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(AndreaG)

Die Faszination des Bösen

Empfohlene Beiträge

Hallo Andrea, da hast du dir aber eine schöne Rechtfertigung zusammengezimmert. ;D

Ob das Gebäude auch hält?

Die Montalban-Reihe, Die Normannen-Saga, Die Wikinger-Trilogie, Bucht der Schmuggler, Land im Sturm, Der Attentäter, Die Kinder von Nebra, Die Mission des Kreuzritters, Der Eiserne Herzog, www.ulfschiewe.de

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:s05 Wie bitte? Ein positiver Protagonist darf keine Leute foltern, weil er sonst nicht mehr sympathisch ist?

 

Leute, geht Ihr nie ins Kino? Zum Beispiel der Film "Taken" (läuft in Deutschland unter "96 Stunden"). In der Hauptrolle spielt Liam Neeson einen Ex-Geheimdienstler, dessen Tochter in Paris von albanischen Mädchenhändlern entführt wird. Der Vater will sie aufspüren und setzt dabei all seine beruflichen Fähigkeiten ein. Er spürt u.a. so ein Untergrundbordell auf, findet übel zugerichtete, drogenabhängig gemachte und auch tote Mädchen. Und kurz darauf kriegt er den Oberboss des Entführerrings in die Gewalt und muss von dem nun erfahren, wo seine Tochter abgeblieben ist.

 

Foltert er ihn? Aber hallo. Und wird er dadurch unsympathisch? Im Gegentum - man sagt sich, wenn ich an seiner Stelle wäre und könnte, was er kann - ich täte es auch.

 

Also, ein Folterverbot für literarische Protagonisten mag politically correct sein, aber realistisch ist es nicht.

 

Ich unterschreibe die Auffassung, er darf, wenn er die richtigen Leute foltert. Und das sind einfach die, die noch übler drauf sind. Die es, einfach gesagt, verdient haben (in der Logik der Geschichte, wohlgemerkt).

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Zum Beispiel der Film "Taken" (läuft in Deutschland unter "96 Stunden"). [...] Foltert er ihn? Aber hallo. Und wird er dadurch unsympathisch? Im Gegentum - man sagt sich' date=' [i']wenn ich an seiner Stelle wäre und könnte, was er kann - ich täte es auch[/i].

 

Tolles Beispiel. Als der Film hier lief, standen die Leute beim Abspann klatschend und johlend im Kino ... und ich muß auch sagen, dass ich selten so befriedigt aus einem Actionsteifen gegangen bin :s21

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Foltert er ihn? Aber hallo. Und wird er dadurch unsympathisch? Im Gegentum - man sagt sich, wenn ich an seiner Stelle wäre und könnte, was er kann - ich täte es auch.

Ich persönlich finde sowas widerlich und würde mir so einen Film nicht ansehen. Vor allem in einem Unterhaltungsfilm finde ich es unangebracht. Mir kommt das wie eine Verhöhnung echter Folteropfer vor. Deshalb habe ich auch "24" nur einmal angesehen.

 

Vielen Leuten macht es anscheinend nichts aus, sich an solchen Szenen zu vergnügen. Ich hätte trotzdem Mitleid mit dem Scheisskerl in dem erwähnten Film gehabt, ich kann einfach nicht zusehen, wie einem wehrlosen Menschen willentlich Schmerzen zugefügt werden. Nichtmal im Film. Mir ist unverständlich, wie man da jubeln kann.

 

Im Buch ist es nicht ganz so schlimm, aber auch da frage ich mich: wieso muss ich jetzt in jeder Einzelheit lesen, wie dem Ketzer Soundso die Brustwarzen mit glühenden Zangen rausgerissen werden? Das ist reine Effekthascherei.

 

Ich bin der Meinung, dass Literatur grundsätzlich alles darf, wenn es einen guten Grund für das gibt, was man beschreibt. In der Verfilmung von "das Geisterhaus" oder "Der Tod und das Mädchen" geht es um die psychologischen Fogen der Folter, da kann man es auch zeigen, weil es Sinn macht. Mir fällt auch Tahar Ben Jellouns "Das Schweigen des Lichts" ein (das ich mich bis heute nicht getraut habe zu lesen).

 

Natürlich ist das, wie immer, nur meine unmaßgebliche Ansicht. Ob er Folterszenen beschreibt und wie er das rechtfertigt, bleibt jedem Autor belassen. Ich aber würde das umgehen bzw. keine Einzelheiten beschreiben.

 

Viele Grüße,

 

Mascha

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Folterszenen in aller Ausführlichkeit zu beschreiben finde ich auch effekthaschend - genau wie Vergewaltigungsszenen, bei denen ich dann oft den Eindruck habe, man will, dass das Lesepublikum zum Voyeur wird.

 

Interessant ist ja auch die Definition von Folter. Das geht ja auch psychologisch.

 

Gruß, Melanie

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Mir gehts wie dir, Mascha.

