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Middendorf - Literaturagentur LKM

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Viele erfolgreiche Schriftsteller überlassen Literaturagenturen Manuskriptvermittlung und Vertragsverhandlungen. Häufig haben diese Unternehmen erst den Erfolg der Autoren ermöglicht, weil sie Spezialisten dafür sind, Verlagen neues Material und neue Autoren anzubieten. Branchenüblich ist, dass literarische Agenturen auf Erfolgsbasis arbeiten, also erst nach der Vermittlung von Verlagsverträgen Honorare berechnen, die auf Basis der tatsächlich gezahlten Vorschüsse und Tantiemen fließen. Aber auch in dieser Branche gibt es welche, die sich von Autoren bezahlen lassen, nicht anders als bei Verlagen.

 

Solche Literaturagenten, die von Autoren vorab Gebühren verlangen und teure Lektorate anbieten, sollten sorgfältig geprüft werden, ob die Leistung wirklich im Verhältnis zum Einsatz steht. Die Erfahrungen lassen nachdenklich werden.

Zu den Agenturen, die vorab Gebühren fordern, gehört u.a. die Literaturagentur Klaus Middendorf (LKM).

 

Aus schriftlichen Angeboten der Literaturagentur LKM, die der Redaktion vorliegen, geht hervor, dass viele Autoren, die eine Vertretung wünschen, oft zuvor in ein Lektorat einwilligen müssen, dessen Kosten im vier-, manchmal auch fünfstelligen Bereich liegen. Eine „Bearbeitungsgebühr“ von 307 Euro wird außerdem fällig. In einer Stellungnahme zu dieser Agentur-Praxis verteidigt Middendorf sein Angebot:

„Jede in Anspruch genommene Dienstleistung wird wie selbstverständlich bezahlt, nur auf einem so schwierigen und komplexen Terrain, das gewissermaßen produktseitig der subjektiven Willkür unterliegt, sollen die marktwirtschaftlichen Usancen, nach denen Dienstleistungen honoriert werden, aufgehoben sein.“ (*)

 

Korrekt, jede Leistung verdient Bezahlung. Auch andere Literaturagenten werden bezahlt. Aber sie erhalten ihren Lohn als Provision nach getaner Arbeit und aufgrund der erlösten Honorare ihrer Autoren.

 

Wer vorab Geld verlangt, muss aus der Sicht der Autoren deshalb doppelt sorgfältig geprüft werden. Ist dies ein Weg, an dessen Ende schriftstellerischer Erfolg steht?

Im Falle Middendorfs wird in den vorliegenden Fällen keine Vermittlung an Publikums-Verlage vorgeschlagen. Das Manuskript soll nach dem Lektorat bei einem Verlag veröffentlicht werden, der schon vorab feststeht: "Buch & Media". Wofür soll eine „Bearbeitungsgebühr“ fällig werden, wenn die Arbeit einer Vermittlung gar nicht stattfinden soll?

 

Die „Buch & Media Verlagsgruppe“ ist ein Druckkostenzuschussverlag, wie der Text auf ihren Internet-Seiten (Link ungültig) (Link ungültig) verdeutlicht:

„Jedes Buch ist individuell und wird dementsprechend kalkuliert. [...] Für unser Beispiel: ca. Euro 1.700.“ (*)

 

Im vorliegenden Anschreiben der  Literaturagentur Middendorf steht das eher verschämt nicht auf der ersten Seite, sondern unten auf einer weiteren Seite. Etwas unauffällig findet sich der Satz: „Voraussichtliche Publikationskosten anhand vorliegender Erfahrungswerte Euro: XXXX.“ (*)

 

Dies wird damit begründet, dass er für dieses Werk wohl „nicht die erwünschten Platzierungsperspektiven innerhalb des traditionellen Verlagsbereichs sehe“ (*). Wenn die Verkaufschancen  eines Buches von einem Literatur- Agenten eher als gering eingeschätzt werden, wie hoch ist dann der zu erwartende Verkaufserfolg des Buches?

 

Das Landgericht München hat mit seinem Urteil vom 5. 2. 2009 entschieden, dass es zulässig sei, Druckkostenzuschussverlage als Pseudoverlage zu bezeichnen, im Unterschied zu den üblichen Publikumsverlagen, die insbesondere die finanziellen Aufwendungen für die Herausgabe eines Manuskripts als Buch vorlegen. Wörtlich  heißt es in dem Urteil: “Die Dienstleisterverlage, wie eben die der Klägerin, sind eben keine Verlage, wie die herkömmlichen Verlage, wie sie im Verständnis auch der interessierten Verkehrskreise aber auch der Allgemeinheit bekannt sind.” Das OLG München hat das bestätigt (Urteil vom 13. Juli 2009, Az. 4 6 U 2250/09)

Die Bücher solcher „Verlage“ werden üblicherweise kaum im Buchhandel angeboten, auch diese Aussage wurde im Urteil hervorgehoben.

