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(AndreaG)

Die Faszination des Bösen

Empfohlene Beiträge

Hallo ihr Lieben,

 

ich bin bei der Arbeit an meinem aktuellen Manuskript auf ein interessantes Problem gestoßen, und würde gern eine Diskussion dazu anstoßen - eure Meinungen würden mich hier sehr interessieren:

 

Es geht hier um die Frage, wie man mit einem Charakter umgeht, der als (amoralischer, mit eleganter Leichtigkeit mordender, vollkommen skrupelloser) Antagonist den Leser fasziniert und sogar Sympathien auf sich zieht ... und der nun plötzlich zum Protagonisten wird.

Darf der nun immer noch amoralisch, böse und vollkommen skrupellos sein - oder muss er sich nun (zumindest ein wenig) dem Diktat 'guter' Heldeneigenschaften unterwerfen?

 

Hier mein konkreter Fall:

Im Einstiegsband meiner UrbanFantasy-Serie gibt es einen Antagonisten namens Kain, der die oben genannten Eigenschaften hat. Eine Art menschliches Raubtier unter einer dünnen Schicht Zivilisation, d.h. er ist charmant, wenn es seinen Zwecken oder seinem Vergnügen dient, würde aber keine Skrupel fühlen, z.B. eine ihm unbekannte Frau, mit der er gerade noch geflirtet hat, zwei Sekunden später umzubringen, wenn es seinen Zwecken dient. Sein ganzer Charakter ist sogar so angelegt, dass er regelmäßig Menschen umbringen muss, um eine bestimmte Sucht zu bedienen. Kain ist eine ambivalente Figur, d.h. zum Ende hin tut er sich mit dem Protagonisten zusammen, weil sie ein gemeinsames Ziel haben (und wendet sich anschließend doch fast wieder gegen ihn).

 

Die überwältigende Mehrheit meiner Leser findet Kain wahnsinnig faszinierend (und oft interessanter als den eigentlichen Protagonisten) und wünschte sich, er möge ein eigenes Buch bekommen.

Nachdem ich meiner eigenen Figur zugegebenermaßen auch ziemlich verfallen bin, komme ich diesem Wunsch nun nach, mit einem Band, der Kain gewidmet ist.

Und stehe nun plötzlich vor der Frage, inwieweit ich ein paar Ecken seines Charakters (irgendwie logisch durch die Handlung bedingt) abschleifen muss, damit er als Protagonist vom Leser akzeptiert wird.

 

Die Frage lautet nämlich: Kann er sich erlauben, noch immer so konsequent unmoralisch/böse/skrupellos zu sein, nachdem er zur Hauptrolle befördert wurde? Funktioniert diese dunkle Faszination nur in einer tragenden Nebenrolle?

 

 

Aus Fremdlektüre fallen mir zwei Beispiele ein, in denen es ebenfalls solche faszinierenden Bösewichte in ambivalenten Antagonistenrollen gibt, die manchmal an der Kante zum Anti-Helden entlang driften. Also nicht am Ende des Buches besiegt, vernichtet und begraben werden. Denn da existiert immer noch die dritte Rolle des wahren, echten, unsympatischen Haupt-Bösewichts, der alle Antipathien auf sich ziehen kann.

In der Jason-Bourne-Francise, die nach Robert Ludlums Tod jetzt von Eric van Lustbader weitergeschrieben wird, gibt es einen solchen Antagonisten, der sich durch sämtliche Bände zieht: den russischen Killer Arkadin, einen ebenbürtigen Gegner für Jason, eine Art tragischer Psychopath, der vor allem von Rachegelüsten getrieben ist und der mich einfach zu Tode fasziniert ... ich kann mich bei den Aufeinandertreffen kaum entscheiden, ob ich ihm oder Bourne den Sieg wünschen soll ;).

