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Andreas

Männliche Romane / Weibliche Romane - Autoren / Autorinnen

Empfohlene Beiträge

Und wenn wir schon bei Vorurteilen sind: Die meisten hier haben mehr männliche Autoren im Bücherschrank oder zumindest halbe/halbe. Da es aber viel mehr weibliche Autoren gibt' date=' müssen wir daraus folgern, dass Männer sich einfach besser in den Publikumsgeschmack einfühlen können ;-)[/quote']

 

Das würde ich kein Vorurteil nennen, sondern eine Schlussfolgerung aus der hiesigen, statistisch nicht signifikanten Stichprobe ;).

 

Gruß, Melanie

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Eine sehr interessante Diskussion.

In meinem Fantasyregal stehen mehr Autoren wie Autorinnen. Das liegt daran, dass ich (häufig schnulzige ) Liebesgeschichten in Fantasy für entbehrlich halte, aber offenbar von Autorinnen erwartet wird, dass sie selbige in ihre Romane verpacken. Jedenfalls stecken sie für meinen Geschmack zu oft in den Fantasywerken von Autorinnen.

 

Für mich als Autorin ist es schwierig mich in einen Mann hineinzudenken, weil ich wenige Männer kenne, die offen mit mir darüber reden, was sie denken und fühlen und warum sie so denken und fühlen. Innerer Monolog ist auch in den meisten Werken meiner Lieblingsautoren kein Thema. Männer schweigen, fressen in sich hinein und handlen, was hinter ihrer Stirn vorgeht ist ja oft nicht das Thema von Actionromanen oder Krimis.

 

Hingegen reden wir Frauen ja sehr gern darüber wie wir denken und fühlen und warum wir so denken und fühlen. Daher könnte ich es mir vorstellen, dass es männlichen Kollegen leichter fällt eine Heldin glaubwürdig denken und fühlen zu lassen.

Derzeit in Schreibpause... mit immer wieder Versuchen, dieses Sumpfloch zu verlassen

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Hallo Angelika,

 

Für mich als Autorin ist es schwierig mich in einen Mann hineinzudenken, weil ich wenige Männer kenne, die offen mit mir darüber reden, was sie denken und fühlen und warum sie so denken und fühlen. Innerer Monolog ist auch in den meisten Werken meiner Lieblingsautoren kein Thema. Männer schweigen, fressen in sich hinein und handlen, was hinter ihrer Stirn vorgeht ist ja oft nicht das Thema von Actionromanen oder Krimis.

 

Hingegen reden wir Frauen ja sehr gern darüber wie wir denken und fühlen und warum wir so denken und fühlen. Daher könnte ich es mir vorstellen, dass es männlichen Kollegen leichter fällt eine Heldin glaubwürdig denken und fühlen zu lassen.

 

Ich geb dir folgenden Tipp: Wenn dir als Autorin Figurentiefe wichtig ist, dann geh raus und beobachte die Menschen. Schau dir an, wie sie sich verhalten, in welchen Situationen der eine so und der andere anders reagiert. Dann wirst du sicher feststellen, dass es sehr wohl auch Männer gibt, die nicht aufhören wollen zu reden, und Frauen, die schweigen.

 

 

Hallo Melanie,

 

bin ganz deiner Meinung  :)

 

Gruß Susann

Eat the frog in the morning (Mark Twain)

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Hallo zusammen,

 

ehrlich gesagt finde ich diese Diskussion sehr spannend, nur entspricht vieles davon nicht meiner!!!! Lebenswirklichkeit.

Ich habe ungefähr 70% Autorenanteil, weil bei Klassikern die männlichen Autoren eindeutig dominieren, weil sie einfach die Möglichkeit hatten Texte zu schreiben, s. V. Woolfs Essay dazu.

Bei meinen anderen Romanen verteilt es sich ca. auf 50% zu 50%, wobei ich viele Autorinnen unter meinen Lieblingsautorinnen gebunkert habe.

Die Frauengestalten bei männlichen Autoren ist bei einigen Klassikern erschütternd schlecht, siehe Ruth Klüger "Frauen lesen anders". Das hat sich inzwischen bei vielen Autoren geändert, aber bei anderen reicht es immer noch zu jungen Männern, die Frauen auf einer künstlichen Bühne darstellen. Eine generelle Tendenz finde ich da aber nicht.

Bei Autorinnen sieht es anders aus: Männliche Figuren sind bei vielen Autorinnen sehr gut getroffen, aber bei manchen reicht es halt nur zu Sehnsuchtsbildern, die mit realen Männern nur wenig zu tun haben, bzw. zu simplifizierten Männerdarstellern, die praktisch nur aus Testosteron und Vorurteilen bestehen. Aber auch hier keine generelle Tendenz.

Interessanterweise können manche Autoren und manche Autorinnen übrigens auch nicht Wesen des gleichen Geschlechts beschreiben, ohne das das so wirkt, als würde ein Autor ohne Einfühlungsvermögen des anderen Geschlechts das tun.

 

Eine Tendenz kann ich also nur bestimmten Autoren zu schieben. Juli Zehs Männerfiguren finde ich wenig ausgereift, Fontanes Frauengestalten sind blass zum Scherenschnitt, und bei Joan Aiken sind Figuren allesamt ein wenig limitiert, auf eine ganz eigenwillige (und interessante) Art. Deshalb schaue ich eigentlich bei Buchtiteln immer nur nach dem Namen, um zu sehen, ob ich Autor oder Autorin kenne. Ansonsten lese ich Zusammenfassung und zwei Seiten, und dann habe ich einen Eindruck, ob ich und der Text (bzw. Figurenzeichnung) zusammenpassen. Dabei ist Geschlecht des Autors und Geschlecht der Hauptfigur völlig uninteressant, wenn die Geschichte interessant ist.

