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Andrea S.

Plotten

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Ihr Lieben,

 

ich wage mich wieder mal an ein gefährliches Thema.

 

Plotten gehört zum Handwerk, aber was man unter Plotten versteht und welche Nebenwirkungen es haben kann, darüber lohnt es sich nachzudenken.

Plotten (eigentlich ein hässlicher Begriff) heißt, eine Handlung planen. Wie, dazu gibt es zahlreiche Rezepte. Um die geht es mir nicht. Die kann man sich anlesen, nachahmen, selbst erfinden, was auch immer.

 

Mir geht es darum zu prüfen, wie genau eine Planung sein soll.

Sie soll natürlich alle notwendigen und recherchierten Fakten beinhalten, sie soll die Zusammenhänge und Motive berücksichtigen, es müssen die Informationsträger benannt werden, der zeitlichen Ablauf dargestellt und vielleicht auch noch der dramaturgischen Aufbau beschrieben werden.

 

Man kann natürlich auch noch tiefer gehen und die Erzählperspektive festlegen, den Handlungsort, den Szenenaufbau, Wetterereignisse, Mondphasen, Laborergebnisse und den Kauf von Hundefutter.

 

Und dann hat man einen Plotplan, den man nur noch Punkt für Punkt abarbeiten muss.

 

Ich habe das Gefühl, dass man derart detailliert geplanten Geschichten immer anmerkt, wie konstruiert sie sind, wie wenig Spielerisches sich der Autor zubilligt, wie hölzern dadurch der Stil wird.

 

Muss man der Geschichte nicht ihre Freiräume lassen, dem verspielten inneren Autor die Lust am Unerwarteten gestatten, einfach Mut zur Lücke haben, im festen Vertrauen darauf, dass sich zum gegebenen Zeitpunkt schon die Figur meldet, die ihr Wissen offenbart?

 

Wie seht Ihr das?

 

Andrea

Neu: Das Gold der Raben. Bald: Doppelband Die Spionin im Kurbad und Pantoufle

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Liebe Andrea,

 

so gefährlich ist das Thema hoffentlich nicht.  :)

Ich glaube, es wird unterschiedliche Herangehensweisen geben, der eine muss sich ganz stark am vorher Festgelegten orientieren, die andere erlaubt sich viele Freiräume.

Ich selber kann nicht tierisch an meinem Plotplan festhalten. Bei einem Roman von 400 Seiten hätte ich das Gefühl, meine Phantasie in eine Zwangsjacke gesteckt zu haben, meine kreativen Prozesse abzuwürgen.

In der Vorbereitungsphase, bei der Recherche usw. erstelle ich schon einen genauen Plan. Und dieser Plan soll lenken.

Aber genau wie Du sagst, wenn es sich zeigt, dass das Spielerische darunter leiden würde, nehme ich nachträglich Änderungen am Plan vor. Das ist zwar Mehrarbeit, aber ich merke dann auch, dass die kreative Lust neuen Anschub bekommt.

Konkret in meinem letzten Roman (Insel der Elefanten) sind erst nach ungefähr der Hälfte zwei neue Personen "hereinspaziert", und ich merkte, dass sie wichtig sind für die Protagonisten und für die Handlung.

Also musste ich sie vorher schon auftreten lassen, wenigstens kurz, und habe nachträglich den Plot (leicht) geändert und musste auch das Manuskript etwas umschreiben.

Ich empfand das nicht als lästige Mehrarbeit, sondern als eine Bereicherung.

Ja, ich glaube schon, dass Mut zur Lücke und Mut, die Gedanken frei herum schwirren zu lassen, trotz Plot und auch während der Schaffensphase dem Werk gut tun.

 

LG, Imre  

Gib, gib auch nach, aber gib nicht auf.&&www.imre-toeroek.de

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(Hans-Juergen)

Hallo Andrea,

 

ich mache das Eine (die detaillierte Planung) ohne das Andere (der Geschichte Freiräume einzuräumen) zu lassen.

 

Ich verstehe auch nicht die Entweder/Oder-Diskussion, die man immer wieder überall hört. Leuten, die eine detaillierte Planung an den Anfang ihrer Schreibarbeit stellen, wird abgesprochen, dass sie hinterher keine Ideen mehr zulassen dürfen. Als wenn ich nach dem Planen einen Vertrag abschließe, das MS genau so zu schreiben, wie ich es geplant habe.

 

Bei jedem meiner Bücher unterschied sich das fertige MS stets erheblich vom ersten Plan, der für mich nichts weiter als ein Fahrplan für die erste Version des MS ist. Meine Arbeitsweise führt allerdings dazu, dass ich die zweite und manchmal auch dritte Fassung in großen Zügen neu schreibe, und vieles vorher Geschriebene wegwerfe.

 

Aber einfach über neue Ideen hinweggehen, nur weil die nicht in meiner Planung stehen, das würde mir nie in den Kopf kommen.

 

Hans-Jürgen

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Hallo,

 

ich mache es auch so wie Imre und Hans-Juergen: Der Plan ist ein Gerüst, an dem die Geschichte entlangwachsen kann. Ganz ohne Anhaltspunkte käme ich mir beim Schreiben verloren vor. Dass die Geschichte dabei Ranken treibt, die nicht geplant waren, ist bei mir auch durchaus erwünscht.

 

Andrea, mich würde interessieren, inwiefern du die Handlung vorausplanst. Oder lässt du dich von einer Szene zur anderen tragen? Ich finde diese Vorgehensweise sehr spannend. Weil ich aber gerade erst einen Kurzgeschichtenband und einen Roman geschrieben habe, würde ich mir das nicht zutrauen. Aber irgendwann würde ich es auch gerne mal ausprobieren.

 

Gruss,

 

Mascha

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Hallo!

Ich habe bisher so gut wie gar nicht geplottet. Hauptsächlich deshalb, weil mir die Ideen erst während des Schreibens kamen. Meist hatte ich nicht mehr als ein oder zwei Sätze, vielleicht auch mal vier, aber das war es dann auch. Die Firguren, die Imre "einfach so über den Weg laufen", sinbd mein tägliches Brot. Immer wieder stehen sie am Wegesrand oder laden meine Prota zum Essen ein oder was auch immer und behaupten steif und fest, eine wichtige Rolle in diesem Stück zu spielen, ich würde es schon noch merken.