Und in Lilith Saintcrows UrbanFantasy-Serie 'Dante Valentine' gibts auch einen solch ambivalenten Charakter, einen Dämonen, der eigentlich durch und durch böse ist, die Protagonistin immer wiede zu Fall zu bringen zu sucht (ohne sie töten zu wollen), der ebenfalls vom Großteil der Leser (mich eingeschlossen) wahnsinnig faszinierend gefunden wird. Ich bin mir aber nicht sicher, ob ich ihn so als Protagonisten akzeptieren würde...

 

 

Was denkt ihr darüber?

Kennt ihr diese Art von Zwiespalt? Ist euch das auch schon mal begegnet?

Und wie würdet ihr das handhaben?

 

Bin sehr gespannt!

LG, Andrea

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Er muss doch schon ein paar "gute" Eigenschaften haben, denn er hat sich am Ende ja nur "fast" gegen den Protagonisten gewandt.

Das ganz, ganz Böse stößt nur ab, es fasziniert nicht, denke ich.

Wenn dieser Antipode die Menschen bewegt, dann berührt er offenbar etwas in ihnen. Vielleicht die Sehnsucht, genau so handeln zu dürfen, ausschließlich auf die eigenen Bedürfnisse zentriert und nicht von allen möglichen Konventionen und Verboten eingeengt?

Die Hauptfigur von Dallas war J. R. Ewing.

Der liebe Bruder ein unerotisches Weichei.

 

Ich behaupte jetzt mal ganz dreist, dass Deine Figur bereits alle Zutaten mit sich führt, ein starker Protagonist zu sein.

Wenn Du ihm nun noch ein paar "gute" Eigenschaften andichtest, dann läufst Du Gefahr, ihn zu verwässern.

 

Möglicherweise fährst Du am besten, indem Du ihn von einem wirklich Bösen abgrenzt: Der ist aus Lust böse und ergötzt sich daran. Deine Figur tut anderen Leid an, aber nur, weil er ein eigenes Ziel hat und sie sich gegen dieses stellen. Oder das Ziel selbst sind. Er kann in seinm Leben trotzdem viel "Gutes" tun, einmal, indem er darauf verzichtet, nur um des Bösen Willen böse zu agieren und auf der anderen Seite alles interessiert beobachtet, das seine eigenen Pläne nicht stört.

Wenn er einen Mantel hat, den er absolut nicht braucht, jetzt nicht und in Zukunft nicht, dann wird er den einem Frierenden am Straßenrand geben. Es schadet ihm nämlich nicht.

Der absolut Böse wird dem Frierenden auch noch den Pullover vom Leib reißen und zuschauen, wie er erfriert.

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Eine kleine Anregung, Andrea: Die wirklich Fiesen sind böse und unsympathisch, weil sie dumm sind. Weil sie nicht merken, welchen Schaden sie anrichten, weil ihnen Empathie fremd ist und sie egoistischen Befriedigungen folgen.

Wenn der Leser die Figur verachtet, nicht hasst, dann besitzt Du einen echten Widerling.

Hass birgt auch immer Faszination. Verachtung und Entwertung nicht.

 

Die intelligenten Bösen kann man indessen meist sogar noch bewundern.

Dein Kain ist einer von denen - er muss nur zum Reflektieren gebracht werden. Wie auch immer.

 

Andrea, die andere

Neu: Das Gold der Raben. Bald: Doppelband Die Spionin im Kurbad und Pantoufle

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Es gibt in einem anderen Genre eine Figur, die mir da sofort einfällt: Hannibal Lecter. Der ist natürlich böse, ein Menschenfresser, aber - und das hat Harris ja ziemlich deutlich zelebriert - er wendet sich mit seiner Boshaftigkeit selbst nur gegen die anderen Bösen, die ihm an den Kragen wollen. Auf die wendet er dann aber seine "Behandlungsmethoden" mit konsequenter Ekelhaftigkeit an.

 

Lecter ist trotz seiner Monstrosität den meisten Lesern sympathisch, er ist der eigentliche Protagonist des Buches, Clarice Starling tritt in den Hintergrund.