 

Gruss

 

Thomas

"Als meine Augen alles // gesehen hatten // kehrten sie zurück // zur weißen Chrysantheme". Matsuo Basho

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Aber mein ganz persönlicher Eindruck aus eigener Leseerfahrung ist, dass Frauen, egal wie gut sie schreiben, es einfach schwerer haben, sich in Männerthemen oder überhaupt in Männer hineinzudenken. Bei 80% der Autorinnen kommen die Männer immer etwas unwirklich rüber. Man erkennt sich als Mann einfach nicht wieder. Umgekehrt scheinen männliche Autoren das besser zu können (sich in weibliche Figuren hineinzudenken, meine ich).

 

Lieber Ulf,

 

dass Frauen Männer unglaubwürdig darstellen, ist mir bisher nicht unbedingt aufgefallen. Aber ich bin halt auch kein Mann.

 

Um diese ganze Diskussion sinnvoll zu machen, bräuchten wir einen Test: einfach wenig bekannte Texte durchaus bekannter Autoren lesen, aber ohne zu wissen, von wem sie stammen. Und vor allem ohne zu wissen, ob sie aus weiblicher oder männlicher Feder stammen.

Dann müssten alle ein Urteil abgeben: wie sind die männlichen und weiblichen Figuren hier dargestellt? Und die Auswertung eines solchen Tests würde kein allgemeingültiges Urteil ergeben, aber wäre mal ein Ansatzpunkt.

 

Ich sage das, weil ich mir durchaus einer gewissen Voreingenommenheit bewusst bin. Wenn ein männlicher Autor eine Frau in einer Art darstellt, die ich nicht nachvollziehen kann, dann denke ich mir schnell: na ja, ein Mann kapiert's halt nicht. Ich habe Derartiges aber auch schon bei Autorinnen erlebt. Da war meine Reaktion anders. Mir wurde klar, dass Menschen und ihre Sicht auf die Welt eben sehr unterschiedlich sein können. Nur weil eine weibliche Prota sich nicht so verhält, wie ich es kenne, muss das kein unrealistisches Verhalten sein.

 

Wenn männliche Figuren in den Romanen von Frauen wie Abziehbilder romantischer Vorstellungen wirken, kann das übrigens einen sehr pragmatischen Grund haben. Liebesromane werden oft geschrieben, um die Sehnsüchte eines in erster Linie weiblichen Lesepublikums zu befriedigen. Daher kann ich nur sagen: Meine Herren, so seid ihr vielleicht nicht, aber so hätten viele von uns euch gern. ;D

 

Die andere Art, an männliche Figuren heranzugehen, besteht eben darin, aus persönlicher Erfahrung zu schöpfen. Frau beschreibt Männer so, wie sie sie sieht. Wenn Männer sich darin nicht wiedererkennen, na ja, dann kommen sie bei Frauen vielleicht anders rüber, als sie glauben.  ;)

 

Mir ist übrigens völlig klar, dass man den Spieß auch umdrehen kann. Nichts für ungut.

 

Liebe Grüße

 

Tereza

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Ich hör´es wohl. allein mir fehlt der Glaube.

 

Habe den thread jetzt mit Spannung verfolgt. Muss aber sagen, ich bleibe bei meiner Meinung...wir kommen zu keinem verbindlichen Konsenz. Jeder packt seine Emotion auf die andere.

 

Und als fast Mitte sechziger sage ich...Männlein und Weiblein passen nicht zusammen. Jeder macht sich sein Wunschbild vom anderen....und das ist nicht realistisch. Es ist immer nur ein Versuch des gegenseitigen Verstehens. Und dabei ist es auch seit über einem Jahrhundert geblieben.

 

Ich finde, jeder lebe und lese nach seiner Fasson.

 

euer hef

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Um diese ganze Diskussion sinnvoll zu machen, bräuchten wir einen Test: einfach wenig bekannte Texte durchaus bekannter Autoren lesen, aber ohne zu wissen, von wem sie stammen. Und vor allem ohne zu wissen, ob sie aus weiblicher oder männlicher Feder stammen.

 

Liebe Tereza,

 

du wirst lachen (hoffe ich): So einen Test habe ich hinter mich gebracht.

 

Vor zwei Jahren habe ich an einer 12 Monate dauernden Ausschreibung der SZ zu Kurzkrimis mitgemacht. Eigentlich auf Grund eines Tippfehlers hatte ich mich unter dem Nick "Goggel" eingeloggt, worauf die Meinung unter den anderen Teilnehmern feststand, ich sei ein Mann.

 

Das hatte etliche Konsequenzen. Die erste: Die weiblichen Teilnehmer (sie waren in der Mehrzahl) fanden mich zwar etwas zu einseitig männlich ("So wie du diese Liebesbeziehung zwischen dem jungen Mädchen und dem Gangster schilderst, das ist eben typisch Mann. Mir hat es gegraust!"), andererseits erkannten sie in mir den Charmeur alter Schule ("Goggel, mit dir würde ich gerne am Kaminfeuer sitzen und plaudern.") Die männlichen Teilnehmer sahen in mir größtenteils den Konkurrenten und ließen es an ruppigen Tönen nicht fehlen ("Goggel, du Arsch!"). Einer schrieb eine Geschichte, in welcher der Goggel am Ende erschossen wurde. Vom Guten, versteht sich.

