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jueb

Bedeutungsnuancen

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So, jetzt spricht Anton Pawlowitsch:

 

Dann arbeiten Sie nicht am Satz; man muss ihn gestalten – darin liegt die Kunst. Man muss alles Überflüssige hinauswerfen, den Satz von „nach Maßgabe dessen“ und „mit Hilfe von“ reinigen, man muss für seine Musikalität sorgen und darf nicht zulassen, dass in einem Satz fast nebeneinander „hörte“ und „aufhörte“ steht. ... Die Holprigkeit müssen Sie fühlen, denn Sie sind musikalisch und feinfühlig ...

(Tschechow an L.A. Avilowa, Nizza, 3.11.1897)

 

Liebe Angelika,

vielen, vielen Dank für diese nächtliche Lektion! Alles super klar verständlich! Ich hab sie mir eben ausgedruckt. Und dieses Zitat finde ich einfach umwerfend.

 

Beglückte Grüsse

Lisa

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Liebe Angelika,

 

Danke dir für deine Erläuterung. JETZT verstehe ich endlich, was du gemeint hast. Und das Zitat ist einfach grandios, ich hätte niemals gedacht, dass die alten Klassiker auch als "Schreibratgeber" fundiert haben.

 

Liebe Grüße,

Olga

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Liebe Angelika,

 

danke für deine ausführliche Erklärung. Übrigens, was die Klammer angeht, das ist eine sehr den Autor verführende Möglichkeit der deutschen Sprache. Im Moment fällt mir nämlich auf, wie viele Texte (vor allem unveröffentlichte) damit arbeiten.

 

die flexible deutsche Sprache - ok

die viele Klammern zulassende deutsche Sprache - na ja

die den Autor mit vielen Klammern und damit zahlreichen engpackenden Eigenschaften beglückende und so Kunst fördernde deutsche Sprache - da wird die Klammer meiner Meinung nach etwas überdehnt ;-). Aber dieses Konstrukt gewinnt immer mehr an Beliebtheit zusammen mit Partizipkonstruktionen. Überdehnt finde ich es furchtbar, überhaupt bin ich kein Anhänger von Partizipien.

 

Aber zumindest die Partizipien werden sich im Deutschen bald durchgesetzt haben, vermute ich.

 

Zurück zu der Frau im Regen. Was ich mir gestern die ganze Zeit überlegt habe: Auf mich wirkte Juebs zweiter Satz ebenfalls lebendiger, der erste statischer. Aber so richtig wirkte er nicht, anders als bei euch anderen.

 

Rein rational kann ich sagen, was er bildhaft schildern will. Aber er spricht mich dennoch nicht an. Weil Dauerregen für mich zwar höchst unangenehm, aber nicht mit Gefühlen besetzt ist? Dann dürften viele andere Metaphern bei mir auch nicht wirken. Weil ich weder das Kinderzimmer, noch die Frau kenne? Möglich.

 

Ein richtiger Grund fällt mir jedenfalls nicht ein. Höchstens, dass dieser Regen sehr wie ein Dauerregen wirkt, also etwas, das sich so einregnet. Die Frau aber vermutlich nicht dauern im Kinderzimmer steht, sondern es betreten hat und dann brechen die Gefühle hervor?

 

Hans Peter, immer noch grübelnd

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Und das Zitat ist einfach grandios' date=' ich hätte niemals gedacht, dass die alten Klassiker auch als "Schreibratgeber" fundiert haben.[/quote']

Haben sie, haben sie.

 

Nehmen Sie das genau treffende Wort, nicht seinen Cousin (Mark Twain)

Und war es nicht ebenfalls Tschechow, der den schönen Satz prägte:

Wenn im ersten Akt eine Flinte an der Wand hängt, muss im dritten geschossen werden (Zitat aus dem Gedächtnis).

 

Hans Peter

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Zurück zu der Frau im Regen.

 

Frau? Regen?

Ich habe nirgends heraus gelesen, dass es sich beim Protagonisten um eine "in" handelt.

Vielmehr waren er automatisch männlich, rein gefühlsmäßig.

Ein Mann steht im alten Kinderzimmer einer Frau ("ihrem") und fühlt sich...