 

Vielleicht ist die Bosheit deines Kain für den Leser leichter zu ertragen, wenn sie sich gegen andere Böse richtet, die dann eben, wie bereits erwähnt, dumme Böse sind, oder eitle Böse oder gierige, wohingegen er ein getriebener Böser ist, einer der für seine Sucht ja gar nichts kann.

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Tolles Thema! Weshalb sind die schlimmen Finger oft interessanter als die Reinen und Guten? Wir scheinen Figuren zu lieben, die die Grenzen des menschlichen Zusammenlebens nicht anerkennen. Vielleicht steckt so ein kleiner Fiesling in jedem von uns.

 

Einer Figur ein hehres Ziel anzudichten, um ihn/sie trotz böser Taten sypathisch zu machen, gefällt mir persönlich nicht so gut, obwohl es sicher eine Möglichkeit ist. Aber dadurch verlöre die Figur die Faszination, die sie wegen ihrer absoluten Amoralität ausstrahlt.

 

Eine andere, die mir persönlich besser gefällt, ist, die Bösartigkeit der Figur aus ihrer Vergangenheit zu erklären. Weshalb ist er/sie eiegntlich so fies, brutal, gemein, gnadenlos, unmoralisch? Man muss ja nicht zu sehr auf die Tränendrüse drücken, aber ein traumatisches Erlebnis, durch das der Protagonist vom Glauben an das Gute abgefallen ist, finde ich sehr interessant. Denn dann besteht vielleicht eine Chance auf Läuterung, was die Spannung steigert und mehr Dramatik erzeugt.

 

Nur meine bescheidene Meinung.

 

Viele Grüsse,

 

Mascha

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Hallo Andrea,

 

finde ich auch ein spannendes Thema!

Ich habe mal den "Seewolf" adaptiert und bin beim Lesen den Verdacht nicht los geworden, dass Jack London von seinem konsequent nach sozialdarwinistischen Prinzipien handelnden Antagonisten zutiefst fasziniert war.

 

Vielleicht tickt Dein "Kain" so ähnlich.

Wolf Larsen als Seewolf stellt die Überzeugungen einer humanistischen Erziehung so grundlegend "ehrlich" in Frage, dass ich ich beim Lesen hier und da wirklich ins Grübeln kam.

Wenn Deine Leser zunächst nicht wissen, warum Kain amoralisch handelt und Du ihnen später seinen Hintergrund vermittelst, der Aufschluss über seine Motivation gibt, glaube ich, er kann zu einem interessanten Protagonisten reifen; Kanten und scheinbare Widersprüche erhöhen für mich als Leser nur das Gefühl der Authentizität.

 

Grüße,

 

Holger

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Hallo Andrea,

 

"böse" Vorbilder mit Seriencharakter sind Garry Dishers "Wyatt" und Richard Starks "Parker" - beide überaus amoralisch und auch recht tödlich.

 

Bei Disher wird Wyatt in der Serie älter, er merkt, dass er es nicht mehr draufhat, das ist schon eine Veränderung, aber "gut", nein, wird er nicht. Und Parker bleibt Parker (und das über die 46 Jahre, die der Autor Romane mit diese Figur geschrieben hat).

 

Also, lass deinen Bösen böse bleiben. Das ist es doch, was die Leser/innen wollen.

 

Mich zumindest würde es arg stören, wenn z.B. Wyatt mit einem Mal Mitglied bei Greenpeace würde oder für Kinder Spenden sammelt oder der Polizei hilft oder sonstwie netter oder gar ein guter Mensch wird. Ich finde gerade das amoralische an ihm und die kühle Präzision, mit der er zu Werke geht, faszinierend.

 

Viele Grüße

Tobias

"If it sounds like writing, I rewrite it." (Elmore Leonard)

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Faszinierende Bösewichte leben unsere eigenen bösen Anteile aus und müssen nicht politisch korrekt sein. Das macht sie so faszinierend - sie dürfen das hemmungslos tun, was unser Über-Ich uns sofort verbietet. Dafür können wir sie hassen, aber auch darum beneiden. Und diese Mischung macht die Spannung aus.