 

Nach einem halben Jahr sah ich mich veranlasst, diese Identität aufzugeben und stieg noch einmal neu ein, diesmal als Bianca Castafiore. Die männlichen Teilnehmer begannen mir ihre Aufwartung zu machen ("Was hielten Sie von einem Gläschen Sekt zusammen, liebe Bianca?") und bescheinigten mir eine ausgeprägt weibliche Sensibilität. Von den Ladies erfuhr ich zum Teil eine etwas kühlere Behandlung als davor. Eine erklärte in einem Kommentar, dass die Tatsache, dass mein Krimi eigentlich gar keiner sei (er war es in der Tat nicht) von meiner genreschädlichen Weiblichkeit herrühre.

 

Ich gehöre jetzt nicht zu der von dir erwünschten Mann/Frauschaft. Man sollte ein solches Experiment wirklich wiederholen mit bekannten Autoren.

 

Ob es dann abweichen würde von meinem kleinen Trip zum Transvestismus?

 

Angelika

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

Alicia jagt eine Mandarinente. dtv premium März 2018. Die Grammatik der Rennpferde. dtv premium Mai 2016

www.angelika-jodl.de

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Möglicherweise liegt das Problem schon in der Frage. Ich habe mich noch nie mit dieser Frage im Hinterkopf ans Lesen gemacht und habe auch nicht vor, das zu tun.

 

Wenn mir Dinge an einem Buch gefallen oder eben nicht, sehe ich darin nie etwas Typisches, sei es auf das Geschlecht oder irgendetwas anderes bezogen, sondern eher das Individuelle. Zugegeben mit zwei Ausnahmen: Manches scheint mir genrespezifisch zu sein, manches erkenne ich (natürlich vor allem beim Lektorieren) als der schreiberischen Erfahrung geschuldet.

 

Und während ich mir im Alltag durchaus mal ein Vorurteil erlaube (typisch Frau, Männer sind halt so), trifft das auf Figuren in Romanen für mich weniger bis gar nicht zu. Vielleicht einfach, weil ich eine Figur, egal welchen Geschlechts und egal von welchem Geschlecht entworfen, nur auf ihre Schlüssigkeit im Kontext des Werkes prüfe, nicht daraufhin, ob sie sich bezüglich meiner Realitäten "bekannt" verhält.

Denn eine Romanfigur muss und soll sich gar nicht unbedingt so verhalten, wie ich es aus meiner Erfahrungswirklichkeit kenne. Das wäre im Prinzip nur eine erweiterte Form von: "Ich mag den Roman nicht, weil der / die Prota so ganz anders ist als ich."

 

Wenn sich also eine Figur aus meiner Sicht eben nicht typisch Frau oder Mann verhält (oder umgekehrt), das aber in sich stimmig, würde ich gar nicht auf die Idee kommen, das dem Geschlecht des Autors anzulasten oder es überhaupt als Schwäche des Romans anzusehen.

Und in sich stimmig kann auch bedeuten, dass ein Typ, der eigentlich als Macho auftritt, ansonsten eher eine "weibliche" Denke hat. Das erscheint mir sogar in der Realität als durchaus wahrscheinlich. ;)

 

Twitter: @autorlekt

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Welche Frau würde eine Geschichte wie "[limit]" erfinden? Welcher Mann interessiert sich wirklich für reine Beziehungsgeschichten?

 

Ich wüsste nicht, was entweder gegen das eine oder gegen das andere spricht.

Wenn man SF kann, dann kann man das auch als Frau. Siehe z.B. Vonda N. McIntyres "Starfarers"-Reihe, fetteste Space Opera. Oder Justina Robsons "Mappa Mundi", schöner SF-Verschwörungsthriller mit männlichem Prota.

Und großartige Beispiele für Männer, die über Beziehungen/Gefühle schrieben: Adalbert Stifter, Heinrich Böll. Die männlichen Autoren der Romantik. Oder ein neuer Autor, sehr erfolgreich: Wally Lamb. "Die Musik der Wale" handelt ausschließlich von der emotionalen Entwicklung einer weiblichen Prota.

 

Ich frage mich ganz ehrlich, wie Du beurteilen willst, was Frauen oder Männer gerne schreiben WOLLEN.

Sicher passen sich viele Männer und Frauen in dem, was sie schreiben, den Empfehlungen von Agenten und Lektoren an. Weil es sich eben besser verkaufen lässt, wenn ein Mann den SF-Thriller geschrieben hat, und eine Frau die Vampir-Romanze. Das Beispiel mit der Ich-Erzählung über eine junge Prostituert aus männlicher Feder macht das überdeutlich.

Wenn ich meinem Agenten sagen würde, ich mache jetzt einen Polit-Verschwörungsthriller in einem SF-Szenario à la "limit", dann würde er mir sicher sagen, das lässt sich von einer Autorin sehr schlecht an einen Verlag verkaufen. (Womit noch nichts über das Verhalten der Leser gesagt ist.) Wahrscheinlich würde er mir raten, doch lieber bei meinen psychologischen Kammerstücken zu bleiben.

Und er hätte wahrscheinlich Recht, auch wenn ich das blöd und ungerecht finde.

 

Melanie meinte auch nicht, glaube ich, dass Frauen zu wenig Chancen auch dem Buchmarkt hätten. Sondern dass die Chancen von Männern und Frauen in unterschiedlichen Segmenten unterschiedlich verteilt sind.