Ja, wie?

Das ist die große Frage und aus dem Satz alleine wird eine Antwort für mich nicht einmal angedeutet.

Ein Regen kann ja alles Mögliche bewirken. Er kann erfrischen, abkühlen, reinigen, auskühlen, durchweichen, klären und noch einiges mehr.

Klarheit könnte für mich nur der Kontext bringen und damit vielleicht ein Bild bewirken, das in der Allgemeinheit des Ausdrucks sich bei mir jetzt noch nicht einstellt.

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Weil Dauerregen für mich zwar höchst unangenehm, aber nicht mit Gefühlen besetzt ist?

"Unangenehm" ist aber schon ein Gefühl, oder?

 

So wie ich jueb verstanden habe, wollte er wissen, welcher Satz bei uns wie angenommen wird. Er hat nicht nach "besseren Vorschlägen" gesucht.

 

Klar, ein Dauerregen im Kinderzimmer ist eine dieser Metapher, die nach Angelika etwas abgenutzt sind. Denn in einem Kinderzimmer regnet es nicht, außer, die Familie hat kein Dach. Es erezut also kein BILD.

Vielleicht ist es genau der Punkt, mit dem du, Hans Peter, ein Problem hast. Aber so wie ich jueb verstanden habe, ging es ihm nicht darum.

 

Liebe Grüße,

Olga

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So wie ich jueb verstanden habe, wollte er wissen, welcher Satz bei uns wie angenommen wird. Er hat nicht nach "besseren Vorschlägen" gesucht.

Richtig, aber ich will das wissen ;-).

 

Klar, ein Dauerregen im Kinderzimmer ist eine dieser Metapher, die nach Angelika etwas abgenutzt sind. Denn in einem Kinderzimmer regnet es nicht, außer, die Familie hat kein Dach. Es erezut also kein BILD.

Hm, das wäre möglich. Aber so recht glaube ich es nicht. Metaphern können durchaus "schief" sein.

 

Und es stimmt, vermutlich wirkt der Satz in einem Kontext auf mich noch mal ganz anders.

 

Wäre aber mal eine interessante Frage: Wie wirken Metaphern? Und wann nicht?

 

schöne Grüße

 

Hans Peter

 

Edit: Mathias, danke, da hast du recht. Ob es eine Frau ist, wird nicht gesagt. Interessant, dass du eher einen Mann, ich eher eine Frau gesehen habe.

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Hallo Jueb!

 

Spontangedanke, ohne irgendeinen der anderen Beiträge gelesen zu haben (Man will sich den jungfräulichen Eindruck ja nicht umprogrammieren lassen  :) ):

 

"Ich stand wie unter strömendem Regen"; ich spüre was Bedrücktes, traurige Gedanken, die wie Regen auf die Figur nieder gehen, ungeweinte Tränen (oder schon hundertfach geweinte Tränen - was macht das für einen Unterschied) durchnässen seine Haare, seine Kleidung, seine Haut, die ganze Person.

Die Figur wird durch diese Aussage zu dem Bild, verschmilzt damit.

 

"Ich stand da, wie unter strömendem Regen." Hier ist die Wirkung (spontan) auf mich schwächer. Beim nachträglichen in mich Hineinhöhren erkläre ich es mir so, dass diese Version für mich mehr danach klingt, als würde die Figur dieses Bild erzeugen wollen, als würde sie aus dem Text herausgucken, dem Leser direkt in die Augen, und sagen: "Hey, Kumpel, das war halt wirklich schlimm für mich."  :)

 

Ciao!

Alf.

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Weil Dauerregen für mich zwar höchst unangenehm' date=' aber nicht mit Gefühlen besetzt ist?[/quote']

"Unangenehm" ist aber schon ein Gefühl, oder?

 

Würde ich auch sagen.

 

Klar, ein Dauerregen im Kinderzimmer ist eine dieser Metapher, die nach Angelika etwas abgenutzt sind. Denn in einem Kinderzimmer regnet es nicht, außer, die Familie hat kein Dach. Es erezut also kein BILD.