 

Gruß, Melanie

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Nun, diese Figur hat ja auch einen Grund weshalb sie so ist. Solange dies dem Leser schlüssig ist, "darf" er böse sein.

Kompliziert wird es, wenn er zum Protagonist wird. Dann muss der Leser ihn plötzlich mehr als nur gruselig faszinierend finden. Er muss mit ihm mitleiden dürfen. Das kann er nur, wenn der Held auch leidet! Solange dieser aber Spaß hat am böse sein, oder es ihn einfach null stört, ist das schwer.

Da jede Figur im Laufe der Story eine Entwicklung durchmacht, wäre Kains in diesem Fall wohl dahingehend, dass er den Umstand, der ihn so böse macht, besiegen kann und somit "beziehungsfähig" wird. Mit einer Heldin oder mit dem Leser oder beides.

Dabei müssen wir seinen eigentlichen Charakter kennenlernen, sodass er auch noch ohne das Böse faszinierend bleibt. Klassisches Element der Fantasy Romance und Urban Fantasy mit zwischenmenschlichen Beziehungen aller Art.

Nicht nur der äußere Feind wird besiegt, sondern auch der innere. Was den Helden keinesfalls beschädigt und ihn zum Weichei macht.

 

LG

Martina

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Bösewichte leiden genügend - zum Beispiel, wenn sie ihren Trieben nicht nachgehen können - aus welchen Gründen auch immer. Und wenn es geschickt gemacht ist, kann man als Leser sehr wohl "mitleiden" - auch wenn es eigentlich gar nicht angebracht ist.

Interessant ist doch der Blickwinkel. Mir fällt dazu ein Film ein: Die Filzlaus - mit Lino Ventura als Auftragskiller, der von einem nervigen, aber gutmütigen, suizidalen Krawattenverkäufer ständig belästigt wird. Ich hatte nachher so viel Mitleid mit dem armen Auftragskiller, weil man das ja kennt: Man will in Ruhe seinen Job machen, und dann kommt da eine Nervensäge und stört - nur dass wir meistens nicht Leute umbringen als Job haben.

 

Gruß, Melanie

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Sehr schöne Beispiele sind auch Paul Cleaves Siebter Tod, American Psycho oder auch Psycho selbst.

 

Im Siebten Tod sind wir ständig auf der Seite des Serienkillers und wollen wissen, wer ihm da einen Mord in die Schuhe schieben will, den er gar nicht begangen hat - total schräg.

 

In American Psycho ist Patrick Bateman als brutaler Serienmörder im letzten Drittel derart verzweifelt und will endlich gefasst werden, dass wir händeringend mit ihm hoffen, dass es endlich ein Ende hat – nur: kein Mensch glaubt ihm.

 

In Psycho bangen wir mehrfach - und Hitch hat diesen perfiden Trick erfunden, den Zuschauer auf die Seite des Schurken zu ziehen – mit Norman Bates, dass es ihm gelingt, die Leiche von Janet Leigh verschwinden zu lassen und nicht ertappt zu werden.

 

Es kommt so ein bisschen darauf an, die Bösen als eigentlich ganz nette Kerle zu zeichnen, die halt dummerweise diese bösen Dinge tun, weil sie nicht anders können, und sie auch ein bisschen darunter leiden zu lassen, weil sie wissen: Okay, so ganz richtig ist das alles eigentlich nicht, aber was soll ich machen?

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Ich denke, der Unterschied zwischen einem Hauptcharakter und einem Nebencharakter ist der, dass es für den Nebencharakter reicht, faszinierend zu sein, wohingegen der Leser sich mit dem Hauptcharakter optimalerweise irgendwie identifizieren können sollte. Ganz unabhängig von Gut oder Böse bräuchte dein Kain also einen inneren Konflikt, den man als Leser nachvollziehen kann, Andrea.