Auch hier sind wir wieder, wie im historischen Thread schon festgestellt, bei der selbsterfüllenden Prophezeihung - dem Teufelskreis, dass Leser kaufen, was auf dem Markt ist, und Schreiber schreiben, was der Markt verlangt. Und Verlag und Buchhandel fungieren als verstärkender Faktor dazwischen.

 

Um von mir selbst zu sprechen: Ich schreibe lieber und besser angeblich "männliche" Genres, lege aber viel Wert auf Figurenzeichnung. Ich empfinde mich deshalb weder als männliche noch als weibliche Autorin, sondern einfach als Autorin.

 

Und was das Leseverhalten angeht: Ich habe weibliche und männliche Lieblingsautoren. Ich kaufe nicht nach Geschlecht, sondern nach Thema und Stil. Bei mir siehts im Bücherregal etwa 60:40 aus (M/W). Und ich lese quer durch die Epochen und Genres.

 

LG, Karla

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Die Diskussion ist ja munter weiter gegangen!

 

Nach meinem initialen Posting habe ich gespannt mitgelesen, und inzwischen bin ich für meinen Teil der Frage näher gekommen, woher mein recht einseitiges Leseverhalten stammt.

 

Ich habe noch nie bewusst einen Roman nach der Frage ausgewählt, ob ihn wohl ein Mann oder eine Frau geschrieben haben könnte. Auch denke ich nicht, dass Frauen oder Männer per se bestimmt Inhalte besser transportieren oder über mehr oder weniger Empathie verfügen. Vielmehr vermute ich hinter solchen Unterschieden schlicht eine andere Art von Interesse oder thematischer Gewichtung.

 

Jedenfalls geht es mir als Leser so: Ich mag in erster Linie Romane, die sich um einen handlungsorientierten Plot drehen. Ich möchte, dass Abenteuer bestanden werden, Rätsel gelöst werden, ich möchte mich fürchten, ich möchte staunen, etwas erleben.

 

In dieser Art von Buch sind für meinen Geschmack figurenorientierte Handlungsstränge und innere Konflikte nicht nur zumeist überflüssig (der geschiedene Cop, der nie Zeit für sein Kind hat, das er eigentlich jedes zweite Wochenende betreuen sollte, sogar trotz Versprechen nicht zu dessen Baseballendspiel kommt, es aber ganz am Ende doch wieder wett machen kann), ich empfinde sie oft als regelrechte Fremdkörper.

 

Ich bin auch kein Freund von überzeichneten Agententhrillern oder Actionkrachern wie von James Rollins oder Dan Brown, damit kann ich wenig anfangen. Aber es gibt einen Bereich dazwischen, handlungsorientiere Romane, die einerseits auf die Klischees feuchter Testosteron-Träume verzichten aber ebenso auf übermäßig betonte Figureninnenwelten, die für das Erleben des Plots (Geklonte Dinosaurier! Ein Artefakt auf dem Meeresgrund! Höllische Rituale im Harz!) im Grunde keine Rolle spielen.

 

Nach diesen Kriterien suche ich mir Bücher, und so lande ich letztlich fast immer bei Männern. Zufällig. Vermutlich, weil es es unter ihnen mehr gibt, die es ähnlich sehen, wie ich.

 

Wobei ich - und das muss ich dazu sagen - dabei auch ganz oft Schrott erwische. Und aufatme, wenn ich mal bei solchen Perlen wie "Long Way Down", "Schatten des Windes" oder "Gargoyle" lande (ups, auch schon wieder männliche Autoren!), wo es dann doch in erster Linie um einen figurenzentrierten Plot geht.

 

Gruß,

 

Andreas

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Melanie meinte auch nicht, glaube ich, dass Frauen zu wenig Chancen auch dem Buchmarkt hätten. Sondern dass die Chancen von Männern und Frauen in unterschiedlichen Segmenten unterschiedlich verteilt sind.

Auch hier sind wir wieder, wie im historischen Thread schon festgestellt, bei der selbsterfüllenden Prophezeihung - dem Teufelskreis, dass Leser kaufen, was auf dem Markt ist, und Schreiber schreiben, was der Markt verlangt. Und Verlag und Buchhandel fungieren als verstärkender Faktor dazwischen.

 

Korrekt. Ein Buch ist ein Produkt, das verkauft werden will - eine ganze Marketing-Maschinerie arbeitet daran und es geht längst nicht mehr nur um den Inhalt, der die Seiten füllt. Längst interessieren sich Verlage/Leser auch für die Biografie des Autors - was hat dieser Autor anzubieten, das seine Glaubwürdigkeit/Verkäuflichkeit steigert?

 

Natürlich gibt es immer wieder Bücher und Autoren, die aus diesen Schemata rausfallen und trotzdem ihren Weg machen. Aber die haben - man muss es mal so deutlich sagen - auch eine gehörige Portion Glück gehabt, indem sie zufällig zur richtigen Zeit am richtigen Ort waren. Einen Tag später/früher hätte vielleicht alles anders ausgesehen.

 

Was ich persönlich schwierig finde: Wenn aus eigenen Erfahrungen komplexe Regeln abgeleitet werden, z.B., wenn jemand betont, ohne Mainstream Erfolg gehabt zu haben. Da sage ich "Herzlichen Glückwunsch, toll, dass das geht!" aber ich entwerte nicht gleich auf einen Schlag alle, denen dieses Glück bei gleichem Können zufällig fehlte.

