Zum Inhalt springen
Angelika Jo

sympathisch oder unterhaltsam

Empfohlene Beiträge

Ich denke da an Match Point und überlege' date=' wie er es schafft, seinen Hauptprotagonisten unterhaltsam zu finden.[/quote']

 

Genau dazu hat Woody Allen sich in einem Interview geäußert, das ich vor kurzem auf 3sat sah. Er meinte, es sei alleine der Darstellung Jonathan Rhys Meyers zu verdanken, dass der Zuschauer mit der Figur mitfiebere, trotz all der üblen Dinge, die sie tue. Jonathan Rhys Meyers spiele die Figur in ihrer inneren Zerrissenheit.

 

Liebe Grüße

Andreas

"Wir sind die Wahrheit", Jugendbuch, Dressler Verlag 2020;  Romane bei FISCHER Scherz: "Die im Dunkeln sieht man nicht"; "Die Nachtigall singt nicht mehr"; "Die Zeit der Jäger"

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Zu Scarlett und ihrer Schwägerin nochmals: Ich mochte die Schwägerin überhaupt nicht (habe den Roman als Teenager gelesen, muss ich dazu sagen). Dieser blasse Waschlappen bekommt Ashley und die tolle Scarlett nicht. Diese langweilige, immer nur brav gehorchende, angepasste - mit der hätte ich mich nie identifizieren können.

Scarlett hingegen, mit ihrer Einstellung "Das steht mir alles zu, was ich will, das will ich wirklich und ich bekomme es auch" - ja, auf ihrer Seite stand ich immer. Egal, wie sie sich verhielt.

Liebe Grüße, Susanne

 

"Books! The best weapons in the world!" (The Doctor)

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Angelika ich hatte auch erst gedacht, "sympathisch" sei ein sehr individueller Begriff. Jetzt, wo ich darüber nachgedacht habe, glaube ich das nicht mehr. Mit "sympathisch" werden meiner Meinung nach Leute bezeichnet, die "nett" sind, nicht egoistisch, die alten Frauen über die Straße helfen und dich immer freundlich grüßen. Im Englischen gibt es dafür den schönen Ausdruck: "Everybodys Darling". Und wer als sympathisch gilt, das ist gar nicht so unterschiedlich bei den Leuten.

 

Ja, so in die Richtung hätte ichs gedacht. Es ist ja auch kein Zufall, dass "sympathisch" so gerne - Obacht, die Grammatiktante bricht durch - das Dativobjekt nach sich zieht: Der und der ist MIR sympathisch.

 

Genug der Harmonie, lieber HP, hier möchte ich noch einmal nachhaken:

 

Scarlett ist egoistisch, geht über Leichen, ist sicher nicht sympathisch oder gar everybodys darling. Aber gerade deshalb ist sie so faszinierend.

 

Wieso "deshalb"? Ist das so ausgemacht? Wieso soll mich jemand beeindrucken oder gar faszinieren, bloß weil er ein unangenehmer Zeitgenosse ist? Da muss doch noch mehr beigemischt werden.

 

Ich hab gerade in der U-Bahn was bei Patricia Highsmith gelesen. Sie schreibt:

 

"Verbrecher sind von dramatischem Interesse, weil sie mindestens eine Zeitlang aktiv und im Geist frei sind und sich von niemandem unterjochen lassen."

 

An anderer Stelle sagt sie, dass ihr Tom Ripley (den ich so, wie sie ihn meisterhaft beschrieben hat, zum Kotzen fände, würde er mir im wirklichen Leben begegnen) so gern gelesen wurde wegen seiner "Frechheit und Kühnheit".

 

Damit hat sie viel gesagt über das Faszinieren, finde ich: Wenn eine Figur so gestrickt ist, dass der Leser weiß: Mann, der schreckt ja vor nichts zurück! Dann ist es natürlich eine spannende Frage, wie er in der nächsten unerwarteten Situation wohl reagieren wird. Sympathisch finden muss man ihn deshalb aber noch nicht. Mme. Highsmith allerdings hat ihren Tom immer sehr gemocht, das hat sie öfters betont.