 

Nein, nein, da hättest du mich missverstanden, Olga. Das ist keine Metapher, auch keine abgestorbene, sondern jueb macht einen "wie"-Vergleich und ist dabei auf ein recht neues Bild gekommen - ich habs bisher noch nicht gelesen - das durchaus ein Gefühl hervorruft. Welcher Art das Gefühl ist, ist ohne Kontext tatsächlich nicht eindeutig zu bestimmen und außerdem ist das mit den Gefühlen so eine subjektive Sache. Bei mir stellt sich ohne weiteren Kontext, also vorläufig gesprochen, das Gefühl ein, von etwas umrauscht zu werden, das einen abschließt, gegen das man nichts tun kann, das aber nicht vollkommen unangenehm ist.

 

Angelika

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

Alicia jagt eine Mandarinente. dtv premium März 2018. Die Grammatik der Rennpferde. dtv premium Mai 2016

www.angelika-jodl.de

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Interessant, dass du eher einen Mann, ich eher eine Frau gesehen habe.

Ich habe überigens auch einen Mann gesehen, bevor jueb uns in seinem späteren Beitrag aufgeklärt hat:

Konkret geht es um eine Frau, die von ihrer Tochter vor vollendete Tatsachen gestellt wird. Sie reist weit weg, weil sie es mit ihrer Mutter nicht mehr aushält.

 

@Angelika

Hm, ein neues Bild sehe ich hier wirklich nicht. Gut, du hast recht, es ist keine Metapher sonder ein Vergleich, aber für mich doch etwas abgenutzt.

 

Welcher Art das Gefühl ist, ist ohne Kontext tatsächlich nicht eindeutig zu bestimmen

Ich glaube, ohne Kontext greift jeder Leser einfach auf das eigene Gefühl bzgl. eines Dauerregens zurück. Für mich ist das etwas kaltes, graues - ein November-Dauerregen.

 

Liebe Grüße,

Olga

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Zwei Gedanken.

Zum einen stört mich das Wort "unter", weil es in Bezug auf Regen eher ungebräuchlich ist. Meiner Erinnerung nach habe ich in meinem ganzen Leben noch nie "unter" Regen gestanden, sondern höchstens unter Druck oder unter einem Dach oder unter Beobachtung.

In Bezug auf Regen stand ich immer nur "im".

Zweitens sehe ich in dem kleinen Wörtchen "da" die Unterscheidung in der Perspektive.

"Ich stand wie im strömenden Regen" ist auf den Protagonisten bezogen.

"Ich stand da wie im strömenden Regen" impliziert für mich dagegen ein "hingestellt" sein, eine Bloßstellung, eine Auslieferung einem anderen gegenüber. Dastehen fordert immer ein Gegenüber, das genau dieses "da" entweder wahrnimmt oder auch erst bewirkt.

Von daher wäre es für die Stimmigkeit und Intention des Bildes elementar (meiner unmaßgeblichen Meinung nach), ob der Protagonist im Zimmer allein ist oder ob es sich um eine Situation mit einem anderen handelt.

Ist er allein, ist es das Zimmer, das dieses Gefühl in ihm bewirkt.

Ist er es nicht, liegt nahe, dass das Gegenüber primär für seine Verfassung und den Regenguss verantwortlich ist.

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Zwei Gedanken.

Zum einen stört mich das Wort "unter", weil es in Bezug auf Regen eher ungebräuchlich ist.

Ja, das dürfte ein Grund sein, dass der Vergleich (danke Angelika, ist keine Metapher) bei mir nicht so recht wirkt.

 

EIn anderer möglicher Grund: Der ersten Teil des Satzes weckt in mir das Bild, dass jetzt etwas geschieht. Und Jueb Erläuterung sagt ja, dass das richtig ist. Eine Mutter wird verlassen.

 

Strömender Regen ist für mich aber ein Dauerzustand. Erinnert mich an meine Jugend in Aachen, wo es oft tagelang regnete, regnete, regnete und ich musste durch den Regen zur Schule radeln, kam mit nassen Hosen an, alle waren nass und draußen regnete es weiter, regnete, ...