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Hallihallo,

 

vielen Dank für die zahlreichen interessanten Beiträge!

Ich stimme euch in vielen Punkten zu -

 

Ein eigentlich böser Charakter kann zum Sympathieträger werden, wenn

- sein Handlungsschema und seine Persönlichkeit durch seine Vergangenheit oder die Umstände ausreichend nachvollziehbar sind und er damit von einer Motivation getrieben wird, in die der Leser sich hineinversetzen kann, der vielleicht sogar eine besonders faszinierende Tragik innewohnt

- seine Grausamkeiten nicht willkürlich geschehen, sondern seiner ihm innewohnenden Logik folgen bzw. er aufgrund bestimmter Zwänge nicht anders kann (und vielleicht im Bösen ein Hauch Gutes, oder zumindest Gerechtes liegt - weil die, denen er primär Schaden zufügt, noch böser sind, z.B. aus niederen Motiven)

Und an der Sache mit dem 'konsequent nach sozialdarwinistischen Prinzipien handeln' ist auch ganz viel dran. Ich denke, tief drinnen beneiden wir Charaktere, die stark und unabhängig genug sind, um sich - zur Erreichnung ihrer Ziele - einfach über gängige Ängste, gesellschaftliche Grenzen und Moralvorstellungen hinwegzusetzen und das Prinzip der Stärke bis zur Neige ausleben. Wenn diese Charaktere dann auch noch innere Stärke beweisen, indem sie mit zusammengebissenen Zähnen an etwas leiden, ohne daran zu zerbrechen, macht sie das umso bewundernswerter.

 

Das alles trifft auf Kain übrigens auch zu.

Ich will ihn auch keinesfalls in ein Weiei verwandeln, ein Gutmensch wird er nie werden - das würde den Kern seines Wesens verraten. Aber irgendeine Art von Wandel muss er durchmachen, der im Ergebnis einen Teil des inneren Leidens aufhebt, so dass er im Gegenzug einen Teil seiner äußeren Grausamkeit loslassen kann. Nicht, weil er plötzlich grundgütig geworden ist, sondern weil es nicht mehr notwendig ist (was nicht heißt, dass er nicht jeden Moment zurückfallen könnte, wenn die Umstände sich wieder ändern).

Ich stelle nur an mir selbst fest, dass ich bei Situationen, die ich Kain früher (als er noch der Antagonist war) mit Leichtigkeit auf den Leib geschrieben habe, jetzt plötzlich ins Stocken komme, weil mein innerer Zensor zusammenzuckt. (Moment, darf der Prota foltern? Also so richtig, Kniescheiben zerschießen und so und dabei höchstens innerlich genervt sein, weil es so lange dauert? Und anschließend das Opfer erschießen, obwohl der ihm eigentlich nichts getan hat ... nur damit keiner von seiner Anwesenheit erfährt?) Während ich im gleichen Moment, wo ich das denke, von der anderen Gehirnhälfte einen Stoß kriege, die mir zuzischt, jetzt bloß nicht zu weich zu werden und den originalen Charakter zu verfälschen...

Es ist also einfach eine Frage der Balance ... und vielleicht auch durch die Art von Situationen zu steuern, in die der Prota gerät. Folter z.B. wird leichter toleriert, wenn die herauszufindende Information ausreichend wichtig ist.

 

LG Andrea

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Moment, darf der Prota foltern? Also so richtig, Kniescheiben zerschießen und so und dabei höchstens innerlich genervt sein, weil es so lange dauert? Und anschließend das Opfer erschießen, obwohl der ihm eigentlich nichts getan hat ... nur damit keiner von seiner Anwesenheit erfährt?

 

Ja, das darf er. Auch unabhängig von der Wichtigkeit der Information. Wichtig ist nur, dass er die richtigen Leute foltert - also die, denen wir es alle gönnen: Den widerlichen Nachbarn, den Finanzbeamten, den Telekomtechniker, den Chef, den Renter in der Warteschlange vor einem, der immer lang und breit seine Pfennige vorzählt ...