 

Wenn Glück allein nicht ausreichend ist, muss man Kompromisse schließen - ob es einem gefällt oder nicht. Oder man wartet auf das Glück, das einem noch fehlte - vertreibt sich die Zeit ein wenig mit Lamentieren und hat dann irgendwann Erfolg oder eine Depression (wobei die Depressions-Wahrscheinlichkeit höher ist) :s22.

 

Gruß, Melanie

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Hallo Andreas,

 

du hast das sehr gut ausgedrückt, was ich empfinde.

 

Ich bin ein wenig erstaunt über die teilweise heftigen Reaktionen, die meine Bemerkungen ausgelöst haben. Denn für mich ist es ganz normal, dass es zwischen Männern und Frauen unterschiedliche Lesepräferenzen gibt. Im Allgemeinen, wohlgemerkt. Ausnahmen gibt es genügend. Genau wie Andreas sagt, suche ich mir meine Bücher auch nicht nach dem Geschlecht des Autors aus. Aber ohne nachzuzählen, vermute ich gut 80% Männer darunter. Und die meisten davon würde meine Frau z.B. nicht mit der Kneifzange anfassen. Umgekehrt ist es ähnlich. Was sie und ihre Freundinnen sich gegenseitig austauschen, findet auch selten mein Interesse. Das sind selbstverständlich ganz persönliche Eindrücke. Aber in den Beiträgen hier gab es ja einige, die Ähnliches sagen, ob Männlein oder Weiblein.

 

Wenn es also Unterschiede in den Lesepräferenzen gibt, dann folgt daraus, dass die jeweiligen Autoren (männlich oder weiblich) unterschiedliche Themen wählen oder sie anders darstellen und behandeln, auch die Figuren anders sehen. Was soll den daran schlecht sein? Das bereichert doch die Welt. Wollen wir alles über einen Kamm scheren?

 

Nach meinem persönlichen Empfinden haben Frauen allerdings nicht immer das gute Händchen, Männerfiguren darzustellen. Ob männliche Autoren das im Umkehrfall besser können, kann ich wirklich nicht beurteilen. Möglicherweise schreiben wir Männer uns pubertäre Frauenvisionen zusammen, über die Frauen nur den Kopf schütteln können. Wenn mir das jemand sagt, wäre ich nicht beleidigt darüber, sondern würde gern erfahren, wie ich es besser machen könnte. Oder ich beschränke mich auf meine Stärken, wähle mir keine Frauen-Protas aus. Man muss nicht alles gleichzeitig können!

 

LG

Ulf

Die Montalban-Reihe, Die Normannen-Saga, Die Wikinger-Trilogie, Bucht der Schmuggler, Land im Sturm, Der Attentäter, Die Kinder von Nebra, Die Mission des Kreuzritters, Der Eiserne Herzog, www.ulfschiewe.de

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[ Bei 80% der Autorinnen kommen die Männer immer etwas unwirklich rüber. Man erkennt sich als Mann einfach nicht wieder. Umgekehrt scheinen männliche Autoren das besser zu können (sich in weibliche Figuren hineinzudenken, meine ich).

 

 

Das deckt sich mit meiner Leseerfahrung ueberhaupt nicht (Gegenbeispiele wie Roddy Doyle, Klaus Mann, D.H. Lawrence und Stewart O'Nan sind Ausnahmen, die ich nicht genug ruehmen kann). Bei den meisten maennlichen Autoren - auch bei von mir geliebten wie Hemingway ... - kommen mir die Frauen immer vor wie unwirkliche Abziehbilder von Maennerphantasien.

Der Unterschied ist fuer mich nur: Mich stoert's nicht so sehr, da mich Maenner mehr interessieren als Frauen.

 

Aber - dass sich nur wenige Autoren ins andere Geschlecht ueberzeugend versetzen koennen, ist etwas, das ich bei beiden Geschlechtern und quer durch alle von mir gelesenen Genres beobachte. (Die maennergruppenbewegten Maenner, die beim Sex verstaendnisvolle Gespraeche fuehren, im historischen Roman sind allerdings - fuer mich - die Spitze des Eisbergs.)

 

Viele Gruesse von Charlie

"Der soll was anderes kaufen. Kann der nicht Paris kaufen? Ach nein, in Paris regnet's ja jetzt auch."

Lektorat, Übersetzung, Ghostwriting, Coaching www.charlotte-lyne.com

 

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Ach, noch nachgeschoben, DAS Beispiel der juengeren Zeit fuer mich:

Philip Roth.

Bitte nicht boese sein - ich bete diesen Autor an und wuensche ihm seit Jahren den Nobelpreis. Und "Jedermann" ist m.E. sein bester Roman.

ABER:

Die Darstellung eines Mannes, dem der Tod sich naehert, das sich Hineinbegeben und minutioese Beobachten ist grossartig und (m.E.) unerreicht.

Schluessig und ueberzeugend stellen sich dazu die Freunde, Soehne, der Vater (wundervolle Figur!)? der Hauptfigur. Bis in die Nebenfiguren haelt jeder Mann in diesem Roman den Leser kurz fest und nimmt ihm ein bisschen Luft, weil er so gut ist.

 

Und dann.

Dann gibt's da noch die zweite Ehefrau und die Tochter des Hauptakteurs. Und die sind einfach nur liebenswert, liebend, hingebungsvoll, schoen, klug, gewinnend, eindimensional - Maennerphantasien halt. Und Projektionsflaechen.

 

Ich kann das Philip Roth problemlos abnehmen, sogar darueber grinsen und es sympathisch finden. Literarisch wertvoll finde ich die Figuren aber nicht. Und glaubhaft oder "gut eingefuehlt" schon gar nicht.