Also gut, dann lasse ich sie eben mitspielen und schaue zu, was sie machen.

Ich habe auch schon versucht, es anders zu machen. Mit dem Ergebnis, dass ich die zentralen Konflikte UND ihre Lösung kannte. Und dass es mich nicht mehr interessiert hat, die Geschichte zu schreiben.

Im Moment versuche ich es mit einer Mischform: Eine Art Plot, die etwa 1-2 Seiten umfasst - mehr aber auf keinen Fall. Und genug Spielraum für spannende Zwischenstationen und Personen, die ich zu Anfang noch gar nicht kennen will, weil ich sonst nicht mehr neugierig bin und ohne Neugier nicht spannend schreiben kann. Ich bin der Typ, der zusammen mit seinem Prota ins Ungewisse stürzen muss und sich von Satz zu Satz Fingernägel-knabbernd fragt: Und nun? Oh je, wie kommt sie da nur wieder raus? Wird sie das jemals schaffen?

Im Laufe der Zeit habe ich herausgefunden, dass "ein wenig plotten" mir und meinen Geschichten gut tut. Aber nicht zu viel. Ich weiß, dass es anderen anders geht, und das ist gut so, so gibt es immer etwas für mich, das ich ausprobieren kann. Und das eine oder andere kann ich für spätere Geschichten mitnehmen.

 

Liebe Grüße

 

Sylvia

(die stolz ist, inzwischen immerhin zwei Seiten im Voraus zu planen)

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Gefährliches Thema? Es ist eher ein facettenreiches Thema, weil man dazu genauso viele Antworten findet, wie es Autoren gibt.

 

Sicher wird man Werke finden, wo man vermutet, dass der Autor akribisch geplant hat, aber sicher weiß man es nicht, bevor man ihn nicht gefragt hat. Genauso wird man nicht immer zu 100% sagen können, diese Geschichte stammt von einem Bauchschreiber. Und dazwischen gibt es alle möglichen Formen, wo man eigentlich immer den Autor fragen müsste, wie hast du es denn geschrieben. Erst dann kann man Schlüsse ziehen. Vorher sind es nur Vermutungen und Behauptungen.

 

Ich schreibe ausschließlich aus dem Bauch heraus und habe nur einen groben roten Faden. Irgendwann dachte ich mir, versuch es doch einmal mit plotten. Das hatte ich dann auch bis zum Ende durch gezogen. Der Plot liegt immer noch in meiner Schublade. Meine Protagonisten haben mir nichts mehr zu sagen und ich kenne die Geschichte in- und auswendig. Ich kann nicht mehr in die Geschichte eintauchen und mich überraschen lassen.

 

Nun schreibe ich andere Sachen und warte bis ich den Plot vergessen habe und dann werde ich die Geschichte schreiben aus dem Bauch heraus. Ich mag bezweifeln, dass man es der Geschichte anmerken würde.

 

LG von Katrin

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Hallo,

 

ich habe die Erfahrung gemacht, dass trotz ausführlichen Plottens (Schneeflockenmethode) die Figuren irgendwann selbst bestimmten, wohin sie gehen möchten.

Trotzdem finde ich es sinnvoll, vor Beginn eines Projekts alles durchzudenken. Auch wenn die Figuren dann vom vorgeplanten Weg abweichen - oder vielleicht gerade deshalb, da sie durchs Plotten in meinem Kopf bereits eine Kontur haben und sich dadurch weiterentwickeln, so ist zumindest ein Gerüst, ein Sicherheitsnetz da, sollten sie sich am Weg verlieren.

 

mlG

Christine

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Idealvorstellung: Vor dem Schreiben sammle ich Hintergrundwissen, weiß sehr viel über Figuren und Handlung und würde gern vor dem Roman einen kompletten Szenenplan machen, weil ich es für professionell halte.

 

Problem: Dann fängt es an! Die Figuren murren herum, weil sie sich die Sache ganz anders gedacht hatten, einige Logikknoten tauchen unvermutet auf, und ich fange an, die Zutaten für meinen Plot ganz anders zu mischen als vorher gedacht. Ich jongliere (vorm Schreiben, beim Schreiben, nach dem Schreiben) so lange mit meinen Figuren und meiner Welt herum, bis sich eine gewisse Eigendynamik entwickelt und die Geschichte ganz anders weitergeht als gedacht. Abgesehen vom Ende, das passt meist.

 

Ergebnis: Ich bin einerseits unzufrieden mit mir selbst, weil ich nicht planen kann. Ich habe andererseits eine Geschichte, die viel lebendiger ist als der Plan, und vielleicht ist das ja viel besser! Meine Figuren machen eh mit mir, was sie wollen.

 

Tatsache: Das kostet manchmal Zeit, weil ich immer wieder beim Schreiben ins Stocken gerate, wenn ich bemerke, dass die nächste Szene sooo nicht funktioniert.

 

Hoffnung: Dass ich irgendwann den goldenen Masterplan für meine Bücher in die Hand bekomme, bevor ich sie schreibe. Aber vielleicht stimmt der Spruch ja auch: Wenn die Götter uns strafen wollen, dann erhören sie unsere Gebete.

 

Liebe Grüße

Susanne

Autorin, Lektorin und Korrektorin. www.susanne-rauchhaus.de

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Für die, die es nicht wissen - ich plane meine Geschichten. Und ich betreue hier im Forum die Plotgruppen. ;)

 

Mir geht es in dieser Diskussion auch nicht um Bauchschreiben vs. Vorplaner, sondern um die Planungstiefe und ihre Nebenwirkungen. Ein wenig auch um das Einsetzen von Planungsmodellen.

 

Eine Geschichte von Anfang bis Ende vor dem Schreiben durchzudenken ist die einfachste Art, sie zu planen.

Eine Geschichte anhand bestimmter Modelle und Verfahren aufzubauen ist auch eine (Dreiakt-Modell, Heldenreise, Masterplots etc.)