 

Die johlenden, klatschenden Zuschauer sind mir durchaus keine argumentative Größe: Leute, die bei Schweinereien johlen, gibts immer. Daraus folgt nicht viel mehr, als dass man solche Dinger schreiben oder filmen kann. Man darf auch, solange kein Zensor es verbietet. Aber muss man dieses spezielle Vergnügen bedienen, sobald man nur entdeckt hat, dass es dafür auch zahlende Abnehmer gibt?

 

Hab ich ein Modalverb vergessen?

Ja: Ich selber will sowas nicht lesen oder anschauen. Normalerweise verschenke ich gedruckte Fehlkäufe an meine Studenten. So was nicht. Das würde in den Müll wandern.

 

Und zur Rechtfertigungsproblematik: Dass es die "Richtigen" sind, die er sich vorgeknöpft hat, weiß jeder, der andere quält. Vom staatlich ausgebildeten Folterknecht bis zum privatvergnüglich wirtschaftenden Sadisten. Das ist ganz billig zu haben.

 

Angelika

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

Alicia jagt eine Mandarinente. dtv premium März 2018. Die Grammatik der Rennpferde. dtv premium Mai 2016

www.angelika-jodl.de

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Andererseits - es ging ja um die Faszination des Bösen, als Titelthema - fasziniert es Menschen, wenn sie sehen, dass jemand das "Recht" in die eigenen Hände nimmt. Es spricht unsere ureigensten Bedürfnisse nach Rache und daraus resultierender "Wiedergutmachung" an, denen das Christentum mit seinen Lehren erstmals etwas entgegenzusetzen hatte, wenngleich sich die Christen dann auch nicht wie ursprünglich geplant daran hielten.

 

Ich habe mal in einem anderen Thread die Frage gestellt, warum Thriller immer grausamer und blutiger werden müssen. Oder warum man Vergewaltigungen in vielen HRs zum inflationären Stilmittel verkommen, das die Heldin dann einfach so wegsteckt. Als Antwort kristallisierte sich heraus, weil entsprechende Leserwünsche bedient werden.

 

Interessant - der Bösewicht darf also alles tun, der Held muss alles erleiden, aber er darf nicht dem menschlichen Bedürfnis nachkommen, sich zu rächen? Dabei sind viele Romane gerade davon getragen.

 

Vermutlich liegt die Faszination des Bösen auch darin, dass der "böse Prota" mal endlich nicht politisch korrekt sein muss, sondern stellvertretend unsere bösen Fantasien auslebt.

 

Gruß, Melanie

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aber auch da frage ich mich: wieso muss ich jetzt in jeder Einzelheit lesen, wie dem Ketzer Soundso die Brustwarzen mit glühenden Zangen rausgerissen werden? Das ist reine Effekthascherei.

 

Das ist dann natürlich eine Frage der Ausführung. Ich persönlich fühle mich von derlei Details auch abgestoßen - und um mal auf meine Pragmatismus-Theorie zurückzukommen: Das braucht's auch nicht, jedenfalls nicht in einem modernen Setup.

 

Bei der literarischen oder filmischen Thematisierung von Folter/Gewalt gibt es m.E. zwei Ebenen zu betrachten:

 

- die psychologische:

Die Entscheidung des Protas, überhaupt zu foltern. Die psychologische Balance zwischen Folterer und Opfer. Ohne da jetzt auf Wissen aus erster Hand  :s21 zurückgreifen zu können - aber ich denke, es geht vor allem auch um die Kraft der Imagination. War es im Mittelalter nicht auch so, dass die Folterwerkzeuge zuerst nur gezeigt wurden? Dass dem Opfer nur genug Angst eingejagt werden soll, so dass die Sorge um die zu schützende Information geringer ist als die Sorge um das eigene leibliche Wohl?

(wobei der Mittelalter-Vergleich z.T. auch hinkt - vor allem bei Inquisitions-Verfahren ging es ja auch darum, dem Opfer ein Geständnis abzuringen, das a) hahnebüchen war und b) ihm trotzdem den Tod brachte ... also wo ist da der Benefit für das Opfer?)

 

- die Ausführung

... die ja erstmal losgelöst ist von der grundsätzlich moralischen Frage, ob ein Prota das nun tun kann oder nicht.

Von Brustwarzen mit glühenden Zangen rausreißen (buäh, allein die Vorstellung ... ich gebe zu, ich bin zu zart besaitet, um sowas weder lesen noch schreiben zu wollen) über Verprügeln oder Wunden zufügen ohne Langzeit-Verstümmelungs-Potential bis hin zu Waterboarding (wo das Opfer körperlich mehr oder weniger unversehrt bleibt - das ist reines Angsteinjagen) ist das ja ein weites Feld.

 

Auf dieser Skala gibt es eine dünne Linie, jenseits derer es der Leser noch unterhaltend (wenn aus der Handlung gerechtfertigt) oder aber nicht mehr unterhaltend/nur noch anstrengend bis hin zu abstoßend findet.