 

Gruß, Melanie

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Eine wundervolle Figur für mich ist Gollum in "Der Herr der Ringe".

Er ist böse, weil er dem Ring verfallen ist. Man fürchtet ihn und man bemitleidet ihn zur gleichen Zeit.

 

LG

Ulf

Die Montalban-Reihe, Die Normannen-Saga, Die Wikinger-Trilogie, Bucht der Schmuggler, Land im Sturm, Der Attentäter, Die Kinder von Nebra, Die Mission des Kreuzritters, Der Eiserne Herzog, www.ulfschiewe.de

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Moment' date=' darf der Prota foltern? ...[/quote']

 

Ja, das darf er. Auch unabhängig von der Wichtigkeit der Information. Wichtig ist nur, dass er die richtigen Leute foltert - also die, denen wir es alle gönnen: Den widerlichen Nachbarn, den Finanzbeamten, den Telekomtechniker, den Chef, den Renter in der Warteschlange vor einem, der immer lang und breit seine Pfennige vorzählt ...

 

Ja unbedingt! :s22

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Ja, das darf er. Auch unabhängig von der Wichtigkeit der Information. Wichtig ist nur, dass er die richtigen Leute foltert -

Pardon, aber ich glaube, es gibt keine Leute, die ein positiver Prota foltern darf.  :)  

Dass negative Prota real und literarisch (und ausführlich beschrieben) foltern, steht auf einem anderen Blatt. Aber auch dabei werden nie die "richtigen" Leute gefoltert.

Mag sein, ich störe mich an der Wortwahl. "Folter" und "richtig" geht für mich nicht zusammen. Einen elenden Schurken bestrafen, büßen lassen, ja, aber nicht (aktiv) foltern.

Folter ist für mich grundsätzlich negativ besetzt.

LG Imre

Gib, gib auch nach, aber gib nicht auf.&&www.imre-toeroek.de

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Ja, da liegt Imre m. E. richtig.

Wobei es zu einem sehr (im dramaturgischen Sinne) "interessanten" Dilemma kommen kann, wenn man wie Daschner die Androhung von Folter in Betracht zieht, um ein Menschenleben zu retten.

 

Aber jemand, der foltert, ist ein Barbar - und zwar ganz gleich, wen er foltert.

 

Für einen Antagonisten, der sich zu einer Art Protagonisten entwickeln soll, schließt sich das in meinen Augen darüber hinaus aus.

 

Nächtliche Grüße,

 

Holger

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Ich würde auch sagen, dass Folter ein no-go ist, wenn der Prota sympathisch bleiben soll. Er muss seinen Gegnern auf Augenhöhe gegenüber treten und auch mal was einstecken. Aber einen Wehrlosen quälen, das geht gar nicht, m. E.

 

Mascha

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Dies ist ein interessanter Aspekt für Autoren historischer Romane, denn in vergangenen Jahrhunderten war die Folter üblich. Und auch ein Prota hätte sich dieses Mittels bei Gelegenheit bedient. Hält man sich da an die Realitäten der Zeit oder unterwirft man sich dem heutigen Imperativ von Menschenrechten, Fairplay und allgemeiner Feinfühligkeit?

 

Ich habe mich ein wenig gedrückt und so etwas wie einen Kompromiss gefunden. In einer Szene wird einer der Protas gefoltert. Später geht es dem Bösewicht ähnlich an den Kragen. Allerdings fällt er nicht durch eigenes Verschulden von der Klippe, wie man so oft in Filmen sieht, sondern er wird ebenfalls und noch schlimmer gequält.