 

Eine Geschichte mit wenigen Handlungsstängen, chronologischem Ablauf, wenigen zu beachtenden Fakten (historischen, technischen, kriminalistischen) kann man sogar im Kopf durchplanen und dann losschreiben. Was ich als Argument allerdings nicht verstehe ist, dass eine Geschichte ihre Reiz verliert, wenn man sie erst einmal kennt. Das spricht nicht eben für die Faszination dieser Geschichte, denn auch die besten Bücher liest man gerne mehrmals.  :)

 

Eine mit mehrern verwobenen Handlungssträngen, zeitlich versetzen Abläufen, maßgeblichen äußeren Gegebenheiten sollte man allerdings schon tiefer planen. Sonst wird man beständig nachbessern müssen.

 

Plant man aber zu detailliert, zum Beispiel weil man zuviel recherchiert hat und alles Wissen mit einbringen will oder weil man Angst hat, etwas auf der Schreibstrecke zu vergessen oder starr einem vorgegebenen Aufbau folgt, dann knebelt man sich selbst.

 

Oh, und Susanne, der Himmel bewahre uns vor dem goldenen Masterplan - dann sind alle Geschichten bald nach dem selben Muster gestrickt. Das wäre ja ätzend langweilig!  :)

 

Andrea

Neu: Das Gold der Raben. Bald: Doppelband Die Spionin im Kurbad und Pantoufle

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Liebe Andrea,

 

bitte nicht falsch verstehen: Ich habe durchaus einen Plan, und ich finde die Geschichte auch nie langweilig, wenn ich sie mehrfach durchgehe. Ich dachte nur, es geht ja nicht um das "Wie" (Methode), sondern das "Wie genau" (Tiefe), und das was ungeplant ist, ist dann eben das Bauchschreiben. Zumindest bei mir ist es so, dass der ursprüngliche Plan nicht immer umgesetzt wird, auch wenn ich einen habe. Und wie Du schon sagst, wenn man zu genau plant, wirkt die Handlung, glaub ich, wirklich konstruiert. Je mehr Raum für "Zufälligkeiten" ich zwischen den roten Fäden lasse, desto realistischer ist das Buch, denn so ist das Leben. Oder?

 

Je mehr Infos ich habe, desto sicherer fühle ich mich. Aber ich muss ja nicht alles einfließen lassen, was ich über die Figuren weiß. Ich kann auch manches mit der Figur zusammen erleben und erkunden. Wenn ich meine Figur durch eine dunkle Gasse laufen lasse, wo sie überfallen werden soll, dann möchte ich diese Gasse vielleicht erst am Tag des Schreibens wirklich vor mir sehen, und auch das Gesicht oder die Maske des Täters. Wenn es aber wichtig ist, ob man im vorletzten Kapitel diese Maske in einem Raum des Täters liegen sieht, dann sollte man zu Beginn natürlich wissen, wie sie aussieht. Wenn der Täter sich durch einen Hinweis verrät, sollte ich das vorher wissen. Wenn meine Hauptfigur ihn ohne Maske schon kennengelernt hat, sollte man das vielleicht andeuten können.

 

Starke Unterschiede sehe ich allerdings in den verschiedenen Genres. Für einen Krimi würde ich wesentlich genauer planen als für einen Fantasyroman. Bestimmt kennst Du das Buch "Wort für Wort" von Elizabeth George? Ihre Szenenpläne sind ja schon ein ganzer Roman, und so wenig Raum möchte ich meinen Bildern im Kopf beim Schreiben gar nicht lassen. (Ich ersetze das Wort "möchte" auch gern durch "könnte" ;) )

 

Viele Grüße

Susanne

Autorin, Lektorin und Korrektorin. www.susanne-rauchhaus.de

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Was ich als Argument allerdings nicht verstehe ist, dass eine Geschichte ihre Reiz verliert, wenn man sie erst einmal kennt. Das spricht nicht eben für die Faszination dieser Geschichte, denn auch die besten Bücher liest man gerne mehrmals.  :)

 

 

Nicht die Geschichte selbst verliert ihren Reiz, sondern das Schreiben dieser Geschichte.  ;)

 

Ich mag aber stark bezweifeln, dass du einen Roman, der dir viel Freude bereitet hat zu schreiben, ihn noch einmal schreibst.

Anders verhält es sich mit einem Roman, einer Geschichte, die ein anderer geschrieben hat. Da kann es sehr reizvoll und auch unterhaltsam, vielleicht sogar "lehrreich" sein es mehrmals zu lesen.

 

Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun.

 

LG von Katrin

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Ja, Susanne, Du hast das sehr treffend geschildert, was ich meine.

Die Szene selbst auszugestalten, wenn sie "dran" ist, das macht das Schreiben zum Abenteuer. Aber die wesentlichen Zutaten - Deine zitierte Maske etwa - die sollte man vorab kennen.

 

Bei dem Fantasy-Roman allerdings wage ich zu widersprechen - auch da ist die Planung ebenso wichtig wie bei einem Krimi, denn die geschaffene Welt in sich muss schlüssig sein.

 

Und Katrin - ich schreibe ja nicht den Roman zweimal, aber ich erzähle mir die Geschichte gerne mehrmals, bevor ich sie schreibe, um die Möglichkeiten, die in ihr stecken, auszuloten. Darum lasse ich einen Plot gerne auch mal ein halbes Jahr liegen und arbeite mich dann noch einmal neu in die ganze Handlung ein. Weil Vieles sich in der Zwischenzeit unbewusst verändert hat und neue Ideen geschlüpft sind. Und weil manches, was mir im ersten Ansatz wichtig erschien, plötzlich zur Nebensache geworden ist.

 

Andrea

Neu: Das Gold der Raben. Bald: Doppelband Die Spionin im Kurbad und Pantoufle

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Eine Geschichte von Anfang bis Ende vor dem Schreiben durchzudenken ist die einfachste Art, sie zu planen.

Also "einfach" ist das auch nicht ;-). Weil das harte Arbeit ist und ich weiß jetzt niemand, der das auf Anhieb schafft. Meist hat auch das mehrere Durchläufe und anfänglich gibt es jede Menge Lücken, die man auch ertragen muss und einfach einsetzt, wos weitergeht. "X wird verhaftet und landet im Knast" Jetzt ist er dort, wo ich ihn haben will. Kleines Problem: Warum wird er verhaftet?