Diese Linie liegt bei jedem Menschen woanders.

Ich persönlich fand 'Taken' hoch unterhaltsam (da ist es Verprügeln / Schuß in den Arm ohne Splattereffekte), finde aber z.B. Horror-Filme a la SAW unerträglich, da macht mich schon das Filmplakat fertig. Und das gilt für Bücher genauso - ein Historienwälzer kann für mich hoch unterhaltsam sein, bis der Henker die glühende Zange auspackt und dann schlägt es schlagartig um und ich ertrage es nicht.

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Liebe Runde,

 

Foltert er ihn? Aber hallo. Und wird er dadurch unsympathisch? Im Gegentum - man sagt sich, wenn ich an seiner Stelle wäre und könnte, was er kann - ich täte es auch.

 

Es mag sein, dass viele sich das im bequemen Kinosessel sagen, lieber Andreas. Mich mag ich nicht dazu zählen.  

 

Also, ein Folterverbot für literarische Protagonisten mag politically correct sein, aber realistisch ist es nicht.

 

Ja, das ist so. Wohl keine Verbotsforderung hinsichtlich Inhalte ist realistisch.

 

Andererseits - es ging ja um die Faszination des Bösen' date=' als Titelthema - fasziniert es Menschen, wenn sie sehen, dass jemand das "Recht" in die eigenen Hände nimmt. Es spricht unsere ureigensten Bedürfnisse nach Rache und daraus resultierender "Wiedergutmachung" an, denen das Christentum mit seinen Lehren erstmals etwas entgegenzusetzen hatte, wenngleich sich die Christen dann auch nicht wie ursprünglich geplant daran hielten.[/quote']

 

Ja, liebe Melanie, darum ging es, um die Faszination des Bösen. Und Rachegefühle, ja, wer hätte sie nicht? Sicher ist niemand frei davon, nicht im Fiktiven und nicht im Realen. Ich natürlich auch nicht.

Gedanken gemacht habe ich mir hier nur darüber, ob ich einen Folterer im Buch, im Film (wie seine Beweggründe auch sein mögen) faszinierend finden könnte - oder gar sympathisch.

Ich kann das nicht. (Was ja nicht die Qualität eines Werkes in Abrede stellt.)  

 

Ich denke noch einen Schritt weiter.

Und ob das die "gut" christlichen Inquisitoren und Hexenverbrenner oder aber tatasächlich positive Helden des Mittelalters sind, oder ein James Bond, der die Welt nur retten kann, wenn er Folter anwendet - für mich stellt sich bei jeder Schilderung von Folter die Frage, ob denn das sein müsse.

 

Ich rede nicht von der Realität, die, weiß ich, ist so beschaffen, wie Menschen nun mal sein können. Angefangen vom Kind, das eine Fliege foltert, bis zum Millionenfachen dessen, was täglich in der Erwachsenenwelt passiert.

 

Und ich frage mich, ob Kunst die Realität so abbilden solle, dass speziell Folter als faszinierend oder gar sympathisch erscheint. Also drastisch formuliert: Lustgefühle erzeugt.

 

Ja, ja, ich bin bei dem Thema wahrscheinlich naiv pädagogisch. Aber ich würde mich immer fragen, wenn ich einen Helden "sympathisch" foltern ließe, und wenn die Tat noch so begründbar erschiene, ob nicht die Hälfte der Leser oder Filmzuschauer in dem Gefühl bestärkt werden würde: So schlimm ist Folter nun auch wieder nicht.

Und das fände ich schlimm.

 

Ja, wiederholt, um Gebote, ein sympathischer Prota müsse politically correct sein, geht es mir nicht.

Es geht um die Faszination des Bösen, und wo ich die Gestaltungsgrenzen sehe - für mich.

:)

Liebe Grüße

Imre

Gib, gib auch nach, aber gib nicht auf.&&www.imre-toeroek.de

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Nachtrag:

Ich kenne persönlich eine Person, die schwer gefoltert wurde. Diese Person sagte: Ich wünschte jede Minute den grausamen Tod der Folterer. Aber ich hätte ihnen nicht das antun können, was sie mir angetan haben.

 

LG Imre

Gib, gib auch nach, aber gib nicht auf.&&www.imre-toeroek.de

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Foltert er ihn? Aber hallo. Und wird er dadurch unsympathisch? Im Gegentum - man sagt sich, wenn ich an seiner Stelle wäre und könnte, was er kann - ich täte es auch.

 

Es mag sein, dass viele sich das im bequemen Kinosessel sagen, lieber Andreas. Mich mag ich nicht dazu zählen.  

 

Wir diskutieren hier das Phänomen der Identifikation mit der Hauptfigur einer Geschichte, wohlgemerkt. Identifikation funktioniert natürlich bei jedem ein bisschen anders. Das macht das Schreiben ja so schwierig.