 

Angelika

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

Alicia jagt eine Mandarinente. dtv premium März 2018. Die Grammatik der Rennpferde. dtv premium Mai 2016

www.angelika-jodl.de

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Hallo,

 

ich mische mich ein bisschen spät in die Diskussion ein, die ich interessiert aus dem Off verfolgt habe.

 

Darüber, was eine gelungene Figur ausmacht oder was ein sympathischer Protagonist ist, wurde ja bereits öfter mal diskutiert. Und es ist immer wieder interessant.

 

Claudia hat das Wort "identifikation" benutzt, das ist m. E. ganz wichtig. In dem Sinn, dass die Handlungen der Figur nachvollziehbar sein müssen.

Um bei "Matchpoint" zu bleiben: Man spürt einfach, wie sehr die Rhys-Meyers-Figur sich danach sehnt, gesellschaftlich aufzusteigen, wie er leidet, weil er nicht mit dem goldenen Löffel im Mund geboren wurde. Und mal ehrliich: Wer hat noch nicht gedacht, wie es wäre, wenn man Kind stinkreicher Eltern wäre oder sich überlegt, was man mit einem Haufen Geld anfinge?

 

Da ist der Punkt, die Identifiation. Wir können diese Person verstehen, wenn wir auch nie so handeln würden wie sie. Der Roman- oder Filmhgeld handelt an unserer statt, er/sie tut das, was wir nie wagen würden.

 

Scarlett O’Hara beweist eine Zähigkeit, die wir unter ihren Lebensumständen auch gerne hätten. Deshalb sind wir auf ihrer Seite. Sie ist ein Überlebenstyp, genau wie der Protagonist von "Matchpoint". Und solche Typen wollen wir alle sein bzw. bewundern wir.

 

Was meinst ihr zu dieser These?

 

Viele Grüße,

 

Mascha

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Liebe Mascha, misch dich ein, herzlich willkommen in der Debatte!

 

Du sagst:

Und mal ehrliich: Wer hat noch nicht gedacht, wie es wäre, wenn man Kind stinkreicher Eltern wäre oder sich überlegt, was man mit einem Haufen Geld anfinge?

Da ist der Punkt, die Identifiation. Wir können diese Person verstehen, wenn wir auch nie so handeln würden wie sie.

 

Bis hierher gehe ich mit. Soweit man von Identifikation sprechen kann (oder will - ich habe heute bei P. Highsmith erfrischenderweise auch gelesen, dass sie das Wort nicht mehr hören konnte), muss es ja eine Schnittstelle zum eigenen Leben geben. Aber ab da kann es doch sehr verschieden weiter gehen. So was:

 

Der Roman- oder Filmhgeld handelt an unserer statt, er/sie tut das, was wir nie wagen würden.

kenne ich jetzt z. B. von mir nicht. Da wäre für mich ja schon mal ein gut Teil an Spannung raus, wenn ich immer schon wüsste, was der jetzt tut: Aha, nicht dem Chef einen Guten Tag wünschen, sondern ihm das, was ich jetzt gerne ...

 

Scarlett O’Hara beweist eine Zähigkeit, die wir unter ihren Lebensumständen auch gerne hätten. Deshalb sind wir auf ihrer Seite. Sie ist ein Überlebenstyp, genau wie der Protagonist von "Matchpoint". Und solche Typen wollen wir alle sein bzw. bewundern wir.

 

Ich kann natürlich nur für mich sprechen. Und sage: Nein, ich bewundere die Scarlett nicht, wenngleich ich das Buch gern gelesen habe.