Da nehmen die meisten Autorinnen und die meisten Autoren sich ueberhaupt nichts.

 

Herzlich,

Charlie

"Der soll was anderes kaufen. Kann der nicht Paris kaufen? Ach nein, in Paris regnet's ja jetzt auch."

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Lieber Ulf,

 

es geht gar nicht darum, Unterschiede wegzureden, sondern darum, dass ich es sehr ungern sehe, wenn sie generalisiert werden.

Aus persönlicher Erfahrung oder Wahrnehmung (die immer auch gefiltert und daher nie objektiv ist) Regeln abzuleiten, finde ich einfach fragwürdig. Und dass Melanie sich als Autorin diskriminiert fühlt, wenn Du sagst, Frauen könnten keine Männer schreiben, umgekehrt aber schon, kann ich nachvollziehen.

 

Manchmal liest man die Aussage auch andersrum: Frauen können Männer schreiben, Männer aber keine Frauen.

 

Wer soll jetzt entscheiden, was stimmt?

 

Es gibt für jede dieser Beheuptung immer passende Beispiele und Gegenbeistpiele - und es gibt auch genug Beispiele dafür, dass Schreiben gar nicht so arg geschlechtsspezifisch ist. Oder eben das Gegenteil.

 

Gerade um Vielfalt geht es ja, wenn ich (und Andere) hier argumentieren, dass man Frauen und Männern nicht per se irgendwelche Schreibfähigkeiten zu- oder absprechen sollte. Das wäre eine grauenvolle Reduktion.

 

Nicht für ungut ... LG, Karla

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Ich bin ein wenig erstaunt über die teilweise heftigen Reaktionen, die meine Bemerkungen ausgelöst haben.

 

Bei mir hat es das deshalb ausgelöst, weil der subjektive Eindruck wie ein festzementiertes Statement kam, das du jetzt natürlich  mit dem unten von mir Zitierten etwas deutlicher darlegst. Mich hat in deinem vorherigen Posting die Aussage: "Frauen tun sich grundsätzlich damit schwerer und Männer können das einfach besser" (frei interpretiert wiedergegeben) gestört, weil das keine sachlich fundierte Aussage ist, die Stoff für eine wirklich sinnvolle Diskussion bietet, sondern in ein Ausufern von Vorurteilen aufgrund persönlicher Meinungsbilder münden kann.

 

Nach meinem persönlichen Empfinden haben Frauen allerdings nicht immer das gute Händchen, Männerfiguren darzustellen. Ob männliche Autoren das im Umkehrfall besser können, kann ich wirklich nicht beurteilen.

 

Damit milderst du das ab, was mich oben so aufgeregt hat - da hast du es beurteilt. Das steht dir selbstverständlich als persönliche Meinung zu (bietet aber Sprengstoff, wenn die persönliche Meinung mit Fakten vermengt wird  ;) )

 

Möglicherweise schreiben wir Männer uns pubertäre Frauenvisionen zusammen, über die Frauen nur den Kopf schütteln können. Wenn mir das jemand sagt, wäre ich nicht beleidigt darüber, sondern würde gern erfahren, wie ich es besser machen könnte.

Wenn dir aber schon gleich die Fähigkeit aufgrund deines Geschlechts abgesprochen wird, dies zu können - wie willst du da noch etwas verbessern und nachfragen  ;).

 

Nichts für Ungut, ich wollte das nur mal kurz darlegen, damit du nachvollziehen kannst, warum es zumindest bei mir so angekommen ist. (Schließlich wollen wir Autoren doch wissen, wie unsere Worte wirken  :D)

 

Gruß, Melanie

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Hallo!

 

Vielleicht sollten wir generell auch einmal klären, was wir denn nun eigentlich unter 'typisch männlicher Sichtweise' und als 'typisch weibliche Sichtweise' verstehen. Ist es nicht so, dass jeder das für sich sehr individuell definiert? Ist es nicht allein schon eine Generationenfrage? Nehmen sich heutige junge Männer genauso wahr wie die vor 40 Jahren? Verstehen heutige junge Frauen die älteren Frauen wirklich? Ist das Rollenbild der heute 50-60 Jährigen nicht ein anderes als der heute 20-Jährigen?

 

Noch eine kleine Anekdote am Rande:

Ein Bekannter von mir, der Romane in einem großen Publikumsverlag veröffentlichte, (alle eher in Richtung Komödien), beschloss eines Tages, eine weibliche Protagonistin zu wählen und ein weibliches Thema zu nehmen (Kinder kriegen), also eine typische Frauenkomödie zu verfassen. Das Buch wurde veröffentlicht, sogar für ZDF oder ARD verfilmt. Aber es steht nicht sein Name auf dem Cover, sondern - auf Betreiben des Verlags - der seiner Frau. In der (erfundenen) Vita ist zu lesen 'Ein ganz neues Erzähltalent ...'

 

Gruß Susann

Eat the frog in the morning (Mark Twain)

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Ganz ehrlich:

Ich bin eigentlich ein bisschen erleichtert, wenn mal jemand - wie hier Ulf - offen zugibt, was ihn an Buechern von Frauen stoert (auch wenn es mir ebenso aufstoesst wie anderen). Weil man sich da mal dem Thema naehern kann.

Seit vielen Jahren interessiert mich die Frage, eben weil ich eigentlich nicht genau benennen (nur auf oben angedeutete Wischiwaschiweise) kann, was mich an Buechern von Frauen oft stoert bzw. warum ich die von Maennern lieber lese - und wenn ich meine Brueder, Soehne, Freunde, Kollegen frage, was sie an Buechern von Frauen stoert, erhalte ich immer die gleiche politisch korrekte Antwort: Aber nicht doch - Frauen koennen mindestens genauso gut schreiben wie Maenner.