 

Und da ist es möglicherweise dieser Gegensatz. Etwas geschieht und es wird mit etwas verglichen, das eher ein Zustand ist. Aber vielleicht ist das jetzt auch eher eine rationale Erklärung für eine emotionale Reaktion, die ich mir konstruiere.

 

Hans Peter

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Hallo,

 

ich habe mich etwas gewundert, dass die Mehrzahl hier für die zweite Version plädiert, da sie eindeutig "lyrischer" daherkommt und eventuell nicht so massentauglich ist. Wir sind halt auch ein sprachliebender Haufen.

 

Wenn ich zu den syntaktischen Erklärungen noch etwas aus dem Bereich Versmaß hinzufügen darf? So als Gedankenspiel?

 

Wenn man die Betonung zu den Sätzen dazuschreibt, sieht man, dass auf dem "da" ein starker Akzent liegt – und danach bekommt man fast nicht mehr seinen Hintern hoch. Als sei der Satz hier schon zu Ende. Eventuell verliert sich auch deswegen der schöne Vergleich, der nur noch hinterherhinken kann.

 

"Das war in ihrem alten Kinderzimmer, ich stand da wie unter strömendem Regen."

 

(Humpelt ein bisschen, stimmt's?)

 

Da aber der Satz so wunderschön wie ein Hexameter endet ("strömender Regen") ist man doch fast versucht, auch den Rest so zu skandieren, dass dieses Bild nicht wie die Fußfessel am Versfuß ist... Man lösche "alten" - ist ohnehin überflüssig - und "da".

 

"Das war in ihrem Kinderzimmer, ich stand wie unter strömendem Regen."

 

So, ein Hexameter isses immer noch nicht, aber wir schreiben ja auch Prosa ...  :) Auch da gehe ich aber - sogar mit meiner sehr einfachen, fast umgangssprachlichen Sprache im Manuskript - oft nach Rhythmus.

 

Viel Spaß beim Laut Lesen,  :s13

 

Judith

"Felix", FVA 2015,  jetzt als Kindle eBook // Ab 12.7.2021: "Liebe braucht nur zwei Herzen", Penguin Verlag // Sommer 2022: "Wenn dein Herz woanders wohnt", Penguin Verlag

www.judithwilms.com

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Hallo allerseits!

 

@Olga:

Ich glaube, ohne Kontext greift jeder Leser einfach auf das eigene Gefühl bzgl. eines Dauerregens zurück. Für mich ist das etwas kaltes, graues - ein November-Dauerregen.

 

Meine felsenfeste Überzeugung, jeder Systemiker und Konstruktivist würde Dir Beifall klatschen  :)

 

Auch der Leser ist ein "Kontext". Seine eigenen Lebens- (und Lese)erfahrungen sind eine entscheidende Stellgröße, wie ein Bild wirkt. Ich habe tausend Bücher gelesen, in denen Menschen " wie in strömendem Regen" stehen? Dann wird dieses Bild auf mich ausgelutscht und kraftlos wirken. Ich finde nichts beglückender, als ohne Regenschirm durch einen Platzregen zu laufen? Dann wird dieses Bild nicht die melancholische Wirkung auf mich haben, wie es der Autor vielleicht gerne möchte.

 

Das kann man jetzt natürlich auch weiter stricken; man stelle sich vor, Jueb würde den Kontext erklären, in dem die Szene stattfindet. Dieser Kontext wirkt natürlich ebenfalls auf den "Leser-Kontext", auf seine Erfahrungen, etc. Vielleicht geht es um eine Mutter, die ihr Kind verloren hat. Ihr könnt damit ja mal spielen, und Euch Leser "zusammenbauen", die diese Geschichte berührend finden, und von Juebs Bild so angetriggert, dass sie selbst in Tränen ausbrechen. Und ihr könnt versuchen, mal einen Leser zu basteln, den das Thema langweilt, und der das Buch nach dem Regen-Bild endgültig in die Ecke pfeffern würde ("So ein blöder Tränendrüsen-Mist!")