 

Ich bin gerade mein Bücherregal entlang gegangen, hab mir die Titel angesehen und mich gefragt, welche der da drinnen lebenden Figuren ich bewundere. Sehr wenige dabei. Vielleicht die kleine Madilyn von Köhlmeier, weil sie den beschissenen Anfang ihres Lebens wegstecken kann. Den Totengräber-Vater von Maarten 't Haart, weil er sich - wiewohl gläubiges Gemeindemitglied - nix scheißt, wenn die Heilige Inquisition ihn beehrt. Dennoch liebe ich alle Bücher, die in dem besichtigten Regal stehen.

 

Es war ja immer die Rede von Sympathie. Die gibt es vielleicht auf mehrere Weisen, nicht nur zum Vorbild.

 

Ich merke selber dauernd, dass sich diese Frage: Welche Figur ist uns sympathisch? nicht recht trennen lässt von meiner Eingangsfrage: Muss der Autor seine Figuren mögen? Sollen wir einen zweiten thread dazu basteln? Oder soll ich vielleicht den alten hochholen, wo wir über den Auftritt der "sympathischen Figur" gesprochen haben? So ganz abgeschlossen haben wir den ja seinerzeit nicht (jedenfalls habe ich immer noch ein schlechtes Gewissen, dass ich das damals nicht wie besprochen kategorisiert habe)

 

Angelika

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

Alicia jagt eine Mandarinente. dtv premium März 2018. Die Grammatik der Rennpferde. dtv premium Mai 2016

www.angelika-jodl.de

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Re: sympathisch oder unterhaltsam

Antworten #29 - Gestern um 22:42 Zitieren Zitieren

Liebe Mascha, misch dich ein, herzlich willkommen in der Debatte!

 

Du sagst:

Zitat von Mascha am Gestern um 19:24:

 

Und mal ehrliich: Wer hat noch nicht gedacht, wie es wäre, wenn man Kind stinkreicher Eltern wäre oder sich überlegt, was man mit einem Haufen Geld anfinge?

Da ist der Punkt, die Identifiation. Wir können diese Person verstehen, wenn wir auch nie so handeln würden wie sie.

 

 

Bis hierher gehe ich mit. Soweit man von Identifikation sprechen kann (oder will - ich habe heute bei P. Highsmith erfrischenderweise auch gelesen, dass sie das Wort nicht mehr hören konnte), muss es ja eine Schnittstelle zum eigenen Leben geben. Aber ab da kann es doch sehr verschieden weiter gehen. So was:

 

Zitat:

Der Roman- oder Filmhgeld handelt an unserer statt, er/sie tut das, was wir nie wagen würden.

 

kenne ich jetzt z. B. von mir nicht. Da wäre für mich ja schon mal ein gut Teil an Spannung raus, wenn ich immer schon wüsste, was der jetzt tut: Aha, nicht dem Chef einen Guten Tag wünschen, sondern ihm das, was ich jetzt gerne ...

 

Liebe Angelika, vielleicht habe ich das nicht gut ausgedrückt. Natürlich überrascht uns der "Held" im besten Fall, statt das zu tun, was wir tun würden (wenn das ginge, gäbe es ja ganz neue Möglichkeiten für die personal novel ;)). Ich sehe es eher so, dass der Protagonist auf eine Situation extrem reagiert, so wie ich es nie wirklich täte (z. B. einen Mord begehen, um gesellschaftlich aufzusteigen). Als Leser hofe ich dann durchaus, dass er damit durchkommt, weil ich seine Handlungen gefühlsmäßig nachvollziehen kann.

 

Ich meinte auch nicht, dass solche Figuren, die ich als Überlebenstypen bezeichne, die einzigen literarischen Figuren sind, die man bewundern bzw. sympathisch finden kann, und natürlich sagt nicht jede Figur jedem Leser zu. Aber generell glaube ich, dass wir als Leser Protagonisten sypathisch finden, die sich gegen Widerstände durchschlagen (das ist ja auch keine neue Erkenntnis). Die dem Leben die Stirn bieten, statt klein beizugeben – selbst wenn wir ihr Handeln nicht immer biligen. Darum kann man auch innerhalb des literarischen Rahmens Sympathie für eine eher negative Figur wie einen Mörder entwickeln. Zumindest mir geht es so, und da solche Figuren auch in Büchern anzutreffen sind, gehe ich davon aus, dass ich nicht die Einzige bin.