 

Und zur Rechtfertigungsproblematik: Dass es die "Richtigen" sind, die er sich vorgeknöpft hat, weiß jeder, der andere quält. Vom staatlich ausgebildeten Folterknecht bis zum privatvergnüglich wirtschaftenden Sadisten.

 

Halt, halt - wir diskutieren hier nicht juristische Fragen. Das Folter geächtet ist, ist gut so und soll auch so bleiben. Wir diskutieren hier auch nicht, wer von uns in der Runde ein guter Mensch ist und wer nicht. Was wir hier diskutieren, ist die literarische Frage, ob ein Protagonist unter gewissen Umständen – mit anderen Worten: wenn es die Geschichte verlangt – foltern darf.

 

Die einfache Antwort wäre: Protagonisten töten auch. Warum sollten sie nicht foltern?

 

Die komplexere Antwort ist: Ich finde, man muss seiner Geschichte folgen, auch wenn es weh tut – oder es ganz lassen und ein anderes Buch schreiben. Wenn man keine Geschichte schreiben will, in der jemand einem anderen böse Sachen antut, ist das völlig okay. Aber was ich als Leser nicht haben will, ist, wenn ein Autor was anfängt und dann, wenn es hart wird, ausweicht, weil er denkt, "huch, was könnten die Leute denken, was ich für einer bin?" Weil es dann sehr gut sein kann, dass ich mir den Namen des Autors merke, damit ich nie wieder etwas von ihm kaufe.

 

Persönlich kann ich sagen, dass ich, wäre ich ein siebzehnjähriges Mädchen, das von albanischen Mädchenhändlern entführt worden ist, lieber einen Vater hätte, der deren Anführer - der bestimmt eine schwere Kindheit und alles hatte - so mächtig weh tut, dass der alles ausplaudert, was mir irgendwie helfen kann, gerettet zu werden, als einen Vater, der den Anführer zwar in die Finger kriegt, aber dann, wenn der sich stumm stellt, sagt: "Tja, da kann man nichts machen. Dumm gelaufen."

 

Aber niemand ist gezwungen, Geschichten über siebzehnjährige Mädchen zu schreiben, die von albanischen Mädchenhändlern entführt werden ...

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Halt, halt - wir diskutieren hier nicht juristische Fragen. Das Folter geächtet ist, ist gut so und soll auch so bleiben. Wir diskutieren hier auch nicht, wer von uns in der Runde ein guter Mensch ist und wer nicht. Was wir hier diskutieren, ist die literarische Frage, ob ein Protagonist unter gewissen Umständen – mit anderen Worten: wenn es die Geschichte verlangt – foltern darf.

 

Ja, selbstverständlich, Andreas, es geht nicht um Gutmenschentum, weder hier in der Runde noch anderswo.

In meiner Phantasie, oh je ...  ;D

Aber muss ich das literarisch umsetzen, und zwar so, nur darum geht es mir, dass die/der folternde Prota sympathisch erscheint?

Ich kann doch literarisch Bösewichte von mir aus unter Höllenqualen sterben lassen. Und jeder denkt, ja, das hat dieses Ekel verdient.

Wenn mein Prota aber selber zum Folterer wird, wie kann ich ihn dann noch als positiven Helden darstellen? Das lediglich ist meine Frage.

Dass ein Vater unter den gegebenen Umständen "zu allem" fähig ist, kann ich nachvollziehen. Trotzdem könnte ich ihn wohl nicht so darstellen, dass er als eindeutig positiver Held erscheint.

 

Die einfache Antwort wäre: Protagonisten töten auch. Warum sollten sie nicht foltern?

 

Natürlich dürfen, müssen positive Helden notgedrungen töten (komplexe Frage, aber in der Kürze stimmt sie). Doch umgekehrt gefragt: Warum sollten sie foltern? Nur weil das im realen Leben auch vorkommt?

 

 

 

Die komplexere Antwort ist: Ich finde, man muss seiner Geschichte folgen, auch wenn es weh tut – oder es ganz lassen und ein anderes Buch schreiben. Wenn man keine Geschichte schreiben will, in der jemand einem anderen böse Sachen antut, ist das völlig okay.

 

Es geht m. E. bei Folter um mehr, als jemandem böse Sachen antun. Es geht um mehr als um gerechte Strafe, um Schicksal.

Beim Foltern passiert auch mit dem folternden Prota etwas "Böses". Ich kann ihn dann höchstens tragisch, gebrochen darstellen, aber nicht als positiven ( = beispielgebenden) Helden.

 

LG Imre

Gib, gib auch nach, aber gib nicht auf.&&www.imre-toeroek.de

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Ein Beispiel aus der Fantasyliteratur, auf das ich zufällig heute gestoßen bin: Ich lese zur Zeit "Die Lügen des Locke Lamora" von Scott Lynch. Da geht es nicht zimperlich zu, denn der Held ist Anführer einer Diebesbande. Dennoch eine sympathische Figur, der die Reichen ausraubt und für seine Bandenmitglieder alles tut. Er ist ein Hänfling und muss sich deshalb mit Geschicklichkeit und Witz aus unangenehmen Situationen retten.