 

Noch habe ich keine Ahnung. Vielleicht muss ich die ganze Geschichte sowieso ohne den Gefängnisaufenthalt ablaufen ???

 

An solchen Stellen steht dann bei mir immer "???".

 

Was ich als Argument allerdings nicht verstehe ist, dass eine Geschichte ihre Reiz verliert, wenn man sie erst einmal kennt. Das spricht nicht eben für die Faszination dieser Geschichte, denn auch die besten Bücher liest man gerne mehrmals.  :)

Mir ist dazu jetzt eine Vermutung gekommen. Planung ist immer ein analytisch-logischer Prozess. Das Ergebnis ist für mich als Planer logisch aufgebaut. Weil es logisch aufgebaut ist, ist es aber auch voraussehbar. Und da auch Leser logisch denken können, kann es soweit kommen, dass dieser Plot vorhersehbar ist - und damit verliert er Spannung.

 

Ist das der Grund? Dass man einfach schreiben muss, damit auch nicht vorhersehbare, nicht "Ursache->Wirkung" auftritt? Möglicherweise.

 

Der zweite Grund könnte fast schon das Gegenteil sein. Auch der beste Analytiker übersieht etwas. Jeder, der Programmiert kennt das: Du machst einen Plan und dann setzt du ihn in ein Programm um und dann stellst du fest, dass du was übersehen hast ;-). Ein komplexes Gebilde von vorne nach hinten zu entwerfen, geht oft nicht (es sei denn, es ist ein Gebilde, dass schon hundertmal genauso entworfen wurde).

 

Und der dritte Grund ist das Bestreben, dass alles bitte logisch sein möge und deshalb schliesst man alles aus, was diese Logik stören könnte. Aber genau das sind in einer Geschichte die interessanten Punkte.

 

EIn Beispiel, aus dem letzten Montsegur Treffen und Andreas Workshop.

 

Auf dem Mars lebt eine Kolonie, die die heiligen Hühner verehrt, wer sich an denen vergreift, landet als Döner auf dem heiligen Grill und wird im anschließenden heiligen Mahl gemeinsam verspeist.

 

Unser Held ist einer, der sich immer herausreden kann. Weswegen er auch etwas leichtlebig ist und andererseits immer Helfer findet.

 

Jetzt hat er ein Huhn zur Pflege von der Priesterin bekommen und, da ihn das Huhn nicht interessiert, ist es leider eingegangen.

 

AUfgabe: Wir sollen den Rest der Geschichte plotten.

 

Logisch, der Typ landet im Knast und der heilige Grill wird schon mal vorgeheizt. Bloss, wie kommt er da raus? Er ist ja eher das Gegenteil eines James Bonds. Immerhin, er könnte die Wachen beschwatzen. Leider hat das die Priesterin vorausgesehen und die Wachen tragen Ohrstöpsel aus heiligem Hühnerfett.

 

Was mir auffiel in der Diskussion: Alle wollten sich eine Möglichkeit ausdenken, wie er nicht ins Gefängnis kommen würde. "Da kriegen wir ihn doch nie wieder raus" war das - durchaus logische - Argument.

 

Aber solche Situationen, aus denen es keine logische Lösung gibt, sind gerade die interessanten. Nur fällt einem da nichts ein, wenn man genau darüber nachgrübelt, alles was einem einfällt, sind die Gründe, warum es nicht geht.

 

Neue Einfälle kommen ja meist nicht dann, wenn man sie braucht, sondern dann, wenn man gar nicht daran denkt. Dass Schlaf und Träume erheblich dazu beitragen, Lösungen zu finden, will jetzt sogar eine Wissenschaftlergruppe wissenschaftlich nachgewiesen haben.

 

Zurück zu unserem Maulhelden in der Zelle. Der hofft auf seinen Freund, ein Mantel und Degen Typ, der nicht lang fragt, sondern zuschlägt. Der hat ihm versprochen, er wird ihn auf dem heiligen Grillfest heraushauen.

 

Leider hat die Priesterin auch das geahnt, der Typ wurde im Schlaf überwältigt und sitzt jetzt in Sicherungsverwahrung. Da wird er bleiben, bis sein Freund gar ist. Dann darf er raus und an dem heiligen Mahl zu Ehren seines Freundes teilnehmen, dem heiligen Mahl, dass die Schuld tilgen wird und dafür sorgt, dass unser Maulheld doch noch in die ewigen Hühnerhöfe eingehen darf.

 

Ach ja, den Maulhelden können wir nicht opfern, er soll die Revolution gegen Hühner & Co anführen. Dass er gegrillt wird, scheidet also auch aus.

 

Bleiben die drei ???. Wie entkommt er seinem Grillfest?

 

Natürlich gibt es Leute, die können das Problem abstrakt, auf Planungebene lösen. Aber viele werden durch die Bedenken, dass das nicht geht, abgeschreckt und wählen den einfacheren Plot: Er kommt nicht ins Gefängnis.

 

Wenn man die Geschichte aber erzählt, kann einem in der Erzählung eine Lösung kommen. Weil man nicht mehr grübelt, sondern es vorangeht. Eine Methode, den inneren Zensor auszuschalten, der kreischt: "Das funktioniert NIE!".

 

Ich vermute, dass hier ein Grund für dieses Problem liegen, das viele Leute mit der Planung haben.

 

Eine mit mehrern verwobenen Handlungssträngen, zeitlich versetzen Abläufen, maßgeblichen äußeren Gegebenheiten sollte man allerdings schon tiefer planen. Sonst wird man beständig nachbessern müssen.

Ich fürchte, nachbessern müssen die allermeisten so oder so. Ich weiß von keinem, der sich hinsetzt und mit einem perfekten Plan wieder aufsteht ;-).

 

Aber was ich selbst vor kurzem festgestellt habe, was sehr hilft, wenn man einen Plan hat, der aber noch nicht recht überzeugt:

Zeitablauf. Eine Tabelle, jeder Tag, Vormittags, mittags, nachmittags, abends, eventuell sogar Uhrzeit, eine Spalte für jede Hauptfigur.