Ich habe aber auch ein Faible für Figuren von zweifelhafter Moral, die finde ich viel interessanter als die Ach-so-Guten. Das geht sicher nicht jedem so.

Muss der Autor seine Figuren mögen?

Ich glaube, der Autor muss seine Figuren lieben wie eine Mutter ihr Kind: Mit all ihren Fehlern und Schwächen, ihren dunklen wie hellen Seiten. Das bedeutet für mich, dass eine Figur ruhig unsympathisch sein kann. Sie muss aber stimmig sein, sprich: glaubwürdig.

 

Herzliche Grüße,

 

Mascha

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Dieser blasse Waschlappen bekommt Ashley und die tolle Scarlett nicht.

@Susanne (off topic):

Waschlappen zu Waschlappen! Die beiden Gutmenschen Ashley und Melanie passen  prima zusammen, während Scarlett den viel cooleren, faszinierenden Rhett abkriegt, die Glückliche! Nur weiss sie es halt leider nicht zu schätzen… Ich habe nie kapiert, was sie an dem ollen Langweiler Ashley so toll fand.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Dieser blasse Waschlappen bekommt Ashley und die tolle Scarlett nicht.

@Susanne (off topic):

Waschlappen zu Waschlappen! Die beiden Gutmenschen Ashley und Melanie passen  prima zusammen, während Scarlett den viel cooleren, faszinierenden Rhett abkriegt, die Glückliche! Nur weiss sie es halt leider nicht zu schätzen… Ich habe nie kapiert, was sie an dem ollen Langweiler Ashley so toll fand.

off topicer: Dass sie ihn nicht kriegen konnte. Für verwöhnte Mädels ist das nicht auszuhalten.  :s07

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Ich glaube, der Autor muss seine Figuren lieben wie eine Mutter ihr Kind: Mit all ihren Fehlern und Schwächen, ihren dunklen wie hellen Seiten.

 

Veto!

Dann wäre ich nicht in der Lage, auch nur eine einzige meiner Figuren zu töten.

Nicht einmal das Oberarschloch, das ich am Ende von der Erdoberfläche entsorgen will.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Ich glaube die Sache ist schwer zu fassen, weil es eine komplexe Angelegenheit ist. Eine Figur kann sympathisch sein, muss aber nicht. Sie kann unterhaltend sein oder auch nicht. Man identifiziert sich mit einer Figur, aber selbst das ist kein ausschließliches Kriterium. Ob der Autor sie liebt, na ja, zumindest sollte er seine Arbeit lieben.

 

Ein Roman vermittelt Emotionen. Wenn sich der Leser mit der einen oder anderen Figur identifizieren kann, so transportiert dies Emotionen besser, zumindest muss der Leser dazu Empathie für eine Figur entwickeln können. Manche Figuren können unterhalten, weil sie witzig, bizarr sind oder unerwartete Dinge tun. Manche Figuren kommen uns nahe, weil sie so detailliert und realistisch gezeichnet sind. Andere sind mit drei einfachen Sätzen so gekonnt dahinskizziert, dass es begeistert.

 

Ich möchte noch ein anderes Merkmal hinzufügen, was die Sache allerdings auch nicht erleichtert. Und das ist der Stil oder die Darstellungsweise des Autors. Beispiel Malerei. Man kann jemand lebensecht proträtieren, aber gerade dieser Realismus wirkt banal. Erst der besondere Pinselstrich des Malers, seine Darstellungsweise, Komposition oder der einzigartige momentane Gesichtsausdruck, den er einfängt, vielleicht auch nur der Schwung seines Stifts ... das macht das Porträt plötzlich einzigartig.