Natuerlich lieb' ich diese Maenner fuer ihre Antwort und weiss ihre Solidaritaet SEHR zu schaetzen.

Wenn ich aber ihre Buecherregale betrachte, sehe ich da nur Buecher von Maennern. Wenn ich nachfrage: "Welche Autorin koenntest Du mir denn empfehlen, welche liest Du gern?", kommt nur liebenswertes, politisch korrektes Stottern.

Der einzige Mann, den ich kenne (und dafuer liebe), der konsequent und mit Leidenschaft Buecher von Frauen kauft, liest und bespricht, ist meiner.

Bei vielen anderen (bitte nicht boese sein) habe ich oft den Verdacht, dass sie die Ansicht, die Ulf geaeussert hat, zwar hoeflich fuer sich behalten - aber insgeheim teilen.

 

Herzlich,

Charlie

(wirklich nichts unterstellen wollend!)

"Der soll was anderes kaufen. Kann der nicht Paris kaufen? Ach nein, in Paris regnet's ja jetzt auch."

Lektorat, Übersetzung, Ghostwriting, Coaching www.charlotte-lyne.com

 

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In den Beiträgen klingt durch, dass wir Männer bzw. Frauen aus unserer Geschlechtsperspektive heraus wahrnehmen und beschreiben. Aber ist das denn so?

 

Liegt die Schwierigkeit - und Herausforderung - nicht eher in der Fremdheit der Charaktere?

 

Der Eine kann vielleicht weibliche Charaktere so gut schildern, weil er ein einfühlsamer Mensch ist - und erst in zweiter Instanz ein Mann.

Eine Andere hat möglicherweise Schwierigkeiten damit, weil sie sich nicht in Weibchenklischees eindenken kann - obwohl sie eine Frau ist.

 

Vielleicht verschärft man seine Vorarbeit und Sinne, wenn man einen auch äußerlich fremden Charakter entwirft (z. B. eine Aborigine oder einen Mönch im 12. Jhdt.) und bleibt bei scheinbar gewöhnlichen Charakteren (Mann/Frau der Gegenwart) eher nachlässig.

 

Als kleiner Gedankenanstoß, bevor ich mich wieder meinem männlichen Protagonisten zuwende ...

 

Viele Grüße,

Melle

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Und dass Melanie sich als Autorin diskriminiert fühlt' date=' wenn Du sagst, Frauen könnten keine Männer schreiben, umgekehrt aber schon, kann ich nachvollziehen.[/quote']

Den Satz, "dass Männer es besser zu können scheinen", habe ich jetzt schon mehrfach zurückgenommen. Darauf brauchen wir nun nicht mehr herumzureiten. Es ist immer etwas schwierig, sich in die Köpfe des anderen Geschlechts hineinzudenken. Das geht sicher beiden Geschlechtern so.

 

Ulf

Die Montalban-Reihe, Die Normannen-Saga, Die Wikinger-Trilogie, Bucht der Schmuggler, Land im Sturm, Der Attentäter, Die Kinder von Nebra, Die Mission des Kreuzritters, Der Eiserne Herzog, www.ulfschiewe.de

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@Charlie

Vielleicht sind es einfach die Themen, mit denen sich die Bücher beschäftigen?

Was mich da mal interessieren würde (du weißt, dass ich deine Bücher mag): Wenn du als Frau lieber Bücher von Männern liest, wo würdest du deine eigenen einordnen? Sind sie männlich geprägt? Weiblich? Oder erzählen sie einfach nur eine große Geschichte, ohne dass du dir vielleicht viel Gedanken gemacht hast?

 

Gruß, Melanie

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Hi Charlie,

 

ich glaube, Ulf wollte gar nicht sagen, dass Männer besser schreiben als Frauen. Aber eben anders. Und zwar aus geschlechtsspezifischen Gründen.

 

Und genau das halte ich für sehr, sehr fragwürdig. Natürlich sagt die Empirie etwas anderes: Mann kannn tatsächlich Unterschiede beobachten, der Markt teilt sich geschlechtsspezifisch mehr oder weniger in Genres auf, und auch das Leseverhalten scheint geschlechtsspezifische Ausprägungen zu haben.

 

Ich sags nochmal: Markt, Verlage und Leser verstärken da, wie überall auch, ihre eigenen Trends. Und die sind historisch gewachsen und wachsen ständig weiter.

 

Z.B. gab es vor hundertfünfzig Jahren noch kaum Frauen, die veröffentlichten oder überhaupt schrieben. Früher war Fantasy eine Männerdomäne, jetzt rücken die Frauen stark nach. Und heitere Frauenromane dürfen eben nicht von Männern geschrieben werden. Das ändert sich alles ständig.

 

Die Frage, warum Du, Charlie, lieber Männer liest, kann ich auch nicht beantworten. Dass Du lieber Männer liest, hat m.E. aber wenig damit zu tun, dass sie tatsächlich besser schreiben. Und das ist nicht nur die PC-Antwort und auch nicht die "Frauen hatten eben noch nicht so viel Zeit zum üben"-Antwort. Letztlich muss jeder Schreiber, ob Männlein oder Weiblein, das Schreiben in einer einzigen Lebensspanne lernen. Es haben also alle gleich viel oder wenig Zeit.