Die Gegenspieler foltern immer mal ein bisschen, teils auch den Protagonisten. Eklig genug, aber weil es dazu diente, die Bösen zu charakterisieren, fand ich es tolerabel.

 

Heute kam ich an die Stelle, an der Protagonist endlich die Gelegenheit hat, zurückzuschlagen. Er schneidet seinem Gegener nacheinander alle Finger ab (der durch Fingerbewegungen Magie erzeugen kann) und dann auch noch die Zunge (damit er keine Zaubersprüche mehr hersagen kann).

 

Was ist passiert? Ich habe dem Protagonisten meine Sympahie automatisch entzogen. Dabei mochte ich den wirklich. Jetzt finde ich ihn scheiße (sorry, trifft es aber) und mag gar nicht weiterlesen. Der Typ interessiert mich nicht mehr. Es ist als täte jemand, in den man verknallt ist, unvermutet etwas absolut Schockierendes. Die Gefühle sind auf einmal weg. Ich werde auch den zweiten und dritten Band nicht kaufen, obwohl ich vorher nicht abgeneigt war.

 

Viele Grüße,

 

Mascha

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Und noch ein paar Gedanken.

 

Persönlich kann ich sagen, dass ich, wäre ich ein siebzehnjähriges Mädchen, das von albanischen Mädchenhändlern entführt worden ist, lieber einen Vater hätte, der deren Anführer - der bestimmt eine schwere Kindheit und alles hatte - so mächtig weh tut, dass der alles ausplaudert, was mir irgendwie helfen kann, gerettet zu werden, als einen Vater, der den Anführer zwar in die Finger kriegt, aber dann, wenn der sich stumm stellt, sagt: "Tja, da kann man nichts machen. Dumm gelaufen."

 

Das ginge mir im realen Leben persönlich, fürchte ich, auch so, dass ich unter allen Umständen das Opfer retten wollte.  

 

Ich hoffe, im Leben wie in der Lierartur - gerade in der Literatur - gibt es aber ein viel breiteres Spektrum an Handlungsmöglichkeiten, als nur die Extrempositionen.  :)

 

Gewiss, wir müssten auch klären, was wir unter Folter verstehen. Führt aber sehr weit.

Ich meine hier jedenfalls nicht, wenn ein Held sagt: "Ich schlag dir den Schädel ein, wenn du nicht sofort ...", das mache ihn schon zum negativen Helden.

Ich meine, die Fähigkeit, jemanden physisch zu quälen, um dadurch eine Information zu erlangen, deformiere letztlich auch die Persönlichkeit des Helden.

 

Dass Folterer im Auftrag politischer, religiöser Systeme von vorne herein krank ("böse") sind, und literarisch auch kaum anders dargestellt werden können, müssen wir hier ja nicht vertiefen.

 

Mich treibt durch diese spannende Diskussion um, was in dem positiven Helden passiert, wenn er - in meinen Augen - in den schlimmsten Abgrund menschlichen Seins steigt, nämlich foltert.

 

Tiere können nicht foltern. Auch die bekannten Beispiele, wenn z. B. eine Katze mit der halbtoten Maus noch spielt, sind nicht bewusste Foltermechanismen.

 

Physisch foltern kann nur der Mensch. Und was dabei in der Seele vorgeht, ob dieser Deformation literarisch etwas Positives abgewonnen werden kann - ich habe höchste Zweifel.***

 

LG Imre

 

*** In einem Entwicklungsroman - vielleicht.

Gib, gib auch nach, aber gib nicht auf.&&www.imre-toeroek.de

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Und zur Rechtfertigungsproblematik: Dass es die "Richtigen" sind, die er sich vorgeknöpft hat, weiß jeder, der andere quält. Vom staatlich ausgebildeten Folterknecht bis zum privatvergnüglich wirtschaftenden Sadisten.

 

Halt, halt - wir diskutieren hier nicht juristische Fragen. Das Folter geächtet ist, ist gut so und soll auch so bleiben. Wir diskutieren hier auch nicht, wer von uns in der Runde ein guter Mensch ist und wer nicht. Was wir hier diskutieren, ist die literarische Frage, ob ein Protagonist unter gewissen Umständen – mit anderen Worten: wenn es die Geschichte verlangt – foltern darf.

 

Ich bin verwundert: Wie kommst du auf "juristische Frage"? Ist nicht bekannt, wie die wohlfeile psychologische Umdrehung im Hirn von Menschen aussieht, die sich gerade auf schmerzliche Weise mit ihrem Gegenüber befassen? Der Objektivität nach kühlt da jemand sein verkorkstes Mütchen. Subjektiv stellt er sich einen moralischen Freibrief aus, indem er sich vor Augen ruft, wie sehr sein Opfer verdient hat, was er ihm antut: Weil er dem falschen Glauben, der verkehrten Nationalität anhängt; weil er durch asoziales Verhalten der Gesellschaft zur Last fällt; und wenn sich sonst gar nichts mehr finden lässt, dann stellt man sich noch ein hübsches Szenario vor, mit bösen Albanern hier und unschuldigen Töchtern dort. Und dann ist gerechtfertigt was man tut. Vor dem höchst eigenen moralischen Hausaltar. Eine juristische Frage ist das nicht.