 

Ich glaube, beim Schreiben ist es ähnlich. Ich ertappe mich dabei, dass ich manchmal eine Figur mit einer halben Seite einführe und es trifft's nicht. Und dann fallen mir plötzlich drei kleine Sätze ein und ein Mensch entsteht vor meinem Auge. Man kann ihn fast anfassen und will mehr von ihm erfahren. Die Figur ist also nichts Eigenständiges. Es kommt darauf an, wie der Autor mit ihr umgeht. Wie beim Film. Ein hübsches Gesicht genügt nicht. Die Beleuchtung, der Kamerawinkel und der Schnitt machen es am Ende.

 

LG

Ulf

Die Montalban-Reihe, Die Normannen-Saga, Die Wikinger-Trilogie, Bucht der Schmuggler, Land im Sturm, Der Attentäter, Die Kinder von Nebra, Die Mission des Kreuzritters, Der Eiserne Herzog, www.ulfschiewe.de

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Da fällt mir wieder Stephen King ein. In einem Roman (Cujo, glaube ich) führt er einen Briefträger ein, skizziert ihn auf einer halben Seite (mit einer unmöglichen Schwester und Verdauungsproblemen, wenn ich nicht ganz falsch liege, also nicht per se supersympathisch), und in dem Moment, in dem der Leser die Figur unterhaltsam findet und sich fragt, wie es weitergeht - haps - kommt El Hundi und weg isser. Ich muss die Stelle mal heraussuchen heute Abend.

 

Die ganzen Infos über den Typ waren an sich überflüssig. Aber mit diesen ganzen Details wurde er auf seiner halben Seite so lebendig. Obwohl er eigentlich nur ein "Red Shirt" war.

 

[ OT @Uschi: Genau! @Mascha: Ich auch nicht. ]

Liebe Grüße, Susanne

 

"Books! The best weapons in the world!" (The Doctor)

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Wie beim Film. Ein hübsches Gesicht genügt nicht. Die Beleuchtung, der Kamerawinkel und der Schnitt machen es am Ende.

 

Der Drehbuchautor schreit gequält auf, natürlich.

All das ist nur noch Beiwerk bzw. Interpretation, Ausstattung und Umsetzung.

Wenn es dem Autor nicht schon gelungen ist, dem Charakter eine Seele zu geben und dem Schauspieler damit eine Vorlage zu liefern, wer er in der betreffenden Szene sein soll, was er zu denken und zu fühlen hat, dann helfen all diese Äußerlichkeiten kein bisschen.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

War ja auch nur als Illustration gedacht, lieber Matthias, dass die reine Definition und Charakterisierung einer Figur nicht ausreicht. Beim Drehbuch sind bestimmt Dialoge von großer Bedeutung, beim Roman diese und noch viel anderes dazu.

 

LG

Ulf

Die Montalban-Reihe, Die Normannen-Saga, Die Wikinger-Trilogie, Bucht der Schmuggler, Land im Sturm, Der Attentäter, Die Kinder von Nebra, Die Mission des Kreuzritters, Der Eiserne Herzog, www.ulfschiewe.de

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Ich denke da an Match Point und überlege' date=' wie er es schafft, seinen Hauptprotagonisten unterhaltsam zu finden.[/quote']

 

Genau dazu hat Woody Allen sich in einem Interview geäußert, das ich vor kurzem auf 3sat sah. Er meinte, es sei alleine der Darstellung Jonathan Rhys Meyers zu verdanken, dass der Zuschauer mit der Figur mitfiebere, trotz all der üblen Dinge, die sie tue. Jonathan Rhys Meyers spiele die Figur in ihrer inneren Zerrissenheit.

 

 

Ja, da hat Woody Allen das getan, was ich immer unglaublich schwierig finde: Den Raum für die Interpretation des Darstellers zu lassen, ihn spielen lassen, was er nicht ausspricht. Vielleicht auch beim Romanschreiben hilfreich: sich vorstellen, was ein Schauspieler/eine Schauspielerin tun würde (und das Ganze mit entprechender imaginärer Musik untermalen)-dies in Sprache übertragen.