 

Ich finde diesen Gedanken besonders deswegen als sehr hilfreich, weil man aus der Gedanken-Falle rauskommt, man könne einen Roman, eine Szene, ein Bild so schreiben, dass sie so wirkt, wie man das beabsichtigt  :) Das funktioniert allerhöchstens bei LeserInnen, die einen ähnlichen "inneren Kontext" haben (ich bleib jetzt halt mal bei dem blöden Begriff), wie man selbst, und auch dann gibt es Milliarden Faktoren, die dafür sorgen können, dass es immernoch nicht so ankommt, wie beabsichtigt (Wenn man gerade einen Anruf von einer Freundin bekommen hat, die einem die Ohren vollgejammert hat, mal wieder, dass sie an ihren ersten Freund denken musste, der ihr das Herz gebrochen hat ... "Ich bin in mein altes Kinderzimmer gekommen", hat sie vielleicht am Telefon gesagt, "und schon sind mir wieder die Tränen gekommen"  ;D)

 

Nur so ein Gedanke zwischendurch  :)

 

Ciao!

Alf.

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Zwei Gedanken.

Zum einen stört mich das Wort "unter", weil es in Bezug auf Regen eher ungebräuchlich ist.

 

Ja, das dürfte ein Grund sein, dass der Vergleich (danke Angelika, ist keine Metapher) bei mir nicht so recht wirkt.

 

EIn anderer möglicher Grund: Der ersten Teil des Satzes weckt in mir das Bild, dass jetzt etwas geschieht.

 

Das ist "nur" ein poetischer Satz, Jungs!  ;D Brauchts da wirklich eine Regenanalyse?

Zu Angelikas Klammer: Habe gerade gehört, dass diese Art, möglichst viel in dieser Klammer unterzubringen, eine besondere und äußerst lobenswerte Errungenschaft der deutschen Sprache sei.Nicht nur Schreibanfänger, auch bestimmte Schriftsteller setzen sie oft und auch gekonnt ein, mich persönlich nervts auch eher und das große Lob wundert mich (leider weiß ich nicht mehr, wo ichs herhabe!)

Herzliche Grüße

Claudia

Baronsky&Brendler: Liebe würde helfen  Ein Staffelroman 
Februar 21, Kampa

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Wenn man die Betonung zu den Sätzen dazuschreibt, sieht man, dass auf dem "da" ein starker Akzent liegt – und danach bekommt man fast nicht mehr seinen Hintern hoch. Als sei der Satz hier schon zu Ende. Eventuell verliert sich auch deswegen der schöne Vergleich, der nur noch hinterherhinken kann.

 

Danke, Judith, das hat bei mir auch gerade für einen AHA-Effekt gesorgt. Von dieser Seite habe ich die Sätze nur selten betrachtet.

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@Claudia

 

Zu Angelikas Klammer: Habe gerade gehört, dass diese Art, möglichst viel in dieser Klammer unterzubringen, eine besondere und äußerst lobenswerte Errungenschaft der deutschen Sprache sei.

Vielleicht hängt das davon ab, ob man das wirklich gekonnt macht und ob die Wirkung, die man beabsichtigt, wirklich erzeugt wird. Die Frage ist: Wie setzt man denn so etwas gekonnt ein und welche Wirkung erzeugt das?

 

Du hast geschrieben, dass einige Schriftsteller das durchaus gekonnt machen. Könntest du ein paar Beispiele nennen? Das würde mich sehr interessieren.

 

Liebe Grüße,

Olga

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,

Wenn ich zu den syntaktischen Erklärungen noch etwas aus dem Bereich Versmaß hinzufügen darf? So als Gedankenspiel?

 

Na, na, na - was heißt hier Gedankenspiel? Das war doch ein ganz notwendiger Beitrag!

 

Danke für diesen bisher zu kurz gekommenen Aspekt!

Angelika

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

Alicia jagt eine Mandarinente. dtv premium März 2018. Die Grammatik der Rennpferde. dtv premium Mai 2016

www.angelika-jodl.de

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Das ist "nur" ein poetischer Satz, Jungs!  ;D Brauchts da wirklich eine Regenanalyse?

 

Das übrigens auch! :s22

Angelika

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

Alicia jagt eine Mandarinente. dtv premium März 2018. Die Grammatik der Rennpferde. dtv premium Mai 2016

www.angelika-jodl.de

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Noch ein Wort zum strömenden Regen:

Für mich ist die Metapher schlecht gewählt, denn in einem einzigen Satz werden zwei völlig gegensätzlich Bilder erzeugt.