 

Das konzentriert die Geschichte auf den kleinstmöglichen Zeitraum. Und lässt logische Fehler leichter erkennen. Kann man auch machen, wenn die Erstfassung schon steht. Natürlich muss man dann ändern, aber soviel war das in meinem Fall dann auch wieder nicht.

 

Hans Peter

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Mir ist dazu jetzt eine Vermutung gekommen. Planung ist immer ein analytisch-logischer Prozess. Das Ergebnis ist für mich als Planer logisch aufgebaut. Weil es logisch aufgebaut ist, ist es aber auch voraussehbar. Und da auch Leser logisch denken können, kann es soweit kommen, dass dieser Plot vorhersehbar ist - und damit verliert er Spannung.

 

Ist das der Grund? Dass man einfach schreiben muss, damit auch nicht vorhersehbare, nicht "Ursache->Wirkung" auftritt? Möglicherweise.

 

Das hieße im Umkehrschluss, dass nur unlogische Plots spannend sind. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass du das meinst, oder? ;)

 

Nach meiner Erfahrung ist genau das Gegenteil der Fall: Geschichten sind unspannend und vorhersehbar, gerade weil der Autor sie zu wenig durchdenkt und nicht genug vorausplant. Planung heißt ja auch, dass man vorhersehbare Wendungen und Plot-Klischees vermeidet und nach intelligenteren Lösungen sucht. Wer das nicht tut, erliegt leicht der Versuchung, auf die einfachste und leider auch abgegriffenste Lösung zurückzugreifen. Kaum jemand dürfte in der Lage sein, einen komplexen und vielschichtigen Plot ad hoc aus dem Hut zu zaubern.

 

Fast jedes große Kunstwerk ist ein sorgfältig durchkomponiertes Stück Arbeit und kein Produkt des Zufalls.

 

Aber um auf Andreas Frage zurückzukommen: Natürlich kann man auch zu viel planen. Ich mache gerade die Erfahrung, dass ein zu detaillierter Plot die Arbeit eher erschwert als erleichtert. Leider geht's nicht ohne, weil ich sonst die Geschichte nicht in den Griff bekäme. Da hilft nur, sich innerlich von seinen Storyboards und Plotlines zu lösen und sie gewissermaßen als Sicherheitsnetz zu betrachten, statt als strikte Schreibanleitung. So entseht dann wieder Raum für neue Ideen.

 

Christoph

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@Hans-Peter - danke für die Erinnerung an den heiligen Hühnerhof. Wir müssen diese Geschichte wirklich mal schreiben ;D

 

Richtig scheint mir vor allem der Hinweis, dass seine zeitliche Planung der Abläufe höchst hilfreich ist. Zu einem bestimmten Stadium der Planung kann man damit wirklich viele Logiklöcher stopfen und dem "inneren Autor" (nein, nicht dem Zensor, sondern diesem verspielten Kind, das Geschichten erzählen will), die Aufgabe stellen, Lösungen dafür zu suchen, die das bewusste, analytische Denken nicht findet.

 

Aber diese Zeitplanung ist nur ein Prüfinstrument, das man als Plausibiliäts-Check verwenden sollte, nicht zwingend anschließend zur Basis der Erzählstruktur machen muss. Damit knebelt man sich auch nur wieder.

 

Planung ist ein iterativer Prozess zwischen logischem Denken und fantasievoller Schöpferkraft. Das eine führt zur Konstruktion, das andere zu Überraschungen. Das ist für mich Grund genug, a) zu planen und b) die Planung in Ruhe zu lassen und zu träumen. Dann c) das Geträumte wieder in die Planung einfließen zu lassen usw.

Also die Geschichte mehrmals zu erzählen. Oder durchzukomponieren.

Und dann bewusst Freiräume zu lassen, um die weiteren darin ruhenden Einfälle beim Schreiben einzufangen.

 

Ich habe mir gerade das Vergnügen gegönnt, eine meiner vier Protagonisten überhaupt nicht zu durchdenken, sondern lasse ihn sich im Kontext mit den anderen entwickeln. Das habe ich aus Zufall schon zuvor ein paarmal gemacht, einfach weil sich eine Figur plötzlich eingeschlichen hat und was zu kamellen hatte. Ihr kennt das ja alle.

Jetzt habe ich das als Mittel bewusst gewählt, und - hui - was macht das einen Spaß zu sehen, was der Joker so alles anstellt!

 

Andrea

Neu: Das Gold der Raben. Bald: Doppelband Die Spionin im Kurbad und Pantoufle

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Hallo Christoph,

 

Nach meiner Erfahrung ist genau das Gegenteil der Fall: Geschichten sind unspannend und vorhersehbar, gerade weil der Autor sie zu wenig durchdenkt und nicht genug vorausplant. Planung heißt ja auch, dass man vorhersehbare Wendungen und Plot-Klischees vermeidet und nach intelligenteren Lösungen sucht. Wer das nicht tut, erliegt leicht der Versuchung, auf die einfachste und leider auch abgegriffenste Lösung zurückzugreifen.

 

Das halte ich für eine ähnliche Fehleinschätzung wie den Satz von HP. Denn nur weil ich nicht vor Beginn des Schreibens den Roman (mehr oder minder) im Detail durch plane, bedeutet das nicht, dass ich das nicht während des Schreibens mache. Der Unterschied ist der Zugang zum weiteren Romanverlauf: Entweder arbeite ich logisch und assoziativ voraus oder ich verlasse mich während des Schreibens auf logische und assoziative Zugänge. Es ist nur eine Frage des Zeitpunkts und wie ich am Besten selber damit umgehe.

Für mich ist das Romanschreiben immer eine Annäherung an meine Figuren und das Thema, die sich nach und nach im Roman weiterentwickeln, so dass ich ihre Handlungen am Anfang gar nicht vollständig voraussehen kann. Deshalb kann ich nicht planen, wie sie auf bestimmte Ereignisse reagieren, bevor ich die Figuren in die Situation hinein schicke. Mein Verstand arbeitet sehr assoziativ und fast immer in Zusammenhängen: deshalb fällt mir das plotten während des Schreibens leichter- weil sich häufig die Themen- und Figurenentwicklung gerade aus den vorherigen Entscheidungen ergibt.