 

Was und wie Frauen oder Männer schreiben, ist historisch, kulturell und von mir aus auch hormonell bedingt. Aber das hat nichts damit zu tun, ob Männer oder Frauen besser schreiben. WENN Frauen in mancher Hinsicht schlechter schreiben, dann liegt es wohl eher an den Scheuklappen im eigenen Kopf. Männer sind halt die Literaten, wir Frauen schreiben Sachen zur Unterhaltung. Da ist kein Platz für Größe, und das fängt vielleicht tatsächlich schon beim Schreiben an. Autorinnen wie Joyce Carol Oates bilden da wohltuende Ausnahmen.

 

Ein Teil der Antwort könnte daher auch in etwas liegen, was weiter oben schonmal jemande gesagt hat:

 

Bücher von Männern sind oft "besser" im Sinne von literarischer, weil man "Literatur" von Männern besser vermarkten kann, während "Unterhaltung" von Frauen ebenso gut oder in manchen Segmenten besser geht, als die von Männern.

Männerliteratur wird insgesamt als "wertiger" empfunden, weil mehr "wertige" Bücher von Männern eingekauft und dann auch wieder verkauft werden? Würde das einen gewissen Sinn machen?

 

Abgesehen davon: Mein Mann liest mit Vorliebe Krimis von Frauen. Er meint, die wären raffinierter. Sicher auch wieder ein Klischee. Mich würde mal interessieren, inwieweit hier das Einkaufsverhalten der Verlage eine Rolle spielt.

 

LG, Karla

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Hallo Charlie,

 

Ganz ehrlich:

Ich bin eigentlich ein bisschen erleichtert, wenn mal jemand - wie hier Ulf - offen zugibt, was ihn an Buechern von Frauen stoert (auch wenn es mir ebenso aufstoesst wie anderen). Weil man sich da mal dem Thema naehern kann.

Seit vielen Jahren interessiert mich die Frage, eben weil ich eigentlich nicht genau benennen (nur auf oben angedeutete Wischiwaschiweise) kann, was mich an Buechern von Frauen oft stoert bzw. warum ich die von Maennern lieber lese - und wenn ich meine Brueder, Soehne, Freunde, Kollegen frage, was sie an Buechern von Frauen stoert, erhalte ich immer die gleiche politisch korrekte Antwort: Aber nicht doch - Frauen koennen mindestens genauso gut schreiben wie Maenner.

Natuerlich lieb' ich diese Maenner fuer ihre Antwort und weiss ihre Solidaritaet SEHR zu schaetzen.

Wenn ich aber ihre Buecherregale betrachte, sehe ich da nur Buecher von Maennern. Wenn ich nachfrage: "Welche Autorin koenntest Du mir denn empfehlen, welche liest Du gern?", kommt nur liebenswertes, politisch korrektes Stottern.

Der einzige Mann, den ich kenne (und dafuer liebe), der konsequent und mit Leidenschaft Buecher von Frauen kauft, liest und bespricht, ist meiner.

Bei vielen anderen (bitte nicht boese sein) habe ich oft den Verdacht, dass sie die Ansicht, die Ulf geaeussert hat, zwar hoeflich fuer sich behalten - aber insgeheim teilen.

 

Herzlich,

Charlie

(wirklich nichts unterstellen wollend!)

 

vielleicht reagieren Frauen emotionaler und fühlen sich leichter angegriffen? Natürlich kann man das nicht ohne weiteres erallgemeinern. Ich habe gerade in meinem Umfeld in der letzten Zeit wiederholt diese Erfahrung gemacht. Wenn man wirklich den Finger in die Wunde legt, erntet man wenig Lob. Verschlimmern kann das Ganze noch der Beruf - Lehrerin, Erzieherin o.ä. Da wählen viele Männer dann den Weg des geringsten Widerstands.

 

Mfg Steffen

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Ich glaube, ich bekomme gerade eine Ahnung davon, worin TATSÄCHLICH ein innerer Unterschied im Schreiben von Frauen und Männern liegen könnte:

Könnte es etwas mit dem Selbstverständnis von sich selbst als Autor, bzw. Autorin zu tun haben?

 

Melanie hat das gerade Charlie gefragt:

 

Wie sehen wir uns als Autoren eigentlich selbst? Sehen wir uns als Vertreter unseres Geschlechts? Als Literaten? Als Unterhalter? Haben wir etwas wichtiges mitzuteilen und beschenken wir die Welt? Oder sind wir bescheiden und dankbar für jeden Leser, der unser Buch nicht in der Luft zerreisst?

 

Könnte unsere Schreibe etwas mit solchen Faktoren zu tun haben? Und sind die (historisch, kulturell, hormonell, ...) geschlechtsspezifisch?

 

Charlie zitierte Hemmingway: Schreiben braucht Haare auf der Brust.

Trauen Frauen sich zu wenig, ihren Brustpelz spazieren zu tragen?

 

... ?

 

LG, Karla

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Wie sehen wir uns als Autoren eigentlich selbst? Sehen wir uns als Vertreter unseres Geschlechts? Als Literaten? Als Unterhalter? Haben wir etwas wichtiges mitzuteilen und beschenken wir die Welt? Oder sind wir bescheiden und dankbar für jeden Leser' date=' der unser Buch nicht in der Luft zerreisst? [/quote']

 

Hallo Karla!

 

Damit werden aber doch wieder nur die Geschlechterklischees transportiert:

Der Mann als Macher und die Frau als Trägerin der Bescheidenheit ...

 

Bin ich also eine weibliche Frau oder eine männliche Frau?

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