 

Die einfache Antwort wäre: Protagonisten töten auch. Warum sollten sie nicht foltern?

Die komplexere Antwort ist: Ich finde, man muss seiner Geschichte folgen, auch wenn es weh tut – oder es ganz lassen und ein anderes Buch schreiben. Wenn man keine Geschichte schreiben will, in der jemand einem anderen böse Sachen antut, ist das völlig okay.

 

Ich glaube, es gibt nur wenige Geschichten, in denen niemand einem anderen "böse Sachen antut". Das ist ein weiter Begriff, der kann vom Knallfrosch in der Teetasse bis zum grausamen Schlachten reichen. Die Frage, die hier eigentlich dauernd diskutiert wird, lautet doch nicht - darf es solche Szenen geben? Sondern: Wie soll der dastehen, der sie zu verantworten hat? Und noch enger gefasst: Kann er der positive Held bleiben, wenn er tötet und foltert, weil es wirklich gar nicht mehr anders geht, um die geliebte unschuldige Tochter usw. ...? Oder schwingt ein mir sehr widerlicher, weil untertäniger Standpunkt der Häme mit? Der Freude darüber, es einem anderen mal so richtig gegeben zu haben?

 

Es ist nicht so, dass die Ideenwelt des Autors, der so was Klasse findet, nicht in seinen Szenen durchschimmert. Weshalb es mir da andersrum haargenauso geht:

 

Weil es dann sehr gut sein kann, dass ich mir den Namen des Autors merke, damit ich nie wieder etwas von ihm kaufe.

 

Ich weiß nicht, wie weit die pädagogischen Kräfte von Büchern reichen, von denen Imre spricht. Sehr optimistisch bin ich nicht. Aber dass umgekehrt die mit offensichtlicher Freude angerührten Schlachtschüsseln mancher Bücher und Filme zur Verrohung des Publikums beitragen, glaube ich schon.

 

Ja, ja, Imre - in der Frage halt ichs mit dir. Kannst mich ins Boot holen!

Angelika

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

Alicia jagt eine Mandarinente. dtv premium März 2018. Die Grammatik der Rennpferde. dtv premium Mai 2016

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Ich habe den Eindruck, dass wir hier gerade aneinander vorbei diskutieren.

Diskussionsstrang 1 - was fasziniert uns am bösen Protagonisten, der gleich so angelegt wurde?

Diskussionsstrang 2 - was beschädigt den von vornherein als Gutmenschen angelegten Prota?

Diskussionsstrang 3 - dürfen Gutmenschen böse Sachen in Büchern machen?

Diskussionsstrang 4 - müssen die bösen Sachen detailliert ausgeschmückt werden?

 

Zu Diskussionsstrang 1 habe ich schon genug gepostet.

Die Diskussionsstränge 2 und 3 könnte man zu einem neuen Thread zusammenfassen

Diskussionsstrang 4 hatten wir schon mal in dem Thread, warum Thriller so blutig sein müssen.

 

Gruß, Melanie

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Um nochmal am Beispiel klar zu machen, was ich meine:

 

In Katherine Mansfields KG "The Fly" bringt ein Mann eine Stubenfliege um, indem er sie mit der Tinte aus seiner Feder beträufelt. Die Fliege berappelt sich immer wieder, der Mann sieht zu, lässt wieder einen Tropfen auf sie fallen. Er bewundert sie sogar: "He's a plucky little devil, thought the boss, and he felt a real admiration for the fly's courage." Er stupst sie an, will, dass sie wieder hoch kommt, damit er sich wieder über sie hermachen kann.

Die Szene ist glänzend geschrieben, gut fühlt man sich trotzdem nicht beim Lesen, der Hals wird einem eng. Hinterher hasst man diesen Mann. Es war nur eine Stubenfliege, wenige Leute haben ein Problem damit, eine Fliege zu töten. Es ist die Freude dieses Mannes daran, die einen ankotzt.

 

In Nikos Kazantzakis' "Freiheit oder Tod" wird beschrieben, wie die kretischen Partisanen sich an die feindlichen Soldaten anschleichen und ihnen die Kehlen durchschneiden. Auch keine Szene, bei der man sich richtig wohl fühlt. Aber man hat auch nirgendwo das Gefühl, dass die Partisanen sich wohl fühlen bei der Aktion.

 

Angelika

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

Alicia jagt eine Mandarinente. dtv premium März 2018. Die Grammatik der Rennpferde. dtv premium Mai 2016

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Aber wenn es um die Verrohung des Publikums geht, dann kann man das moralische Dilemma ja geschickt umgehen - wir schaffen einen Bösewicht, der darf dann in allen Varianten und allen Details foltern und vergewaltigen und morden, haben auf der anderen Seite den edlen Helden, der ihn am Schluss zu Strecke bringt, und der auch noch edel und rein bleiben darf, weil er den Bösewicht ja in Notwehr tötet.