Das bedeutet bei mir, dass ich an manchen Stellen mehrere Varianten einer Szene/ einer Passage schreibe, bis ich die richtige habe und manchmal auch nachträglich überarbeiten muss. Das Ergebnis ist aber bei mir im Vergleich zu vorher geplotteten Ideen wesentlich besser. Aber es ist halt mein Ergebnis.

Denn eine ausführliche Planung führt bei mir auch zum Desinteresse an der Geschichte: Nicht weil mich die Geschichte nicht mehr interessiert, sondern weil ich bei der Ausgestaltung der Geschichte immer wieder in einen Konflikt gerate: Zwischen dem geplanten Verlauf, wie ich die Figuren und Themen aus dem Verlauf weiterentwickeln würde und einem Strauß an neuen Ideen. Ich muss dann immer wieder Kompromisse schließen, mal so, mal so, die mich nicht überzeugen, damit ich nicht die Planung oder meine eigenen Vorstellungen zur Geschichte aus der Situation heraus ausgebe. Darüber komme ich dann irgendwann zum Punkt, wo das nicht mehr meine Geschichte ist und ich die Geschichte beiseite lege. Das bedeutet aber nicht, dass ich meine Vorgehensweise für richtig halte, sondern das ich damit am Besten zurecht komme.

 

Gruss

 

Thomas

"Als meine Augen alles // gesehen hatten // kehrten sie zurück // zur weißen Chrysantheme". Matsuo Basho

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Also ohne vernünftiges Plotten geht es bei mir nicht. Ich brauche die Leitschiene, an der ich mich entlanghangele. Das gilt sowohl für Figurenentwicklung (fast noch mehr) als für den Handlungsfaden.

 

Allerdings stelle ich zunehmend fest, dass eine hohe Detailierungstiefe nicht hilfreich ist. Ich beginne, alle möglichen Details zu planen und merke beim Schreiben, dass ein Gutteil davon wieder rausfliegt und ich in ganz andere Bereiche vorstoße, nicht ohne auch manchen Eckpfeiler zu versetzen oder andere hinzuzufügen. Neue Figuren entstehen, andere nehmen an Bedeutung zu, Nebenszenarien rücken in den Mittelpunkt, andere festgeplante rücken in den Hintergrund oder werden überflüssig.

 

Es ist eben doch etwas anderes, ob man im Elfenbeinturm einen sauberen Schlachtplan entwirft, oder ob man dann im Kugelhagel die Kanone aus dem Dreck ziehen muss. Nähere ich mich als Autor der Wirklichkeit meiner Story, so sieht Manches eben anders aus. Ziel und Mission bleiben bestehen, nur der Weg dahin, der stellt sich unter Umständen anders dar als gedacht.

 

LG

Ulf

Die Montalban-Reihe, Die Normannen-Saga, Die Wikinger-Trilogie, Bucht der Schmuggler, Land im Sturm, Der Attentäter, Die Kinder von Nebra, Die Mission des Kreuzritters, Der Eiserne Herzog, www.ulfschiewe.de

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Wenn ich mir die vorangegangenen Antworten anschaue, dann hat jeder von uns seine Art mit dem Plotten, dem Schreiben, der Figurentwicklung und deren Tiefe, die zeitliche Planung usw. umzugehen. Jeder hat für sich die Methode gewählt, mit der er gut arbeiten kann.

 

Ich kann da auch nur für mich sprechen, als ich wirklich vorab geplottet habe und alles logisch durchdachte, empfand ich mich in einer Zwangsjacke und wie oben schon beschrieben, war der Reiz die Geschichte zu schreiben weg. Ich habe bemerkt, dass es nicht funktioniert.

Nun schreibe ich an einem Roman mit einem geschichtlichen Hintergrund. Da ist es unabdingbar, dass ich mich mit der damalige Geschichte auseinandersetze und sehr viel recherchiert habe, damit ich mich in diese Zeit hineinversetzen kann. Es gibt zur Handlung selbst nur einen vagen Plan.

 

@ Andrea

Selbst verständlich bin ich nicht davon ausgegangen, dass du einen Roman zwei Mal schreibst.  ;) Du hast zwei verschiedene Dinge in einem Zusammenhang gebracht, wo es keinen Zusammenhang gibt.

Wir erinnern uns:

 

Was ich als Argument allerdings nicht verstehe ist, dass eine Geschichte ihre Reiz verliert, wenn man sie erst einmal kennt. Das spricht nicht eben für die Faszination dieser Geschichte, denn auch die besten Bücher liest man gerne mehrmals.  

 

Ich habe versucht zu erklären, was ich für Erfahrungen gemacht habe, als ich vom Bauchschreiben abgerückt bin und mich im Plotten versucht habe, mit dem Ergebnis, dass ich die Geschichte nicht mehr schreiben konnte. Für mich war quasi der Reiz des Schreibens verloren gegangen. Und das lässt sicher nicht die Schlussfolgerung zu, dass die geplotte Geschichte nicht reizvoll ist, noch dass ich ein gutes Buch gern ein zweites Mal lesen würde.

 

Ich sehe keinen Zusammenhang zwischen dem Erdenken, Plotten und Entstehen einer von mir geschriebenen Geschichte und dem mehrmaligen Lesen eines Buches eines anderen Autors.

Sollte es da einen Zusammenhang geben, dann erschließt er sich mir nicht.

 

LG von Katrin

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Eine Geschichte mit wenigen Handlungsstängen, chronologischem Ablauf, wenigen zu beachtenden Fakten (historischen, technischen, kriminalistischen) kann man sogar im Kopf durchplanen und dann losschreiben.

 

Hierbei kommt sicherlich auch die Eigenart der Arbeitsweise zum Tragen.

Ich habe nicht nur eine Kurzgeschichte während der Arbeit im Kopf. Auch der Plot mit allen wichtigen Verzweigungen eines Romans ist während der Arbeit voll im Gedächtnis, ich brauche auch in einem langen Romanmanuskript nur kurz zu suchen, um eine bestimmte Stelle, sogar einen bestimmten Satz zu finden.

Meist brauche ich so nur für kleinere Details die geschriebenen Entwürfe.

