasL

Die Beobachterin (Verena Liebers)

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Klappentext: Wenn ein Mensch für einen anderen Menschen zum Hoffnungsträger wird …

 

Zunächst ist für den 40-jährigen Apotheker Hendrik alles nur eine willkommene Abwechslung. Die junge, drogensüchtige Tony beobachtet ihn auf Schritt und Tritt. Für sie ist der bürgerliche, glücklich verheiratete Hendrik der Inbegriff des geordneten, zufriedenen Lebens. Hendrik nimmt sich der jungen Tony an. Bald ist er für sie wichtiger als die Therapeuten und Ärzte in der Drogenklinik. Doch je mehr Einblick sie in das Leben ihres neuen „Idols“ gewinnt, desto mehr Risse finden sie darin. Hendriks Leben gerät aus den Fugen. Er flüchtet sich in eine Affaire und in Alkohol. Bald ist die Frage, wer für wen der Hoffnungsträger ist, eine auf Sein oder Nicht-Sein.

 

Ein kritischer Blick hinter die scheinbar stabile Welt bürgerlichen Lebens. Eine Geschichte über das Hinsehen, Wegsehen und Gesehen-werden.

 

Inhaltsangabe: Der Klappentext trifft den Inhalt teils wirklich gut, insofern nämlich, als dass er den Beginn des Romans ausführlich beschreibt, mit dem Rest jedoch etwas zu schnell fertig wird. Ja, Hendrik flüchtet sich in eine Affaire, aber verschwiegen werden die auslösenden Risse in seiner Ehe. Selbst mit aus ihrer Kindheit herrührenden Problemen behaftet, entfernen sich Hendrik und seine Frau mehr und mehr, ihr gemeinsames Leben wird zu etwas asexuellen. Auf einem Klassentreffen geschieht es dann, Hendrik endet in den Armen einer anderen Frau und schwängert sie. Damit gerät Hendriks Leben nun vollends aus den Fugen, hier greift der Alkohol mehr und mehr in seinen Alltag ein, er schwankt zwischen Ehe und Vaterschaft. Und erst der Verlust des Fötus (absolut undramatisch!) bringt Hendrik auf die richtige Spur zurück. Eine letzte Begegnung mit Tony hat daran großen Anteil.

 

Fazit: „Die Beobachterin“ ist einer jener Romane, denen man viele Leser und Leserinnen wünscht, weil sie ein großes Thema mit leichter Hand gekonnt und mit Tiefsinn umsetzen. Um die Vergangenheit geht es, um das, was uns zu dem gemacht hat, was wir heute sind. Und darum, wie wir damit umgehen. Da ist Tony, drogensüchtig, stets begleitet von den Monstern ihrer Kindheit, anfangs in einer Suchtklink lebend, später in einer WG mit anderen Therapierten, dann irgendwo ... Da ist Hendriks Frau, scheinbar glücklich, aber auch in ihr sind Monster, die durch eine Reise zu ihren Eltern geweckt werden und sie in tiefe Grübeleien stürzen. Und da ist Hendrik, auch er scheinbar glücklich, frei von Monstern, und doch kommt er mit seinem Leben nicht klar, flüchtet sich bei aufkommenden Eheproblemen in eine bizarre Affaire und den Alkohol. Dass Verena Liebers all das ohne einen in welcher Weise auch immer erhobenen Zeigefinger darstellt, macht den Roman so überaus lesenswert. Es gibt keine Patentrezepte für das Leben, es geht nur darum, dass Beste aus seiner Situation zu machen. Tony versucht es, Hendrik scheitert fast daran (obwohl er nach allgemeinem Verständnis sicherlich viel bessere Voraussetzungen für ein gelungenes Leben hat als Tony).

 

Als etwas irreführend empfinde ich den Titel des Romans, zwar ist Tony anfangs eine Beobachterin, die Hendrik nicht aus ihrer Aufmerksamkeit entlässt, aber da die Geschichte aus Hendriks Perspektive erzählt wird, erfahren wir von all dem nur aus seiner Sicht. Und die ist schon sprachlich die eines genauen Beobachters. Kleinigkeiten nimmt er wahr, Nuancen, ein genaues Auge hat er und daran lässt er die Leser teilhaben. Die Sprache ist exakt, präzise, zugleich voller phantastischer Bilder und Beschreibungen. So macht Lesen Spaß! Da gibt es kein Flüchten in scheinbare Modernitäten, da wird beschrieben, was ein vierzigjähriger Apotheker um sich herum wahrnimmt, das mutet manchmal altmodisch an, liest sich aber erfreulich schwungvoll.

 

Romanen wie „Die Beobachterin“ wünsche ich viele Leser und Leserinnen, fernab aller Moden erzählen sie große Geschichten. Und es ist schade, dass sich dafür nur Kleinverlage finden zu lassen scheinen. Andrerseits ist es gut, dass wenigstens dort Platz für solche Romane ist. Dass dieses verlegerische Risiko gerechtfertigt ist, hat Verena Liebers mit ihrem Debütroman „Das Schattenmädchen“ bewiesen. 2003 erreichte sie damit den 4. Platz beim ja nun nicht so ganz unbedeutendem Mara-Cassens-Preis.

 

Negativ: Es gibt zahlreiche Satzfehler!

"If it sounds like writing, I rewrite it." (Elmore Leonard)

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