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(MelanieL)

Die ein oder andere Frage ...

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Hallo!

 

Ich stolpere ganz oft über Formulierungen wie:

die ein oder andere Frage ... oder

die ein oder andere Angelegenheit ...

 

Eigentlich dachte ich immer, es hieße:

die eine oder andere Frage bzw.

die eine oder andere Angelegenheit

 

Da ich aber diese für mich falsche Schreibweise viel häufiger lese als die für mein Gefühl richtige, bin ich mittlerweile verunsichert.

Was ist richtig?

 

Danke fürs Antworten und viele Grüße,

Melle

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Eigentlich dachte ich immer, es hieße:

die eine oder andere Frage bzw.

die eine oder andere Angelegenheit

 

... ist richtig.

Denn es heißt ja: Die eine (oder andere) Frage oder die eine (oder andere) Angelegenheit.

 

Ist eben nicht ein und dasselbe.

 

Andrea

Neu: Das Gold der Raben. Bald: Doppelband Die Spionin im Kurbad und Pantoufle

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Danke, Andrea!

 

Die falsche Schreibweise steht so oft in Romanen, Zeitungsartikeln und sonstigen Schriftsachen, dass ich schon fast am Zweifeln war.

Komisch eigentlich, dass das nicht korrigiert wird ...

 

Grüße,

Melle

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Komisch eigentlich, dass das nicht korrigiert wird ...

 

Wahrscheinlich deswegen nicht, weil es einer durch die Entwicklung aller Sprachen wogenden Gesetzmäßigkeit entspricht: Der der - vornehm und linguistisch korrekt gesprochen - Ökonomisierung, vulgo der Faulheit der Sprachbenutzer vornehmlich beim Sprechen.

 

Konsonsanten, die dem Sprecher Mühe machen, werden dabei im Laufe der Zeit ebenso über Bord geworfen wie Vokale. So wurde aus lateinisch "nocte" das italienische "notte", aus ahd. "habet" das neuhochdeutsche "hat", aus "eke-name" ("Auch-Name") das moderne englischen "nick-name" (das "n" am Anfang motiviert sich aus "an eke-name")

 

Vokale haben es besonders schwer, wenn zwei aufeinander folgen wie in dem zur Sinneinheit geronnenen "die eine oder andere Frage". Der, der das arme e zuerst verschluckt hat, hatte sicher nicht die Absicht, "die Frage" zum Maskulinum oder Neutrum zu erklären, er war nur zu bequem, die beiden Vokale deutlich zu sprechen und hat sich darauf verlassen, dass trotz dieser kleinen Lautreduktion noch alles verstanden wird. Aber dann gehts halt dahin. Am Ende trägt die Schreibung dem Rechnung und irgendwann steht es so auch im Duden. Und ganz zuletzt ist dies dann das "Richtige" und kein Mensch weiß mehr, dass es früher mal anders war, gerade so wie beim nickname.

 

Den ersten Faulpelz kennt eh keiner, der "entfloh nach Afri- od Ameriko."  8-)

 

Angelika

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

Alicia jagt eine Mandarinente. dtv premium März 2018. Die Grammatik der Rennpferde. dtv premium Mai 2016

www.angelika-jodl.de

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Oh, Angelika, du machst mir Angst!

 

Da muss also die Logik der Ökonomisierung weichen, wird quasi wegrationalisiert. Wenn das mein Mathelehrer wüsste!

:s08

 

Gruß,

Melle

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Keine Angst, Melanie! Die Logik der Sprache hat andere Gesetze, und die kommen denen deines Mathelehrers sicher nicht in die Quere. Wenn man sie untersucht, sieht man, dass die Sprache, auf der wir so sicher stehen, dass wir glauben, es ist alles fester Boden unter uns, in Wirklichkeit eher aus lauter im Wasser der Zeit treibenden Holzspänen besteht. Laute haben sich gewandelt und wandeln sich weiter, grammatikalische Strukturen und auch Bedeutungen. Gestern hat es noch "verrückt" bedeutet, heute drückt man mit "toll" etwas anderes aus.

 

Die Logik des Sprachwandel setzt sich zusammen aus dem menschlichen Verlangen nach Ökonomie, nach Expressivität und - dies ist der Anknüpfungspunkt zur eigentlichen Logik - nach Analogie. In gewisser Hinsicht sind alle die, die mit ihrem Schreiben den Anspruch verbinden, etwas Neues zu schaffen, auch beteiligt an dieser ständigen Wandelei. Selber schuld, sozusagen.

 

Herzlich,

Angelika

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

Alicia jagt eine Mandarinente. dtv premium März 2018. Die Grammatik der Rennpferde. dtv premium Mai 2016

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Wenn man sie untersucht' date=' sieht man, dass die Sprache, auf der wir so sicher stehen, dass wir glauben, es ist alles fester Boden unter uns, in Wirklichkeit eher aus lauter im Wasser der Zeit treibenden Holzspänen besteht.[/quote']Darum habe ich bei früheren sprachlichen Diskussionen hier ja auch immer gerne noch darauf verwiesen, dass die Regeln der Sprache weniger eine Frage der Logik als vielmehr eine Frage der Konvention sind. Es lohnt sich auch wenig, sich da über Bequemlichkeiten und Verschleifungen zu empören. So eine "Betroffenheits-Sprachpflege" wirkt, wenn man sich näher mit den Dingen befasst, dann oft ein wenig unfreiwillig komisch und verquer, weil sie einen willkürlichen Ist-Zustand rationalisiert und konservieren möchte.

 

Im vorliegenden Falle kann man zum Beispiel feststellen, dass der getilgte Laut ein Schwa-Laut ist, kein "richtiger" e-Vokal. Schwa-Laute sind in der Regel selbst wiederum Platzhalter, die im Laufe der Sprachentwicklung aus Bequemlichkeit an die Stelle echter, ausdrucksstarker Vokale gesetzt wurden, sind also selbst bereits das Ergebnis derselben Entwicklung, die sie dann irgendwann ganz verschwinden lässt.

 Ich persönlich sehe da also immer eine gewisse Ironie darin, wenn jemand sich über gegenwärtige Sprach-Schlampigkeit beklagt - und aus diesem Grunde erbittert ein Schwa-E verteidigt, das selbst wiederum nur durch eine solche "Sprachschlampigkeit" dahingesetzt wurde, wo es jetzt steht.

 

Und warum wird das vorliegende Beispiel so oft nicht korrigiert? Nun, vielleicht liegt das daran, dass die verkürzte Form es längst schon in den Duden geschafft hat und damit für Lektorate und und Redaktionen als korrekt gilt - im normalen Duden ist durch "der ein[e] oder andere" das "e" als fakultativ gekennzeichnet, im Duden 9 heißt es zu dem Thema: "Allgemein üblich und korrekt ist ungebeugtes ein ... wenn ein durch oder ... an zwei und ander gekoppelt ist".

 Also, kein Drama, kein Fehler - nur ein Atemzug der lebendigen Sprache. ;)

Sinn ist keine Eigenschaft der Welt, sondern ein menschliches Bedürfnis (Richard David Precht)

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Und war das nicht ein wunderschönes Wort zum Schluss? Das mit dem "Atemzug der lebendigen Sprache" meine ich.

 

Jawoll, lieber Spinner, da kann man wirklich nur noch völlig ungebeugt einen Schwa-Laut dazu ausstoßen.

 

Sehr freundliche, ja geradezu linguistische Grüße von

Angelika

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

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