 

Es ist allerdings schmerzlich, wenn eine zu lange zeitliche Unterbrechung beim Schreibprozess erfolgen muss. Dann benötige ich tatsächlich mehrere Tage, lese alles durch, oft nicht nur einmal, bis ich wieder voll drin bin.

Also der Plot ist schon da, in "softer" Form im Gedächtnis.

 

Manchmal "schreibe" ich vor dem Einschlafen im Kopf weiter. Früher hatte ich Angst, zu viel bis zum nächsten Morgen zu vergessen. Inzwischen "weiß" ich, was ich vergessen hatte, war nicht wichtig genug.

 

LG, Imre    

Gib, gib auch nach, aber gib nicht auf.&&www.imre-toeroek.de

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Ich habe zum Plotten kürzlich was Interessantes von Jo Nesbo gehört, mit dem ich mich von der Herangehensweise auch gut identifizieren kann. Und er wiederum berief sich dabei auf Stanley Kubrick.

 

Die Idee dabei ist, dass ganz am Anfang einfach fünf bis sechs Szenen stehen, die man unbedingt im Roman haben will und die einen einfach nicht loslassen. Zunächst mal völlig zusammenhanglos. Schließlich begibt man sich auf die Suche nach dem Dazwischen, der Herleitung zu den Szenen und Zusammenhängen, und so entstehen langsam die Geschichte und mit ihr die Figuren.

 

Nesbo wiederum arbeitet inzwischen so, dass er sich dann ein Exposé macht, das er schließlich zu einem Exposé/Treatment von mehr als 100 Seiten aufbläht und bereits Dialoge einfließen lässt, die unbedingt vorkommen sollen. Schließlich lässt er das etwas liegen und beginnt dann zu schreiben, und sagt: "Erst, wenn ich wirklich ganz genau weiß, wohin es geht, kann ich frei und unverkrampft erzählen, ohne mir unterwegs über Details den Kopf zu zerbrechen, und am Lagerfeuer sagen: Rück mal etwas näher, da gibt es eine Geschichte, die du unbedingt kennen solltest..."

 

Allerdings habe er früher durchaus anders gearbeitet und seine ersten Romane in sechs Wochen bis drei Monaten reingehämmert und immer behauptet, es habe zwei Jahre gedauert, damit keiner meint, das müsse Murks sein ;-) Inzwischen nehme er sich aber die zwei Jahre.

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Ich kann da auch nur für mich sprechen, als ich wirklich vorab geplottet habe und alles logisch durchdachte, empfand ich mich in einer Zwangsjacke und wie oben schon beschrieben, war der Reiz die Geschichte zu schreiben weg. Ich habe bemerkt, dass es nicht funktioniert.

 

Fuer mich ist es genau umgekehrt:

Je laenger und je intensiver ich mich mit einer Geschichte vorab befasse, desto wilder wird in mir der Wunsch, sie zu erzaehlen - oder sie stirbt ab, dann war sie nicht stark genug. Auch eine angenehme Nebenwirkung des Plotting, finde ich: Man faengt nur an (und vor allem: BIETET nur an!), was sich schon auf diversen Feuerproben bewaehrt hat.

 

Dass man uebrigens am fertigen Roman erkennen kann, wie er entstanden ist, halte ich fuer einen Fehlschluss. Ich habe oft gedacht: Der hat aber praezise geplant - und erfuhr dann, dass der Autor nicht einmal das Ende der Geschichte vorab kannte.

Ich habe auch schon gedacht: Was fuer ein heilloses Gewurschtel, der haette mal mehr Zeit auf Plotting verwenden sollen. Um zu erfahren, dass der Autor sich bereits im intensiven Plotting in seinen eigenen Details verheddert hatte.

 

Ich halte es fuer recht sinnlos, Autoren, fuer die das eine oder das andere funktioniert, das Gegenteil aufzuzwingen. Das verlaeuft mit ziemlich grosser Sicherheit kontraproduktiv. Der eine braucht die ungeheure Spannung vorab: Was wird aus der Idee wohl werden, wie werden die Figuren sich entwickeln? Dem anderen (mir ...) ist das alles ohnehin schon zu spannend, der traut sich erst ran, wenn er weiss, wer wie wann und vor allem warum einen Pups laesst.

Vielversprechend finde ich hingegen - wie von Andrea mehrfach angesprochen - alle Versuche, als "ueberzeugter Detailplaner" oder "ueberzeugter Drauflosprescher" Einzelelemente der jeweils anderen Seite zu uebernehmen und auszuprobieren - also wie in Andreas Beispiel eine einzelne Figur von der Planung auszunehmen etc.

 

Ich habe als lebenslanger Planer erlebt, dass es meinen Geschichten guttut, wenn ich ihnen hier und da eine Tuer aufsstosse (mir tut's nicht unbedingt gut ... es steigert meine Nervositaet), damit Leben hereinweht. Genauso haben wir in Plotgruppen erlebt, wie Kollegen, die mehrere Romane drauflosgeschrieben hatten, Vorteile der Planung entdeckten und Potential in ihren Geschichten verwirklichen konnten, dass sie zuvor gar nicht wahrgenommen hatten.

 

Ich denke, es ist sehr wichtig, den eigenen Erfahrungen zu vertrauen, sich die eigene erprobte Methode zuzugestehen, hier nichts durch Zweifel umzustossen.

Ich denke aber, es ist auch wichtig, offen zu bleiben, Ausschau zu halten und, wenn man etwas entdeckt, das das eigene erweitern, ergaenzen, steigern kann, zuzugreifen.

 

Gruesse von Charlie

"Der soll was anderes kaufen. Kann der nicht Paris kaufen? Ach nein, in Paris regnet's ja jetzt auch."

Lektorat, Übersetzung, Ghostwriting, Coaching www.charlotte-lyne.com

 

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Fast jedes große Kunstwerk ist ein sorgfältig durchkomponiertes Stück Arbeit und kein Produkt des Zufalls.

(...)