Zuerst das Kinderzimmer. Ein Bettchen, Spielzeug, eine gerahmte Schulzeichnung. Jedenfalls ist es trocken darin, warm, vielleicht sogar gemütlich.

Und dann kommt der strömende Regen. Das kann ja nur draußen sein, kalt, etwas unangenehm ... man möchte flüchten, aus dem Regen kommen.

 

Diese beiden gegensätzlichen Bilder stoßen aufeinander und der Leser fühlt unbewusst, das kann nicht sein (Regen im Kinderzimmer?), das ist unglaubwürdig. Es irritiert. Und wenn es irritiert, ist die Musikalität, von der Angelika sprach, verloren, selbst wenn dem Leser nicht bewusst wird, was ihn gestört hat, die Bilder sind dissonant.

 

LG

Ulf

Die Montalban-Reihe, Die Normannen-Saga, Die Wikinger-Trilogie, Bucht der Schmuggler, Land im Sturm, Der Attentäter, Die Kinder von Nebra, Die Mission des Kreuzritters, Der Eiserne Herzog, www.ulfschiewe.de

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Hallo, ihr Lieben!

 

Ich bin verblüfft, was ihr da alles rauszieht und in welche Richtungen sich die Diskussion um die Analyse dieses Satzes bewegt hat - in jedem Fall ist viel Hilfreiches dabei. Danke euch allen für's Lesen und Nachdenken darüber.

 

Natürlich steht der Satz in einem größeren Kontext, den jetzt aufzuführen zu weit ginge.

 

Herzlichst

jueb

"Dem von zwei Künstlern geschaffenen Werk wohnt ein Prinzip der Täuschung und Simulation inne."  

AT "Aus Liebe Stahl. Eine Künstlerehe."

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Diese beiden gegensätzlichen Bilder stoßen aufeinander und der Leser fühlt unbewusst, das kann nicht sein (Regen im Kinderzimmer?), das ist unglaubwürdig. Es irritiert. Und wenn es irritiert, ist die Musikalität, von der Angelika sprach, verloren, selbst wenn dem Leser nicht bewusst wird, was ihn gestört hat, die Bilder sind dissonant.

 

Es ist eine schlecht gewählte Metapher, bei der mir ständig Zarah Leander durch den Kopf dröhnt; "Ich steh im Rrregen und warrrte auf Dich ..."

 

"Jemandem im Regen stehen lassen" - das fällt mir dazu auch ein.

Oder sich betropft fühlen.

 

Weshalb ich die Bewunderung für diesen seltsamen Satz etwas irritierend finde.

Aber ich bin ja keine Literatin, sondern nur eine Schriftstellerin.

 

Andrea

Neu: Das Gold der Raben. Bald: Doppelband Die Spionin im Kurbad und Pantoufle

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Noch ein Wort zum strömenden Regen:

Für mich ist die Metapher schlecht gewählt, denn in einem einzigen Satz werden zwei völlig gegensätzlich Bilder erzeugt.

Zuerst das Kinderzimmer. Ein Bettchen, Spielzeug, eine gerahmte Schulzeichnung. Jedenfalls ist es trocken darin, warm, vielleicht sogar gemütlich.

Und dann kommt der strömende Regen. Das kann ja nur draußen sein, kalt, etwas unangenehm ... man möchte flüchten, aus dem Regen kommen.

 

Diese beiden gegensätzlichen Bilder stoßen aufeinander und der Leser fühlt unbewusst, das kann nicht sein (Regen im Kinderzimmer?), das ist unglaubwürdig. Es irritiert. Und wenn es irritiert, ist die Musikalität, von der Angelika sprach, verloren, selbst wenn dem Leser nicht bewusst wird, was ihn gestört hat, die Bilder sind dissonant.