 

Ich fände es auch gut, zu konkretisieren, welche Fragen wir hier zu beantworten versuchen: Muss ein Autor seine Figuren mögen/lieben? oder Welche Figur ist sympathisch? Wem, dem Autor/den Lesern? Braucht man überhaupt eine sympathische Figur oder muss man den Begriff erweitern, wie wir es hier schon versucht haben? Im alten Thread ging es ja auch um das Mitfiebern mit Bösewichtern. Mit welchen Mitteln wird es erreicht?

Liebe Grüße

Claudia    

Baronsky&Brendler: Liebe würde helfen  Ein Staffelroman 
Februar 21, Kampa

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Ich denke da an Match Point und überlege' date=' wie er es schafft, seinen Hauptprotagonisten unterhaltsam zu finden.[/quote']

 

Genau dazu hat Woody Allen sich in einem Interview geäußert, das ich vor kurzem auf 3sat sah. Er meinte, es sei alleine der Darstellung Jonathan Rhys Meyers zu verdanken, dass der Zuschauer mit der Figur mitfiebere, trotz all der üblen Dinge, die sie tue. Jonathan Rhys Meyers spiele die Figur in ihrer inneren Zerrissenheit.

 

 

Ja, da hat Woody Allen das getan, was ich immer unglaublich schwierig finde: Den Raum für die Interpretation des Darstellers zu lassen, ihn spielen lassen, was er nicht ausspricht.

 

Ich glaube nicht, dass er das getan hat.

Er hat ihn ganz sicher nicht gelassen, sonst wäre er ein schlecher Regisseur, der sich einer "Interpretation" des Schauspielers ausliefert und ihm staunend dabei zuschaut.

Genau das Gegenteil ist der Fall. Der Regisseur ist der Aktive, der dem Akteur seine Sicht und sein Verständnis der Figur vermittelt bzw. dessen, was der Drehbuchautor hineingelegt und intendiert hat.

Genau das herauszukitzeln und den Schauspieler dazu zu bringen, eben diese innere Zerrissenheit tatsächlich zu spielen, das ist die Herausforderung für den Regisseur.

Wenn ihm das gelungen ist, dann wird er sich immer hinstellen und den Schauspieler über den grünen Klee loben, denn dann wird der in Zukunft gleich auf ihn hören und das tun, was er von ihm verlangt, ohne ewig darüber zu diskutieren.

Okay, das machen amerikanische Schauspieler sowieso nicht, es sei denn, sie sind Superstars. Alle anderen tun genau das, was der Director sagt, sonst können sie sich an Wohnwagen 1 die Papiere holen.

Zu recht.

Überlässt man jedem Schauspieler die "Interpretation" seiner Figur, dann ist das Ergebnis meiner Erfahrung nach immer dasselbe: ER ist der wichtigste in jeder Szene, in der er auftritt und eigentlich hat er zu wenig Text und sprechen kann man den Mist sowieso nicht.

 

Diese Tendenz zum Eigenleben und dazu, die eigene Rolle als die wichtigste zu betrachten und sich in den Vordergrund zu schieben, kennen wir auch beim Schreiben von unseren eigenen Geschöpfen zu Genüge, denke ich.

Womit wir den Bogen wieder zurück zum Papier gefunden haben.

Der Autor ist da in gewissem Sinne der Regisseur. Er muss jede einzelne der Rollen genau kennen und jedem den Platz zuweisen, den er einnehmen muss.

Der Regisseur kann jeden seiner Akteure für ein Arschloch halten, nur muss er ihn dazu bringen, genau das zu tun, was der Geschichte dient. Oft hilft es dabei, nett zu sein und ihn zu mögen. Oder wenigstens so zu tun als ob.