Ich mache gerade die Erfahrung, dass ein zu detaillierter Plot die Arbeit eher erschwert als erleichtert. Leider geht's nicht ohne, weil ich sonst die Geschichte nicht in den Griff bekäme. Da hilft nur, sich innerlich von seinen Storyboards und Plotlines zu lösen und sie gewissermaßen als Sicherheitsnetz zu betrachten, statt als strikte Schreibanleitung. So entseht dann wieder Raum für neue Ideen.

 

Ja, so ähnlich sehe und empfinde ich es auch. Und wenn ich das Empfinden hinzufüge, so mit Absicht. Kreativität folgt nicht allein logischen Gesetzen.

 

Das Komponieren (Harmonien, Dissonanzen, Stimmigkeit, Einklang, Abstimmungen usw.) erfolgt bei mir eher in der Phase der Überarbeitungen, wenn das Werk bereits weitgehend fixiert ist.

Davor ist das Werk etwas "Weiches", also Empfundenes und im organischen Wachsen befindlich, mit "Raum für neue Ideen", ja, es kann kann und darf noch wachsen.

Nicht in den Himmel und nicht als Gestrüpp. Das soll der Plot verhindern.

Aber die Empfindung (als eine Art von Findung) laufend mit arbeiten zu lassen, das ist mir schon wichtig.

Und Empfindung mag nicht unbedingt starre Pläne und Regelwerke.  :)

 

LG, Imre

Gib, gib auch nach, aber gib nicht auf.&&www.imre-toeroek.de

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Meine Protagonisten haben mir nichts mehr zu sagen und ich kenne die Geschichte in- und auswendig. Ich kann nicht mehr in die Geschichte eintauchen und mich überraschen lassen.

 

Wenn ich meine Geschichte durch das Vorplanen, das Vordenken kenne, und sie hat damit ihren Reiz verloren, dann war es keine faszinierende Geschichte.

 

Eine Geschichte, die man sich selbst erzählt kennt man genauso, wie eine Geschichte, die man gehört oder gelesen hat. Wenn sie gut ist, erkennt man bei jedem Mal, wenn man sich mit ihr auseinandersetzt, neue Facetten, neue Hintergründe, manchmal Abgründe.

 

Das macht ja den Reiz der Planung aus, dass man immer mehr entdeckt, welche Schätze sich darin verbergen, welche Hintergrundstorys die Protagonisten haben, welche Macken oder Stärken. Oder wo sich symbolische Beziehungen und Deutungen ergeben, welche Wendungen noch möglich sind.

 

Wenn man das bedenkt, hat man anschließend im Schreibprozess, vor allem, wenn man in den glücklichen Zustand des flows kommt, ein stabiles Netz, auf das man sich verlassen kann.

 

Vor allem, wenn man an Abgabetermine gebunden ist, ist es höchst geschickt, ein solches Netz zu haben, damit man nicht im letzten Moment plötzlich merkt, dass die Geschichte aus dem Ruder gelaufen ist.

 

Andrea

Neu: Das Gold der Raben. Bald: Doppelband Die Spionin im Kurbad und Pantoufle

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Für mich ist das Romanschreiben immer eine Annäherung an meine Figuren und das Thema, die sich nach und nach im Roman weiterentwickeln, so dass ich ihre Handlungen am Anfang gar nicht vollständig voraussehen kann. Deshalb kann ich nicht planen, wie sie auf bestimmte Ereignisse reagieren, bevor ich die Figuren in die Situation hinein schicke. Mein Verstand arbeitet sehr assoziativ und fast immer in Zusammenhängen: deshalb fällt mir das plotten während des Schreibens leichter- weil sich häufig die Themen- und Figurenentwicklung gerade aus den vorherigen Entscheidungen ergibt.

Das bedeutet bei mir, dass ich an manchen Stellen mehrere Varianten einer Szene/ einer Passage schreibe, bis ich die richtige habe und manchmal auch nachträglich überarbeiten muss. Das Ergebnis ist aber bei mir im Vergleich zu vorher geplotteten Ideen wesentlich besser. Aber es ist halt mein Ergebnis.

 

Wie viele Romane hast du mit dieser Methode bereits erfolgreich zu Ende geschrieben?

 

Christoph

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Das hieße im Umkehrschluss, dass nur unlogische Plots spannend sind. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass du das meinst, oder? ;)

Nein, eher, dass zuviel auf die Logik des inneren Zensors gehört wird. Der sagt: Das *kann* so nicht funktionieren. Und dafür scheinbar gute Gründe hat.

 

Planung heißt ja auch, dass man vorhersehbare Wendungen und Plot-Klischees vermeidet und nach intelligenteren Lösungen sucht. Wer das nicht tut, erliegt leicht der Versuchung, auf die einfachste und leider auch abgegriffenste Lösung zurückzugreifen. Kaum jemand dürfte in der Lage sein, einen komplexen und vielschichtigen Plot ad hoc aus dem Hut zu zaubern.

Richtig, ich kenne auch niemanden, der einen vielschichtigen Plot einfach aus dem Hut zaubert, egal ob mit oder ohne Planung. Und ebenso richtig, dass jeder zunächst auf die bekannten und naheliegenden Lösungen kommt, so funktioniert menschliches Denken nun mal.

 

Frage ist aber, wie kommt man aus diesen Gleisen raus? Kreativität entsteht ja nicht dadurch, dass man sagt: Jetzt muss ich kreativ werden, sondern so ein Gedanke hemmt die meisten eher. Brainstorming und alle die anderen Kreativitätstechniken wollen gerade neue Lösungen hervorbringen, dadurch, dass innere Hemmungen überwunden werden - sprich, man sammelt erst mal Ideen ohne sie gleich zu bewerten.

 

Und einigen gelingt das offenbar durch rationale Planung, anderen eben nicht, bei denen wird mit der rationalen Planung gleichzeitig die Bewertung eingeschaltet. "Der innere Zensor" würde ein Autor sagen. Weswegen diese Planung nicht immer und überall und schon gar nicht bei jedem funktioniert.

 

Fast jedes große Kunstwerk ist ein sorgfältig durchkomponiertes Stück Arbeit und kein Produkt des Zufalls.

Von Zufall hat niemand gesprochen. Aber nicht alles, was keine rationale Planung ist, ist deshalb Zufall, wie jeder Psychologe weiß ;-).

 

Hans Peter

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