 

Die vergleichbare Frage, ob eine seriös arbeitende Literaturagentur für die Vermittlung der Werke an Druckkostenzuschussverlage vorab Gebühren verlangt, beantwortet sich so eigentlich von selbst.

 

Die Literaturagentur Middendorf argumentiert hierzu:„Auch wenn ich aus den geschilderten Gründen vorläufig nicht die erwünschten Platzierungsperspektiven innerhalb des traditionellen Verlagsbereichs sehe, ist eine Veröffentlichung innerhalb eines anspruchsvollen Programmumfeldes für Sie trotzdem möglich, wobei LKM Ihnen nicht nur eine professionelle Lektoratsbegleitung, sondern auch eine Veröffentlichung zusichern kann.“ (*)

 

Für sich genommen stimmen diese Aussagen. Es ist natürlich ein Geschäft mit der Eitelkeit oder auch der Überzeugung, anderen etwas Wesentliches, Gutes, Schönes geben zu können.

 

Die „geschilderten Gründe“, die oben benannt werden, finden sich in Texten der Druckkostenzuschussverlage so oder ähnlich formuliert in fast jedem Schreiben, das von den Autoren Geld für die Veröffentlichung verlangt:

 

„Bedauerlicherweise hat die wirtschaftliche Situation der traditionellen Verlage für deutschsprachige Autoren in der Vergangenheit zu einer deutlichen Verengung der Programmplätze geführt, von der selbst Hausautoren betroffen sind. Dabei hat sich vor allem bei den Debüts die zunehmende Konzentration auf Bestseller negativ ausgewirkt. Dazu muss man wissen, dass etwa 80 % der belletristischen Neuerscheinungen aus dem Ausland, und hier wiederum ca. 80 % aus dem englischsprachigen Bereich kommen.“ (*)

 

Zu diesem Argument bemerkte eine renommierte Agentin, dass auf der Frankfurter Buchmesse alle Verlage über die hohen Lizenzgebühren amerikanischer Verlage klagten und verzweifelt nach deutschen Autoren suchten. Diese Agentin verlangt weder vorab „Gebühren“, noch garantiert sie Veröffentlichungen. Und wenn sie ein Manuskript für nicht verkäuflich hält, sagt sie das auch - und vermittelt es nicht an einen Druckkostenzuschussverlag.

 

Middendorf hebt in seinen Anschreiben hervor: „Der sich immer stärker abzeichnende Strukturwandel des deutschen Buchhandels brachte im Debütbereich eine immer stärkere Verlagerung zu privaten Publikationsaktivitäten mit sich, entweder im Netz oder auf eigenfinanzierten Plattformen von Selbst- oder Serviceverlagen.“ (*)

Der Begriff „Serviceverlag“ ist eine sehr zurückhaltende Metapher für einen „Druckkostenzuschussverlag“.

 

Um die Kosten in einer gewissen Nutzenrelation erscheinen zu lassen, werden von der Literaturagentur bekannte Namen bemüht: „Ein Schwerpunkt von LKM ist die Förderung von Talenten. Als Beispiele seien Petra Hammesfahr, Wolfram Fleischhauer und nicht zuletzt Thomas Lehr genannt.“ (*)

 

Eine Nachfrage bei Petra Hammesfahr ergab, dass die Bestsellerautorin das ziemlich anders sieht:

"... möchte ich doch selbst noch einmal betonen, dass ich die Behauptungen von Klaus Middendorf als Unverschämtheit ansehe. Er hat niemals eine meiner Arbeiten lektoriert und mich gewiss nicht an den Rowohlt Verlag vermittelt. Rowohlt – Wunderlich brachte 1999 den ersten Roman von mir heraus. Mein „Betreuungsvertrag“ mit Herrn Middendorf war bereits 1997 in einem Gerichtsverfahren aufgelöst worden." (*)

 