 

Die voyeuristischen Triebe des Publikums werden befriedigt und der Held bleibt sauber.

 

Ich wundere mich gerade, dass es schon oft Diskussionen gab, was der Held alles erleiden darf/muss, und da wurde niemals so vehement diskutiert, dass man solche Szenen nicht so explizit ausschmücken sollte. Liegt das daran, dass gefoltert und vergewaltigt werden für Romanhelden zum Berufsrisiko gehört? Aber wenn sie menschlich nachvollziehbar zurückschlagen, anstatt es stoisch zu ertragen, werden sie unmoralisch, anstatt menschlich verstehbar?

 

Gruß, Melanie

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Natürlich charakterisiert man eine Figur immer durch das, was sie tut.

 

In dem von mir genannten Film "Taken" wird der Vater durch seine Handlungen als jemand gezeichnet, der zu allem entschlossen und weitgehend erbarmungslos handelt, aber nicht aus Sadismus, sondern aus Angst um seine Tochter, was man nachvollziehen kann und was einem diese Figur deswegen nahe bringt* (anders als den "Tinten-Killer": hervorragendes Beispiel übrigens, dass es nicht auf die Größe der Tat ankommt). Am Ende geht er durchaus körperlich und seelisch lädiert aus allem hervor, aber man hat den Eindruck, er findet, es war es wert.

 

Wenn man einen strahlenden Helden will, ist das natürlich nicht der richtige Weg.

 

____________________

* Das zur Frage, "wie man das macht".

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Ich habe den Eindruck, dass wir hier gerade aneinander vorbei diskutieren.

Diskussionsstrang 1 - was fasziniert uns am bösen Protagonisten, der gleich so angelegt wurde?

 

Ah, stimmt. Das wären mehrere verschiedene Diskussionen. Und ich bin dann wohl in die falsche Schiene abgebogen, denn tatsächlich faszinieren mich böse Protagonisten im Sinne eines Hannibal Lecter ehernicht. Schlau, trickreich, gewieft, ausgekocht dürfen sie sein, meinetwegen auch habgierig, neidisch, ruhmsüchtig, verlogen, intrigant und so weiter - aber wenn sie einfach nur "pöhse" sind, dann kann ich da irgendwie nicht mehr mit. Wie ein Hannibal Lecter tickt, kann ich nicht nachvollziehen, und deshalb blieb es bei der Lektüre der "Schweigenden Lämmer" und Ratlosigkeit.

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Ein Beispiel aus der Fantasyliteratur' date=' auf das ich zufällig heute gestoßen bin: Ich lese zur Zeit "Die Lügen des Locke Lamora" von Scott Lynch. [...']  Heute kam ich an die Stelle, an der Protagonist endlich die Gelegenheit hat, zurückzuschlagen. Er schneidet seinem Gegener nacheinander alle Finger ab (der durch Fingerbewegungen Magie erzeugen kann) und dann auch noch die Zunge (damit er keine Zaubersprüche mehr hersagen kann).

Was ist passiert? Ich habe dem Protagonisten meine Sympahie automatisch entzogen.

 

Was zeigt, wie unterschiedlich die Reaktionen eines potentiellen Publikums sein können.

Ich habe das Buch kürzlich auch gelesen - es hat mich wirklich begeistert. Und ich muss sagen, dass ich Locke am Ende am liebsten laut zugebrüllt hätte: Ja, gut so! Weiter! Weil sein Rachedurst für das, was der Böse ihm angetan hat (seine Freunde ermordet, ihn selbst zutiefst gedemütigt, verletzt und ihm alles genommen - einfach so, aus Boshaftigkeit, ohne dass er das hätte tun müssen), automatisch auf mich als Leser übergesprungen ist und ich das als zutiefst befriedigende, biblische Gerechtigkeit empfand.

 

Es illustriert aber auch, wie schwierig es bei diesem Thema sein dürfte, einen Kompromiss zu finden - der sich immer irgendwie faul und schwach anfühlen würde.  

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Liebe Andrea,

 

das ist interessant, dass du beim selben Buch ganz anders reagiert hast als ich.

Zeigt: Jeder Leser hat seine eigenen Grenzen, wenn es um diese Dinge geht, darum kann ein Autor es auch nie allen Recht machen, sondern ist nur sich selbst verpflichtet.

 

Objektiv denke ich, dass es wahrscheinlich mehr Leser gibt, die nicht so zimperlich wie ich bei brutalen Szenen sind, es also der Verkäuflichkeit eines Romans nicht schadet, wenn solche Szenen vorkommen und der Prota auch mal richtig fies wird.

 

Bringt dich unsere Diskussion eigentlich weiter, was deine ursprüngliche Frage angeht?