 

Allerdings muss sich nicht die Hauptfigur die Finger schmutzig machen, denn es ist der Vater des ursprünglichen Opfers, der es aus Rache heimlich tut und den Bösewicht danach umbringt und verscharren lässt. Er dient sozusagen als Vollstreckungsvertreter.  Die lieben Protas bleiben sauber, sie wissen nicht einmal davon. ;D

 

LG

Ulf

Die Montalban-Reihe, Die Normannen-Saga, Die Wikinger-Trilogie, Bucht der Schmuggler, Land im Sturm, Der Attentäter, Die Kinder von Nebra, Die Mission des Kreuzritters, Der Eiserne Herzog, www.ulfschiewe.de

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Tja, und was macht ein positiver Prota im Mittelalter, der von einem verabscheuungswürdigen Fiesling dringend wichtige Informationen braucht, um eine ganze Stadt zu retten?

Redet er ihm gut zu? Lässt er lieber Hunderte verrecken, um den Fiesling zu schonen? Ist das realistisch? Würde man das machen? Zu der Zeit? In einem Buch?

 

Gruß, Melanie

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Dies ist ein interessanter Aspekt für Autoren historischer Romane' date=' denn in vergangenen Jahrhunderten war die Folter üblich. Und auch ein Prota hätte sich dieses Mittels bei Gelegenheit bedient. Hält man sich da an die Realitäten der Zeit oder unterwirft man sich dem heutigen Imperativ von Menschenrechten, Fairplay und allgemeiner Feinfühligkeit?[/quote']

 

Das ist genau die Art von Fragen, die mich auch umtreiben.

Ein Prota foltert nicht? Oder doch? Oder nur unter besonderen Umständen?

 

Was, wenn der aber eine Persönlichkeit und Moralvorstellungen hat, die an Folter überhaupt nichts Besonderes finden? Natürlich gibt es Abstufungen an Grausamkeit, aber ich definiere jetzt 'Folter' einfach mal als das Zufügen schwerwiegender körperlicher Schmerzen durch Gewalteinwirkung, während das Opfer sich nicht wehren kann.

 

Natürlich kann man jetzt noch mal abstufen, wer denn gefoltert wird?

Wahrscheinlich jemand, der die Information nicht freiwillig preisgibt, also einer, der auch einstecken kann. Ein Krieger zum Beispiel. Dann fühlt es sich schon wieder nicht mehr so schlimm an, vor allem, wenn man davon ausgeht, dass der bei vertauschten Rollen das gleiche tun würde. Ich denke, auch hier gilt wieder das Prinzip der Ebenbürtigkeit.

Ein Kind zu foltern oder generell einen schwachen Menschen - das finde ich nun wiederum, auch für einen potentiell bösen Prota, undenkbar. Aber wenn wir in seiner pragmatischen Denke bleiben, dann würde er das ja auch nicht tun. Weil er nicht muss. Weil es, um sein Ziel (eine Information) zu erreichen, vermutlich genügt, das schwache Opfer verbal ausreichend einzuschüchtern.

Also scheint mir auch hier das No-Go zu sein, dass Foltern zum Selbstzweck (zur Befriedigung niedriger Triebe) nicht geht.

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Wenn ich so darüber nachdenke, komme ich zu folgendem Schluss:

 

Gewalt, Töten, Folter - geht, wenn es (aus der Sicht des Prota) für seinen Zweck die beste/direkteste Lösung ist oder (aber das bedingt sich gegenseitig) zumindest ein Hauch von Ebenbürtigkeit vorhanden ist.

 

Nach dieser Regel wäre Foltern legitim, wenn er eine benötigte Information anders oder mit weniger Aufwand nicht bekommen würde (weil das Opfer stark ist und die Information anders nicht preisgibt).

Menschen zu töten wäre auch legitim und zwar ohne Ansehen von Alter oder Geschlecht, wenn der Prota z.B. vampirische Bedürfnisse hat und Nahrung braucht. Aus pragmatischen Gründen würde er aber wahrscheinlich Opfer suchen, die keiner vermisst - und damit fallen Kinder, die den Leser sofort zusammenzucken lassen würden, meistens aus.

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