Ob er nun ein sympathischer Mensch ist oder nicht.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Der Regisseur kann jeden seiner Akteure für ein Arschloch halten, nur muss er ihn dazu bringen, genau das zu tun, was der Geschichte dient. Oft hilft es dabei, nett zu sein und ihn zu mögen. Oder wenigstens so zu tun als ob.

Ob er nun ein sympathischer Mensch ist oder nicht.

Super. Ich halte auch nichts von Eigenleben irgendwelcher Figuren. Das ist ein Mythos. Der Autor ist zuständig. Basta. ;D ;D ;D

 

Ulf

Die Montalban-Reihe, Die Normannen-Saga, Die Wikinger-Trilogie, Bucht der Schmuggler, Land im Sturm, Der Attentäter, Die Kinder von Nebra, Die Mission des Kreuzritters, Der Eiserne Herzog, www.ulfschiewe.de

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Ooch, ich habe durchaus Achtung vor Schauspielern und ihrem Können...(allerdings weniger vor markigen Sprüchen)

Claudia

Baronsky&Brendler: Liebe würde helfen  Ein Staffelroman 
Februar 21, Kampa

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Sorry, ich war jetzt den Tag über offline, eben hat mich ein hilfreicher Geist wieder angestöpselt.

 

 

Das, worüber du schreibst, Claudia,

... was ich immer unglaublich schwierig finde: Den Raum für die Interpretation des Darstellers zu lassen, ihn spielen lassen, was er nicht ausspricht.

 

habe ich unlängst erlebt: 1 Regisseur, 2 Schauspieler, etliche, sehr disparate Szenen. Die Fragen, die die Schauspieler zu den Figuren stellten, die sie da so aus dem Zusammenhang gerissen darstellen sollten, haben die Konstrukteure der Figuren um und um getrieben. Und aus dem, wie dann gespielt wurde, ließ sich sehen, wo Baustellen waren, wo eine Figur sich gegen ihre Darstellung sperrt. Von daher stimmt das:

 

Vielleicht auch beim Romanschreiben hilfreich: sich vorstellen, was ein Schauspieler/eine Schauspielerin tun würde (und das Ganze mit entprechender imaginärer Musik untermalen)-dies in Sprache übertragen.

 

für mich nach dieser Erfahrung auf alle Fälle.

 

Ich fände es auch gut, zu konkretisieren, welche Fragen wir hier zu beantworten versuchen: Muss ein Autor seine Figuren mögen/lieben? oder Welche Figur ist sympathisch? Wem, dem Autor/den Lesern? Braucht man überhaupt eine sympathische Figur oder muss man den Begriff erweitern, wie wir es hier schon versucht haben?

 

Ja, finde ich auch. Können wir uns vielleicht noch einmal darum bemühen bei Thema dieses threads zu bleiben: Muss ein Autor seine Figuren mögen/lieben?

 

Für die anderen Fragen kann ich einen neuen thread eröffnen oder den alten hochholen, damit dort (wo schon eine Anzahl beispielhafter Sympatikusse) weiter diskutiert wird. Was ist euch lieber?

 

Angelika

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

Alicia jagt eine Mandarinente. dtv premium März 2018. Die Grammatik der Rennpferde. dtv premium Mai 2016

www.angelika-jodl.de

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Darf ich nochmal ganz kurz off topic gehen? (ich tu es dann nie wieder... 8-)

sonst wäre er ein schlecher Regisseur, der sich einer "Interpretation" des Schauspielers ausliefert und ihm staunend dabei zuschaut.

Überlässt man jedem Schauspieler die "Interpretation" seiner Figur, dann ist das Ergebnis meiner Erfahrung nach immer dasselbe: ER ist der wichtigste in jeder Szene, in der er auftritt und eigentlich hat er zu wenig Text und sprechen kann man den Mist sowieso nicht.