Oder sollen wir uns wieder mehr darauf konzentrieren, wie Melanie vorschlägt?

 

Viele Grüße,

 

Mascha

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Liebe Mascha,

 

Bringt dich unsere Diskussion eigentlich weiter, was deine ursprüngliche Frage angeht?

 

Ich finde die Diskussion und die verschiedenen Ansichten wie auch Analyse-Versuche sehr interessant und spannend und freue mich, dass es so zahlreiche Meinungen dazu gibt. Es bestätigt mich in der Annahme, dass dieses Thema zumindest kontrovers ist und gibt mir eine Menge Denkanstöße und verschiedene Blickwinkel, aus denen ich vorher im Detail noch nicht draufgeschaut hatte.

Meine ursprüngliche Frage war war natürlich sehr global gestellt, aber wir kommen hier in der Diskussion auf viele Einzelaspekte, was ich sehr schätze.

 

Ich freue mich auf die Weiterführung!

 

LG - Andrea

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Dem Protagonisten schadet das Foltern.

Um diesen Schaden zu begrenzen, wird ihm vorher in den genannten Beispielen alles Mögliche angetan, so dass beim Rezipienten der Eindruck entsteht, jetzt sei es aber das gute Recht des Protagonisten auch mal eine Runde zu foltern.

Kann hinhauen.

 

Dann erwarte ich aber als Leser auch, der geschätzte Autor möge  sich nicht um den Umstand herum mogeln, dass sein Protagonist charakterlich und moralisch deformiert (falls der nicht schon von Beginn an ein leidenschaftlicher Folterknecht war, der seinen Job liebt) wurde, weil er selbst zu den Mitteln jener greift, die er verteufelt.

Dass er seine moralische Souveränität in einem Akt der Barbarei opfert (für sein Kind / den Frieden / ein Softeis). Ansonsten nämlich lautet die Botschaft in meinen Augen: Der Zweck heiligt die Mittel.

Und spätestens, wenn das unreflektiert zwischen den Zeilen wabert, klappe ich das Buch zu.

 

„Taken“ wäre ein ganz anderer Film, wenn der Hauptdarsteller im Zuge seiner Rettungsaktion versehentlich ein Kind erschossen hätte. Oder ein Kind gefoltert hätte, um seines zu retten. Das haben die Macher selbstverständlich vermieden, denn es hätte ihrer ebenso kühlen wie m. E. platten Kalkulation einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht.

 

Immer noch ein spannendes Thema!

 

Grüße,

 

Holger

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Ein Wort zur Darstellung von Gewalt.

Wenn wir hier von Folter in einem Roman reden, dann gibt es jede Bandbreite von Darstellung. Man kann die Sache andeuten und der Fantasie des Lesers überlassen, oder man kann sie durchaus glaubwürdig darstellen, ohne jedoch in Blut und Gedärm zu waten. Also die Darstellung von Gewalt muss nicht per se voyeuristische Gelüste befriedigen wollen, sondern einfach zur Geschichte gehören. Und wenn es zur Geschichte gehört, dann soll man sie auch nicht unterschlagen. Sonst soll man ein anderes Buch schreiben, wie Andreas sagt.

 

Ob ein Prota Gewalt ausüben soll oder darf, das hängt von vielen Dingen ab. Wir dürfen nicht vergessen, dass unter dem zivilisatorischem Lack immer noch Urinstinkte herrschen. Rache, in einer Zeit ohne Polizei, hatte eine durchaus sinnvolle Bedeutung. Ein Übeltäter hat es sich dann sicher gründlich überlegt, bevor er jemanden umbrachte oder misshandelt, wenn er die Rache einer ganzen Sippe fürchten musste. In vielen Gesellschaften ist Blutrache immer noch legitim. Bei uns Gottseidank nicht, aber dass der Leser eine gewisse Befriedigung empfindet, wenn es einem Bösewicht an den Kragen geht, ist eine natürliche Reaktion. Und es gibt durchaus Szenarien, in denen Aktionen eines Protas von einer großen Mehrheit als gerechtfertigt empfunden werden. Um so mehr, wenn es nach der Moral der dargestellten Epoche durchaus als gerechtfertigt angesehen werden darf.

 

Ich habe z.B. den Helden am Ende den Bösewicht verschonen lassen, obwohl der ihm Schlimmes angetan hatte. Das war nicht aus Zimperlichkeit, sondern weil ich das aus verschiedenen Gründen für ein besseres Ende hielt. Trotzdem hat es einige Leserinnen gegeben, die es lieber gesehen hätten, mein Prota hätte ihn einen Kopf kürzer gemacht.  ;D

 

LG

Ulf

Die Montalban-Reihe, Die Normannen-Saga, Die Wikinger-Trilogie, Bucht der Schmuggler, Land im Sturm, Der Attentäter, Die Kinder von Nebra, Die Mission des Kreuzritters, Der Eiserne Herzog, www.ulfschiewe.de

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