 

Lieber Ulf,

 

dass der Satz von jueb dir nicht gefällt, sei unbenommen. Aber deine Argumentation dazu überzeugt mich nicht. Denn

 

1. sind es nicht zwei Bilder, die zueinander ins Verhältnis gesetzt werden, sondern ein realer Raum wird vorgestellt, in welchem die Protagonistin ein Gefühl überkommt. Dieses Gefühl wird durch ein Bild ausgedrückt. Natürlich gibt es Metaphernbrüche, das ist so was wie der Zahn der Zeit, der das Fass zum Überlaufen bringt. Da rumpeln zwei Bilder aufeinander, die sich beim Zusammenprall gegenseitig abmurksen. Hier aber hast du, wie gesagt, keine zwei Bilder.

 

2. wäre mir das völlig neu, dass das Gefühl im Kopf eines Helden immer haargenau zu dem Raum passen muss, in dem er steht. Müsste man da am Ende nicht noch das Tapetenmuster zuziehen? Nimm mal die dauernd in Gebrauch stehenden vergleichenden Redewendungen: steht da wie der Ochs vorm Berg, wie ein begossener Pudel, als täte sich gleich die Erde auf etc - verlangst du bei so was auch nach einem Berg, einer Gießkanne, dem nackten Erdboden?

 

3. Das Wichtigste (wahrscheinlich): Dem Verfasser dieses Satzes war es möglicherweise darum zu tun, eine besondere Person in einer besonderen Situation zu zeigen. Die kriegt also ein eher nicht so schönes Gefühl, wenn sie in einem Zimmer steht, das - normalerweise und wie du es mit deinen Assoziationen sehr gültig beschreibst - eher für "anheimelnd" steht? Ja, das kann doch interessant sein! Interessanter als wenn der Held das tut und fühlt, was jeder in der entsprechenden Situation erwartet hätte, oder nicht?

 

Angelika

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

Alicia jagt eine Mandarinente. dtv premium März 2018. Die Grammatik der Rennpferde. dtv premium Mai 2016

www.angelika-jodl.de

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@Olga: Morgen, wenn ich mehr Zeit habe, suche ich mal den Schrifsteller, den ich des Klammerns verdächtige und setze (hoffentlich) ein Zitat in hprs Klammerthread. Ich erinnere mich, dass diese Konstruktionen mich beim Lesen etwas genervt haben, aber er wurde gerade dafür gelobt. Hmmm.

 

@Ulf: Möchte noch kurz anmerken, dass "altes Kinderzimmer" nicht unbedingt mit der Assoziation "anheimelnd" verbunden sein muss. Für mich ist Juebs Satz ein Bild, das man genau so träumen könnte.

 

@Angelika: Den Zahn der Zeit, der das Fass zum Überlaufen bringt, werde ich wohl heute nicht mehr los...

Liebe Grüße

Claudia

Baronsky&Brendler: Liebe würde helfen  Ein Staffelroman 
Februar 21, Kampa

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Lieber jueb,

 

ich finde die Metapher sehr gut. Warum? Weil sie mir sofort viele verschiedene sinnliche Eindrücke und Wahrnehmungen anbietet: Nässe, klammes Gefühl, Frösteln, unangenehme Stimmung. Es kann aber auch ein angenehmes Gefühl sein: ein warmer, vielleicht tropischer Regen, der Trockenheit beendet. Sicher gäbe es noch mehr, aber es ist alles konkret und sinnlich und unmittelbar. Welches Gefühl aus diesem Angebot assoziiert werden soll, ergibt sich aus dem Kontext. Allen gemeinsam ist eine Art Gefühlsüberwältigung, ein Ohnmachtsgefühl.

 

Dass diese Metapher schon in der einen oder anderen Variante verwendet wurde, spricht nicht gegen sondern für sie, denn es zeigt vor allem, dass sie funktioniert. Sie ist treffend und präzise.

 

Es gibt "originell" erscheinende Metaphern, die neu wirken, aber oft gekünstelt sind und nur blenden wollen. Eine "unauffälligere", aber dafür treffende Metapher erfüllt ihren Zweck besser.

 

Liebe Grüsse

Andreas

"Wir sind die Wahrheit", Jugendbuch, Dressler Verlag 2020;  Romane bei FISCHER Scherz: "Die im Dunkeln sieht man nicht"; "Die Nachtigall singt nicht mehr"; "Die Zeit der Jäger"

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