Angesprochen, warum er mit einem berühmten Namen wirbt, der nichts Gutes über ihn zu sagen weiß, antwortete Middendorf: „Frau Hammesfahr hat nachweislich mit LKM am 13.1.1988 einen Exklusivvertrag abgeschlossen, der im Februar 1995 von Frau Hammesfahr gekündigt worden ist. [...]Der von Ihnen angeführte Sachverhalt entbehrt somit des Wahrheitsgehaltes. Das Gleiche gilt für den von Ihnen genannten Prozesstermin, der nach dem Zeitpunkt der von Frau Hammesfahr im Februar ausgesprochenen Kündigung liegt. Nähere Angaben zum Prozess gehören nicht hierher. Ich schätze Frau Hammesfahr als Autorin zu sehr, als dass ich Interesse daran habe, diese Dinge in die Öffentlichkeit zu ziehen, zumal sie auch nicht unbedingt für Frau Hammesfahr PR–kompatibel sind. [...]“ Middendorfs Aussage beantwortet nicht die Frage, warum er sich auf jemanden beruft, der seine Leistungen nicht für lobenswert hält - und zweifellos längst nicht mehr von ihm vertreten wird.

 

Middendorf hat auch ernstzunehmende Vermittlungen getätigt, möglicherweise auch ohne Gebühren und Lektoratskosten. Aber wer sich die Liste seiner betreuten Autoren und Werke (Link ungültig) (Link ungültig) ansieht, entdeckt z.B. für das Jahr 2008, dass vier von fünf Büchern bei Buch&Media, also einem Zuschussverlag, herauskamen, im Jahr 2007 trifft das für 6 der 7 angegebenen Bücher zu. Obendrein ist das einzige Buch, das 2008 nicht an Buch & Media ging, „Das Auge der Götter“, bei Amazon als BoD-Titel gemeldet und nicht, wie auf Middendorfs Seite angegeben, bei "Fredebolt und Partner". Auf deren Verlagsseiten findet sich das Buch jedenfalls nicht.

 

Man kann das nicht oft genug wiederholen: Autoren, Agenturen und Autorenverbände warnen ausdrücklich vor Geldverschwendung. J. Jessen, der Geschäftsführer der Literaturagentur Thomas Schlück, sagt in seinem Verhaltenskodex für Agenturen in seinem Buch „Literaturagentur“:

„Die Erhebung von Lektoratsgebühren und sonstigen Gebühren für die Bewertung eines Manuskripts, Exposés, etc. stellen einen ernsthaften Missbrauch dar.“ (*)

 

Und Petra Hammesfahr sagte der Redaktion:

„Ich hoffe, dass [...] Sie mit Ihrem Artikel möglichst viele junge Autoren davor bewahren, irgendwann ebenfalls vor Gericht gehen zu müssen.“ (*)

 

Auch beim "Aktionsbündnis für faire Verlage" (Link ungültig) (Link ungültig) , dem Zusammenschluss von über 50 Literatureinrichtungen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz, ist das Problem nicht unbekannt:

"Wir stellen in den letzten Jahren zunehmend fest, dass nicht nur Pseudoverlage, sondern auch unseriöse Agenten versuchen, dass unternehmerische Risiko auf den Autor abzuwälzen", bestätigt uns Rechtsanwalt Tobias Kiwitt vom Bundesverband junger Autoren und Autorinnen (BVjA), einem der Initiatoren des Aktionsbündnisses

Also: Finger weg von dubiosen Angeboten, die vorab Geld verlangen! Smolny, Poldner und andere wurden auf (Link ungültig) schon diskutiert und haben gezeigt, was davon zu halten ist. Und der Verweis auf berühmte Autoren, die von Agenturen vertreten werden oder wurden, die vorab Geld verlangen, garantiert nicht, dass diese Autoren tatsächlich mit dieser Werbung einverstanden sind und als Referenz taugen.

 

(*) die zugehörigen Texte liegen dem Autor im Original vor

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Ich möchte mich bei allen denen bedanken, die mir aufgrund meiner Frage vor einem Jahr zu LKM per PN Schreiben und Angebote von Middendorf zugeleitet haben. Besonderer Dank gebührt Gerd Manthey vom Verein deutscher Schriftsteller Baden-Württenberg und Tobias Kiwitt vom BvjA für ihre Hilfe bei der Korrektur des Textes und der juristischen Beratung und Tom Liehr von den 42er Autoren, der sich ebenfalls die Mühe machte, das Manuskript gegenzulesen.

 

Hans Peter

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Vielen Dank für den aufschlussreichen Artikel!

 

Wir diskutieren im Forum immer wieder über die gängigen und weniger gängigen Geschäftspraktiken von Literaturagenten und Verlagen. Diese Einblicke sind sehr hilfreich für uns. Ich schließe diesen Thread allerdings, um ggf. unsachliche Kommentare in diesem Zusammenhang auszuschließen.

 

Weitere Informationen zum Thema Literaturagenten finden sich auch jederzeit im "Branche"-Bereich:

(Link ungültig)

 

Gruß,

 

Andreas

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