 

Dazu ein Zitat von Alan Ayckbourne, aus "Theaterhandwerk"

„Sie (Schauspieler) können beispielsweise viel mit ihrem Gesicht ausdrücken, mit ihrer Körpersprache, mit ihrem Schweigen-manchmal viel überzeugender, als Ihre Worte es können. Eine kleine Geste kann Bände sprechen und Kilometer von Text ersetzen. Lassen Sie den Schauspielern beim Schreiben Freiraum, um diese Fähigkeiten zu entfalten. Sonst hätten sie sich die vielen Stunden Bewegungstraining auf der Schauspielschule schenken können.“

 

Thats what I meant.

Dass man als Autorin und Regisseur/in die Figuren im Griff haben sollte, immer vorausgesetzt.

Es gibt Autoren (meist eher Autorinnen), die zugeben, dass ihnen das nicht immer gelingt und sich fragen, was man verbessern könnte.

Ich finde Fragen von guten Schauspielern zum Stück und ihrer Figur immer hilfreich, in diesem Sinne, wie es Angelika beschreibt. Und jetzt zurück zum Thema. Sorry.

Liebe Grüße

Claudia

Baronsky&Brendler: Liebe würde helfen  Ein Staffelroman 
Februar 21, Kampa

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Können wir uns vielleicht noch einmal darum bemühen bei Thema dieses threads zu bleiben: Muss ein Autor seine Figuren mögen/lieben?

 

Wir bemühen uns ja sehr, nur nicht immer mit Erfolg.

 

;D

 

Dann mal wieder on topic:

 

Ich habe gerade bei genauerer Betrachtung festgestellt, dass mir Charaktere bemerkenswert gut und lebendig gelingen, die ich NICHT mag.

Howcome?

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

@Matthias

Es ist ein Unterschied, ob man Charaktere oder Figuren mag - ein Charakter ist etwas lebendig-menschliches, das man mögen oder hassen kann, aber es sollte Gefühle auslösen.

Eine Figur kann man als Autor mögen, weil sie genau die Funktion erfüllt, Gefühle auszulösen. Ob das nun positive Gefühle sind, so dass wir die Figur lieben, oder negative, so dass wir sie am liebsten in den Allerwertesten treten würden, wäre sie real, ist nebensächlich.

 

Wenn ein Autor seine Figuren nicht wegen ihrer Fähigkeiten mag, Gefühle zu erzeugen, also sie als Handlungsträger ernst nimmt, wie soll sie dann erst der Leser als fühlbare Protagonisten empfinden?

 

Insofern ist die Aussage: Egal ob sympathisch oder nicht, hauptsache unterhaltsam, kein Widerspruch. Wenn eine Figur unterhaltsam ist, erzeugt sie Gefühle im Leser/Zuschauer. Und ich glaube, es ist ganz gut, wenn sie diese Gefühle auch schon beim Schreiben im Autor erzeugt hat und wenn sie nicht steril erschaffen wurde.

 

Gruß, Melanie

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Charakter hat zwei Bedeutungen:

Entweder ist der Charakter die Figur - dann kann man es synonym verwenden. Ich persönlich verwendet es aber nicht synonym. Für mich sind es Figuren oder Protagonisten, die ihren eigenen Charakter haben.

 

Ich erschaffe eine Figur mit einem Charakter. Ich mag also meine Figur, aber ich muss ihren Charakter nicht mögen.

 

Gruß, Melanie

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Verstehe.

Ich hatte es, da wir ja ins Filmische abgeschweift waren, synonym benutzt.

Also "character" in Sinne von "Figur".

Da habe ich mich dann eventuell missverständlich ausgedrückt.

Wenn ich sage, ich muss den Charakter nicht mögen, meine ich die Figur als solche, mit allem, was dazugehört. Also auch mit ihren Charaktereigenschaften, um die Verwirrung zu komplettieren.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Bitte melde Dich an, um einen Kommentar abzugeben

Du kannst nach der Anmeldung einen Kommentar hinterlassen



Jetzt anmelden


×
×
  • Neu erstellen...